Originaltitel: Bushwick__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Cary Murnion, Jonathan Milott__Darsteller: Dave Bautista, Brittany Snow, Angelic Zambrana, Jeremie Harris, Myra Lucretia Taylor, Arturo Castro, Quincy Chad, Christian Navarro u.a. |
Die Idee zu „Bushwick“ basiert laut den beiden Regisseuren Cary Murnion und Jonathan Milott auf den Ausführungen eines texanischen Gouverneurs, der offen darüber fabuliert hatte, was es seinem Bundesstaat bringen würde, würde er sich von den USA abspalten. Für die finale Story dachte man den Ansatz einfach ein wenig größer und entfesselte erneut „Die rote Flut“ auf amerikanischem Boden. Nur dass diesmal die Bedrohung von innen kommt…
Lucy ist mit ihrem Freund im titelgebenden New Yorker Viertel Bushwick unterwegs, um ihrer Großmutter einen Besuch abzustatten. Kaum aus der U-Bahn ausgestiegen sind beide darüber verwundert, wie menschenleer der U-Bahnhof ist. Während sie sich Gründe hierfür überlegen, stürzt ein brennender Mensch an ihnen vorbei und sie hören Schüsse und Explosionen. Wenige Augenblicke später wird Lucys Freund von einer Explosion getötet und sie flüchtet vor bewaffneten, schwarz gewandeten Kerlen in einen nahe gelegenen Keller. Hier wird sie alsbald von ein paar Gangstern bedrängt.
Da bricht ein Schrank von einem Mann aus der Tiefe des Raumes und macht die Lumpen unschädlich. Lucys Versuche, ihrem Retter Informationen über die schwarz gekleideten Angreifer mit automatischen Waffen auf den Straßen Bushwicks zu entlocken, laufen ins Leere, da der einsilbige Kerl namens Stupe auch keinerlei Ahnung hat, was eigentlich los ist. Lucy bittet ihn, sie zu ihrer Großmutter zu begleiten und deren Leben zu retten. Stupe lehnt dies ab, müsse er doch zu seiner eigenen Familie gelangen.
Die Übermacht der schwarz gekleideten Invasoren zwingt beide aber dennoch, zusammen zu arbeiten. Gemeinsam bahnen sie sich ihren Weg durch das Viertel, das immer mehr in Tod und Chaos zu versinken droht. Ihr Ziel: Eine demilitarisierte Zone, von wo die Einwohner Bushwicks vom Militär in nicht besetzte Gebiete ausgeflogen werden.
Schaut in „Bushwick“ mit Dave Bautista hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=6uiRjwyfBcw
„Bushwick“ lässt den Zuschauer sehr lange über die Motive der Angreifer im Unklaren, ohne daraus Spannung zu ziehen. Weder werden falsche Fährten gestreut noch Charaktere installiert, die überhaupt in diese Richtung denken. Werden die Motive beziehungsweise die Hintergründe der Invasion endlich umrissen, bleibt folglich auch ein großer Aha-Moment aus. Zumal die von den filminhärenten Medien gestreuten Vermutungen der Wahrheit leider viel zu nahe kommen.
Als Spannungsmotor taugen die schleierhaften Motive hinter den Vorgängen also nicht. Und „Bushwick“ tut auch gut daran, nicht zu sehr auf dieses Story-Element zu setzen, denn logisch nachvollziehbar sind die Motive wahrlich nicht. Manche Idee ist sogar richtiggehend dumm.
Folgerichtig konzentriert sich „Bushwick“ weitgehend auf den Überlebenskampf der beiden Hauptfiguren – und schwächelt immer dann, wenn beide auf nur wenig sinnvoll begründete Nebenmissionen geschickt werden, die zumeist keinerlei Auswirkungen auf den Plot haben. Da Lucy und Stupe von ihren beiden Darstellern aber sehr einnehmend gespielt werden, folgt man ihnen dennoch nur zu gerne durch das Chaos. Für eine vollkommene Identifikation taugen die Charaktere allerdings nicht. Dazu erfahren wir zu wenig über Lucy und Stupe. Lange definieren sie sich ausschließlich über ihre Taten. Erst in einem ungünstig gegen Ende platzierten, angenehm ruhigen Moment lassen sie tiefer blicken.
Der funktioniert so gut, dass man sich mehrere derartige Momente gewünscht hätte. Auch weil die Chemie zwischen den Figuren und deren Darstellern Dave Bautista („Marauders“) und Brittany Snow („Prom Night“) stimmt und weil solche Momente für den Film sinniger erscheinen, als etwa die Einführung von Lucys Schwester oder die Installation einer Widerstandsbewegung unter der Führung einer Big Mama. Zwar sind Lucy und Stupe an all diesen Szenen beteiligt, dennoch brechen diese die Fokussierung auf die Dynamik der beiden derart ungünstig auf, dass ich all diese Szenen als regelrecht störend empfand.
Als echtes Highlight entpuppt sich dagegen die technische Umsetzung von „Bushwick“. Der präsentiert sich über weite Strecken als Film ohne sichtbare Schnitte. Abgesehen vom Vorspann und einer Montage gegen Filmende, bei der Hubschrauber über Bushwick kreisen, gibt es im ganzen Film maximal 2-3 (überflüssige) Schnitte zu verzeichnen. Man vermutet in so manchen Momenten zwar unsichtbare Schnitte (etwa in Szenen totaler Dunkelheit, oder bei schnellen Reißschwenks), im Großen und Ganzen ist die Illusion einer beinahe ununterbrochenen Kamerafahrt allerdings perfekt und ringt einiges an Respekt für den niedrig budgetierten Invasionsfilm ab.
Für die Regisseure ist dieses Stilmittel mehr als ein Manierismus. Mittels der langen Plansequenzen versetzen sie den Zuschauer mitten ins Geschehen. Verengen den Fokus auf ihre beiden Hauptfiguren, an denen man als Zuschauer förmlich zu kleben beginnt. Man wird Teil der Action und fühlt sich den Figuren richtig nah. Der technisch verengte Fokus auf die Protagonisten hilft zudem, Budget-Engpässe zu überspielen. Wir sehen nämlich nur die Brandherde, wo Lucy und Stupe direkt vor Ort sind. Bilder eines vollkommen zerstörten New Yorks oder von Straßenschlachten in der Bronx braucht man demzufolge nicht teuer bebildern.
Last but not least erzeugen die langen Plansequenzen natürlich ein Gefühl von Echtzeit. Infolgedessen sind wir quasi live dabei, wie die zunächst punktuellen Angriffsbemühungen der Invasoren immer mehr eskalieren und mehr und mehr Gegenwehr hervorrufen. Diese Entwicklung fühlt sich durch die Echtzeitbebilderung erstaunlich organisch und glaubwürdig an. Erst gegen Ende bricht man den Echtzeitansatz etwas auf…
Und das eigentlich nur, weil man den Showdown bei Nacht spielen lassen wollte. Angesichts der apokalyptischen Wirkung, die aufgrund der Mischung aus umher zischenden Geschossen, Explosionen, Feuer, dicken Rauchschwaden und chaotischen Kampfhandlungen entsteht, keine schlechte Entscheidung. Allgemein ist in Richtung Showdown die Actiondichte am höchsten und zeigt „Bushwick“ nicht nur aufgrund größer skalierter Massenszenen, was in ihm gesteckt hätte.
Die sonstige Laufzeit über setzen die Regisseure aus Budgetgründen eher auf kurze und effektive Actionmomente, in denen geballert, geprügelt und verreckt wird, während vor allem Dave Bautista bullige Präsenz zeigen darf. CGI-Mündungsfeuer, Trefferwirkungen aus der Konserve und Rauchschwaden aus Nullen und Einsen unterstreichen das Problem des engen Geldbeutels der Produktion und bremsen die Euphorie beim Actionfan doch deutlich.
Was am Ende bleibt, ist ein Invasionsfilm, der seine Zuschauer mitten in sein Alptraumszenario hineinwirft und ihn mittels gelungenem technischen Kniffes auch relativ lange nicht mehr aus seiner Umklammerung herauslässt. Die beiden gut gespielten Hauptfiguren, deren unbedingtes Vorwärtsdrängen für ein äußerst angenehmes Erzähltempo sorgt, ziehen den Zuschauer ebenfalls ordentlich in das Invasionsszenario von „Bushwick“ hinein. Leider versäumt es der Film, die Hauptfiguren früher noch greifbarer zu machen und das Involvement auf Zuschauerseite sowie die Spannung zu steigern. Zudem ploppen schnell diverse Drehbuchprobleme auf. So sind die Motive hinter der Invasion kompletter Kokolores, manche im Verlauf des Filmes eingeführte Figuren und sinnlose Nebenmissionen strapazieren die Geduld des Zuschauers doch deutlich und hier und da mutet das Vorgehen von Lucy und Stupe inmitten der Kampfhandlungen doch reichlich naiv an.
Auch hätte man sich „Bushwick“ einfach eine Spur actionreicher und vor allem packender gewünscht. Eine verschenkte Möglichkeit stellt hierbei der mal wirklich langweilige und viel zu selten einsetzende Score dar. Nicht nur wegen dem lustlosen Geklimper rauschen die vorhandenen Actionszenen zumeist bar jeden Impacts am Zuschauer vorbei. Auch diverse technische, budgetbedingte Unzulänglichkeiten fallen mehrfach negativ auf. Erst gegen Ende packen die Regisseure ein paar richtig nette Momente aus, doch auch hier will der Film einfach nie so sehr zupacken, wie er angesichts des melodramatischen Endes wohl ursprünglich sollte.
In diesem Sinne:
freeman
……
“Bushwick” ist ein Paradebeispiel für verschenktes Potential
Von der Zombiekomödie zum Actionfilm: Nachdem das Regieduo Cary Murnion und Jonathan Milott zuvor „Cooties“ verantwortete, wechselten sie mit “Bushwick” das Genreterrain.
Der inszenatorische Kniff des 2017er Invasionsactionfilms ist der, den Zuschauer möglichst mitten ins Geschehen einbinden zu wollen. Zeigen die ersten Szenen noch den Anflug mehrerer Hubschrauber auf das titelgebende New Yorker Viertel Bushwick und erlauben sich dabei mehrere Schnitte in wenigen Minuten, so kommt der Hauptfilm mit nur sehr wenigen sichtbaren Schnitten aus. Eine Non-Stop-Plansequenz Marke „Birdman“ oder „Cocktail für eine Leiche“ soll dabei nicht simuliert werden (zu den klar erkennbaren Schnitten etwa gehört ein Sprung, wenn eine Szene die Protagonisten auf dem Dach einer Schule zeigt, sie danach aber bereits wieder aus dem Gebäude heraustreten). Doch um diese Nähe auf formaler Ebene zu erzeugen, reicht das Stilmittel aus, auch wenn es nicht ganz so konsequent wie in den zuvor erwähnten Vorbildern angewandt wird (vom dem komplett in einem Take gedrehten deutschen Thriller „Victoria“ mal ganz zu schweigen).
Lucy (Brittany Snow) will der in Bushwick lebenden Verwandtschaft ihren Freund vorstellen, doch schon die U-Bahn ist seltsam menschenleer. Beim Betreten der Straße erwischt eine Explosion bereits den Lebensgefährten und Lucy findet sich inmitten einer Invasion wieder, bei der gänzlich in schwarz gekleidete Soldaten sich Feuergefechte sowohl mit der Polizei als auch mit ortsansässigen Gangs liefern. Jedoch nutzen einige fieselige Elemente den Ausnahmezustand als Freifahrtschein zum Plündern, Morden und Vergewaltigen, wie Lucy bei einer Begegnung mit zwei Gangmitgliedern bemerkt, die jedoch der hünenhafte Stupe (Dave Bautista) noch rechtzeitig aus dem Weg räumt.
Dass der Mann im Kleiderschrankformat nicht bloß Hausmeister ist, wie er anfangs sagt, ist sowohl Lucy als auch dem Zuschauer klar, selbst wenn erst später rauskommt, dass Stupe früher in Militärdiensten stand. Gemeinsam versucht das Duo aus dem umkämpften Bushwick zu entkommen und dabei die eigene Verwandtschaft zu retten…
“Bushwick” kann man als Update von „Die rote Flut“ verstehen, der bereits 2012 sein offizielles Remake bekam, doch nicht nur dessen Neuauflage kann als Trendsetter für “Bushwick” verstanden werden: Auch „Olympus Has Fallen“ und „London Has Fallen“ hatte invasionsartige Terrorattacken in Großstädten imaginiert, während die „The Purge“-Reihe, vor allem „The Purge: Anarchy“, den Überlebenskampf im feindseligen Stadtgebiet in den Mittelpunkt stellte. Im Gegensatz zu seinen Vorbildern lässt “Bushwick” den Zuschauer bis zur Halbzeitmarke im Unklaren über die Hintergründe des Angriffs, die sich jedoch als ebenso egal wie hanebüchen erweisen. Dass südliche Staaten unter der Führung von Texas eine Sezession vom Rest der USA planen, ist schlussendlich ein Wegwerfmotiv, die Begründung für die Attacke auf Bushwick und Viertel in anderen Großstädten regelrecht bekloppt: Anstatt das eigene Territorium zu sichern, sollen lieber gezielt Viertel im Rest der USA als Druckmittel unter Kontrolle gebracht werden. Außerdem wundern sich die Invasoren, dass es doch tatsächlich bewaffneten Widerstand gibt (nicht nur von den Gangs, die in Bushwick anscheinend zum Stadtbild gehören). Bei einem Gespräch mit einem gefangenen Gegner werden kurz interessante Ideen, etwa die „Ich befolge nur Befehle“-Attitüde des Soldaten, angerissen, aber der Film macht daraus überhaupt nichts.
Ähnlich sieht es über weite Strecken mit dem Plansequenzenkonzept aus: Wann nun sichtbare Schnitte gesetzt werden, folgt nicht immer einer klaren Logik, während die visuelle Umsetzung den Zuschauer zwar mit einbezieht, aber doch nicht nur über den Status eines Gimmicks hinauskommt. Zwingend notwendig für den Film ist es jedenfalls nicht. Noch dazu raubt die Tatsache, dass die Kamera fast immer an den Protagonisten klebt, oft die Übersicht, was aus Kosten der Actionsequenzen geht. Das mag bei einem Low-Budget-Werk wie “Bushwick” durchaus gewollt sein, aber auch intentional versemmelte Actionszenen immer noch versemmelt. Das geringe Budget merkt man schon an Explosionen, die ausgesprochen offensichtlich aus dem Rechenknecht stammen.
Wenig besser sieht es leider bei Spannung und Figuren aus. Lucy und Stupe stolpern durch Bushwick, bleiben dem Zuschauer aber egal, da man fast nichts über sie weiß – wenn dann rund 15 Minuten vor Schluss ein Gespräch mehr Hintergrundinfos über die beiden liefert, die man sich teilweise schon denken konnte, die anderseits zu diesem Zeitpunkt vollkommen irrelevant sind (z.B. dass Lucy Studentin ist), dann ist das viel zu spät. Die meisten anderen Figuren, die auftreten, sind noch egaler, da es sich meist um schnell wieder weggehäckselte Metzelmasse handelt. Eine Ausnahme ist Lucys Schwester Belinda (Angelic Zambrana), doch diese Figur leidet darunter, dass ihre willkürlich ins Script gekrakelte Drogensucht gerade so stark oder schwach ist wie es das Drehbuch gerade braucht.
Dazu beweist Dave Bautista („The Warriors Gate“) mal wieder Actionstarcharisma, wird aber verschenkt, weil er sich meist nur einsilbig durch den Film grummeln oder murmeln muss. Brittany Snow („On the Doll“) ist okay, aber keine darstellerische Offenbarung, während der Rest der Schauspieler kaum Raum bekommt. Stattdessen klebt die Kamera an dem Protagonistenduo, das aufgrund mangelnder Charakterisierungen aber vollends egal bleibt. Zudem verschenkt die Regie jede Menge auf dem Papier eingängige Momente – etwa wenn es Lucy und Stupe in eine Schule verschlägt, in der die Angreifer unter den Leuten wüten. An sich schockierend, hier aber relativ egal umgesetzt. Nicht, dass das Script so viel besser wäre: Wenn sich Lucy und Stupe im letzten Drittel von Belinda trennen müssen, dann schickt das Script sie auf eine nicht sonderlich gut begründete Mission, die danach aber vollends egal ist.
Das ist schon sehr ärgerlich, gerade wenn man sich die letzten zehn Minuten des Films anschaut, in denen “Bushwick” zeigt was eigentlich möglich gewesen wäre. Zum einen liefert das furiose Finale einen packenden Showdown mit Mittendrin-Gefühl, der alle vorigen Actionsequenzen des Films klar hinter sich lässt, den Zuschauer nicht nur in den Bürgerkrieg wirft, sondern auch noch erfreulich viel Übersicht, aller Wackelkamera zum Trotze, bietet. Zum anderen wartet der Endspurt mit gleich zwei radikalen, überraschenden Entscheidungen auf, die man nicht erwartet hätte, gerade nicht in einem derartigen B-Movie – dummerweise ist der Restfilm zu schwach als dass sie ihr komplettes Potential zu nutzen könnten.
“Bushwick” ist ein Paradebeispiel für verschenktes Potential: Die geupdatete „Red Dawn“-Prämisse würde genug Stoff für ein provokantes Actionszenario liefern, während das Plansequenzengimmick zumindest auf formaler Ebene sehr interessant wird. Doch der Survivaltrip leidet unter meist unübersichtlichen Kampf- und Ballerszenen, uninteressanten Figuren, dicken Drehbuchlöchern und Spannungsarmut. Was in “Bushwick” drin gewesen wäre, das demonstrieren immerhin die beeindruckenden letzten zehn Minuten, nur ist das ist zu wenig.
Hierzulande veröffentlicht Universum Film “Bushwick” auf Blu-Ray und DVD am 20. April 2018, freigegeben ab 16 Jahren. Die Extras werden eine Featurette und ein Interview mit Brittany Snow umfassen.
© Nils Bothmann (McClane)
Was hältst du von dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Universum Film__FSK Freigabe: ab 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja (ab 20.4.2018) |