Originaltitel: Creepozoids__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1987__Regie: David DeCoteau__Darsteller: Linnea Quigley, Ken Abraham, Michael Aranda, Richard L. Hawkins, Ashlyn Gere, Joi Wilson u.a. |

Das Mediabook-Cover C von “Creepozoids”
Eine sehr populäre Meinung nicht nur unter Gelegenheitskonsumenten, sondern selbst unter Filmfans lautet: Trash-Filme und Low-Budget-Reißer, darunter vor allem die Gattung der Klassiker-ausbeutenden Rip-Offs, seien pure Zeitverschwendung. Warum sollte man sich schließlich mit der Billig-Anfertigung zufrieden geben, wenn es das Ganze schon in gut gibt? Eine einleuchtende Argumentation gerade aus Sicht derer, die ohnehin nur ein sehr begrenztes Zeit-Budget für Filme übrig haben, speziell für jene, in denen es um Alien-Angriffe geht.
Manchmal kann es aber eine sehr erleuchtende Erfahrung sein, einen Blick auf die dreiste Kopie zu werfen – gerade, wenn man das Original sehr zu schätzen weiß. Richten wir unsere Aufmerksamkeit also auf „Creepozoids“, einen der zahllosen Alien-Abklatsche, wie es sie in der Videotheken-Ära zuhauf gab. Auch für Charles Bands Firma Empire Pictures dürfte es sich hier um einfaches Tagesgeschäft gehandelt haben. Die Erinnerungen der Beteiligten werden sich wohl mit den Jahren in der großen Dunstwolke der Arbeitsroutine verloren haben. Wenig an der Produktion ist in irgendeiner Weise bemerkenswert; gedreht in einer x-beliebigen Lagerhalle mit einem Raum, der mehrmals umdekoriert wird, gefüllt mit schlecht imitierten Special-Forces-Posen, Lagebesprechungs-Dummlall, einer Duschszene und ein paar Gummimonstern, bedient das Endzeit-Flick für den schmalen Geldbeutel gerade so die Grundbedürfnisse seines Zielpublikums. Was jenes angeht, hat es zuvor mindestens zwei Filme von James Cameron gesehen und abgefeiert: „The Terminator“ und „Aliens“.
Der Mensch-Maschine-Krieg steckt zum Auftakt den Rahmen ab. Die Pre-Title-Credits rattern in Digitalschrift über die Impressionen einer Wüstenlandschaft (bei der es sich in Wahrheit vermutlich um ein unbebautes Grundstück in einem schlechten Viertel von Los Angeles handelt) und imitieren dabei sogar das charakteristische Sound Design. Saurer Regen droht sich grummelnd am Horizont an. Eine Texttafel klärt darüber auf, dass wir uns in der Zukunft befinden. The year is 1998. Eine reichlich optimistische Zeitrechnung, wenn man bedenkt, dass sich der postulierte Nuklearkrieg bereits sechs Jahre zuvor ereignet haben soll, also nur fünf Jahre nach Filmentstehung; „Creepozoids“ stammt immerhin aus dem Jahr 1987. Zum Vergleich: Das wäre so, als hätte Asylum mit seiner 2007er-Apokalypse „I Am Omega“ behauptet, die Welt sei im Jahr 2013 untergegangen. Wenn man bedenkt, dass in jenem Jahr „After Earth“ gedreht wurde, stimmt das vielleicht sogar aus Sicht der Science Fiction…
Maschinen sollen aber keine große Rolle in diesem Werk spielen (sieht man mal von einem alten PC-Bildschirm ab, auf dem übrigens ein nettes Easter Egg in Form Roger Cormans zu finden ist). Es ist vielmehr dem Organischen zugeneigt. So übernimmt „Aliens“ die alleinige Patenschaft. Nicht ausschließlich in der Gestaltung der Kreaturen, sondern auch bei der Figurenzeichnung, sobald sich die Schauspieler erstmals als Gruppe vor der Kamera versammeln. Wie sie so dastehen in ihrem Einheitslook aus engen Tank Tops und schluffigen Armeehosen, versuchen sie erst einmal herauszufinden, wie man sich als Profi verhält und wie man den Nebenmann beim Betreten der angemieteten Lagerhalle effektiv absichert. An diesem Punkt notiert man womöglich zum ersten Mal ganz bewusst die perfekten kleinen Details, die im Gegensatz zum hier gebotenen Naturschauspiel in einer A-Klasse-Produktion als Kräfte einwirken: Da wissen die Schauspieler nämlich in aller Regel, wie sie sich bewegen müssen, weil es am Set einen Profi gibt, der ihnen das sagen kann. Hier scheinen die Akteure sich selbst und ihrem begrenzten Vorstellungsvermögen überlassen.
Schaut in den Trailer zu „Creepozoids“
httpv://www.youtube.com/watch?v=9_IUWP1Td1A
Jene Art von, nennen wir es auf gut Neuenglisch mal „improvisational acting“, wird sich nun durch den kompletten Film und all seine Bausteine ziehen. Sigourney Weaver scheint als Ripley zum Beispiel mächtige Fußstapfen hinterlassen zu haben, sind doch nun mit Ashlyn Gere und Linnea Quigley auch zwei weibliche Einsatzkräfte in der Einheit vertreten; mutmaßlich, weil Fans und Produzenten zwischenzeitlich gelernt haben, dass gemischte Teams die Zukunft des SciFi-Actionkinos sein würden. Es ist eine Konstellation, mit der etwa ein Shane Black über seine gesamte Karriere hinweg Spielchen treiben würde, wann immer er seine Figuren über Virilität definierte; vor allem aber Paul Verhoeven würde den Bedeutungsverlust geschlechtlicher Unterschiede in seiner Kriegs-Satire „Starship Troopers“ noch einmal explizit betonen. Weavers Ellen Ripley gilt heute als Musterbeispiel für starke Frauen im Film und selbst eine schäbige kleine Produktion wie „Creepozoids“ zeigt sich davon in gewisser Weise beeindruckt. Nur dass eben daraus die falschen Schlüsse gezogen werden und Linnea Quigley einmal mehr nackt unter die Dusche gestellt wird. Die Pragmatik, mit der Einflüsse von oben genommen und für das Publikum da unten umgebaut werden, ist entwaffnend.
Vom Creature Design gar nicht erst zu reden. Wo H.R. Gigers „Alien“-Kreatur samt ihres Reproduktionszyklus nicht nur ein beängstigender Zerrspiegel für menschliche Sexualität und Fortpflanzungsdrang ist, sondern auch noch so etwas wie eine eigene biologische Sprache erfindet (die so plausibel ist, wie sie für ein außerirdisches Wesen nur sein kann), so ist das, was „Creepozoids“ im Gegenzug anbietet, eine Puppenkiste voller deformierter Kuriositäten, die allenfalls ein kindliches Verständnis dafür beweisen, was im Design eines Giger verschlüsselt ist. Wer oder was die „Creepozoids“ eigentlich sind, traut man sich gar nicht zu erraten. Offenbar sind sie zumindest von Menschenhand gemacht. Die Labors beschwören den Mad Scientism vom nicht mehr sichtbaren Himmel über der Decke der Lagerhalle, doch die Methodik oder gar die Motivation der verrückten Wissenschaftler bleibt ebenso wie fast alles über die Ursprünge der Apokalypse ein Mysterium, welches zu ergründen jenseits des Budgets lag. In jedem Fall haben die Monster wohl etwas Ansteckendes an sich, was sich bei den befallenen Personen in gelben Augen äußert… und eingefallener Haut… zerschmolzenen Gliedmaßen… zombieesker Raserei mit rudimentärem Artikulationsvermögen. Es gibt Riesenratten und ein gehörntes Ungeheuer in Menschengröße (halb Mensch, halb Hirschkäfer?), das wie der Minotaurus durch das Ein-Raum-Labyrinth jagt und in seiner übergroßen Kopfpartie für das große Finale noch eine animatronische Überraschung bereit hält… über fehlende Abwechslung darf man sich jedenfalls nicht beschweren, aber wehe, man versucht, dieses biologische Rätsel mit Logik zu lösen…
All das lässt nur einen Schluss zu: „Creepozoids“ ist ein effizient auf den Kosten-Nutzen-Faktor abgestimmtes Fabrikat, das sich schamlos der Schlüsselbilder der ersten beiden „Alien“-Filme bedient, um sein genügsames Publikum komplett für dumm zu verkaufen. Es handelt sich um eine Verkettung verheerender Fehlinterpretationen von allem, was die Vorlagen von Ridley Scott und James Cameron als Blaupause für das Science-Fiction-Genre qualifiziert. Die filmische Qualität liegt ebenso wie die Qualität der reflektierten Selbstwahrnehmung (keine Zeit für doppelte Böden) weit unter den gehobeneren Rip-Off-Versuchen der Marke „Mutant – Das Grauen im All“, obgleich David DeCoteau („Badass Showdown“) das schmale Budget bis auf den letzten Tropfen ausquetscht. Durch sein konstantes Scheitern hebt er außerdem die Vorzüge derer hervor, bei denen er sich bedient – und ist dank seiner knackigen 72 Minuten Laufzeit auch noch relativ frei von Längen.
Informationen zur Veröffentlichung von „Creepozoids“

“Creepozoids” erscheint in drei limitierten Mediabooks mit einer Auflage von je 222 Stück.
Full Moon Collection #4
Nach rund einem Jahr Pause geht es mit der „Full Moon Collection“ aus dem Hause Wicked Vision weiter. In der Zwischenzeit wurde Charles Bands Schatztruhe allerdings auch anderweitig mächtig geschröpft. Man hat als Alternative zu den Mediabooks die „Full Moon Classic Selection“ ins Leben gerufen, die sehr schnellen Zuwachs in Form von Single-Keep-Case-Veröffentlichungen bekommen hat und schon jetzt im zweistelligen Bereich gelandet ist (sofern man die „Puppet Master“-Filme mit einkalkuliert, die in einem limitierten Koffer als Komplettsammlung erschienen sind).
Ausgewählte Titel sollen aber weiterhin in der altbekannten „Collection“-Aufmachung im Mediabook erscheinen und „Creepozoids“ übernimmt vorläufig den Anfang mit der Nr. 4 der Reihe.
Und Überraschung: Es ist sogar noch ein zweiter Film dabei. Wie zumeist besteht das Set aus einer Blu-ray und einer DVD, die in Bezug auf den Hauptfilm und die Extras identisch sind. Den Bonus-Film hingegen findet man ausschließlich auf der Blu-ray. Es handelt sich dabei um „Shadowzone“, eine weitere Full-Moon-Produktion über eine wissenschaftliche Forschungsstation, in der Forschung zu Schlafstörungen betrieben wird, bis die Situation plötzlich außer Kontrolle gerät. Eine separate Besprechung zu „Shadowzone“ wird in Kürze auf diesen Seiten zu finden sein.
Bild und Ton
Befassen wir uns an dieser Stelle zunächst mit dem Hauptfilm. „Creepozoids“ ist ein auf 35mm gedrehter Low-Budget-Streifen, in dem viel improvisiert werden musste, um möglichst mit jeder Aufnahme das beste Ergebnis zu erzielen. Das wirkt sich natürlich darauf aus, wie gedreht wurde… und was man letztlich aus dem Material für eine HD-Veröffentlichung würde herausholen können. Abgesehen von den kurzen Tageslichtszenen zu Beginn findet die Handlung hauptsächlich in dunklen Räumen statt, die allerdings oft großzügig ausgeleuchtet sind. Zusätzlich wirkt das Ambiente immer leicht verqualmt. In der Folge sehen wir bei akzeptabler Schärfe relativ stark ausgeprägte Filmkörnung, die erfreulicherweise nicht plattgebügelt wurde. In manchen Momenten sorgt das diffuse Licht für dezent verschwommene Konturen. All das spielt in die typische 80er-Ästhetik ein, von der viele Science-Fiction-Cheapos dieser Zeit geprägt sind.
Der Ton liegt in Deutsch und Englisch vor, jeweils als DTS-HD Master Audio 2.0 auf der Blu-ray und Dolby Digital 2.0 auf der DVD. Naturgemäß ist der Originalton wesentlich klarer abgemischt. Bei der deutschen Fassung verschwimmen die Hintergrund- und Umgebungsgeräusche im Direktvergleich deutlich, ohne jedoch in störende Regionen abzudriften. Deutsche oder englische Untertitel können optional zugeschaltet werden.
Die Extras
Auch dem Audiokommentar wurden deutsche Untertitel spendiert. Regisseur David DeCoteau („Wolves of Wall Street„) teilt hier Erinnerungen zum Dreh und gibt interessante Hintergrundinformationen zur Entstehung, die gleichermaßen unterhaltsam wie informativ ausfallen. Es ist nie einfach, einen Kommentar einzusprechen ohne Partner, der einem die Bälle zurückwirft, doch DeCoteau hat den Bogen raus und führt durch den kompletten Film, ohne eine größere Pause einlegen zu müssen, wobei er schön die Waage hält zwischen direkten Bezügen zu gerade laufenden Szenen und alten Anekdoten.
Abgesehen vom Kommentar wird allerdings nur noch der Originaltrailer in Englisch sowie eine Bildergalerie mit alten Produktionsfotos geboten – und dann eben noch der Bonusfilm, der Gegenstand unserer nächsten Besprechung wird.
Die Verpackung
Das Mediabook entspricht natürlich dem bereits bekannten Format der Reihe: Hochglanz, Nummerierung auf dem Spine, zwei Trays (eine für jede Disc) und ein 24-seitiges Booklet. Darin findet man einen Essay von Michael Humberg über „Creepozoids“, der Staunen macht, wie viel Analyse man aus so einem vermeintlich beliebigen SciFi-Horrorfilm der 80er ziehen kann, ohne am Thema vorbei zu schreiben. Ein sehr starker Text, der erfreulicherweise auch seine Quellen offenlegt, die ihrerseits äußerst vielversprechend klingen. Wer will, kann also die Informationen in so klangvollen Enzyklopädien wie „It Came From The 80s!“, „The Filmmaker’s Book of the Dead: A Mortal’s Guide to Making Horror Movies“, „The Sleaze Merchants: Adventures in Exploitation Filmmaking from the ’50s to the ’90s“ und „The Gorehound’s Guide to Splatter Films of the 1980s“ selbst nachlesen.
Ferner hat das Booklet sogar noch einen Text zu „Shadowzone“ zu bieten, doch dazu mehr in der zugehörigen Besprechung.
Auch diese Veröffentlichung ist übrigens wieder in drei Cover-Varianten zu bekommen, jedes von ihnen mit einer Limitierung von 222 Stück.
Bildergalerie zum Film

Ans Tageslicht kommen unsere Helden nur selten, denn in der Zukunft des Jahres 1998 fällt immerzu saurer Regen.

Linnea Quigley will’s mal wieder wissen.

Die versammelte Mannschaft beim Mittagessen erinnert doch sehr an die „Alien“-Crew…

…nur dass hier als Nachtisch Hände geschmolzen anstatt Brustkörbe geöffnet werden.

Eine ordentliche Rattenplage gehört zu einer dystopischen Vision einfach dazu.

„Creepozoids“ ist nicht besonders wählerisch, was die Monster-Kategorien angeht. So hat es auch einen Zombie ins Skript verschlagen.

Die „Ghostbusters“ haben angerufen; sie wollen ihren Geisterhund zurück.

„Oh why you little…“
Sascha Ganser (Vince)
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