Originaltitel: Commando Ninja__Herstellungsland: Frankreich__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Benjamin Combes__Darsteller: Eric Carlesi, Philippe Allier, Stéphane Asensio, Olivier Dobremel, Thémann Fagour, Cécile Fargues, Thyra Hann Phonephet, Charlotte Poncin, Anaëlle Rincent u.a. |
John lebt seit Jahren allein in irgendeinem kanadischen Wäldchen. Hier fällt er mit seinem Katana Bäume, köpft diverse Bierbüchsen und lässt es sich machomäßig gut gehen. Da taucht eines Tages sein ehemaliger Kamerad Hopkins auf. Der hat eine gute und eine schlechte Nachricht für John. Die gute Nachricht: John muss keine Alimente mehr zahlen, da seine Ex heimtückisch ermordet wurde. Die schlechte Nachricht: Johns Tochter Jenny wurde bei dem feigen Überfall entführt… von Ninjas!
Sofort bricht John auf, um den miesen Lumpen die Ninja-Hammelbeine langzuziehen und seine Tochter zu retten. Seine Rettungsmission führt ihn alsbald nach Zentralamerika, wo er in Val Verde ordentlich nass durchwischt. Doch seine Tochter kann er trotz eines infernalischen Massakers nicht befreien, dazu muss er erst noch den roten Ninja killen und durch die Zeit reisen.
Kein Problem für John, ist er doch ein Commando Ninja. Und die beherrschen nicht nur alle vier Elemente, sondern auch die Zeit. Ok, ein Zeitreise-Handschuh könnte auch helfen, aber hey…
Schaut euch “Commando Ninja” selbst an und genießt die Ode an die 80er Jahre
httpv://www.youtube.com/watch?v=a0Gec5JbQAg
Das ist die französische Originalversion. Englische Untertitel sind zuschaltbar! Es gibt auch eine englisch gedubbte Version, diese ist aber deutlich schwächer. Ein kleiner Clou ist die polnische Fassung, in der ein Lektor alle Rollen spricht.
„Commando Ninja“ ist nicht mehr und nicht weniger als eine einzige filmische Wundertüte. Eine Wundertüte, die das machomäßig blöde Actionkino der 80er zu neuem Leben erweckt. Die Idee dafür hatte der Franzose Benjamin Combes. Ein glühender Verehrer des 80er-Jahre Actionkinos, der die Klassiker mit Arnie, Sly, Van Damme und Co. wieder und wieder gesehen hat und irgendwann beschloss, dieser Zeit ein Denkmal zu setzen. Also schrieb er ein Drehbuch und kratzte 5000 Dollar zusammen, um seine Vision Wirklichkeit werden zu lassen.
Nach anderthalb Jahren, während denen vornehmlich an Wochenenden gedreht wurde, hatten er und seine Mitstreiter genug Filmmaterial für einen 45-Minüter. Blöderweise war das Geld alle und Combes hatte noch die eine oder andere Idee. Also wandte er sich an die Actionfans. Via Kickstarter sammelte er noch einmal knapp 32000 Euro ein (unter anderem vom Autor dieser Zeilen!) und investierte weitere anderthalb Jahre in seinen Film.
Jetzt ist das gute Stück endlich fertig und sollte jedem Actionfan einfach nur irren Spaß bereiten. Schon der Beginn im Vietnam des Jahres 1968 deutet an, wohin die Reise gehen soll. Zu musikalischen Klängen, die leicht an Predator erinnern, stapft ein Platoon durch den Dschungel. Es wird beobachtet. Immer wieder schaltet „Commando Ninja“ in eine POV-Vision, die direkt bei „Predator“ geklaut wurde. Als der Beobachter das Platoon angreift, enttarnt er sich im Predator-Stil. Nur steht den GIs kein Predator gegenüber, sondern ein roter Ninja. Wenig später treibt ein herrenloser Arm im Fluss und die GIs ballen panisch um sich.
Kurz darauf erfahren wir, dass in dem vietnamesischen Dschungel nicht nur Ninjas ihr Unwesen treiben, sondern auch kommunistische Raptoren. Und John wird in dem Dschungel auch noch im „Rambo 2“-Modus gefoltert, nur um hernach im „Bloodsport“-Stil mit entsprechender musikalischer Entlehnung zum Commando Ninja geschult zu werden. Raus aus dem Dschungel übernimmt das Arnold-Schwarzenegger-Vehikel „Phantom Kommando“ das „handlungstechnische“ Kommando. Inklusive einem genialen Rip-Off des derben Showdowns des Schwarzenegger Klassikers. Nur eben noch derber.
Die Lumpen werden hier zersprengt, erschossen, zerhackt und niedergemäht als gäbe es keinen Morgen. Immer wieder bricht sich irrer Humor Bahn, etwa wenn John einen Ninjastern wirft und zwei weit voneinander entfernt stehende Lumpen tödlich getroffen umfallen. Und wenn John einem Lump sein MG in den Schädel rammt und dann durch den Schädel hindurch einen anderen Lumpen umballert, lacht das Gorebauer-Herz. Alle Blutfontänen und Splattermomente sind dabei liebevoll von Hand getrickst. Großartig sind dahingehend immer wieder Momente, in denen überdeutlich Puppen von Häusern fliegen oder zersprengt werden. Hier trifft der Film genial den Ton der billigeren Actioner der 80er.
Natürlich gibt es in all dem Wahnsinn auch eine Montage, in der sich der Held ordentlich mit Waffen behängt. Dazu gesellen sich Anspielungen auf „Kevin allein zu Haus“ (jahaaaa), „Highlander“ und „American Fighter“ sowie ordentliche Mengen an Hupen, Knackärschen und dicken Muskeln. Alles verpackt in wundervoll dümmliche Dialoge mit genial beknackten Onelinern und echt miesen Witzen. Und präsentiert in erstaunlich stimmigen Settings, denen man den jeweiligen Handlungsort (Vietnam, Laos, Zukunft, L.A.) immer abnimmt.
In all diesem Irrsinn sind keine Schauspieler gefragt. Alle Darsteller müssen Stereotypen mit Leben füllen. Der Muskelberg. Der fiese Schurke. Die heiße Brünette. Das taffe Kind. Hier beweist Regisseur Combes ein glückliches Händchen und lässt seine Darsteller einfach machen. Vor allem Eric Carlesi als tumber Held ist echt Gold wert. Selbst in den beknacktesten Situationen bleibt er immer wunderbar ernst und gibt seinen Charakter nie der Lächerlichkeit preis.
Optisch sieht der Film aus, als hätte man ihn direkt von einer VHS von der Videothek um die Ecke gezogen. Laufrollenschäden, Geflacker bei harten Schnitten, Bildfehler, leicht ausgeblichen wirkende Farben – die Mimikry ist nahezu perfekt. Und verdeckt den zu befürchtenden Digitallook, wurde „Commando Ninja“ doch mit zwei simplen Systemkameras von Panasonic gedreht. Ein echtes Highlight ist der Soundtrack von Thomas Cappeau, der sich am aktuellen Synthwave-Kult genauso bedient, wie bei den filmischen Vorbildern. Vor allem „Phantom Kommando“ leuchtet sehr häufig durch.
Schade ist, dass „Commando Ninja“ in seinem Aufbau nicht wirklich überzeugt. Die beste Szene steigt zur Filmmitte. Wird hier auch ordentlich ausgekostet. Doch alles, was danach kommt, kann sich nicht mehr mit ihr messen. Und so schön der finale Ausflug in die „Zukunft“ mit Mad-Max-Attitüde und Schweinemutanten auch anmutet, so ist der hier steigende Showdown doch reichlich enttäuschend ausgefallen. In einem wirklich coolen Kiesgrubensetting passiert leider so gut wie gar nichts. Und auch die Story hat sich hier schon einmal zu oft um sich selbst gedreht.
“Commando Ninja”: Blutig, witzig, gut
„Commando Ninja“ ist also alles mögliche, nur nicht perfekt. Er mutet mit 68 Minuten Laufzeit auch ein wenig zu lang an. So manche Szene hätte gerne verkürzt oder pointierter dargereicht werden dürfen. Gleichzeitig hat der Film immer wieder Momente, bei denen man sich förmlich wünscht, der Irrsinn möge kein Ende mehr nehmen. Etwa in dem großen Massaker zur Filmmitte. Da ist „Commando Ninja“ irre nah dran an den stumpfen Gewaltvehikeln längst vergessener Tage.
Und wer genau diese liebt und vermisst, der wird an „Commando Ninja“ trotz aller Probleme seinen Spaß haben und die Zeit des Schauens nicht bereuen. Immerhin werden hier Köpfe zerschossen, Arme abgehackt und Beine mit Ninjasternen abgetrennt. Zwischendurch wird auf „Terminator“ angespielt, läuft ein Fitness-Video von Arnold Schwarzenegger im TV und hängen an allen Wänden so turbogeile Filmposter, dass man wünscht, man wäre bei den Dreharbeiten dabei gewesen und hätte die Poster mitgehen lassen können. Kurzum: Mit wenig Geld und viel Herzblut ist hier eine mal wirklich liebevolle Verballhornung der Kracher der 80er entstanden. Eine Verballhornung, die nie auf ihr Sujet herabblickt, sondern mit ihm feiert.
Oben im Beitrag ist der Film in mehreren Versionen komplett eingebunden. Viel Spaß beim Gucken!
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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