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Das Geisterschloss – Die Angst hat ein Zuhause

Mit „Das Geisterschloss“ verfilmt Jan de Bont den Shirley-Jackson-Roman „The Haunting of Hill House“ nach „Bis das Blut gefriert“ neu. In der Version von 1999 will Liam Neeson als Wissenschaftler Angst erforschen und lädt zu diesem Zweck die Probanden Lili Taylor, Catherine Zeta-Jones und Owen Wilson zu einer angeblichen Studie zu Schlafstörungen ins Hill House ein, wo sie bald mit Spuk konfrontiert sind.

Originaltitel: The Haunting__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1999__Regie: Jan de Bont__Darsteller: Liam Neeson, Catherine Zeta-Jones, Owen Wilson, Lili Taylor, Bruce Dern, Marian Seldes, Alix Koromzay, Todd Field, Virginia Madsen, Michael Cavanaugh, Tom Irwin, Charles Gunning u.a.
Das Geisterschloss

In “Das Geisterschloss” kriegen es Liam Neeson, Lili Tayor, Catherine Zeta-Jones und Owen Wilson es mit Spuk im Hill House zu tun

Dass in Hollywood manchmal beinahe zeitgleich zwei Filme zum gleichen Thema kommen, seien es Kometeneinschläge („Deep Impact“ vs. „Armageddon“), Vulkanausbrüche („Dante’s Peak“ vs. „Volcano“) oder „Stirb langsam“ im Weißen Haus („Olympus Has Fallen“ vs. „White House Down“), hat Tradition. Anno 1999 duellierten sich die Spukhaus-Neuverfilmungen „Haunted Hill“ und „Das Geisterschloss“.

Ersterer nahm sich einen alten William-Castle-Gruseler vor, mit letzterem verfilmte Jan de Bont („Twister“) den Shirley-Jackson-Roman „The Haunting of Hill House“ neu, dessen erste Adaption „Bis das Blut gefriert“ zum veritablen Klassiker wurde. De Bonts Film hat es nicht groß mit Subtilitäten, das merkt man schon an der Einführung von Hauptfigur Eleanor ‘Nell‘ Vance (Lili Taylor). Diese hat ihre Mutter bis zu deren Tod gepflegt, als Erbe wurde aber die buckelige Verwandtschaft eingesetzt und die hat es in sich: Der Schwager ist ein Bürokrat, der ans schnellstmögliche und möglichst gewinnbringende Verkaufen der Wohnung, in der Nell noch lebt, denkt, Nells Schwester bietet ihr eine Stelle als Haushaltshilfe an und der gemeinsame Sohn der beiden ist ein Drecksbalg, das die verstorbene Oma auf niederträchtigste Weise nachäfft. Selbst ein Märchen für Kinder würde den rechtschaffend/arschig-Gegensatz nicht simpler darstellen, wenn es um die Etablierung der Nöte der introvertierten Nell geht.

Geld in die Kasse soll die Teilnahme an einem Experiment zum Thema Schlafstörungen bringen, das der Wissenschaftler David Marrow (Liam Neeson) durchführt, so zumindest die offizielle Darstellung. Da Drehbuchautor David Self („Wolfman“) dem Publikum keine allzu großen Überraschungen zumuten will, erfährt man direkt, dass Marrow eigentlich Angstzustände erforschen will. Deshalb sind die ausgewählten Probanden auch alle etwas labil, die sich zur Studie im eindrucksvollen Hill-House-Anwesen einfinden sollen.

Neben Nell sind noch Luke Sanderson (Owen Wilson) und Theodora (Catherine Zeta-Jones), meist nur Theo genannt, als Teilnehmer dabei, die Marrow mit gruseligen Hintergrundinfos zum Anwesen versorgt. Doch bald merkt Nell, dass es anscheinend wirklich im Hill House spukt…

Schaut euch den Trailer zu „Das Geisterschloss“ an

Um nochmal auf den Vergleich der beiden Horror-Neuverfilmungen des Jahres 1999 zurückzukommen: Wo die Joel-Silver-Produktion ein eher unbekanntes B-Picture als effektvollen R-Rated-Horrorfilm mittleren Budgets umsetzte und eigenständig interpretierte, musste Jan de Bont mit einer wesentlich größeren Fallhöhe zurechtkommen. Vorlage und Erstverfilmung jeweils ein Klassiker, die Adaption von 1999 dann als Big-Budget-Spektakel, wo „Bis das Blut gefriert“ quasi noch effektfrei daherkam. So merkt dem Ganzen seine Zerrissenheit an, da „Das Geisterschloss“ einerseits ein Gruselfilm, andrerseits aber auch ein PG-13-Effekt-Blockbuster fürs Teeniepublikum sein will. So fängt der Film dann auch als ersteres an und endet als letzteres, ohne dabei jedoch einem dieser Aspekte groß gerecht zu werden.

Natürlich hätte es für ein Gelingen auch einen entsprechenden Unterbau in Sachen Drehbuch benötigt, doch da sieht es bei Selfs Script eher düster aus. Wie Marrows Experiment genau geplant ist, wird bestenfalls angerissen, die Hintergrundgeschichte des Spuks wirkt nicht wie aus einem organischen Guss, sondern als ob Self einfach alle Plattitüden des Genre-Einmaleins unmotiviert aneinandergeklebt hätte: Gequälte Seelen toter Kinder, eine düstere Familiengeschichte, ein rachsüchtiger Geist, der neue Opfer sucht, weil er in seinem alten Gemäuer eh nix besseres zu tun hat. Hinzu kommt eine Haushaltshilfe, die zwar ominös andeutet, dass sie dem Hill House nachts aus Sicherheitsgründen fernbleibt, aber keinerlei Skrupel hat andere ahnungslose Nasen dem Grauen auszusetzen. Vor allem problematisch wird es aber bei den Figuren, von denen nur Nell ansatzweise als aufrechtes Sensibelchen ausgearbeitet wird: Theo ist eine bisexuelle Künstlerin, die zwanghaft im Mittelpunkt stehen muss und damit wenigstens ansatzweise einen offensichtlichen psychischen Knacks besitzt, während Luke der schluffige Sprücheklopfer ist, von dem Dr. Marrow zu berichten weiß, dass er chronisch unzuverlässig ist. Marrow ist nochmal eine Nummer flacher geschrieben, ein reiner Katalysator, der einfach nur da ist, um das Geschehen in Gang zu bringen und mit in Gefahr zu geraten.

Der Onkel Doktor hat auch zwei Assistenten dabei, von denen eine am ersten Abend jedoch vom Hill House via Klavierseite verletzt wird. Marrow weist das Duo sofort nach der Verarztung aus dem Krankenhaus zurückzukehren, doch die beiden tauchen nie wieder auf, werden nie wieder erwähnt und offensichtlich von niemandem vermisst, obwohl sich das Geschehen über mehrere Tage und Nächte zieht. So stolpert das löchrige Drehbuch dann vor sich hin, haut immer wieder einzelne Hinweise zur Hintergrundgeschichte des Hill House raus, ohne dass dieser Background so wirklich zusammengesetzt wäre. Als ob Self die Vorlage zwar gelesen, aber nur so halb in Erinnerung gehabt hätte. Genauso fühlt sich der Film dann auch an: Wenn man erfährt, dass der verstorbene Erbauer ein zweites Mal verheiratet war, dann fällt einem direkt auf, wie egal man schon die Informationen über die bisher bekannte Ehefrau fand. Dass vieles davon aus der Motiv-Klassikerkiste stammt, kann man dem Film immerhin nachsehen, basiert er doch auf einem Klassiker der Gruselliteratur.

Wobei: Gruselig ist hier nicht viel. Die Geistererscheinungen, die erst zaghaft, dann mit größerer Schlagzahl kommen, haben meist noch nicht mal Jumpscare-Potential. Nachhaltig erschreckend oder verstörend ist das Ganze sowieso nicht, denn de Bonts Regie kann selbst die Steilvorlagen des Settings nur gelegentlich so richtig verwandeln. Allein in einem riesigen Schloss, dessen gigantische Architektur an und für sich schon einschüchternd ist, das ist kein schlechter Ausgangspunkt. Zumal Setdesigner, Kulissenbauer und Ausstatter hier vor alle Arbeit geleistet haben: Die Bauten sind wahrhaft beeindruckend geworden, überzeugen mit kreativem Design, das wiederum Vorarbeit für die Effektabteilung leistet. Beispielsweise zwei Buntglasfenster, die sich später zu riesigen Augen verformen. Dass dieses Schloss eine lebendige, nicht unbedingt freundlich gesinnte Entität ist, das kauft man de Bonts Film mühelos ab.

Nun ist der Regisseur und frühere Kameramann sowieso eher für seine spektakulären Blockbuster bekannt, weshalb „Das Geisterschloss“ auch meist dann ganz bei sich ist, wenn er mal ordentlich die Sau rauslassen kann. Auch das nur in begrenztem Umfang, denn bei gerade mal vier potentiellen Opfern kann der Bodycount nur niedrig sein – und bis es dann wen erwischt, muss man bis zum Finale warten, das zumindest einen sehr originellen Kill bereithält. Natürlich können Gruselfilme auch ohne viele Tote hervorragend funktionieren, doch dafür mangelt es de Bonts Regie an Subtilität und Spannungserzeugung. Dafür sind die Geisterattacken teilweise famos gestaltet, etwa wenn Bettpfosten zu Greifarmen werden und eine Figur im Bett festhalten oder die geschnitzten Kindergesichter lebendig werden. Den CGI-Tricks kann man auch über 20 Jahre nach Release des Films noch ein meist hohes Niveau attestieren, von kleinen, minder gut getricksten Ausnahmen wie der Geisterfaust aus der Tür oder zerspringenden Glasscheibe mal abgesehen. Dass hinter den Special Effects unter anderem Effekt-Wizard Phil Tippett („Mad God“) und die KNB FX-Group („From Dusk till Dawn“) stehen, sieht man „Das Geisterschloss“ immerhin positiv an, auch wenn de Bont seinen Film auf der Zielgeraden etwas zu sehr mit digitalem Budenzauber zuschüttet, als wolle er ein Musterbeispiel für ein seelenloses Effektspektakel abliefern.

Ebenso verschwenderisch ist da die Besetzung. Liam Neeson („Memory – Sein letzter Auftrag“) ist als großer Name dabei, darf aber nur unterfordert danebenstehen, beobachten und ein paar halbgare Erklärungen raushauen. Owen Wilson („Ant-Man and the Wasp: Quantumania“) gibt den Comedic Sidekick, wirkt jedoch oft wie ein kleiner Besserwisser und untergräbt den Gruselcharakter des Films. Catherine Zeta-Jones („R.E.D. 2“) wechselt regelmäßig die knappen Fummel, um die Teenager-Jungs im Publikum in Wallung zu bringen, profitiert aber davon, dass ihre Figur später noch ein paar andere Facetten bekommt, etwa wenn sie zur Beschützerin der zerbrechlichen Nell wird. Jene wird von Lili Taylor („The Nun“) dann auch ziemlich stark verkörpert – trotz des geringeren Starfaktors die klare Hauptdarstellerin und hervorragend besetzt, obwohl das Drehbuch auch ihrer Figur etwas mehr Hintergrundinfos zukommen lassen könnte. Mit Virginia Madsen („Red Riding Hood“) als Schwestern-Schickse aus der Vorort-Hölle sowie Marian Seldes („Ein verlockendes Spiel“) und Bruce Dern („The Most Dangerous Game“) als Verwalter-Ehepaar schauen noch ein paar bekannte Gesichter für Mini-Parts vorbei.

„Das Geisterschloss“ profitiert vor allem von seiner grandiosen Kulisse, kann aber auch mit meist starker Effektarbeit und einer sehr guten Lili Taylor in der Hauptrolle aufwarten. Dummerweise sind Figurenzeichnung und Spannungsaufbau Mangelware im löchrigen Drehbuch, die lange Einführungsphase ist aufgrund des fehlenden Gruselfaktors eher langweilig, das Finale dagegen dann etwas zu überladen an Effekten. Auch die großen Enthüllungen über das Grauen des Hill House kommen nie so richtig beim Publikum an, sodass „Das Geisterschloss“ zwar einzelne effektive, toll getrickste und phantasievoll designte Momente hat, als Gesamtwerk dagegen aber eher kalt lässt.

Die DVD-Auflagen von „Das Geisterschloss“ in Deutschland kommen von Dreamworks/Paramount, spätere Blu-Ray-Auflagen von Paramount/Universal, ungekürzt ab 12 Jahren. In Sachen Bonusmaterial gibt es bei DVDs Trailer und ein „Hinter den Kulissen“-Feature, auf der Blu-Ray zusätzlich noch eine Featurette zu Jan de Bont.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Dreamworks/Paramount/Universal__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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Categorised in: Creepy Hauntings, Reviews

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