Wir zelebrieren Actionfilme, die rocken!

China Salesman

Originaltitel: Zhong Guo Tui Xiao Yuan__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Tan Bing__Darsteller: Li Dongxue, Mike Tyson, Janicke Askevold, Li Ai, Eriq Ebouaney, Steven Seagal, Wang Zijian, Marc Philip Goodman, Anthony Gavard, Randall Lowell u.a.
China Salesman mit Mike Tyson und Steven Seagal

Sie beherrschen die Cover fast aller bisherigen Veröffentlichungen von “China Salesman”, haben aber nur Nebenrollen inne: Mike Tyson und Steven Seagal.

Dieses Mal hat es Steven Seagal nicht nur in den Osten, sondern direkt in den Fernen Osten verschlagen! In „China Salesman“ darf er endlich mal wieder in einem dicker budgetierten Film um sich schlagen, mochte die Chance zum Karriere-Neustart aber nicht wirklich ergreifen. Die Folge ist ein Steven-Seagal-Auftritt, wie man ihn zuletzt wahrlich oft genug gesehen hat: Der Meister sitzt mit Goatee irgendwo rum, tätschelt jungen Damen den Arsch und fächert mit seinen Armen den Gegnern Luft zu…

Der IT-Experte Yan Jian ist für seine Firma in Afrika unterwegs, um hier bei einer Ausschreibung einen dicken Deal an Land zu ziehen. Es geht darum, einen afrikanischen Staat, in dem bis vor kurzem noch ein Bürgerkrieg tobte, mit einem Netz für die Mobilkommunikation zu versorgen. Mit kleineren Tricks und Kniffen macht Yan Jian auch schnell Fortschritte und schafft es, sich gegen intrigante Konkurrenten aus aller Welt zu behaupten.

Da kommt es allerdings zum Supergau. Eine hochrangige Führungspersönlichkeit der einen Landeshälfte des ehemals in Nord und Süd unterteilten Staates wird über der anderen Landeshälfte – und damit über ehemaligem Feindesgebiet – abgeschossen. Der für den Anschlag verantwortliche Warlord verfolgt einen perfiden Plan. Er kappt alle Kommunikationsmittel zwischen Nord und Süd und lässt so das gegenseitige Spekulieren und Anschuldigen so richtig hochkochen. Und wirklich: Nord und Süd machen sich alsbald bereit, einen neuen Bürgerkrieg zu entfachen.

Da fasst sich Yan Jian ein Herz und zieht los, um eine behelfsmäßige Kommunikationslinie zwischen den beiden Landeshälften herzustellen und so den Bürgerkrieg abzuwenden. Ein echtes Himmelfahrtskommando, bei dem ein Chinese der afrikanischen Welt mal wieder zeigen kann, wie dufte China doch ist…

Schaut in “China Salesman” mit Steven Seagal hinein

httpv://www.youtube.com/watch?v=NmMZTurYJ-Q

Die Story von „China Salesman“ hat das Prädikat „oft gesehen“ nun wahrlich nicht verdient. Mit allem Ernst erzählen uns da die Chinesen eine wilde Räuberpistole, die sich so tatsächlich zugetragen haben soll – und trotzdem kein Stück unterhält. Das fiel wohl auch dem Regisseur auf, weshalb er vor allem in den ersten 70 Minuten immer wieder mit fetter Action von der absurden Geschichte eines reichlich naiv wirkenden IT-Vertreters abzulenken versucht.

In der Folge fährt Regie-Debütant Tan Bing von Panzerwagen über Panzer bis zu Großkalibergeballer alles auf, was Actionfans Spaß macht. Ständig explodiert etwas, setzt es (handgemachte!) blutige Kopf- und Körpertreffer und darf der Bodycount munter rotieren. In einer Szene darf sogar Steven Seagal gegen Mike Tyson kämpfen und irgendwann rollen dann auch Panzer über diverse menschliche Körper. „China Salesman“ setzt alles daran, ordentlich zu rocken. Blöderweise geht’s zwischen der Action aber dennoch nur um einen IT-Hansel, der seine Verträge an den Mann bringen will. Sinnbildlich gesprochen.

China Salesman mit Li Dongxue

Yan Jian (blaues Hemd) will Afrika das Internet bringen!

Das ist weder spannend noch unterhaltsam. Sondern irgendwie nur reichlich absurd. Erfährt aber leider auch keinerlei ironische Brechung. Ganz im Gegenteil. „China Salesman“ nutzt jede Gelegenheit, die armen Chinesen als Opfer zu zeichnen. Niemand vertraue ihnen, niemand traue ihnen etwas zu, alle seien sie gegen China. Ist der Film dann allerdings im erneuten Bürgerkriegsmodus angelangt, schwillt die chinesische Brust wieder an. Denn eigentlich haben ja doch alle Angst vor China und/oder lieben es. Die Folge ist eine unfassbar dummdreiste Szene um eine chinesische Flagge, die massiv an eine ähnlich dumme Szene in „Wolf Warrior 2“ erinnert.

Nur dass in „China Salesman“ die Flagge ab sofort gefühlt bis zum Ende des Filmes immer im Bild wedelt. Was auch immer das soll. Richtig übel wird es, wenn der chinesische Held erklärt, dass das arme afrikanische Land nun dank China in den Genuss des demokratischsten aller Medien kommt, dem Internet. Wer da nicht in Hohngelächter verfällt, steht wohl auch bei der finalen Texttafel stramm, in der die Chinesen als Vorreiter der Ausgestaltung der Idee vom globalen Dorf gefeiert werden. Unfassbar…

Kurzum: Ideologisch und in Sachen Sendungsbewusstsein ist diese chinesische Produktion mal wieder eine ganz besonders schreckliche Soße geworden. Von dem latenten Rassismus gegenüber den Afrikanern fange ich da gar nicht erst an und frage Drehbuch und Regie, was sie sich eigentlich bei dieser unfassbar geschmacklosen Szene rund um die rituelle Genitalverstümmlung eines kleinen Mädchens gedacht haben?

China Salesman mit Mike Tyson

Mike Tyson hat weitaus mehr Screentime als Steven Seagal in “China Salesman”.

Zumindest inszenatorisch ist es um „China Salesman“ ordentlich bestellt. Die farbsatten Bilder des afrikanischen Kontinents erfreuen das Auge. Das offensichtlich hohe Budget floss in eine nette Ausstattung, höchst ansehbare Schauplätze und ordentlichen personellen Auftrieb. Drohnenflüge über den Sets und durch die Schauplätze hindurch machen Laune und sorgen für diverse Postkartenbilder. In der Action ist die Bebilderung um ein Vielfaches dynamischer, ohne den Überblick preiszugeben. Der zackige Score bebildert das bunte Treiben trefflich.

Darstellerisch sieht es bei „China Salesman“ eher schlecht aus. Zwar kommt Dong-xue Li („1911 Revolution“) als Held halbwegs sympathisch rüber, eine wirkliche Identifikationsfigur will dem eher blass aufspielenden Darsteller aber nicht gelingen. Seine Co-Stars schlagen durchweg in eine ähnliche Kerbe, geraten in Form von Janicke Askevold als eine Art Love Interest des Helden sogar zum Totalausfall. Wichtig sind aber eh nur Mike Tyson und Steven Seagal.

China Salesman mit Steven Seagal

Steven Seagal hat nur eine nichtssagende Nebenrolle in “China Salesman”.

Mike Tyson („Ip Man 3“) kommt dabei bedeutend besser weg als Seagal. Als handlungsantreibender Warlord hat er zwar erstaunlich wenige Auftritte, die machen aber wenigstens durchweg Sinn und zeigen den Ex-Boxer mehrfach in Action. Vor allem sein langer Fight gegen Seagal rockt mal richtig fett. Hier sieht man auch, dass Tyson einige sehr zackige Moves vom „Ip Man 3“-Set mitgebracht hat. Da schaut Seagal mit seinen in letzter Zeit zum Standard gewordenen Fensterwischereinlagen richtig alt aus! Und der Meister muss sich sogar treffen lassen! Zweimal!!!

Direkt nach dem zweiten Treffer hatte Steven Seagal („End of a Gun“) dann aber keinen Bock mehr und lässt sich einfach für den Rest des Fights komplett doubeln! Und im Film taucht er nach drei frühen Auftritten auch komplett ab. Man erkennt auch gar nicht, was er eigentlich für eine Rolle in dem Film spielen soll. Gegen Ende wird er einem dann sogar als ambivalente Heldenfigur präsentiert. Was reichlich aus dem Nichts kommt. Großartig sind zudem zwei Szenen, in denen die Chinesen allen Ernstes Seagals Kopf auf den Schutzhelm eines Motorradfahrers projizieren, um anzudeuten, der Meister fahre mit einer fetten Harley durch Afrika. Ein sensationell mieser Effekt…

Bis Minute 70 ist “China Salesman” für Actionfans ganz nett…

Was am Ende bleibt, ist ein Actionfilm, der viel zu lange braucht, um richtig durchzustarten. Ehe die Situation um den drohenden Bürgerkrieg installiert ist, sind gut 30 Minuten Film vergangen. Dann legt „China Salesman“ ordentlich an Tempo zu und dröhnt mit einigen fetten Actionszenen über die absurde Handlung hinweg. In den Actionszenen hat der Film dann auch einige sehr nette und vor allem aufwändige Momente zu verzeichnen, die ordentlich rocken.

Nach gut 40 Minuten endet dann allerdings der große Budenzauber und „China Salesman“ präsentiert ein absolut rundes Happy End, nach dem der Film vollkommen in sich zusammensackt und der Zuschauer nach jedem Schnitt mit dem Abspann rechnet. Doch der kommt einfach nicht, weil „China Salesman“ meint, noch 30 Minuten etwas zu erzählen zu haben! Was das sein soll, verrät einem der Film aber nicht. So beginnt sich „China Salesman“ ausgerechnet zu seinem Ende hin immer mehr zu ziehen und er denkt auch gar nicht daran, noch einmal spektakuläre Action zu zünden. Eine einzige Enttäuschung…

Und Enttäuschung ist dann auch genau das, was man verspürt, wenn man den Film aus dem Player nimmt. Er schaut gut aus und er macht fette Action. Keine Frage. Aber die haarsträubende Story von „China Salesman“ ist in ihrer absurd ernsten Darreichungsform inklusive Störfeuern wie dummdreistem Patriotismus und latentem Rassismus einfach so bescheuert, dass man dem Film gar nicht wohlgesonnen gegenübertreten kann. Zumindest durfte Steven Seagal so mal wieder in einen Film mitwirken, der richtig teuer aussieht. So hat wenigstens einer etwas von dem Film gehabt.

4 von 10

Das Review basiert auf der „Tribal Warfare“ betitelten UK-DVD. In Deutschland hat sich Eurovideo des Filmes angenommen und wird ihn im 6. September 2018 ungeschnitten mit einer FSK 16 Freigabe auf DVD und Blu-ray veröffentlichen.

In diesem Sinne:
freeman

Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love

Copyright aller Filmbilder/Label: Eurovideo__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__ Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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