Originaltitel: The Dark Wind__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1991__Regie: Errol Morris__Darsteller: Lou Diamond Phillips, Fred Ward, Gary Farmer, John Karlen, Guy Boyd, Blake Clark, Michelle Thrush u.a. |
Nachdem sich Errol Morris für seine preisgekrönte Dokumentation „The Thin Blue Line“ schon mit dem Polizeiwesen und einer Kriminalgeschichte beschäftigt hatte, war es durchaus eine logische Wahl, dass er mit dem Krimi „Canyon Cop“ seine erste und bisher einzige Regiearbeit im Spielfilmbereich vorlegte.
Das Ganze basiert auf dem im Original titelgebenden Roman „The Dark Wind“ aus Tony Hillermans Romanzyklus um zwei indianische Polizisten, wobei hier vor allem der junge Navajo-Cop Jim Chee (Lou Diamond Phillips) im Mittelpunkt steht. Der Rookie wird vor allem für einfache Aufgaben eingesetzt in einem Gebiet, in dem Reservate von Najavo und Hopi liegen. Dazu gehört etwa die Jagd nach Alkoholschmugglern, denen Jim in der Auftaktszene auflauert, wobei die Verfolgungsjagd anders endet als erwartet. Denn „Canyon Cop“ ist trotz kurzer Schusswechsel und Raufereien nicht dem damals sehr populären Cop-Actionfilm verhaftet, sondern bleibt ein klassischer Kriminalfilm.
Zu den eher alltäglichen Aufgaben, mit denen sein Vorgesetzter Joe Leaphorn (Fred Ward), der zweite Protagonist der Romanreihe, ihn betraut, gehört auch die Untersuchung eines Ladendiebstahls durch einen indianischen Ex-Knacki auf Bewährung. Wesentlich weniger alltäglich ist dagegen der Fund einer männlichen Navajo-Leiche, die nach Verstümmelungen durch Wildtiere nicht mehr identifiziert werden kann. Wegen eines stattfindenden Rituals und der Angst, dass ein Skinwalker, ein Gestaltwandler, der sich von einem Menschen zu einem Kojoten oder Wolf wandeln kann, für den Mord verantwortlich sein könne, wurde die Leiche von Najavo-Findern erst nicht gemeldet – „Canyon Cop“ verweist immer wieder auf indianische Bräuche und Gewohnheiten, weshalb manche Passagen auch auf Navajo sind und lediglich englisch untertitelt werden.
Perfekt wird die Aufregung im Reservat, als Jim bei einem Routineauftrag, der Bewachung einer öfters sabotierten Wasserpumpe, ein Flugzeug niedergehen sieht, an der Absturzstelle aber nur noch Tote vorfindet, teilweise nach dem Crash erschossen. Dabei handelte es sich offensichtlich um Schmuggler und zu allem Überfluss wird Jim von der DEA auch noch verdächtigt ein Komplize derer zu sein…
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Wer sich mit Noir-, Hard-Boiled- und Paperback-Krimistoffen auskennt, der ahnt bereits: Irgendwie hängt zumindest ein Teil der Fälle zusammen. Und alsbald stellt sich natürlich heraus, dass der Ex-Knacki ein potentieller Kollege der Schmuggler ist. Die Romanbasis von Hillerman ist solider Mainstream-Crime-Stoff, der am Ende eine nachvollziehbare, aber trotzdem nicht sofort absehbare Lösung aus dem Hut zaubert und viele lose Enden stimmig miteinander verknüpft. Errol Morris hält sich auch an Hillermans Rezept und baut Fakten über die indianische Kultur mit ein, vor allem natürlich jene der Navajo, aber auch der Hopi. „Canyon Cop“ versucht sich dabei nicht einfach als Infotainment, sondern nutzt all das auch zur Schaffung von Stimmung und Atmosphäre – etwa wenn der Showdown vor dem Hintergrund eines Stammesrituals stattfindet.
Sowieso finden sich nette Akzente in dem Film, nicht nur was den Mystery-Einschlag angeht, der „Canyon Cop“ ebenso wie das Indianer-Thema eine Sonderstellung im Krimigenre gibt. Sondern auch das leichte Buddy-Cop-Element zwischen Jim und dem Hopi-Polizisten Cowboy Albert Dashee (Gary Farmer) ist ein gelungener Anteil, der für kleine Humoreinlagen sorgt. Allerdings merkt man schnell, dass unter der Fassade dann doch ein sehr standardisierter Krimi steckt: Das ist eben der Cop-Helfer, da ist Leaphorn als knurriger Vorgesetzter und da sind die misstrauischen DEA-Agenten, die von Anfang an falsche Verdächtigungen ausstoßen. Wenn „Canyon Cop“ dann viel zu schnell hinausposaunt, dass sie auch noch Dreck am Stecken haben, dann ahnt man bereits ihre Verstrickung in den Fall.
Und darin liegt dann auch das große Problem von „Canyon Cop“, über den am Ende weder Regisseur Errol Morris noch Produzent Robert Redford glücklich waren und der am Box Office floppte: Er bietet unter der Navajo-Oberfläche wenig Neues und hält sich auch sonst mit im Gedächtnis bleibenden Momenten zurück. Es ist sicherlich löblich, dass „Canyon Cop“ nicht auf oberflächliche Action oder ausgespielte Gewaltszenen zurückgreift, aber das Tempo bleibt niedrig, Freund Zufall spielt bei Jims entscheidender Erkenntnis eine etwas zu große Rolle und erzählerisch wie inszenatorisch ist das gediegener Krimikost, die wenig falschmacht, aber auch nicht mehr als die Erfüllung von Standards wagt, ausgefallenes Setting hin oder her.
Dabei macht sich Lou Diamond Phillips, der ja schon in „Renegades“ einen indianischen Polizisten gab, durchaus stark in der Titelrolle und wäre durchaus fortsetzungstauglich gewesen – es folgten allerdings bloß drei TV-Filme nach Hillerman-Vorlage in den Jahren 2002 bis 2004, in denen dann Adam Beach die Jim-Chee-Rolle spielte. Fred Ward („The Player“) sieht zwar null indianisch aus, den knarzigen Polizeichef mit dem Herz am rechten Fleck beherrscht er aber aus dem FF. Gary Farmer („Ritter der Dämonen“) als Buddy, John Karlen („Die Zeit verrinnt, die Navy ruft“) als Ladenbesitzer und Guy Boyd („Retroactive“) als schmieriger DEA-Agent setzen ebenfalls Akzente.
Insofern geht „Canyon Cop“ eigentlich mit guten Voraussetzungen an den Start: Starke Besetzung, dichte Atmosphäre und ungewöhnliches Setting. Doch all das kann kaum verhehlen, dass es sich hierbei um 08/15-Krimikost handelt, die zwar nichts falsch, aber auch nichts herausragend gut macht. Definitiv ansehbar, teilweise richtig ambitioniert, aber trotzdem kaum erinnernswert.
In Deutschland erschien „Canyon Cop“ bisher nur auf VHS, ist ab 16 Jahren freigegeben und wahrscheinlich ungekürzt. Auf DVD gibt es den Film in den USA vom Label Artisan.
© Nils Bothmann (McClane)
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