Originaltitel: Miss Muerte__Herstellungsland: Frankreich / Spanien__Erscheinungsjahr: 1966__Regie: Jess Franco__Darsteller: Antonio Jimenez Escribano, Guy Mairesse, Howard Vernon, Mabel Karr, Fernando Montes, Estella Blain, Marcelo Arroita Jauregui, Alberto Bourbon, Ana Castor, Alberto Dalbés, Jess Franco, Cris Huerta u.a. |
Das Geheimnis des Dr. Z. The Diabolical Dr. Z. Le Diabolique Docteur Z – Dans les griffes du maniaque. Natürlich konnte das Ausland seinen Impulsen nicht widerstehen. Einmal mehr musste es seine Verleihtitel mit teuflischen Attributen, einschüchternden Doktorentiteln und rätselhaften Buchstaben schmücken, die nichts Konkreteres verhießen als eine wilde Melange reißerischer Motive, verknüpft durch jene Sorte Mad Scientism, wie sie kennzeichnend für triviales Bahnhofskino steht. Wer weiß, vielleicht durchschaute man Jess Francos spätere Karriere zu diesem frühen Zeitpunkt ja bereits und versuchte, ihre wahre Natur nach außen zu kehren. Zu jener Zeit tarnte sie sich schließlich noch auf der formalen Ebene mit verblüffendem Geschick als stilvolle Kinoproduktion, bedenkt man die durchaus elegante Regie und die hochwertige Kameraarbeit. Auch der Originaltitel gibt sich aufs Wesentliche fokussiert. Er offeriert ein klar herausgearbeitetes Zentrum, ideal geeignet, damit sich die Handlung herumwickeln kann wie um eine Vertigo-Spirale. Keine Attribute, keine Beschreibungen, einfach nur der Tod in Gestalt einer Frau: „Miss Muerte“.
Miss Muerte, alias „Nadia“, verkörpert von der französischen Darstellerin Estella Blain, ist zumindest der unbestreitbare Fixpunkt in der visuell vielleicht bemerkenswertesten Szene des Films, einer burlesken Aufführung in einem schummrigen Etablissement, bei dem das Publikum von einer Empore auf das schwarze Bühnendekor hinabblickt. Die ungewöhnliche Perspektive ist essenziell für die Show, denn aus der Sicht von oben entpuppt sich die Vorstellung als symbolisch zu verstehendes Naturschauspiel: Eine schwarze Witwe hockt in ihrem Spinnennetz und wird es in Kürze krabbelnd und kriechend überqueren, um die bewegungsunfähige Fliege zu verspeisen. Es ist Nadia, die sich auf der einen Seite der Bühne im nahezu transparenten Spinnen-Dress räkelt, während auf der anderen Seite eine Puppe passiv auf einem Stuhl hockt.
Die asymmetrische Struktur des auf die Bühne gemalten oder geklebten Netzes lässt dabei nicht nur eine gewisse Vorliebe für die expressionistischen Bauten und Matte Paintings des frühen deutschen Films erkennen, wie er aufgrund der Schauplätze (deutsche Straßen- und Gebäudeschilder verraten einige der vielen Drehorte) und der wissenschaftlichen Themen (des Deutschen größte Expertise wie auch seine Nemesis) ohnehin als Schatten über der Produktion schwebt. Das Spinnennetz wird außerdem gemeinsam mit der wiederkehrenden Einstellung einer spiralförmigen Wendeltreppe quasi zum symbolischen Ausgangspunkt für das weitere Schaffen Francos, der immer wieder zu dieser Mitte zurückkehren würde; nicht etwa, um daraus neue Inspiration zu beziehen, sondern einfach, um sein Netz von der Zentrale aus immer weiter auszubauen, ohne Rücksicht auf sich wiederholende Muster, so lange, bis seine Tragfähigkeit aufgrund physikalischer Gesetzmäßigkeiten unter der Last der Fläche zusammenbrechen würde. Sprich: Bis an sein Lebensende.
Man könnte „Das Geheimnis des Doktor Z“ im Zuge dessen als Blaupause für die endlos ausschweifenden Filmwelten des Jess Franco (“Die Nonnen von Clichy“) bezeichnen, findet man in den Hügeln und Tälern doch immer das ein oder andere Motiv, einen Fetisch oder eine Figur wieder, die er bereits in identischer Form oder als Abwandlung in der Vergangenheit genutzt hatte. So entpuppt sich Miss Muerte quasi als Urmutter der schwarzen Witwen, die in „Der Todeskuss des Dr. Fu Manchu“ (1968) als einer Herde willenloser Zombies ausströmen, um ihren Gebieter zum Weltherrscher zu machen. Bei „Sie tötete in Ekstase“ (1971) handelt es sich sogar um ein Quasi-Remake, das es Franco erlaubt, die bereits latent in seinem 1965er Werk schlummernden Obsessionen expliziter auszukosten. Doch schon im vorliegenden Film finden sich erste Spuren dieser Vorgehensweise, lassen sich doch bereits Bezüge zu „Der schreckliche Dr. Orloff“ finden, der 1962 entstand und in enger Verwandtschaft steht zu George Franjus „Augen ohne Gesicht“. Auch wenn Franco stets bestritt, damals schon Kenntnis gehabt zu haben über das französische Horror-Drama, so wird dieser Einwand vermutlich spätestens mit dem 1988er Remake „Faceless“ nichtig.
Somit sind auch die Bezüge zu den Ankern der bisherigen Filmgeschichte immanent, am Beginn der Karriere mehr denn je. Franco hatte gerade erst die Second-Unit-Regie in „Falstaff“ von niemand Geringerem als Orson Welles übernommen und geht mit spürbar geschultem Auge für stimmungsvolle Bilder und deren Bewegungsabläufe in seinen eigenen Film, beflügelt von den persönlichen Einflüssen, etwa dem klassischen Gruselkino, und vermutlich auch durch die Zusammenarbeit mit Welles oder mit Juan Bardem, dem er dreimal assistierte, einem erklärten Kritiker der damals herrschenden franquistischen Diktatur. Dies und mehr sammelt sich zu einer Vielzahl an Einflüssen, die sich demzufolge in einer Vielzahl von Ansätzen niederschlägt. War eingangs noch von „Miss Muerte“ als Handlungszentrum die Rede, so scheint die erste Szene stattdessen einem Häftling (Guy Mairesse) in einem Gefängnis vorbehalten zu sein, der einen Ausbruch wagt. Die Kamera streicht die Gefängnismauern entlang und fängt stimmungsvolle Kontraste aus dunklen Schächten und erhellenden Blitzen ein, als befänden wir uns im Schloss von Dracula, derweil das Blickfeld des Insassen eingenommen wird, so dass man meinen könnte, es sei ein Film ganz allein über ihn. Ein Trugschluss, der durch die extrem auf den Augenblick fokussierte, atmosphärische Exposition entsteht. Es soll nicht bei diesem einen Trugschluss bleiben, denn anschließend erzeugt Franco allerhand unterschiedliche Stimmungen, als er seinen Figuren etwa so konsequent und zielstrebig folgt wie ein Hund, der einem Stock nachjagt, bis jemand einen noch größeren Stock wirft.
Schaut in den Trailer von “Das Geheimnis des Doktor Z”
Wenn der Regisseur seine wahre Gestalt entlarvt, dann nicht im eigentlichen Handwerk, das gemessen am gesamten Œuvre ungemein sorgfältig, stellenweise sogar brillant und in jedem Fall voller Potenzial für die Zukunft erscheint, so wie man es eben von jemandem erwarten würde, der von weit größeren Regisseuren als ihm selbst bereits registriert und geachtet wird. Franco verrät sein zukünftiges Ich vielmehr in dieser unsteten Narration, die zwar eine zusammenhängende Geschichte ausbuchstabiert, diese jedoch auf dem Rücken verendender Charaktere und Handlungsstränge austrägt. Der in den alternativen Filmtiteln zum Zentrum erkorene Doktor T. beispielsweise, er schafft es nicht einmal über den ersten Akt hinaus, vielmehr ist es sein Vermächtnis, das fortan die Marionettenfäden bewegt. Insofern kann letztlich auch Estella Blains Figur trotz ihrer dominant wirkenden Aura nicht als Subjekt der Geschichte bezeichnet werden, vielmehr ist sie Objekt in jeglicher Hinsicht: Objekt der tausend Blicke aufgrund ihres extravaganten transparenten Kostüms, das in diversen Einstellungen durch die Lichtsetzung eine Nacktheit suggeriert, Objekt auch in dem Sinne, dass sie dem Willen einer höheren Macht ausgesetzt ist. Wenn überhaupt, dann wird sie zum Subjekt, zur Vorlage also für spätere Epigonen ihrer selbst in weiteren Arbeiten Francos.
Erst recht trifft die Objektifizierung auf den männlichen Helden Fernando Montes zu, der trotz kerniger James-Bond-Synchro mit Gert Günther Hoffmann nicht einmal unbedingt eine Gehirnwäsche braucht, um nichtsnutzig in der Gegend herumzustehen. Selbst Mabel Karr, die als rachsüchtige Tochter des Doktoren noch am ehesten selbst aktiv wird, ist letztlich nur ein Getriebe im großen Kontext. Das führt dazu, dass die Charaktere am Ende ihrer jeweiligen Szenen stets mit einer Ohnmacht konfrontiert sind, die letztlich den gesamten Filmausschnitt von der Gesamthandlung absondern; so fällt gerade eine Sequenz komplett aus dem Raster, in der Mabel Karr auf eine Anhalterin trifft, die ihr ähnlich genug sieht, damit sie auf die Idee kommt, mit Hilfe ihres Körpers den eigenen Tod vorzutäuschen. Beinahe könnte man meinen, diese am See gefilmten Aufnahmen stammten aus einem ganz anderen Film. Verwunderlich wäre es nicht gewesen, würde Franco doch später öfter mal auf die Idee kommen, Szenen mit seinen Darstellern vor Ort zu drehen, die nicht im Drehbuch standen, um sie dann in ein ganz anderes Projekt zu schneiden…
Das heißt allerdings nicht, dass die ungewöhnliche Erzählstruktur nicht gerade in Kombination mit den ästhetisch satten Schwarzweißbildern einen gewissen Reiz ausüben würde, den man schon wieder fast als experimentell im Sinne seines Spätwerks bezeichnen kann. Auf jeden Fall entsteht durch die Abfolge immer neuer Perspektiven und Richtungen ein solider Nährpegel, mit dem es Freunden abstruser Groschengeschichten problemlos ermöglicht wird, ihr Verlangen zu stillen. Alleine die roboterähnliche Vorrichtung, mit der die Opfer zu Zombies umfunktioniert werden, steht in ihrer naiven Umsetzung so deutlich im Kontrast zur geschmackvollen Schwarzweißästhetik, dass man sich der daraus entstehenden eigenwilligen Wirkung kaum entziehen kann, denn selbst die Science-Fiction-Heuler der 50er Jahre bemühten sich, vergleichbar naive Bilder mit entsprechend knalligen Technicolor-Farben oder sogar eigens entwickelten Kolorierungsverfahren angemessen schrill wiederzugeben. Schrill wird es bei Franco vielmehr auf der akustischen Ebene, denn ein unkontrollierter, der Übersteuerung naher Soundeffekt erzeugt einen Pawlow’schen Effekt, wann immer die Maschine mit ihren ungelenk wedelnden Metallarmen in Bewegung versetzt wird. Und als wäre das noch nicht genug, werden all die auf „Frankenstein“ basierenden B-Movies der 40er mit Chaney, Karloff & Co. in der tricktechnisch durchschaubaren, aber dennoch das Vorstellungsvermögen anregenden Punktierung der Opfer zusammengefasst, erst recht, wenn der Schmerz mit einer Verzögerung eintritt, die man mit Blick auf den exploitativen Charakter der Bilder wahrhaftig als Lustverzögerung für das blutgierige Publikum bezeichnen kann.
„Das Geheimnis des Dr. Z“ ist, ebenso wie noch das ein oder andere weitere Frühwerk Francos, eine Art Keimzelle für die Exzesse, die noch folgen sollten. Man findet darin die typischen Franco-Motive im Embryonalstadium, von denen sich der Erzeuger zeitlebens nie abwenden würde, auch wenn er sich vielleicht nicht immer angemessen um sie kümmern würde. Ironischerweise zeugen sie in diesem frühen Stadium vom höchsten Grad an formaler Reife, einer solchen, aus der mit anderer Methodik oder anderem Arbeitsethos womöglich so manche Großtat hätte erwachsen können, nicht viel kleiner als die der Vorbilder und Mentoren. So sollte es nun eben vor allem das ungreifbare Gesamtwerk bleiben, das als Großtat in die Filmgeschichte eingegangen ist – nicht aber, ohne uns diese kleine Proto-Perle zu hinterlassen.
Informationen zur Veröffentlichung von “Das Geheimnis des Doktor Z”
Limited Collector’s Edition #51
Es ist beinahe so, als würde man den Zeitstrahl der Filmgeschichte chronologisch abtasten. Nachdem Wicked Vision als Nr. 49 ihrer „Limited Collector’s Edition“-Serie den französischen Horrorklassiker „Augen ohne Gesicht“ veröffentlichten, erscheint nun bereits in der 51. Ausgabe einer der ersten Filme, in denen schon ein gewisser Einfluss zu erahnen sein könnte; wenigstens ist Jess Franco einer der Regisseure, die Georges Franjus Arbeit immer wieder aufgriffen. Und bei weitem nicht nur diese. Wie man sehen wird, ist die vorliegende Edition ein Potpourri der kühnsten Referenzen und Querverweise, eine stattliche Sammlung von filmhistorischen Bezügen aller Art. Gewissermaßen erlaubt sie eine Art von cineastischem Trinkspiel: Wann immer mal wieder im Booklet, im Audiokommentar oder im Bonusmaterial auf einen Film verwiesen wird, der in der DNA des Regisseurs verankert ist, muss der Zuschauer den entsprechenden Film nachholen. Auf diese Weise ließe sich auf jeden Fall ein beachtliches Grundwissen über den Genre-Film gewinnen.
Die vorliegende Edition von „Das Geheimnis des Doktor Z“ wird dadurch zu einer besonders bedeutsamen Veröffentlichung. Subkultur hatte hier vor knapp zehn Jahren bereits Vorarbeit geleistet, erschien doch damals schon eine gut ausgestattete Doppel-DVD im Rahmen der Reihe „Edition Grauwert“, die neben der französischen Kinofassung auch die deutsche Kinofassung bot, ferner einige Extras, vor allem einen Audiokommentar des amerikanischen Autors und Filmkritikers Tim Lucas. Über Redemption / Kino Lorber erschien im Februar 2018 eine Blu-ray, die ebenfalls den Tim-Lucas-Kommentar an Bord hatte. Diese fehlt nun bei Wicked Vision, dafür wurden allerdings einige Extras neu produziert, so dass es sich unter dem Strich um die am besten ausgestattete Edition überhaupt handeln dürfte.
Der Audiokommentar
So bekommen wir immerhin einen Kommentar mit der vertrauten Expertenrunde Rolf Giesen, Gerd Naumann und Matthias Künnecke, was für den deutschen Markt ja auch durchaus Sinn ergibt, auch wenn man den Lucas-Kommentar, ähnlich wie bei der Edition zu „Augen ohne Gesicht“, natürlich gerne noch zusätzlich mitgenommen hätte. Die Kombination Giesen/Naumann/Künnecke hat sich bereits in der Vergangenheit als fruchtbar erwiesen, werden die manchmal ausschweifenden Exkurse Giesens doch von Naumann, vielleicht aber mehr noch von Künnecke stets im Zaum gehalten, erweisen sich die Beiden doch meist als stark auf den Betrachtungsgegenstand fokussiert, auch wenn es ausgerechnet Naumann ist, der sich zur Einführung einen kleinen Scherz erlaubt, indem er behauptet, man habe sich zusammengefunden, um „Faustrecht der Freiheit“ zu besprechen.
Es geht dann aber zur Erleichterung des Zuhörers, so gerne er auf einer eigenen Edition einem weiteren Kommentar zu Fassbinders Film lauschen würde, doch um „Das Geheimnis des Doktor Z“, der in einer Art und Weise diskutiert wird, die auf einzelne Details und Szenen des Films eingeht und doch gleichzeitig Franco und dessen Gesamtwerk charakterisiert. Es bleibt immer noch etwas Platz für ein paar Exkurse (etwa eine absonderliche Theorie über den Zusammenhang von Regie- und Esskultur), die das Gespräch aber durchaus auflockern. Etwas befremdlich kann es allerdings klingen, wenn ausgerechnet drei Filmwissenschaftler eine recht konservative Haltung annehmen, wenn es um die immer besser werdende Bildqualität geht, egalisiere das HD-Bild doch viel von der Magie eines Filmes, wenn es Drähte, die Latex-Struktur der Maske und andere Elemente aufdecke, die eigentlich verborgen gehörten. Einerseits verständlich, andererseits sollte man meinen, gerade Filmwissenschaftler und Kritiker seien vor allem an der Aufdeckung von Inhalten realisiert, weniger an der Verschleierung und damit Verfremdung nicht ganz so gelungener Effekte.
Bild und Ton
Mag man dieser Argumentation beim Anblick mancher Effekte vielleicht folgen können (in der Tat sieht die Gummimaske in der unteren Gesichtshälfte von Mabel Karr in HD nicht sehr überzeugend aus), so hat es wohl nie mehr Freude gemacht, diesen Film im restaurierten Gewand neu zu entdecken. Die Bildqualität ist phänomenal. Die Chiaroscuro-Kompositionen gehen vollkommen ebenmäßig in ihre Flächen auf, dank der scharfen Konturen. Die dunklen Bereiche wirken so harmonisch wie schwarzer Bastelkarton frisch aus dem Druck, das Weiß setzt sich mit hohem Kontrast und ohne jede Überblendung davon ab. Verunreinigungen sind kaum auszumachen, das Filmkorn bleibt sehr dezent im Hintergrund. Der Transfer trägt zusätzlich dazu bei, dass die Qualitäten der Kameraarbeit ideal zum Tragen kommen.
Im Audio-Bereich hat man die Wahl zwischen dem deutschen und dem französischen Ton in DTS-HD Master Audio 2.0 in Mono (bzw. Dolby Digital 2.0 Mono auf der ebenfalls beiliegenden DVD). Der O-Ton klingt dabei eine Spur satter, unter dem Strich erzeugen aber beide Spuren bereits in der Eröffnungsszene eine dichte Atmosphäre und lassen auch die Dialoge gemäß damaliger Aufnahmetechnik authentisch erklingen.
Alternative Kinofassung
Nicht auf der DVD, aber auf der Blu-ray enthalten ist zudem die deutsche Kinofassung, die ein paar Sekunden kürzer ist als die Originalfassung. Gewissermaßen eignet sie sich auch als Retrofassung, liegt doch hier eine augenscheinlich nicht restaurierte Quelle vor mit blasseren Grauabstufungen und vielen Schmutzpartikeln; auch beim deutschen Ton ist hier ein dezentes Hintergrundrauschen zu vernehmen, das bei der Hauptversion nicht zugegen ist. Auch diese Version kann in beiden Sprachen abgespielt werden und verfügt ebenso wie die Originalfassung über optionale deutsche und englische Untertitel.
Die Extras
Bei den Extras sticht der neu produzierte Video-Essay mit Dr. Marcus Stiglegger (20 Min.) heraus, der wie schon bei „Augen ohne Gesicht“ stilecht in Schwarzweiß präsentiert wird. Äußerst amüsant fällt die wortlose Einführung aus, bei der Stiglegger darum bemüht ist, zur Originalmusik mit möglichst diabolischem Blick und allem gebotenen Ernst aufzuschauen und in die Kamera zu blicken. Ein wunderbarer Anflug von Selbstironie und Ironie gegenüber dem Betrachtungsgegenstand. Dieser wird anschließend nach allen Regeln der Kunst filetiert, ähnlich wie im Kommentar fallen Aberdutzende von Filmtiteln als Vergleichswerte, so dass die Regie kaum hinterherkommt, all die Poster in der oberen linken Ecke einzublenden. Sollten seine Uni-Seminare auch so unterhaltsam ausfallen, wäre man ein Narr, sich nicht einzuschreiben.
Wer nicht die gesamte deutsche Kinofassung anschauen will, der bekommt die deutschen Inserts des Vor- und Abspanns auch noch einmal in einem drei Minuten langen Extra-Feature geboten – eine sehr schöne Sache. Der US-Trailer, der deutsche Trailer und eine Bildergalerie mit allerhand Postern und Aushangfotos runden das Paket ab.
Und auch wenn wir noch nicht Ostern haben, so sei dennoch auf ein kleines Easter Egg verwiesen, das sich auf der Blu-ray befindet. Wer sich selbstständig auf die Suche machen will, sollte den Rest dieses Absatzes überspringen. Um das Easter Egg zu finden, geht man wie folgt vor: Im Hauptmenü zum Bonusmaterial navigieren und vom obersten Extra einmal nach oben klicken, schon leuchtet das „Z“ aus dem Hintergrundmotiv gelb auf. Wenn man nun „Enter“ drückt, bekommt man noch eine kleine Einführung von Regisseur Jess Franco, die auch schon auf der Subkultur-DVD zu finden war.
Die Verpackung
Bei der Verpackung ist alles beim Alten. Es gibt wieder drei Mediabook-Motive, die allesamt auf je 333 Stück limitiert sind. Cover A entspricht dabei dem Motiv des originalen Kinoplakats, das auch schon auf der Subkultur-DVD verwendet wurde. Ein immer noch schickes Motiv, das sich der Spinnennetz-Symbolik bedient und den titelgebenden Doktoren in den Mittelpunkt stellt, und zwar in stilechtem Schwarzweiß. Einfach fällt die Wahl aber nicht, denn die beiden neu gezeichneten Motive bedeuten starke Konkurrenz, zumal sie sehr ähnliche Schwerpunkte bei der Motivauswahl setzen und es vor allem die Farbkompositionen sind, die für leichte Unterschiede sorgen.
Jole Stamenkovich sorgte für das zur Besprechung vorliegende Cover B. Anstatt des Spinnennetzes nutzt es die Einstellung der Wendeltreppe als symbolisches Element, ansonsten bietet es zwei farblich abgestufte Ebenen mit Charakter-Collagen, hinten Estella Blain als Nadia und Antonio Escribano als Dr. Zimmer in mattem Rosarot, vorne die unglückseligen Opfer der Zimmer-Behandlung und eine an Welles oder Wallace-Krimis erinnernde Kulisse in einem fahlen Blau, das an alte Stummfilm-Kolorierung erinnert. Cover C von Timo Wuerz bevorzugt giftige Grüntöne und liefert das insgesamt aufgeräumteste Cover: Nur Dr. Z, Miss Muerte mit ihrer Totenkopfmaske und die Spinnweben als Hintergrundmuster. So richtig kann man sich da gar nicht entscheiden, welches Motiv nun das schönste ist, zumal der Titelschriftzug bei allen Varianten identisch ist: Gelbe, frakturierte Schrift mit einem blutigen „Z“, fast wie der Episodentitel einer Mystery/Krimi-Reihe auf einer alten Kassette, dazu der dezente Hinweis „Regie: Jess Franco“.
Das Booklet
Comic- und Exploitationfreunde wird es übrigens ganz warm ums Herz, wenn sie dann das Mediabook aufschlagen, denn das Booklet-Cover ist eine herrlich reißerische Tuschezeichnung von Miss Muerte in ihrem extravaganten Outfit, das nicht mehr viel für die Fantasie übrig lässt. Dr. Z und seine Tochter mit verätztem Gesicht sowie die obskure Maschine sind zusätzlich im unteren Bereich abgebildet. Gerade in Kombination mit dem beigefarbenen Layout von Innendruck und Disc-Print kommt das Motiv hier wunderbar zur Geltung. Der Booklet-Inhalt will da nicht nachstehen und trumpft einmal mehr mit einem Text von David Renske, der dann auch gleich seiner Liebe zur Alliteration frönt, indem er die Überschrift „Schatten, Schocks und schöne Künste“ wählt. Und Mensch, hat der eine Freude, den Jazz aus Francos Schaffen zu kitzeln.
Der Text beginnt nicht wie eine übliche Biografie, er macht die Person Franco also nicht an den Zwischenstationen seines Lebens fest, sondern am unzähmbaren Werk mit den vielen Gesichtern, was alleine schon für den Regisseur und seine tausend Erscheinungsformen spricht. Es wird dann kurz etwas konventioneller, als Filmtitel fallen gelassen werden und die Biografien der beiden Hauptdarstellerinnen als Exkurse eingebaut werden (die allerdings durchaus lesenswert sind), aber schon bald geht der Text wieder in die Interpretation und verhilft zu einem übergreifenden Verständnis des Films, der ohne Kontext recht kryptisch anmuten könnte. Auf 24 Seiten Booklet kommt man allerdings nur auf sieben Seiten Text; der Rest ist gefüllt mit Szenenbildern und alternativen Postern.
„Das Geheimnis des Doktor Z“ bietet also nicht nur den Hauptfilm in nahezu perfekter Präsentation mit einer Menge an reichhaltigen Extras, er macht außerdem eine riesige Lust darauf, weitere Werke Francos zu entdecken und darüber hinaus alles, was Franco in irgendeiner Form beeinflusst hat.
Sascha Ganser (Vince)
Bildergalerie
Sascha Ganser (Vince)
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