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Chasing the Dragon

Originaltitel: Zeoi Lung__Herstellungsland: Hongkong__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Wong Jing, Jason Kwan__Darsteller: Donnie Yen, Andy Lau, Kent Cheng, Philip Keung, Wilfred Lau Ho-Lung, Yu Kang, Kent Tong, Michelle Hu, Xu Dongdong, Felix Wong u.a.
Chasing the Dragon Cover

Donnie Yen und Andy Lau spielen die Hauptrollen in dem spannenden “Chasing the Dragon”.

1960 – 1974. Die Zeitspanne, von der „Chasing the Dragon“ berichtet, mag sich nicht sehr lang anhören, dennoch hat der Film von Wong Jin und Jason Kwan eine Menge zu erzählen. Der Titel, ein Slangbegriff, der das Konsumieren von Drogen umschreibt, deutet schon an, worum es geht: Den Aufstieg und Fall verschiedener Personen, die in Hongkong in den Handel mit Drogen verwickelt waren…

In den 1960er Jahren herrschte in Hongkongs Unterwelt das pure Chaos vor. Die Triaden, die „chinesische Mafia“, konkurrierten untereinander um die wichtigsten Einflussbereiche. Die Polizei drückte hinsichtlich der andauernden Gangfights beide Augen zu und hielt die Hände für jedwede Form von Zuwendung auf. Und die britischen Polizeieinheiten machten sowieso, was sie wollten. Angriffe gegen sie waren für jeden tabu.

Der Hongkonger Cop Lee Rock ist überzeugt, dass es möglich sein muss, mit Ideen, Weitsicht und einer klaren Vision dieses Chaos unter Kontrolle zu bringen – und dabei selbst gut zu verdienen. Als er 1963 Ho begegnet, meint er in dem kampfstarken Immigranten einen Partner für seine Vision entdeckt zu haben. Während sich die Wege der beiden immer wieder kreuzen, beginnt Lee Rock seinen Plan in die Tat umzusetzen. Er heiratet sich in einen einflussreicheren Posten ein und übernimmt das Hongkonger Viertel Kowloon als Polizeichef.

Nun beginnt er nach und nach die bestehenden Strukturen in dem Viertel auszuhebeln. Als er mit einem der führenden Triadenchefs aneinandergerät, ist es Ho, der ihm das Leben rettet. Von nun an sind beide zumindest in Freundschaft verbunden. Doch auch eine Partnerschaft ist nicht mehr weit, denn Lee Rock schafft es, Ho als alleinigen Drogendealer für Kowloon zu etablieren. Er installiert strenge Regeln für das gemeinsame Tun und deckt Hos Geschäfte, deren Gewinne fair zwischen Hos Bande und Lee Rocks Polizeieinheiten geteilt werden.

Doch Probleme mit den thailändischen Zulieferern, die teils wie entfesselt tobenden britischen Polizisten, „politische“ Winkelzüge von Hos Vorgesetzten und gegenseitiges Misstrauen zwischen Ho und Lee Rock verkehren die vermeintlich paradiesischen Zustände immer wieder ins Gegenteil, zumal Lee Rock den impulsiveren Ho immer schwerer unter Kontrolle zu bekommen scheint…

Schaut in “Chasing the Dragon” mit Donnie Yen und Andy Lau hinein

httpv://www.youtube.com/watch?v=Adj5dtSKF8U

Aufstieg und Fall des Drogenhändlers Ng Sek-ho. Triadenkriege. Ein Besuch im Goldenen Dreieck. Die Installation von Maulwürfen. Querschießende korrupte Cops. Der Verlust von Menschen, die den Hauptcharakteren nahestehen. Zig lebensbedrohliche Situationen für Ho und Lee Rock. Verrat. Politische Winkelzüge und ein finaler Rachefeldzug: Der Zuschauer kann sich wahrlich nicht beschweren, dass „Chasing the Dragon“, der auf wahren Ereignissen beruht, ereignislos wäre. All das in 128 Minuten Laufzeit gepresst, sorgt für ein irres Tempo, sich teils überschlagende Ereignisse und eine angenehme Grundspannung, die allgegenwärtig brodelt und das Interesse am Film hoch hält.

Starke Einzelszenen, ebensolche Dialoge, irre weitläufige Sets, eine brillante Ausstattung und die extrem wertige Umsetzung lassen im Laufe des Filmgenusses immer wieder wohlig an ähnliche Epen aus Amerika denken. Zumal auch die Schauspielleistungen einfach auf den Punkt stimmen und den Zuschauer immer wieder mitten ins Geschehen hineinreißen.

Chasing the Dragon mit Andy Lau als Lee Rock

Andy Lau nimmt als Lee Rock in “Chasing the Dragon” eine Rolle aus seiner frühen Karriere wieder auf.

Andy Lau („Shock Wave“) nimmt in „Chasing the Dragon“ seine Rolle aus den thematisch verwandten Hongkong-Filmen „Lee Rock“ und „Lee Rock II“ wieder auf und gibt den damals titelgebenden Polizisten absolut glaubwürdig. Seine ruhige und souveräne Ausstrahlung gibt seiner Figur Gewicht, deren Selbstkontrolle und Intelligenz dem Zuschauer höchsten Respekt abringt und es auch glaubwürdig erscheinen lässt, dass Donnie Yens Ho sich selbst als Drogendealer Numero Uno niemals gegen ihn wendet. Wenngleich der Film nie darauf aus ist, zwischen beiden eine wirklich innige Freundschaft zu installieren, ist der gegenseitige Respekt in jeder gemeinsamen Szene absolut spürbar.

Wir können nicht das Leben kontrollieren.
Wir können nicht den Tod kontrollieren.
Aber ich bin es, der meinen Pfad dazwischen wählt.
(Donnie Yen als Ho)

Genau die Szenen, in denen Yen und Lau gemeinsam interagieren, sind es, von denen man absolut nicht genug bekommen kann. Die beiden Darsteller spielen sich gekonnt gegenseitig die Bälle zu und dürfen in diesen Momenten teils großartige Dialoge abfeuern. Und Donnie Yen („Ip Man“) fällt gegenüber Edelmime Andy Lau niemals ab. Was auch insofern wichtig ist, da Yen schon früh seinen größten Vorzug, nämlich seine Actionman-Qualitäten, einbüßt. Wild um sich schlagen und treten – und ergo mit seiner Körperlichkeit punkten -, darf er nur zu Beginn des Filmes. Danach müssen präzise Gesten und machteinflößende Worte die Regie übernehmen. Und Yen bekommt das großartig in den Griff.

Apropos Action: Diese kommt in „Chasing the Dragon“ eher eruptiv auf. Steigt mit einem Straßenkampf zweier Gangs auf den Straßen Kowloons ein, in dem scheinbar unkoordiniert aufeinander eingeprügelt und -gestochen wird. Auch Yen zeigt hier eher effektive denn schöne Kicks. Im weiteren Verlauf gerät er immer mal wieder kurz mit Kontrahenten aus dem Drogengeschäft aneinander und löst das mit rabiaten Moves und Kicks. Wenn Lee Rock in den Hinterhalt des Triadenchefs Comic gerät, wird es auch mal blutiger. Da hier vermehrt Feuerwaffen zum Einsatz kommen.

Das Schmuckstück in Sachen Action ist freilich der Showdown. Dieser wird deutlich länger ausgespielt und präsentiert Ho auf einem Rachfeldzug. Es gibt ein größeres Geballer auf einer Straße, eine kleinere Autoverfolgungsjagd und dann diverse Mano-a-Mano-Schusswaffenduelle, bei denen sich Ho allmählich durch die verbliebenen Kerle fräst, die ihm und seiner Familie ans Leder wollen. Da auch Lau zu der Szene stößt, lässt sich ein gewisser Drall in Richtung Heroic Bloodshed nicht verleugnen, wenngleich dieser nicht wirklich exzessiv ausgespielt wird.

Chasing the Dragon mit Donnie Yen und Andy Lau

Donnie Yen (li.) darf in “Chasing the Dragon” vor allem darstellerisch glänzen.

Das Schöne: Selbst in dem konzentriert wirkenden Showdown gelingen „Chasing the Dragon“ großartige Momente. Im Berührendsten wird eine Mitstreiterin Hos erschossen. Eine Mitstreiterin, die Ho seit Jahren kennt. Und wenn es sie erwischt, sieht Ho das junge Mädchen von einst im Kugelhagel sterben, nicht die längst erwachsene Frau, die für ihn arbeitet. Herzzerreißend und auch musikalisch topp untermalt.

Natürlich gibt es auch Kritikpunkte: So hätte die Beziehung zwischen Ho und Lee Rock gerne noch etwas involvierender gestaltet hätte werden können. Und natürlich wird das Tun der Gangster im Film schon extrem verklärt. Immerhin sind sowohl Lee Rock als auch Ho Verbrecher, die von „Chasing the Dragon“ aber beinahe durchweg als positive Identifikationsfiguren gereicht werden. Auch deren Handlanger fallen eher in die Kategorie „edler Gangster“ als „ruchloser Halsabschneider“.

Das Aufzeigen finsterer Charakterzüge oder Aktionen hätte der Authentizität des Filmes und der Dreidimensionalität der Figuren sicherlich nicht geschadet. Auch die Verteilung der „Bösewichtrolle“ auf verschiedene Schultern funktioniert nicht als Spannungsbringer. Die Dämonisierung der Engländer ist dahingehend auch ziemlich krass drüber. Zeitliche Einordnungen wären an der einen oder anderen Stelle auch schön gewesen. Zudem hätte sich der Actionfan in mir noch mindestens eine Actioneinlage mehr in der Qualität des Showdowns gewünscht.

“Chasing the Dragon” ist ein spannendes, atmosphärisch dichtes Crime-Drama

Und dennoch bleibt am Ende ein atmosphärisch enorm dichtes und aufgrund seiner schieren Ereignisdichte durchgängig spannendes Crime-Drama, das sich vor ähnlichen Vertretern – beispielsweise aus Amerika – nicht verstecken muss. Auch weil die grandios aufspielende Paarung aus Andy Lau und Donnie Yen „Chasing the Dragon“ beinahe im Alleingang über die Ziellinie trägt. Ein starker Support-Cast rundet den Eindruck durchgängig starker Schauspielleistungen ab.

Die detailverliebte Ausstattung (dieser großartige 70s Look!!!) und die vor Leben schier berstenden Sets der Wohnviertel von Kowloon sorgen für atemberaubende, von der dynamischen Kameraarbeit schwelgerisch in Szene gesetzte Bilder. Ein unvermutet grooviger Score unterstreicht den wertigen Eindruck des Filmes nur. Und auch wenn die gut über den Film verteilte Action gerne breiter ausgespielt hätte sein dürfen und man von Yen eben doch immer einige Kabinettstückchen erwartet, die er hier nicht abliefert, ist selbige durchaus ansehnlich geraten.

7 von 10

Über eine deutsche Veröffentlichung ist mir bislang nichts bekannt. Die Codefree Scheibe von Well Go USA hat neben der Blu-ray auch die DVD an Bord. Jeweils mit englischer und kantonesischer Sprachfassung und ebensolchen Untertiteln.

In diesem Sinne:
freeman

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