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Cobra Kai

„Cobrai Kai“ führt die „Karate Kid“-Filme als Serie fort, inklusive Originaldarstellern wie Ralph Macchio, William Zabka, Martin Kove, Thomas Ian Griffith und Yuji Okumoto. Die alte Rivalität von Johnny Lawrence und Daniel LaRusso flammt wieder auf, als ersterer für sein Selbstwertgefühl Cobra Kai erneut eröffnet und letzterer sich auf den Schlips getreten fühlt. Die Auswirkungen führen zu einer generationenübergreifenden Karate-Soap.

Originaltitel: Cobra Kai__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2018-2025__Creators: Josh Heald, Jon Hurwitz, Hayden Schlossberg__Regie: Josh Heald, Jon Hurwitz, Hayden Schlossberg, Lin Oeding u.a.__Darsteller: Ralph Macchio, William Zabka, Xolo Maridueña, Courtney Henggeler, Tanner Buchanan, Mary Mouser, Jacob Bertrand, Gianni DeCenzo, Martin Kove, Peyton List, Thomas Ian Griffith, Yuji Okumoto, Owen Morgan, Dallas Dupree Young, Paul Walter Hauser, Vanessa Rubio, Aedin Mincks, Tamlyn Tomita, Sean Kanan, Elisabeth Shue, Lewis Tan u.a.
Cobra Kai

„Cobra Kai“ führt die „Karate Kid“-Filme als Serie fort, inklusive Originaldarstellern wie William Zabka, Ralph Macchio, Martin Kove und Thomas Ian Griffith

Durch Gedankenspiele in YouTube-Videos oder der TV-Serie „How I Met Your Mother“ machte sich eine Idee in der Popkulturrezeption breit: Was, wenn Daniel-san gar nicht der Held, sondern der Antagonist von „Karate Kid“ war? Die Serienschöpfer Josh Heald, Jon Hurwitz und Hayden Schlossberg entwickelten „Cobra Kai“ zwar unabhängig davon, trafen aber einen Nerv – selbst wenn diese Interpretation im Urtext gar nicht angelegt ist, wenn man sich das Verhalten von Johnny in „Karate Kid“ anschaut.

„Cobra Kai“ setzt dann auch 34 Jahre nach den Ereignissen von „Karate Kid“ ein, also genau der Zeitspanne zwischen dem ersten Film und der Serie. Johnny Lawrence (William Zabka) ist ein abgehalfterter Typ: Ein Gelegenheitsjobber mit einer schäbigen Wohnung, notorisch pleite, oft besoffen, oft aggressiv, geschieden, von seinem Sohn Robby Keene (Tanner Buchanan) entfremdet, der selbst im Jugendknast sitzt. Für sein verpfuschtes Leben macht Johnny vor allem Daniel LaRusso (Ralph Macchio) verantwortlich, der ihn damals im Finale des All-Valley-Karateturniers besiegte. Daniel hat es wiederum zu etwas gebracht, führt sein eigenes Autohaus, ist glücklich mit Amanda (Courtney Henggeler) verheiratet, besitzt ein schönes Eigenheim und freut sich über seine wohlerzogenen Kinder Samantha (Mary Mouser) und Anthony (Griffin Santopietro). Es ist ein besonderer Clou der Serie, dass fast alle Originalfiguren auftauchen und von den Originaldarstellern verkörpert werden, weshalb Mr. Miyagi hier verstorben ist, analog zu Schauspieler Pat Morita.

Als Johnny mitbekommt, dass der Nachbarsjunge Miguel Diaz (Xolo Maridueña) von Schulbullys getriezt wird, vertreibt er die Angreifer erst und beginnt Miguel in Karate zu unterrichten. Dafür baut er sogar seinen eigenen Dojo auf, benannt und geformt nach seiner früheren Ausbildungsstätte Cobra Kai. Als Daniel mitbekommt, dass es Cobra Kai, mit dem er nur schlechte Dinge verbindet, wieder gibt, beginnt seine Fehde mit Johnny erneut, was wiederum dazu führt, dass Daniel mit Miyagi-do seinen eigenen Dojo aufbaut. Doch das ist erst die Ausgangssituation, zu der das Auftauchen alter Bekannter, Teenager-Liebeleien und -Rivalitäten zwischen Karateschülern und -schülerinnen sowie weitere Storyvolten hinzukommen.

Schaut euch den Trailer zu „Cobra Kai“ an

„Cobra Kai“ ist ein Musterbeispiel dafür, wie man Nostalgie richtig hinbekommt. Auf der einen Seite gibt es reichlich Fanservice zur Originaltrilogie, in Form von Anspielungen, Filmausschnitten und Auftritten der bekannten Figuren – man konnte sogar Elisabeth Shue („Death Wish“) für ein Gastspiel in ihrer Rolle als Ali Mills gewinnen, die als einzige aus den „Karate Kid“-Filmen die richtig große Karriere hinbekam. Einzig und allein „The Next Karate Kid“ wird mehr oder weniger ausgeblendet – vielleicht war Hilary Swank auch zu keinem Cameo zu überreden. Doch immer wieder stellt die Serie die Frage, ob die guten alten Zeiten wirklich so gut waren und ob ein Update des Bekannten nicht sinnvoll ist. So nähern sich Johnny und Daniel auch über ihre Liebe zur Popkultur der 1980er an, zu Musik und Filmen jener Zeit – ein erstes Anzeichen dafür, dass die beiden Streithähne mehr gemeinsam haben als ihnen bewusst sind. Manchmal sind außerdem Johnnys Aversionen gegenüber gewissen Auswüchsen der Gegenwart amüsant, nachvollziehbar und erfrischend. Auf der anderen Seite stellt die Serie ihn auch als Relikt einer vergangenen Ära dar, das schon damit überfordert ist einen Computer einzuschalten oder sich an die gängigen Höflichkeitsregeln der Gegenwart zu halten. Zumal „Cobra Kai“ auch darauf verweist, dass manche Gepflogenheiten der 1980er, darunter Bullying, das Lächerlich-Machen von Außenseitern oder das Recht des Stärkeren alles andere als rettenswerte Tugenden sind.

Cobra Kai

Johnny Lawrence (William Zabka) findet als Karatetrainer neuen Respekt von anderen und vor sich selbst

Doch egal, wie sehr man Johnny nun mag oder nicht – er ist jemand, dessen Mindset auf dem Niveau eines eher einfach gestrickten Eighties-Actionfilms daherkommt. Man kann die Welt in Gut und Böse einteilen, Grautöne gibt es kaum, die beste Lösung ist die rabiate mit verbaler und/oder physischer Gewalt und Johnny selbst gehört natürlich zu den Guten. Aber das ist vielleicht die zentrale Aussage von „Cobra Kai“: Dass jeder im Leben seinen eigenen Film schaut, in dem er der Held ist – nur dass das eben nicht mehr passt, wenn man mehrere Perspektiven in den Blick nimmt, wie in dieser Serie. Es fängt in den ersten Staffeln mit der Fehde von Johnny und Daniel an, die sich auch auf die nächste Generation überträgt, später kommen weitere Figuren hinzu, etwa Johnnys alter Trainer John Kreese (Martin Kove). Viele dieser Figuren erhalten einen eigenen Background, sogar ein Manipulator und Schurke wie Kreese bekommt durch traumatische Vietnamkriegserfahrungen mehr Profil, mehr Nachvollziehbarkeit und mehr Grautöne. So entstehen viele Konflikte in „Cobra Kai“ nicht dadurch, dass es gute und schlechte Menschen gibt, sondern dass Beteiligte verschiedene Situationen unterschiedlich wahrnehmen. Eine Ausnahme stellt vielleicht Terry Silver (Thomas Ian Griffith) dar, der Strippenzieher aus „Karate Kid III“, dessen Villain-Status in „Cobra Kai“ weitestgehend bestehen bleibt. Anfangs hat er sich aus der Karatewelt zurückgezogen, doch wenn der Intrigant mit den tiefen Taschen wieder einsteigt, dann richtig.

Natürlich ist „Cobra Kai“ bei alldem eine astreine Karate-Soap – aber andernfalls würde die Serie kaum auf sechs Staffeln kommen. Jede Annäherung, jede Übereinkunft kann schnell wieder durch ein dramatisches Ereignis oder ein Missverständnis wieder zunichtegemacht werden, sodass sich Johnny und Daniel immer wieder in Haare kriegen, auch wenn ihre Differenzen überwunden scheinen. Genau so sieht es bei den Jugendlichen aus, deren zentrales Quartett aus Miguel, Samantha, Robby und Problemkind Tory Nichols (Peyton List) besteht. Wenn es hier zu Pärchenbildungen kommt, dann eigentlich immer in dieser Konstellation, sodass Eifersucht zusätzlich zu den persönlichen und sportlichen Rivalitäten kommt. Denn in der Welt von „Cobra Kai“ dreht sich alles um Karate: Horden von Jugendlichen trainieren in rivalisierenden Dojos, bei Streitigkeiten zwischen den Fraktionen prügelt sich teilweise die halbe Highschool im Schulgebäude mit formvollendeten Martial Arts und im Zweifelsfall werden sogar prestigeträchtige Welt-Karateturniere im Valley abgehalten. „Cobra Kai“ versucht sich nicht an Realismus, es ist eine Soap-Welt, in der Verletzungen, die eine Person an den Rollstuhl fesseln, nur temporär sind, in der man für die Ehre des eigenen Dojos notfalls Karriere, häuslichen Segen und die eigene Gesundheit aufs Spiel setzt, in der Nerd-Jungs urplötzlich die beliebtesten Mädchen der Schule klarmachen, weil sie jetzt Karate können. Aber es funktioniert, es ist auf diese vollkommen überzogene Art und Weise spannend, egal wie konstruiert das Ganze letzten Endes rüberkommt.

Cobra Kai

Daniel LaRusso (Ralph Macchio) trifft auf seinen alten Freund John Kreese (Martin Kove)

Dass „Cobra Kai“ funktioniert, liegt auch am augenzwinkernden Witz des Ganzen. Es gibt Situationskomik und flotte Sprüche auf der intradiegetischen Ebene, egal ob Betonkopf Johnny irgendwo aneckt, Volltrottel Raymond ‘Stingray‘ Porter (Paul Walter Hauser) sich trotz seiner körperlichen und geistigen Limitierungen für einen Karategott hält oder die Jugendlichen sich gegenseitig aufziehen. Aber auch formal kommentiert „Cobra Kai“ sich immer wieder augenzwinkernd. So wird beispielsweise Miguels Nerd-Kumpel Eli Moskowitz (Jacob Bertrand) erst gehänselt und wegen einer Hasenscharte von Johnny mit dem Spitznamen „Lip“ bedacht, erhält vom Trainer allerdings dann den neuen Kampfnamen „Hawk“, nachdem er sich einen Mohawk schneidet und Falkenmotive trägt. Und bei besonders spektakulären Sprungkicks von Hawk wird auf der Tonspur ein Falkenschrei eingespielt. „Cobra Kai“ übertreibt es nicht mit seinen Witzeleien, wird nicht zu einem reinen Dauerironiefest, nicht sich aber nie zu ernst, sodass man diesem im Grunde etwas absurden Worldbuilding gerne folgt.

So versuchen sich die Kampfszenen auch nicht einfach nur am Wettbewerbskarate der Originalfilme, sondern auf stilisiertere, modernere Action. Es gibt tänzerische Moves, die eher an Capoeira erinnern, es gibt jede Menge spektakuläre Dreh- und Sprungkicks, die in einem realen Wettkampf viel zu riskant wären, es gibt (gerade bei Straßenschlägereien) auch den Einsatz von Ellenbogen, Waffen oder Umgebungsgegenständen. Das Fight- und Stunt-Team sorgt jedenfalls für stark choreographierte und selbst in Massenschlägereien erfreulich nachvollziehbar wie übersichtlich inszenierte Kampfszenen, die um Abwechslung bemüht sind: Neben den Turnierkämpfen gibt es immer wieder Konfrontationen außerhalb des Rings, egal ob sich die Karate-Rivalen auch mal außerhalb des Rings einschenken oder sich mit irgendwelchen anderen fiesen Subjekten prügeln müssen. Wie schon bei der Filmreihe, auf der „Cobra Kai“ basiert, fällt freilich auf, welche Beteiligten Kampfkunst beherrschen (Zabka, Griffith, Okumoto), welche nicht so wirklich (Macchio), welche relativ häufig gedoublet werden müssen (Mouser), welche anscheinend möglichst viel selbst machen (die meisten anderen Jungdarsteller). Ohne Stand-Ins und Doubles geht es freilich bei den wenigsten, da es sich bei den wenigsten um ausgebildete Martial-Arts-Profis handelt, was „Cobra Kai“ aber meist durch Schnitt und Inszenierung gut übertünchen kann.

Cobra Kai

Als Ali Mills (Elisabeth Shue) vorbeischaut, erwachen sowohl bei Daniel als auch bei Johnny alte Gefühle

Darstellerisch ragt vor allem William Zabka („Shootfighter“) heraus, für den es trotz Nebenrollen in bekannten Filmen nie zur großen Hollywoodkarriere gereicht hat, und der hier noch einmal als Eighties-Relikt mit Herz am rechten Fleck wirklich groß aufspielt. Ralph Macchio („Die Outsider“), dessen Stern nach kurzem Glühen mit den 1990ern erlosch, ist allerdings fast ebenso gut, während Martin Kove („Assassin X“), Thomas Ian Griffith („Behind Enemy Lines“) und Yuji Okumoto („Ready Player One“) ihre tragenden Rollen aus früheren Filmen stark mit neuem Leben füllen. Andere Darsteller von früher, darunter Tamlyn Tomita („Awesome Asian Bad Guys“) und Sean Kanan („Fortress – Stunde der Abrechnung“), schauen für wenige Folgen vorbei. Die jungen Hauptdarsteller, also Xolo Maridueña („Blue Beetle“), Mary Mouser („The Last Conjuring“), Tanner Buchanan („Einer wie keiner“), Peyton List („Duell der Magier“), Jacob Betrand („Red Sun Rising“) und Gianni DeCenzo („Black Spines“), sind durch die Bank weg gut aufgelegt und lassen ebenfalls keinen Grund zur Klage, sofern man sich dafür erwärmen kann, dass ihr Spiel eben zum soapigen Grundton der Serie passt.

Kann man sich auf die Tonalität von „Cobra Kai“ einlassen, dann ist das Ganze jedenfalls ein großer Spaß mit schnieker Action, manchmal sehr dick aufgetragener Emotion und Witz, die aber vor allem versteht Nostalgie zu inszenieren: Einerseits mit einem respektvollen Blick nach hinten und einem Appell an Gefühle von früher, andrerseits aber mit kritischer Evaluation des Ganzen. Die Tatsache, dass das Ganze eine eher einfach gestrickte Filmreihe nimmt und daraus die Lehre zieht, dass quasi jede der beteiligten Figuren der Ansicht war im Recht zu sein, erhebt „Cobra Kai“ sogar über seine Vorlage.

„Cobra Kai“ begann als YouTube Original, wurde nach zwei Staffeln allerdings von Netflix übernommen. EuroVideo/Sony/Nameless haben die ersten drei Staffeln auf Blu-Ray und DVD in Deutschland veröffentlicht, wobei Staffel 1 und 2 ab 12, Staffel 2 ab 16 Jahren freigegeben wurde. Staffel 4 bis 6 gibt es bisher nur bei Netflix, weshalb sie bisher nicht von der FSK geprüft wurden.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: EuroVideo/Nameless/Sony__FSK Freigabe: ab 12 (Staffel 1 + 3)/ab 16 (Staffel 2)/ungeprüft (Staffel 4-6)__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja (Staffel 1-3)/Ja (Staffel 1-3)

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