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Crazy Rich Asians

Originaltitel: Crazy Rich Asians__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Jon M. Chu__Darsteller: Constance Wu, Henry Golding, Michelle Yeoh, Gemma Chan, Awkwafina, Ken Jeong, Jimmy O. Yang, Chris Pang, Sonoya Mizuno, Jing Lusi, Ronny Chieng, Nico Santos u.a.
Crazy Rich Asians

In Jon M. Chus Bestsellerverfilmung “Crazy Rich Asians” spielt Michelle Yeoh eine der Reichsten

Kevin Kwans Bestseller „Crazy Rich Asians” löste bei der Vergabe der Filmrechte einen Bieterwettstreit aus, an dessen Ende ein Duell zwischen Netflix und dem Hollywoodstudio Warner stand: Erstere boten neben viel Geld gleich auch einen Vertrag für die Adaption der zwei Buchsequels an, Warner eben die Auswertung auf großer Leinwand. Dafür entschied sich Kwan, der ein Zeichen setzen wollte mit einer Großproduktion, in der ausschließlich asiatische Amerikaner die Hauptrollen spielen, unter der Regie des asiatischen Amerikaners Jon M. Chu („G.I. Joe – Die Abrechnung“), was ihm gelang: „Crazy Rich Asians“ wurde zum großen Hit an der Kinokasse.

Im Zentrum des Ganzen stehen Rachel Chu (Constance Wu), eine NYU-Professorin für Wirtschaft mit Fokus auf Spieltheorie, und ihr Freund Nick Young (Henry Golding), der sie zur Hochzeit seines besten Freundes nach Singapur einlädt. Schon während der Einladung in einer trendy Bar für Asian Americans fällt Nick einer Klatschbase auf, die ein Foto vom ihm und Rachel via Netz verbreitet. Warum es derartige Situationen nie zuvor in der Beziehung gab, das bleibt das Geheimnis des Drehbuchs, das Peter Chiarelli („Die Unfassbaren 2“) und Adele Lim („Lethal Weapon“-TV-Serie) nach Kwans Vorlage schrieben, aber die Situation taugt für eine amüsante Montage. Da außerdem Nicks von Familie so innerhalb weniger Sekunden von der Neuen an seiner Seite erfährt, stimmt dies auch darauf ein, dass man „Crazy Rich Asians“ lieber als Märchen denn als in der Realität verankerte RomCom anschauen sollte.

Rachel jedenfalls sagt zu, doch schon auf dem Hinflug dämmert ihr, dass sie weniger über die Familie ihres Boyfriends weiß als ursprünglich angenommen. Denn an der luxuriösen Unterbringung in der ersten Klasse und der Behandlung Nicks merkt sie schon, dass seine Familie eine große Nummer in Singapur ist, auch wenn Nick sich bescheiden gibt. Der Zuschauer weiß bereits aus der Eingangssequenz wie irre reich die Youngs sind: Als man Matriarchin Eleanor (Michelle Yeoh) und ihrer Sippe in einem Londoner Nobelhotel die Reservierung verweigert, kauft sie den Laden kurzerhand.

Nun lernt also auch Rachel Freunde und Familie ihres Lebensgefährten kennen, wird zum Junggesellinnenabschied der Braut in spe eingeladen und staunt über den Reichtum der Youngs. Ein großes Problem ergibt sich jedoch: Eleanor kann die Verbindung ihres Augensterns mit einer Bürgerlichen gar nicht gut heißen…

httpv://www.youtube.com/watch?v=SAAl_kFAt1s

Beim deutschen Kinostart benannte man „Crazy Rich Asians“ aus unersichtlichen Gründen einfach nur in „Crazy Rich“ um, was aber durchaus einen wunden Punkt berührt: Kwan mag zwar die Exzesse von Neureichen und altem Geldadel in Singapur mit Kenntnissen aus erster Hand beschreiben, aber letztendlich ist seine Cinderella-Geschichte doch reichlich formelhaft und würde mit britischem Adel oder einer amerikanischen Bonzendynastie kaum anders funktionieren. Dementsprechend wirkt vieles wie aus dem RomCom-Lehrbuch abgepaust: Das ist das junge Glück, das gegen hartherziges Standesdenken verteidigt werden muss, da ist die Armada durchgeknallter Nebenfiguren, die in erster Linie für Zuschauerbespaßung sorgt und wenig zum Plot beiträgt, und da ist natürlich die Make-Over-Szene, in der man aus dem unscheinbaren bis hässlichen Entlein den schönen Schwan macht. Es muss kaum erwähnt werden, dass dort vor allem der schwule Buddy, in diesem Falle Nicks Cousin Oliver T’sien (Nico Santos), federführend ist, analog zu Figuren wie Nigel in „Der Teufel trägt Prada“ oder Barney in „Pretty Woman“. Den obligatorischen Part der quirligen, nicht auf den Mund gefallenen Freundin übernimmt hier Peik Lin Goh (Awkwafina), Rachels frühere College-Zimmerkameradin, die ebenfalls einer wohlhabenden Familie aus Singapur entstammt.

Sie ist dann auch eine der wenigen Nebenfiguren, die tatsächlich noch etwas zur Geschichte beiträgt, der Rest besteht in erster Linie aus Schießbudenfiguren fürs Comedyfutter: Etwa Peik Lins Vater, der Möchtegernpatriarch Wye Mun (Ken Jeong), oder Nicks Cousins Alistair (Remy Hii) und Eddie (Ronny Chieng) – der eine ein Möchtegern-Filmregisseur, dessen kurz eingeblendetes Wirken an B-Actioner aus Hongkong erinnert, der andere ein aufs Image fixierter Banker. Immerhin: Die Mischung aus Slapstick und Situationskomik funktioniert teilweise ganz gut, vor allem bei der Umkehrung westlicher Stereotype. So sagt Wye Mun seinen jüngsten Kindern, dass sie ihre Chicken Nuggets aufessen und an die ganzen hungernden Kinder in Amerika denken sollen. Und dass Donald Trumps Apartment Pate für die Ausstattung der protzig ausstaffierten Villa Pate stand.

Allerdings berührt man damit auch einen wunden Punkt in „Crazy Rich Asians“: Vordergründig mag sich das Ganze ja als Satire auf den Lifestyle of the Rich and Famous ansehen, wenn Junggesellenabschiede Megapartys auf Containerschiffen oder Shopping auf Zeit und Kosten der Braut beinhalten. Doch gerade diese Exzesse werden dann doch eher zum Schauwert des Films, zur Hauptattraktion, sodass an die Stelle von satirischer Distanz neugieriges Gaffen tritt. Selbst die obligatorische Versöhnung zwischen Rachel und Eleanor wird mit einem megateuren Ring besiegelt, mit dem Nick den obligatorischen Heiratsantrag begeht. Und Kwan mag die Exzesse in seiner Heimat vielleicht kennen und sogar realistisch beschreiben, ein sonderlich guter Geschichtenerzähler ist er nicht: Da taucht etwa eine anfangs nette Frauenfigur auf, die sich dann als Intrigantin und Nebenbuhlerin entpuppt, nur um dann quasi aus dem Film zu verschwinden und so jeder Wirkung beraubt zu werden. So sind es dann vielleicht eher Subplots, in denen mal erzählerisches Gespür aufblitzt, gerade in jenem um Nicks Cousine Astrid (Gemma Chan), die mit ihrer Rolle hadert: Sie hat einen ehemaligen Offizier geheiratet, möchte diesen einerseits nicht durch ihren Reichtum beschämen, aber andrerseits auch nicht ihren Status als wohlhabende Charity Lady aufgeben. Dabei zeigt der Film Astrid nicht als verlogen, sondern als ehrlich zerrissen – ein Feingefühl, das ruhig an mehr Stellen hätte aufblitzen dürfen.

Immerhin an der Besetzung gibt es nichts auszusetzen. Constance Wu („Fresh Off the Boat“) und Nick Young („Nur ein kleiner Gefallen“) müssen zwar in erster Linie Märchenprinz und Aschenputtel spielen, können sich aber halbwegs vom Zuckerbäckerkitsch des Ganzen befreien. Wirklich stark ist Michelle Yeoh („Master Z: The Ip Man Legacy“) als Mutter, die einerseits mit harter Hand regiert und an ihren Traditionen klebt, andrerseits ihren Sohn aufrichtig liebt und es selbst nicht immer einfach hatte. Gemma Chan („Captain Marvel“) geht in der wohl dankbarsten Rolle des Films auf und für ihre Parts als Comedy-Onkels und -Tanten sind Ronny Chieng (u.a. als Komiker in der „Daily Show“ tätig), Remmy Hii („Marco Polo“), Nico Santos („Der Kaufhaus Cop 2“), Awkwafina („Ocean’s 8“) und natürlich Ken Jeong („Pain & Gain“) nicht wegzudenken. Der Rest vom Fest muss dagegen in erster Linie vor schönen Stadt- und Naturkulissen gut aussehen, mehr nicht.

So geht es „Crazy Rich Asians“ ein wenig wie „Black Panther“ aus dem gleichen Jahr: Denn gesellschaftspolitisch ist dies tatsächlich ein fortschrittlicher Film, der tatsächlich mal neue Perspektiven bietet. Aber dazu hätte es dann auch gerne etwas anderes als formelhaftes Genre-Entertainment geben dürfen, das nach Setzbaukasten müffelt. Im Falle von „Crazy Rich Asians“ tut es das noch mehr als bei „Black Panther“.

„Crazy Rich Asians“ lief hierzulande zwar unter dem Titel „Crazy Rich“ im Kino und wurde weltweit ein Erfolg, es gibt aber bisher aber keine DVD- und Blu-Ray-Auswertung in Deutschland. Nur auf Streaming-Plattformen wie Amazon kann man den von der FSK ab 6 Jahren freigegeben Film sehen. Im Ausland gibt es ihn auf DVD, etwa in Großbritannien. Die UK-DVD von Warner mit BBFC-12-Freigabe lag dieser Besprechung zugrunde und hat als Bonusmaterial ein kurzes Making Of an Bord.

© Nils Bothmann (McClane)

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