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Castle

Originaltitel: Castle__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2009-2016__Creator: Andrew W. Marlowe__Regie: John Terlesky, Rob Bowman, Dwight H. Little u.a.__Darsteller: Nathan Fillion, Stana Katic, Molly C. Quinn, Susan Sullivan, Jon Huertas, Seamus Dever, Tamala Jones, Penny Johnson Jerald, Ruben Santiago-Hudson, Toks Olagundoye, Maya Stojan, Arye Gross, Jack Coleman, Adam Baldwin, Lance Henriksen, Kelly Hu, Summer Glau, Jewel Slaite, Francis Capra u.a.
Castle

Nathan Fillion und Stana Katic spielen die Hauptrollen in „Castle“, Gastauftritte haben unter anderem Lance Henriksen und Kelly Hu

Police Procedurals sind im Fernsehen stets in gewesen, seit der Jahrtausendwende ein besonderes Erfolgskonzept für die US-Free-TV-Sender, wie vor allem die langlebigen „C.S.I.“-Franchises zeigten. Um auf dem Markt zu bestehen, brauchte man frische Ansätze, vor allem in Sachen Ansätze und Ermittlungsmethoden.

Neben verschiedenen Spezialisten (Forensiker bei „C.S.I.“, Psychologe bei „Lie to Me“, Pathologin bei „Bones“) erwiesen sich ungewöhnliche Ermittler wie die titelgebende Figur von „The Mentalist“ oder der reiche, exzentrische Cop aus „Life“ als verwertbarer Ansatz, dem auch „Castle“ folgt. Denn das reguläre Morddezernat der New Yorker Polizei wird ordentlich aufgemischt, als der Krimischriftsteller Richard Castle (Nathan Fillion) in die Ermittlungen einbezogen wird. Eigentlich soll er nur bei einem Fall assistieren, bei dem ein Killer Mordszenen aus seinen Romanen nachstellt, doch da Castle sich sehr für die Ermittler Katherine Beckett (Stana Katic) interessiert, nutzt er seine Kontakte zum Bürgermeister: Er darf sie bei ihren Fällen begleiten und als Inspiration für seine neue Romanfigur nehmen.

Bei der Anlage der Figuren sind natürlich die Konflikte abzusehen. Rick ist Bruder Leichtfuß, dem schnellen Flirt nie abgeneigt, nie um einen wahlweise coolen oder dummen Spruch bzw. Gag verlegen und nicht besonders gut daran sich an Regeln zu halten. Kate dagegen arbeitet nach Vorschrift und will den leicht chauvinistischen Kindskopf schnell loswerden. Insofern lebt die Serie von der Screwballdynamik zwischen den beiden, denn trotz aller Unterschiede besteht gegenseitige (sexuelle wie emotionale) Anziehung zwischen den beiden, auch wenn vor allem Kate das nicht zugeben will. Von der Frage ob sie sich denn nun kriegen oder nicht, lebt die Serie über weite Strecken und baut immer wieder Nebenbuhler oder Umstände ein, die das hinauszögern, was das Publikum erwartet und auch wünscht.

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Natürlich ist der Drops irgendwann gelutscht, aber bis dahin hat „Castle“ auch das entsprechende Figureninventar installiert: Da wären Castles Mutter, die exzentrische, von sich eigenommene und stets etwas fordernde Schauspielerin Martha Rodgers (Susan Sullivan), seine fleißige Overachiever-Teenagertochter Alexis (Molly Quinn), die Cops Javier Esposito (Jon Huertas), Latino mit militärischer Ausbildung, und Kevin Ryan (Seamus Dever), zurückhaltender Ire, sowie die resolute Gerichtsmedizinerin Lanie Parish (Tamala Jones). All diese Figuren haben Privatleben, verlieben sich, heiraten, müssen Todesfälle in ihrem Umfeld hinnehmen und so weiter, was für Subplots und eine nähere Bindung an die Charaktere sorgt, gleichzeitig aber natürlich auch Castle und Beckett beeinflusst. Gerade dann, wenn Alexis flügge wird und die ersten festen Freunde nach Hause bringt, sorgt das bei Castle für Verwirrung und Ausprägung des väterlichen Beschützerinstinkts, was Kate natürlich dazu bringt ihn wiederholt zu foppen und zu provozieren.

Denn darin liegt auch einer der Hauptreize der Serie: Dem Humor im Zusammenspiel der Figuren. Selten ist jemand um einen Spruch verlegen, vor allem Castle als Kind im Manne nicht, während immer wieder für Slapstickverwirrungen gesorgt ist. „Castle“ betrachtet Polizeiarbeit ironisch und mit Augenzwinkern, gerade wenn der Schriftsteller seine überbordende Phantasie miteinbringt, Plotkonstruktionen aus Romanen und Filmen auf das reale Leben anwendet (und damit teilweise sogar recht hat) und mit dreisten Aktionen auf unkonventionelle Weise ermittelt. Dass er sich eine kugelsichere Weste anfertigen lässt, auf der anstelle von „Police“ dann „Writer“ steht, ist nur eines der vielen Beispiele, wie die Comedy-Dynamik von „Castle“ funktioniert und die Polizeiserie am Laufen hält.

Natürlich gibt es auch jede Folge einen Fall zu lösen, denn man ist ja bei der Mordkommission und außerdem muss es ja auch was für die Gelegenheitszuschauer geben. Also beginnt quasi jede Folge mit einem Mord oder einem Leichenfund, danach wird der Tatort untersucht, man lernt Zeugen und Verdächtige kennen, während Castle wilde Theorien spinnt und Beckett auf klassische Polizeiarbeit pocht. Natürlich ist jeder der Fälle kompliziert, sodass man die 40 Minuten auch vollkriegt, sodass oft auch kleinere Vergehen und Affären aufgedeckt, die wiederum verdächtiges Verhalten bei Nichtmördern erklären usw. Das ist einerseits teilweise schon ziemlich einfallsreich, da sich die Autoren jede Woche etwas Neues aus den Fingern saugen müssen, wird andrerseits manchmal etwas formelhaft, weshalb man – gerade in späteren Staffeln – mit den Fällen und dem Format experimentiert: Eine im Stil einer MTV-Reality-Show gedrehte Folge, die Untersuchung eines Mordfalls während eines Hampton-Urlaubs, eine Folge, die um einen Actionaltstar-Gruppendreh der Marke „The Expendables“ kreist, ein Mord auf einer Sci-Fi-Convention mit entsprechendem Nerdfaktor usw.

Natürlich wird dabei fleißig zitiert und referenziert, denn Popkulturgeek Castle fallen stets entsprechende Referenzen ein, gerade wenn es um wildes Fabulieren geht. Egal ob Außerirdische, Weihnachtsmänner oder der Antichrist – Castle schließt nie eine Möglichkeit aus und kann auch die entsprechenden Bücher und Filme dazu nennen, weshalb hier unter anderem „Akte X“, „Das Fenster zum Hof“ oder „Das Omen“ ihren Tribut erhalten. Natürlich gibt es Unmengen an Anspielungen auf Fillions frühere Serie „Firefly“, aus der auch ein paar alte Bekannte wie Summer Glau, Jewel Slaite und Adam Baldwin vorbeischauen – letzterer spielt in Anlehnung an seine „Firefly“- und „Chuck“-Rollen natürlich einen auf die Regeln pfeifenden Brutalocop, mit dem Castle in zwei Folgen kooperieren muss. Hinzu kommen Gastauftritte von Persönlichkeiten aus Film- und Buchgeschäft, von denen sich Castle gerne dramaturgische Tipps holt, die auch für die Fälle wichtig sind, darunter Alex-Cross-Erfinder James Patterson und Horrorlegende Wes Craven.

Der Ton der Folgen variiert, ist mal abgedrehter, mal bodenständiger, bekommt aber den Spagat insgesamt gesehen gut hin. Denn trotz aller Screwballdialoge und aller Komik erinnern die Macher den Zuschauer daran, dass es eben doch um Mord geht, etwa in einer Folge, in der sich ein Angehöriger des Opfers und einer des Täters am Schluss noch begegnen und sich aussprechen können. Hin und wieder holt „Castle“ sogar einmal die Actionkeule raus, wenn sich Beckett, ihr Team und in seltenen Fällen mal mit schwereren Jungs herumschlagen müssen.

Denn genau das passiert im Laufe der Serie. Zum einen, weil die Fälle natürlich größer und komplizierter werden müssen, weshalb das NYPD manchmal unglaubwürdigerweise Terroranschläge verhindern, die weder das FBI noch Homeland Security auf dem Schirm haben. Zum anderen, weil es eine übergreifende Geschichte gibt, die sich mit dem Mord an Becketts Mutter beschäftigt, der immer weitere Kreise zieht, mit jeder Staffelverlängerung. Andere übergreifende Plots, etwa der um den Triple-X-Killer, kommen ebenfalls hinzu, vor allem ist es jedoch jene Intrige, die immer den Hintergrund des Ganzen bestimmt. Und genau da strauchelt „Castle“ dann in späteren Staffeln, da es regelrecht abstrus wird. Nicht zuletzt, da das Team einerseits Tag für Tag Mordfälle löst, gleichzeitig aber immer wieder im Visier mysteriöser Verschwörer steht. Für gravierende Schwächen bei der letzten Staffel sorgte allerdings auch ein Knatsch der Hauptdarsteller: Da Nathan Fillion („Guardians of the Galaxy“) sich infolgedessen vertraglich zusichern ließ, nicht mehr als zwei Tage pro Woche mit Stana Katic („Stiletto“) drehen zu müssen, wurden die Drehbücher mit Blick darauf geschrieben, das Ermittlertraumpaar stets aus fadenscheinigen Gründen getrennt, weshalb die Absetzung nach acht Staffeln dann einen Gnadenstoß gleichkam. Allerdings wurde spät darüber entschieden, weshalb man nur eine Zusatzsequenz für diesen Fall drehte, was der Serie einen unrunden Abschluss beschert. Es ist ein Opfer des Produktionschaos: Die Finalfolge hat eh schon logisch Klöpse noch und nöcher, wäre als Staffelfinale schon suboptimal, aber dann mit einer drangetackerten 30-Sekunden-Sequenz kurzerhand ein Serienende daraus machen zu müssen, ist schon sehr unbefriedigend.

Aber egal ab welchem Zeitpunkt genau sich das Verhältnis der beiden Leads verschlechterte: Fillion und Katic beweisen sich (einschließlich der achten Staffel) als Profis und lassen die Chemie zwischen den ernsten, geheimnisvollen Polizistin und dem vorlauten Kindskopf spüren, wobei die Serie auf amüsante Weise die Geschlechterrollen umdreht: Sie ist der knallharte Profi, er der Amateur, sie tough, er schon mal hysterisch in den Actionszenen, sie abgeklärt, er abergläubisch. Die Nebendarstellerriege aus Susan Sullivan („Dharma & Greg“), Molly Quinn („Wir sind die Millers“), Jon Huertas („Stash House“), Seamus Dever („Hollywoodland“) und Tamala Jones („Der Diamanten Cop“) muss da nicht hinten anstehen, während von den wiederkehrenden Nebendarstellern vor allem Ruben Santiago-Hudson („Mr. Brooks“) und Penny Johnson Jerald („Navy CIS“) als Captains, Toks Olagundoye („Brown Sugar“) als Hackerin und Arye Gross („Timelock“) als sarkastischer Kollege Lanies Akzente setzen. Für Gaststars ist natürlich auch gesorgt, neben „Firefly“-Darstellern geben sich unter anderem Jack Coleman („Burn Notice“), Lance Henriksen („Harte Ziele“), Kelly Hu („The Scorpion King“), Monet Mazur („Hart am Limit“), Jennifer Beals („The Book of Eli“) und Francis Capra („Veronica Mars“) die Ehre.

Trotz einiger folgen- wie staffelübergreifender Plotstränge ist „Castle“ aber in erster Linie ein Police Procedural, das von seinen oft einfallsreichen Fällen, den famosen komödiantischen Schlagabtauschen und seinen Figuren lebt. Man muss damit leben können, dass sich über acht Staffeln hinweg Ermüdungserscheinungen einstellen und die Hintergrundgeschichte um den Mord an Becketts Mutter immer abstruser wird, da die Autoren sie stetig weiterstricken mussten. Zudem leidet gerade die Abschlussstaffel sehr unter dem Zerwürfnis hinter den Kulissen, aber seinen Charme und seinen Elan bewahrt „Castle“ dann, allen Schwächen zum Trotz, über die volle Länge.

Starke:



Castle

Benny Stryker (Lance Henriksen)

In der Folge „Close Encounters of the Murderous Kind“ (Season 3, Episode 9) hat Lance Henriksen („Daylight’s End“) eine Gastrolle. Er spielt den Autor Benny Stryker, der sich mit UFOs beschäftigt und den Castle und Beckett im Zuge ihrer Ermittlungen aufsuchen, denn eine Astrophysikerin ist tot aufgefunden worden, gestorben durch Dekompression. Nachdem die Dekompressionskammer ihres Arbeitgebers sowie alle Einrichtungen im Umkreis keine Spuren der Tat enthalten, glaubt Castle in seiner typischen Art, dass sie durch Außerirdische entführt wurde und durch das Treiben im Weltall ohne Raumanzug starb. Bald fühlt er sich bestätigt, wenn Autos ohne erkennbaren Grund ausfallen und an den Ermittlungen beteiligte Personen ohne Erinnerung aufwachen. Etwa nach Entführung durch Aliens? Daran merkt man auch, dass das Casting von Henriksen kein Zufall ist: Er spielte die Hauptrolle in „Millennium“ von „Akte X“-Schöpfer Chris Carter und hatte in dieser Rolle auch einen Gastauftritt bei den X-Akten, die diese Folge überdeutlich inspirieren: Nicht nur spiegeln sich Mulder und Scully im UFO-gläubigen Castle und der auf rationale Erklärungen pochenden Beckett, sondern auch zig Anspielungen auf die Serie finden sich in dieser Folge, bis zum Summen der Titelmelodie. Auch Fillions „Firefly“-Vergangenheit wird hier mal wieder Tribut gezollt: Castle beherrscht Mandarin – wegen einer TV-Serie, die er früher gern geschaut habe. Mit diesem Esprit und Ideenreichtum beweist „Close Encounters of the Murderous Kind“ den besonderen Appeal von „Castle“, auch wenn es in erster Linie eine Fall-der-Woche-Folge ist. Aber eine mit viel Drive und Witz.



Castle

Scarlet Jones (Kelly Hu)

Kelly Hu („X-Men 2“) gibt sich in der Folge „Death Gone Crazy“ (Season 5, Episode 12) die Ehre und tritt als weiblicher Bodyguard des Mordopfers auf. Der Getötete war Schöpfer der Softporno-Reihe „Girls Gone Crazy“, erhielt seines Geschäfts wegen schon mehrere Todesdrohungen und wurde mit einem BH erwürgt. Die toughe Bodyguard-Amazone mit dem Namen Scarlet Jones fasziniert vor allem Javier, der ein Faible für rassige Frauen hat und mit stillen Heimchen nichts anfangen kann, wie seine Partnerwahl in der Serie immer wieder beweist. Allerdings wird auch Scarlet verdächtig, als das Team herausfindet, dass sie eine Speicherkarte gestohlen aus dem Safe ihres Bosses gestohlen hatte. Das bietet amüsante Procedural-Kost und ist jetzt vielleicht keine herausragende, aber keinesfalls eine schwache „Castle“-Episode.



Von den insgesamt acht Staffeln sind bisher sieben hierzulande auf DVD erschienen, die letzte dürfte in absehbarer Zeit folgen. Die Staffelboxen sind stets gut ausgestattet, bieten neben entfallenen Szenen und Audiokommentaren zu einzelnen Episoden Making Ofs, Einblicke hinter die Kulissen oder amüsante Featurettes zu einzelnen Aspekten der Serie oder deren Vermarktung.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: ABC Studios__FSK Freigabe: ab 12 (Staffel 2 + 4)/ ab 16 (Staffel 1, 3, 5,6 + 7)__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Ja

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