Originaltitel: Cry Havoc__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2020__Regie: Rene Perez__Darsteller: J.D. Angstadt, Robert Bronzi, Emily Sweet, Richard Tyson, Spring Inés Peña, John Ozuna, Karin Brauns u.a. |
Rene Perez ist dank Filmen wie „The Dragon Unleashed“ oder „Death Kiss“ auch Actionfreunden ein Begriff. Seine eigentliche Heimat ist der äußerst niedrig budgetierte Independentfilm und dabei vor allem alle Spielarten der horrorlastigen Schiene („Volcano Zombies“). Dabei agiert er gerne in einer Art Robert-Rodriguez-Duktus und erledigt zahlreiche Aufgaben hinter der Kamera selbst. Beim hier zu besprechenden „Cry Havoc“ war er für Regie, Drehbuch, Kamera und Schnitt verantwortlich.
Allerdings ist dieser Film auch eine Art echtes Heimspiel für Rene Perez, ist „Cry Havoc“ doch der inzwischen vierte Teil der „Playing with Dolls“-Reihe. Die allesamt von Perez verantworteten Streifen funktionieren alle nach demselben Muster: Ein gewaltiger Kerl jagt hinter nichtsahnenden Opfern her. Der schwer reiche „Meister“ des Havoc genannten Killers schaut sich das Ganze aus sicherer Entfernung an und geilt sich an den Gewalttätigkeiten auf.
Teil vier wartet nun mit einer kleinen Überraschung auf. Rene Perez wirft einfach Robert Bronzi („Escape from Death Block 13“) mit in den Ring. Der Mime, der einfach mal aussieht wie ein gut gealterter Charles Bronson, hatte schon Perez’ „Death Kiss“ viel Aufmerksamkeit beschert. Warum ihn also nicht zum Teil der ultrabrutalen Slasher-Reihe machen?
Brutaler Killer auf Frauenjagd
Ellen Weaver ist Reporterin und hofft auf ihren baldigen großen Durchbruch. Den soll ein Interview mit einem reichen Exzentriker bringen. Der rangiert nämlich auf der Most-Wanted-Liste des FBI ganz weit oben, weil er im Verdacht steht, für das Verschwinden zahlreicher Personen verantwortlich zu sein.
Der Millionär macht bei dem Interview keinen großen Hehl aus seiner Perversion. Offen gibt er zu, dass auf seinem Anwesen bereits mehrere Menschen nach Ruhm und Geld suchten und den Tod fanden. Am Ende des Gespräches betäubt der Mann Ellen und wirft sie seinem Killer Havoc zum „Fraß“ vor. Doch Ellen kann sich befreien und versucht, zu fliehen.
Parallel sucht ein Cop auf dem Anwesen nach seiner verschollenen Tochter. Alle Spuren führten ihn in diese Vorhölle, wo er auf zahllose tote Körper, sehr lebendige Söldner und den gewaltigen Killer Havoc treffen wird.
Robert Bronzi versus Havoc
Rene Perez zieht die Robert-Bronzi-Karte mal wieder mit Wonne. Er packt ihn in 70s-Style-Klamotten, drückt ihm eine dicke Magnum in die Hand und lässt ihn mit einer köstlichen Arschruhe durch den Wald stapfen. Immer wieder trifft der dabei auf Söldner. Die decken ihn aus ihrer Deckung heraus mit Kugeln ein und treffen nichts. Während er bar jedweder Deckung stocksteif herumsteht und sogar winzigste Ziele trifft. Dann lässt Perez gewaltige Blutfontänen spritzen und die Söldner dürfen verrecken.
Alle 20 Minuten redet Robert Bronzi dann auch mal. Fragt nach seiner Tochter. Und *bäm*, wer keine Infos hat, verreckt. Infolgedessen killt Robert Bronzis Cop ein Vielfaches dessen, was Havoc in seinem vierten Teil unter die Erde bringen darf. Der mutet sogar regelrecht faul an. Sobald er dann hinlangt, wird es aber derb. Unterkiefer werden rausgerissen, Hälse angebohrt, Gedärme aus Wunden gezerrt und Schädel gespalten. Entsprechend wundert es nicht, dass der 2020 veröffentlichte „Cry Havoc“ bislang nicht in Deutschland erschienen ist. Dessen Vorgänger hatten der FSK bereits ordentlich Kopfzerbrechen bereitet.
Und da Perez obendrein ein paar Szenen aus den Vorgängern in „Cry Havoc“ verwurstet, dürfte eine Freigabe in unseren Breiten ungeschnitten so gut wie unmöglich sein. Warum Perez Kills aus den Vorgängern wiederholt? Das hat mit der „Story“ zu tun. Denn der Herr und Meister von Havoc, gespielt von Richard Tyson („Boone: The Bounty Hunter“), darf sich erstmals erklären. Seine Motive für das muntere Dauergekille offenlegen. Und seine und die Geschichte von Havoc darlegen.
Diese Erklärungen in Kombination mit Robert Bronzis Suche nach seiner Tochter sind alles an Story, was Rene Perez für seinen Film anbietet. Okay, und die Frage, ob Ellen den Tag wohl überleben wird. Das ist dem Zuschauer aber vor allem deshalb reichlich Latte, weil Emily Sweet als Ellen vollkommen überfordert ist, keine Ausstrahlung besitzt und es wagt, immer wieder ihre nackten Brüste zu verstecken. Pfui!
Im Grunde ist „Cry Havoc“ also wie die Vorgänger eine Nummernrevue, bei der es nur darum geht, das nächste Opfer noch derber zu zerlegen als die vorhergehenden. Zudem ist Havoc optisch wirklich ein beeindruckender Killer. Ein echter Berg von einem Mensch mit einer coolen Maske, welche durch alles umwickelnden Stacheldraht abgerundet wird. Außerdem trägt Havoc ein wundervoll groteskes, überdimensioniertes Schlitzwerkzeug mit sich herum, das für ordentlich Aderlass sorgt. Das rockt schon.
Optisch gefiel mir der Horrorfilm ansonsten nicht wirklich. Perez ist ein Freund von teils kräftigen Farbkorrekturen. Hier zog er alles in Richtung monochrome Pampe, die Details schluckt und den ohnehin wenig hübschen Schauplatz eines entblätterten Waldes nur noch billiger aussehen lässt. Im Umfeld des Millionärs arbeitet Perez dann mit heftigen Komplementärfarben, die im Vergleich zu den Außenszenen in ihrer grellen Anmutung fast schon in den Augen schmerzen.
Woran es bei den meisten Perez-Filmen hapert, ist das Pacing. Manche Einstellungen geraten quälend lang, obschon in diesen nichts passiert. Hier sollte Regisseur Perez dem Schnitt-Maestro Perez mal mehr Mut zum Weglassen und Verkürzen einimpfen. Zudem bekommt Rene Perez einfach keinen Druck in die Attacken Havocs, obschon der die Anlagen für wuchtige Angriffe definitiv mitbringt. Immer mal wieder gibt es auch Continuity-Probleme, etwa wenn manche noch nicht ganz tot wirkende Filmopfer immer mal wieder spurlos verschwinden. Und dem Film geht jedwedes Gespür für spannungsfördernde Musik total ab. Gegen den hier erklingenden Score ist jede Fahrstuhlmusik ein Lehrstück in Sachen Thrill.
„Cry Havoc“ macht zumindest wegen Robert Bronzi Laune
Wer mit den bisherigen „Playing with Dolls“-Filmen etwas anzufangen wusste, der wird auch mit „Cry Havoc“ zurande kommen. Einzig die Tatsache, dass der Superkiller mit cooler Maske und ebensolchem Auftreten zugunsten von Robert Bronzi stark zurückgepegelt wird, dürfte die Puristen stören. Mir persönlich aber macht Robert Bronzi einfach zu viel Spaß. Sich vorzustellen, das wäre der echte Charles Bronson, der sich da gegen einen Killer mit Riesenmesser im finsteren Wald einen Ringkampf leistet… einfach genial.
Das Drumherum ist dann eher zum Naserümpfen. Die Story ist pures Alibi, die Darsteller sind weitgehend eine Katastrophe, die Dialoge verleiten zum Weghören und die matschig-monochrome Optik des Streifens zerrt an den Nerven. Spannung kommt nie auf, das Tempo lahmt vor allem im geschwätzig-egalen Mittelteil total und das offene Ende ist auch nicht wirklich sexy. Ein guter Slasher sieht ergo anders aus, als blutigen Snack zwischendurch kann man „Cry Havoc“ aber durchaus mal antesten.
Über eine deutsche Veröffentlichung ist mir bislang nichts bekannt. In den USA gab es zumindest eine Unrated Code 1 DVD von dem Label Midnight Releasing zu erstehen. Bei verschiedenen amerikanischen VoD-Diensten kann man den Streifen auch streamen.
In diesem Sinne:
freeman
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