Originaltitel: Creed III__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2023__Produktion: Sylvester Stallone__Regie: Michael B. Jordan__Darsteller: Michael B. Jordan, Jonathan Majors, Tessa Thompson, Wood Harris, Florian Munteanu, Selenis Leyva, Phylicia Rashad, Spence Moore II, Tony Bellew u.a. |
Adonis Creed hat sich vor drei Jahren mit dem Sieg über einen Gegner, der ihn kurz zuvor schlagen konnte, aus dem aktiven Profiboxen zurückgezogen. Seitdem betreibt er ein eigenes Box-Gym und betätigt sich als Boxpromoter. Als solcher will er den erfolgshungrigen Felix Chavez dahin pushen, wo er einst stand: an der Spitze im Schwergewicht.
Eines Tages steht Damien vor ihm. Ein Teil seiner Vergangenheit, den Adonis längst dem Vergessen überlassen hatte. Nach einem unverfänglichen Essen drängt sich Damien immer mehr in Adonis Leben. Schnell wird klar, dass er Adonis für sein versautes Leben inklusive eines jahrelangen Knastaufenthalts verantwortlich macht. Als Wiedergutmachung verlangt der ehemalige Amateurboxer, dass der jetzige Boxpromoter Creed ihm einen Weltmeisterschaftskampf zuschanzen soll.
Damien arbeitet sich immer tiefer in Adonis Psyche hinein und bekommt schlussendlich, was er will. Doch Adonis merkt schnell, dass er von Damien in vielerlei Hinsicht hintergangen wurde. Nun ist es an ihm, Damien zu einem letzten Kampf herauszufordern.
Rocky’s Legacy – ohne Rocky?
Beginnen wir mit dem Offensichtlichsten: Rocky, du fehlst. Der bauernschlaue und mit Lebensweisheiten um sich werfende Charakter hätte wie Arsch auf Eimer zu dem mit zahlreichen emotionalen Niederschlägen daherkommendem Boxfilm gepasst und ihm vermutlich richtig gut getan. Denn „Creed 3“ nimmt sich selbst sehr ernst und hätte etwas mehr Humor gut vertragen können.
Doch in der aktuell im Kino laufenden Version hat Rocky keinen Platz. Er wird ein einziges Mal verbal erwähnt und auf einem Foto gezeigt, ansonsten aber seltsam totgeschwiegen. Nun könnte man die große Emanzipation der „Creed“-Reihe vom „Rocky“-Franchise dahinter vermuten, doch wie so oft geht es um Geld beziehungsweise einen Markenrechtsstreit zwischen Sylvester Stallone und Produzent Irwin Winkler. Sly hatte vor dem Kinostart des ersten Rockys alle Rechte an der Marke an Irwin Winkler verkauft.
Ein Fehler, sowohl finanzieller als auch künstlerischer Natur, denn ihm gingen eine Kapitalbeteiligung an der Marke und die kreative Kontrolle darüber verloren. Dies nagte unentwegt an Stallone. Im Sommer 2022 kam es zur Eskalation. Stallone machte seinem Ärger offen Luft. Winkler konterte und fabulierte von einem Drago-Spin-off. Wobei er Stallone komplett außen vor lassen wollte. Das Kräftemessen sorgte für das finale Zerwürfnis. Winkler ließ Stallones Kultfigur aus dem Skript zu „Creed 3“ streichen und überließ Sly gerade einmal einen einfachen Produzenten-Credit.
Doch man kann nun nicht behaupten, dass „Creed 3“ mangels Sly ein schlechter Film sei. Soweit würde ich nicht gehen. Er klaut sich aber schon recht wohlfeil durch Rockys Vermächtnis (kommt daher auch der nur in Deutschland genutzte Beititel?). Vor allem der ungeliebte „Rocky 5“ wird hier einem mächtigen Facelifting unterzogen.
Das Ergebnis erzählt aber annähernd die gleiche Story: Der eigentliche Held genießt den Müßiggang und wird von einem Talent, das sich alsbald als gewaltiger Wolf im Schafspelz entpuppt, gebeten, ihm eine Chance zu geben. Auch ein wenig „Rocky 3“ schwingt hier mit, wenn Damien Adonis mehrfach damit piesackt, dass er so reich geworden sei, dass er seinen Biss verloren habe.
Neu ist an „Creed 3“ also nichts. Trotzdem funktioniert der Film sehr gut, überzeugt in den gereichten Motiven, ist flott erzählt und hält sich nicht mit allzu vielen gefühligen Nebensträngen auf. Ein wenig mehr Spannung und vor allem auch Zuspitzung hätten dem Willen, im Kinosessel mit Adonis mitzuboxen, aber sicher nicht geschadet.
Apropos: Soooo viel wird in „Creed 3“ gar nicht geboxt. Die ersten Konfrontationen sind eher kurzer Natur. Erst ab der Filmmitte werden die Kämpfe ausführlicher gereicht. Der erste schärft Damiens Profil als Lump der Story, der unorthodox und unfair kämpft. Der zweite lange Fight ist dann bereits das Finish. Das arbeitet mit einem interessanten Kniff und blendet minutenlang einfach alle Zuschauer aus. Das Wesentliche, das Urtümliche und die Härte des Sports werden so gut nach vorne gerückt.
Schade ist, dass keiner der Boxkämpfe im Film jene der Vorgänger, geschweige denn jene der Ur-Rockys toppt. Weder in Montage, Länge oder Wirkung. Da mag die Kamera noch so behände durch den Ring fliegen. Zumindest aber der Score stimmt, wenngleich er ebenfalls nicht an die Fanfarenmomente der Sly-Rockys heranreicht. Abseits der Kämpfe ist der Hip-Hop-lastige Score schlichtweg erstklassig.
Darstellerisch kann man erneut nur konstatieren, was für eine starke Ausstrahlung Michael B. Jordan („Tom Clancy’s Gnadenlos“) hat. Der Mime, der hier zugleich sein Regiedebüt gibt, überzeugt sowohl physisch als auch in den teils herzigen Szenen mit seinem Filmtöchterchen. Tessa Thompson („Thor – Tag der Entscheidung“) ist als Adonis Frau erneut absolut on point und Phylicia Rashad (“Jean-Claude Van Johnson“) ist wie gewohnt als Apollos Witwe zu sehen und hat ein paar intensive Momente abbekommen. Florian Munteanu („The Contractor“) darf seine Rolle des Viktor Drago aus dem Vorgänger wieder aufleben und seine irren Muskelberge vor der Kamera anschwellen lassen.
Da größte Pfund des Filmes ist jedoch Jonathan Majors („The Harder They Fall“) als Damien. Wie er seiner zunächst passiven Aggressivität zunehmend mehr Raum lässt, ist irre stark. Und wie aktuell auch in „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ sieht man einfach, dass der Mann heiß ist auf mehr und Bock auf diesen Part hatte.
„Creed 3: Rocky’s Legacy“ rettet sich mühelos über die Runden
Viel Neues ist den Machern von „Creed 3: Rocky’s Legacy“ nicht eingefallen. Zumindest haben sie aber aufgezeigt, wie „Rocky 5“ auch hätte aussehen können und dass in diesem filmischen Unfall aus dem Jahre 1990 tatsächlich brauchbare Elemente schlummerten.
Dank starker Darsteller, stilsicherer Bilder, einer straffen Regie und ordentlich umgesetzten Boxkämpfen werden nun einige diese Vorzüge von „Creed 3“ ins rechte Licht gerückt und ergeben einen unterhaltsamen und kurzweiligen Film, der meiner Meinung nach aber nicht an die Vorgänger (von „Rocky 5“ mal abgesehen, aber wer zählt den schon mit?) heranreicht. Dazu werden ein wenig zu geflissentlich nur die Klischees des Rocky-Franchises abgehakt, ohne jemals dessen Involvement oder besser dessen gewisses Etwas zu erreichen.
Der Film ist seit dem 2. März 2023 in den deutschen Kinos zu sehen. Uncut und mit einer Freigabe ab 12 kommt er von Warner Bros. Leider wurde er in Deutschland Opfer eines unsäglichen TikTok-Trends, der wohl verlangt, sich im Kino bei genau diesem Film so asozial zu benehmen, dass irgendwann ein Abbruch der Vorführung erwirkt wird. Wo sind wir nur hingekommen?
In diesem Sinne:
freeman
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