Originaltitel: Carnosaur__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1993__Regie: Adam Simon, Darren Moloney__Darsteller: Diane Ladd, Raphael Sbarge, Jennifer Runyon, Harrison Page, Ned Bellamy, Clint Howard, Frank Novak, Ed Williams, Andrew Magarian, Brent Hinkley, Rodman Flender u.a. |
Dass Produzent Roger Corman („Der Krieger und die Hexe“) gerne mal Plagiate von Erfolgsfilmen drehen ließ, ist ja bekannt. Aber anno 1993, ohne den monetären Aufwand früherer Tage oder engagierte Trickspezialisten wie den jungen James Cameron (bei „Battle Beyond the Stars“ und „Galaxy of Terror“), primär für den Videomarkt ausgerechnet die Schlonzvariante des Mega-Big-Budget-Blockbusters der Saison, „Jurassic Park“, vorzulegen, das hat wahlweise Chuzpe oder ist einfach nur geistesgestört. Das Resultat hört jedenfalls auf den Namen „Carnosaurus“.
Da Corman augenscheinlich schon bei der Ankündigung des Drehs von „Jurassic Park“ aktiv wurde, konnte er „Carnosaurus“ sogar noch kurz vor dem Spielberg-Hit veröffentlichen. Deshalb suchte er sich ebenfalls eine Literaturvorlage, nämlich den Roman von John Brosnan, ließ den Autor sogar einen Drehbuchentwurf schreiben, den Co-Regisseur und Autor Adam Simon allerdings derart umkrempelte, dass Brosnan sein eigenes Werk kaum wiedererkannte. Quell allen Übels ist hier die Wissenschaftlerin Dr. Jane Tiptree (Diane Ladd), die so brillant ist, dass die US Army sie anwirbt und forschen lässt, ohne über ihre genauen Forschungen Bescheid wissen zu wollen. Aufnahmen, die auch aus einem PETA-Webespot stammen könnten, zeigen die industrielle Haltung und Verarbeitung von Hühnern, an denen Tiptree forscht.
Während dem Zuschauer schon direkt klar ist, dass Tiptree im unterirdischen Labor Dinos zusammenschraubt, worauf auch schon die Aufschlüsselung von Gen-Sequenzen im Vorspann hinweist, stellt der Film erstmal brav das Kanonenfutter, ähh, die Figuren vor. Die meisten davon sind egale Pappkameraden (und werden oft nur zum baldigen Verknurpsen eingeführt), aber zwei ragen als potentielle Protagonisten heraus: ‘Doc‘ Smith (Raphael Sbarge), ein Nachtwächter, der die Maschinen eines Bauplatzes hütet, und die Umweltschützerin Ann (Jennifer Runyon) alias Trush, die mit ihren Hippie-Freunden gegen genau jenes Bauunterfangen protestiert. Dass die beiden sich irgendwann näherkommen, ist angesichts der formelhaften Anlage natürlich von Anfang an klar, aber noch ist es nicht soweit.
Denn Held und Heldin brauchen ja erst einmal eine gemeinsame Bedrohung. Und die kommt dadurch zustande, dass ein Klon-Dino nach dem Schlüpfen in einem Transporter von der Hühnerfarm ausbüchst, die als Tarnung für Tiptrees Forschung dient. Der kleine Raubsaurier wächst und gedeiht schnell, was eine erhöhte Sterberate in dem Landstrich zufolge hat…
httpv://www.youtube.com/watch?v=M0wP4rP6R70
Dass Roger Corman für die Effekte mit John Carl Buechler („Ghost Town“) eigentlich einen Experten anheuerte, lässt im ersten Moment freudig aufhorchen. Im zweiten erkennt man allerdings, dass der Mann kein Hexenmeister ist und auch nur mit dem Budget arbeiten kann, das man ihm an die Hand gibt. Und das war in diesem Fall entsprechend gering. Also sortieren sich die Tricks qualitativ zwischen den Gwangi-Filmen, Ray-Harryhausen-Werken und alten Godzilla-Schinken ein, nur ohne deren zeitlosen Charme zu besitzen. Mit Handpuppen, Attrappen und Menschen in Kostümen werden die Raubsaurier zum Leben erweckt, sofern man die staksigen Plüschviecher wirklich für lebendig halten mag, deren Größe eh von Szene zu Szene (manchmal sogar innerhalb einer Szene) zu variieren scheint, die sich an T-Rex und Raptoren (also den Gefahrenquellen aus „Jurassic Park“) orientieren und die es mit Forschungsergebnissen nicht so genau nehmen (so hat der T-Rex-Verschnitt im Gegensatz zum realen Vorbild nützliche Greifarme). Damit man die Unbeweglichkeit der schlecht getricksten Dinos nicht immer sofort sieht, wackelt sich die Kamera bei mancher Attacke einen Wolf, von manchen Angriffen wird sowieso nur das Ergebnis gezeigt. Das ist immerhin stets recht blutig, denn wenn man gegen die Kinokonkurrenz schon in keiner anderen Disziplin anstinken kann, dann muss es immerhin ordentlich schmaddern – selbst wenn die Gore-FX oft genauso billig wie die Dinotricks sind. Immerhin beweist „Carnosaurus“ an einer Stelle böse Ironie: Die Ökoaktivisten ketten sich an Baumaschinen und können daher nicht wegrennen, wenn der Dino antrabt.
Wobei Corman und seine Erfüllungsgehilfen auf dem Regiestuhl, Adam Simon („Brain Dead“) und Darren Moloney („Andromina – Planet der Lust“), nicht so ganz auf die Dinos allein vertrauten also. Also hat Dr. Tiptree gleich noch eine gefährliche Vogelgrippe mit entworfen, welche infizierte Frauen (in einer Reihe geschmackloser Szenen) Dino-Eier gebären lässt, während das Militär, nachdem es den Schlamassel spitzkriegt, ähnlich freudig und ähnlich freundlich den Opfern gegenüber agiert wie in Werken wie „The Crazies“ oder „Return of the Living Dead“. Das sind nicht die einzigen Vorbilder; unter anderem ist das Finale ein ziemliches „Aliens“-Rip-Off, mit Baumaschinen gegen den Raubsaurier anstelle eines Laders gegen eine Alien-Queen, aber schon sehr ähnlich gestrickt, nur eben deutlich weniger gut getrickst und natürlich nicht mal ansatzweise so spannend. Und unser Mad Scientist Dr. Tiptree, die ihr Programm zur Auslöschung der Menschheit und verqueren Erdenrettung einsetzt, infiziert sich absichtlich mit den eigenen Stoffen, gebiert aber kein Ei, sondern lässt einen Dino „Alien“-mäßig aus dem eigenen Bauch schlüpfen.
Warum die Wirkstoffe mal so, mal so wirken, was Tiptrees Plan soll, warum das Militär sie einfach so machen lässt, warum das Militär nach anfänglicher Ahnungslosigkeit sofort tolle Weiternutzungspläne hat, sobald sie erkennen, woran Tiptree forscht, was eigentlich mit den ganzen geschlüpften Dinos passiert, warum Doc anhand eines einzelnen abgehörten Funkspruches sofort weiß wo Tiptrees Labor ist, wie er dort eindringen kann und was er dort tun muss – all das sind logische Fragen, die der Zuschauer sich besser nicht stellt. Denn die Drehbuchautoren haben es definitiv nicht getan und hoffen darauf, dass eine Aneinanderreihung von Verknurps- und Ekelszenen ohne Sinn und Verstand, unterbrochen von Dialogpassagen des Grauens, eingebettet in eine rudimentäre Baukastenhandlung, den Zuschauer schon irgendwie bei Laune hält. Tut sie aber nicht, da „Carnosaurus“ bei allem kruden Potential und aller Splatterei furchtbar öde ist, Figuren meist nur auftreten um direkt dahingemetzelt werden und nie nachvollziehbar handeln.
Es liegt aber auch am Knalltütenpersonal: Raphael Sbarge (der im Folgejahr mit „The Hidden 2“ noch so ein abgestürztes Creature Feature hinlegte) als Held kommt schlafmützig rüber, Diana Ladd („America Has Fallen“) wirft den peinlichen Overacting-Turbo an und Jennifer Runyon („Desert Force“) hat außer Schreien kaum was zu tun. Für sie waren nach „Carnosaurus“ auch erst einmal 20 Jahre Schauspielabstinenz angesagt, was aber wohl weniger am Film und eher an ihrer Hochzeit mit Rogers Neffen Todd Corman lag. Einzig und allein Harrison Page („Bad Ass“) als Sheriff und Clint Howard („Assault on Wall Street“) als Hühnerzüchter haben noch etwas Talent, werden vom Film aber total verschenkt.
Superbillige Tricks, grauenvolle Dialoge, null Nachvollziehbarkeit, schlechte Schauspieler und Ambitionen, die für das Budget viel zu groß sind – eigentlich hat „Carnosaurus“ wenigstens das Potential für ein großes Trashvergnügen. Dummerweise ist die Corman-Produktion bei alledem derart trantütig und kreuzlangweilig, dass es kein Vergnügen ist – da helfen auch ein paar schicke Gore-Szenen nicht.
Die früheren FSK-18-Fassungen auf VHS sind leicht, die FSK-16-Fassungen stark gekürzt. Seit 2004 gibt es den Film aber ungekürzt mit 18er-Freigabe in Deutschland auf DVD von Best Entertainment oder Carol Media/Screen Power. Die DVD bietet allerdings nur deutschen Ton und als Extras bloß ein paar Trailer.
© Nils Bothmann (McClane)
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