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Dave

Originaltitel: Dave__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1993__Regie: Ivan Reitman__Darsteller: Kevin Kline, Sigourney Weaver, Frank Langella, Kevin Dunn, Ving Rhames, Ben Kingsley, Charles Grodin, Faith Prince, Laura Linney, Bonnie Hunt, Arnold Schwarzenegger, Oliver Stone, Jay Leno, Larry King, Jason Reitman, Gary Ross u.a.
Dave

Für seinen Komödien-Buddy Ivan Reitman schaute Arnold Schwarzenegger auch mit Cameo in dessen Politmärchen “Dave” vorbei

High-Concept-Filme müssen nicht immer nur Actionreißer, Thriller oder Science-Fiction-Abenteuer sein, auch Komödien gehören dazu. Konzepte wie „Was wäre, wenn man in die Teenagerzeit der eigenen Eltern reisen würde“ („Zurück in die Zukunft“) oder „Was wäre, wenn man denselben Tag immer wieder erleben würde“ („Und täglich grüßt das Murmeltier“) wurden zu Kassenhits. Und „Dave“ beschäftigt sich mit der Frage, was passiert, wenn ein Normalo plötzlich Präsident würde.

Dabei ist US-Präsident Bill Mitchell (Kevin Kline) keine besonders nachahmenswerte Figur: Ein Opportunist, der Sozialprogramme beschneiden will, ohne dafür verantwortlich zu erscheinen, dessen Frau Ellen (Sigourney Weaver) nur noch für die Außendarstellung mit zusammen ist und der lieber mit der Sekretärin Lümmelverstecken spielt. Da er während eines solchen Schäferstündchens offiziell repräsentative Aufgaben zu verrichten hat, sucht der Secret Service nach einem Double für den Abend. Bei Dave Kovic (ebenfalls Kevin Kline) werden sie fündig, der nach alten Dramaturgieregeln das genaue Gegenteil von Bill ist: Ein Arbeitsvermittler mit guter Seele, der bedürftige Jobsuchende zur Not seinem Buchhalterkumpel Murray Blum (Charles Grodin) aufs Auge drückt und nebenbei mal den Präsidenten spielt, wenn etwa ein Autohaus einen Sonderverkauf ankündigt.

Bill spielt also nach Anleitung von Stabschef Bob Alexander (Frank Langella) den Präsi, doch an diesem Abend erleidet der echte World Leader einen Schlaganfall beim Schäferstündchen. Da Bob als Strippenzieher im Hintergrund gar nicht daran denkt, die Geschicke dem Vizepräsidenten zu überlassen, fassen er und sein Kollege Alan Reed (Kevin Dunn) einen waghalsigen Plan: Während Bill im Koma liegt, soll Dave dessen Rolle spielen. Das aber nicht nur aus edlen Gründen: Bob plant bereits die Machtübernahme, für die er erst den Vizepräsidenten abservieren muss, der ihm aber eh viel zu liberal und sozial eingestellt ist, womit der Bilderbuchschurke des Films feststeht, wenn man es nicht eh schon an Bobs unsympathischem Auftreten gemerkt hat.

Während Dave sich anfangs in der Rolle gefällt und jeden täuschen kann, fallen den Leuten zwar kleine Veränderungen am Präsidenten auf, die sie jedoch auf den vermeintlich überstandenen Schlaganfall schieben. Doch dann beginnt Dave ernsthaft Politik zu machen, was Bob gar nicht gefällt…

httpv://www.youtube.com/watch?v=PTTe-rxTyh0

Mit 1993er Erscheinungsjahr und bereits zuvor begonnener Produktion mag „Dave“ fast schon prophetisch wirken, was manche Folgepräsidentschaft anging. Bill Clinton hatte Affären im Amt (wenngleich das nichts Neues ist, man denke an John F. Kennedy). George W. Bush wird gern als fremdgesteuert dargestellt, zwar nicht vom Stabschef, sondern vom Vizepräsidenten. Und später kommen noch Skandale und Veruntreuung zur Sprache, was an Donald Trump erinnert. Mit dem teilt sich Dave auch den Status des Nichtpolitikers, der auf einmal ein ganzes Land lenkt. Doch im Gegensatz zu den realen, krisenhaften Resultaten des Feldversuchs entscheiden sich Regisseur Ivan Reitman („Ein Vater zuviel“) und Drehbuchautor Gary Ross („Pleasantville“) für einen märchenhaften Ansatz in der Tradition von Frank Capra: Dave mag etwas naiv sein, hat aber ein gutes Herz und setzt sich für die Schwachen und Bedürftigen ein – nun eben mit präsidialer Macht.

Dementsprechend sind auch die Lösungen und der Handlungsverlauf des Films eher ein Sozialmärchen: Mit logischem wie unkonventionellem Denken umgeht Dave Budgetkürzungen bei Wohltätigkeitsprogrammen, nimmt die First Lady für sich ein und ist – Betrügerstatus hin oder her – ein Musterpräsident, dem die Herzen zufliegen. Die Ausnahme ist Bilderbuchschurke Bob, der nach einigen Winkelzügen sein Fett wegbekommt. Insofern mag „Dave“ nicht als große Politfarce taugen, auch wenn er reale Probleme anspricht, sich auf (nicht nur) damals aktuelle politische Probleme wie die Finanzierung von Sozialprogrammen bezieht und der Politik kein allzu gutes Zeugnis ausstellt. Aber darum geht es Reitman schließlich auch nicht, der idealistisch vom kleinen Mann erzählt, der die Chance bekommt sein eigenes Leben und das der restlichen Amerikaner zum Besseren zu wenden, dank unerwarteter Macht.

Das Ganze erzählt Reitman mit charmantem Witz, der sich vor allem aus dem Gegensatz von Daves Kleinbürgerlichkeit und der Welt der Politik ergibt: Dem gelackten, förmlichen Auftreten der Politiker stehen Daves ehrliche Begeisterung und sein Hang zur Improvisation entgegen. Kleine Slapstickeinlagen, einige gepfefferte Dialoge und nette Situationskomik (etwa wenn Dave und Ellen in eine Verkehrskontrolle geraten, bei der sie eben nicht als Präsident und First Lady auffallen wollen) sorgen nicht für große Brüller, aber für konstante Schmunzler. Vieles davon ergibt sich auch aus der Interaktion der Figuren, etwa wenn der quirlige Dave auf den stets ungerührten, kaum durchschaubaren Secret-Service-Mann Duane Stevenson (Ving Rhames) trifft.

So liegt dann auch viel an den Darstellern, die durch ihre Chemie den Film so richtig zum Leben bringen. Kevin Kline („Der rosarote Panther“) hat großen Spaß in seiner Doppelrolle als idealistischer All-American-Guy und selbstsüchtiger Kotzbrocken, während Sigourney Weaver („Alien“) auch als sozial orientierte First Lady ihre toughe Art bewahrt und sich mit Kline wunderbar die Bälle zuspielt. Frank Langella („Draft Day“) gibt mal wieder das Arschloch vom Dienst und hat die nötige Routine darin, während Kevin Dunn („Transformers“) als schlitzohriger, aber nicht komplett verdorbener Mitverschwörer sogar noch etwas besser ist. Für starken Support sorgen Ben Kingsley („Security”), Ving Rhames („Mission: Impossible – Fallout“) und Charles Grodin („Midnight Run”). Vor allem in Sachen Cameos kann „Dave“ noch ordentlich strahlen: Nicht nur spielen diverse Politiker sich selbst, sondern auch „Snowden“-Regisseur Oliver Stone und Arnold Schwarzenegger („Killing Gunther“). Ersterer darf auf seinen Status als Präsidenten-(Biopic-)Spezialist mit offenem Ohr für Verschwörungstheorien anspielen, letzterer drehte mit Reitman vor und nach „Dave“ nicht nur die Komödien-Trias „Twins“/„Kindergarten Cop“/„Junior“, sondern darf in seiner Szene auch auf seinen Status als damaliger Vorsitzender des präsidialen Komitees für Fitness, Sport und Ernährung verweisen.

Insofern mag „Dave“ keine neuen Politwahrheiten zutage fördern oder sonderlich bissig sein, in Sachen Charakterentwicklung ist er durchaus vorhersehbar, doch Ivan Reitman, Gary Ross und der Besetzung gelingt durch einnehmenden Charme und herzigen Humor ein modernes Märchen mit interessanter Prämisse, Witz und Gefühl. Und das reicht in diesem Fall für einen gelungen Unterhaltungsfilm.

Knappe:

Warner hat „Dave“ auf DVD und Blu-Ray herausgebracht, freigegeben ab 6 Jahren. Die DVD bietet als Bonusmaterial Texttafeln zu Stab und Besetzung, die Blu-Ray den Trailer zum Film und ein kleines Making Of.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Warner__FSK Freigabe: ab 6__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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