Originaltitel: Deadpool & Wolverine__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2024__Regie: Shawn Levy__Darsteller: Ryan Reynolds, Hugh Jackman, Emma Corrin, Morena Baccarin, Rob Delaney, Karan Soni, Leslie Uggams, Matthew Macfadyen, Wesley Snipes, Jennifer Garner, Kelly Hu, Brianna Hildebrand u.a. |
„Deadpool“ von Tim Miller hatte 2016 für mich seine Schuldigkeit mehr als nur getan. Er hatte mich grandios im Kino unterhalten und auf die Comicfigur Deadpool aufmerksam gemacht. Seitdem bin ich Fan und habe mich durch zahlreiche Comicabenteuer des Söldners mit der großen Klappe gelacht. Einige Reviews zu den Comics findet ihr in diesem Sammelartikel.
Auch „Deadpool 2“ lieferte 2018 ordentlich ab. Kam dem Aberwitz der Comics recht nahe und bot wie Teil eins prächtige, kurzweilige Unterhaltung. Nach dem Anschauen des inzwischen dritten Leinwandabenteuers von Deadpool ist mir persönlich aber klar: „Deadpool“ und „Deadpool 2“ waren zwar nah dran, doch der wahre „Deadpool“-Film heißt „Deadpool & Wolverine“.
Dieser fühlt sich an, als habe man einen Band aus der Hochzeit des Charakters – und dann am besten von meinem Lieblingsautor Gerry Duggan – hergenommen und den einfach Panel für Panel abgefilmt. Das Ergebnis ist der pure Wahnwitz. Ein Trip voller Lacher, voller Blut, voller irrer Ideen und mit zwei grandiosen Hauptfiguren, verkörpert von zwei kongenial passenden Darstellern.
Wesley Snipes beehrt „Deadpool & Wolverine“!
Das Beste: Durch das Andocken Deadpools an das Marvel Cinematic Universe fließt „Deadpool & Wolverine“ förmlich über vor Referenzen und Anspielungen an andere Marvel-Abenteuer. Wann immer Bildschirme zu sehen sind, kann man sicher sein, Ausschnitte aus früheren Marvel-Filmen darauf zu sehen. Und sogar aus zukünftigen!
Und es hagelt Cameos. Einige spielen sogar gewitzt mit den Erwartungen der Zuschauer. In meiner Vorstellung gab es etwa beim Auftauchen eines Schlüsselcharakters aus dem MCU ein lautes Raunen. Dieses ging in ein Lachen über, als klar war, wen der Star hier eigentlich spielte. Alle Cameos seien an dieser Stelle freilich nicht verraten, zwei muss ich allerdings spoilern. Immerhin sind wir hier eine Actionseite und verfolgen die Karrieren der großen Action-Heroen. Und mit Wesley Snipes („The Expendables 3“) und Kelly Hu („Born 2 Die“) finden sich gleich zwei in diesem Marvel-Film.
Kelly Hus Auftritt ist allerdings nur ein Clip aus „X-Men 2“. Wesley Snipes Rolle hingegen gerät sogar durchaus umfangreich. Und er spielt eine altbekannte Figur, was zudem für einen coolen Gag herhalten darf. Wesley Snipes hat sichtlich Spaß an seiner Rolle, er scheint inzwischen aber auch eine Menge abtrainiert zu haben. Wirkt beinahe drahtig im Vergleich zu früheren Rollen. Aber: Eine wirklich hübsche Überraschung. Und nur eine von vielen.
Die Story ist Business As Usual
Weniger reich an Überraschungen ist die eigentliche Story. Die erzählt von einem vom Alltag gelangweilten Pool, der einfach von keiner Superheldenfraktion aufgenommen wird. Nicht einmal die „X-Men“, die ja eigentlich jeden nehmen, haben Interesse, den unberechenbaren Söldner anzuheuern. So endet Pools Alter Ego Wade Wilson als Security-Mitarbeiter bei einem Autohändler. Der immer gleiche Tagesablauf verändert Wade. So sehr, dass sogar die von ihm heiß und innig geliebte Vanessa Reißaus nimmt. Grund war ganz sicher die angetackerte Perrücke.
Als Wade einen weiteren seiner ereignislosen Geburtstage mit seinen Freunden feiert, tauchen auf einmal Leute einer ominösen Vereinigung auf, die die Zeitstränge im Multiversum überwacht. Und die Zeitlinie unserer Welt ist komplett aus den Fugen geraten. Den Grund liefert James Mangolds „Logan“. Eine für unseren Zeitstrahl wichtige Ankerperson, Wolverine, ist „verschwunden“.
In seinem ihm eigenen Pragmatismus beschließt Wade, wieder zu Deadpool zu werden und einen Wolverine aus einem anderen Universum in das unsrige zu holen. So sollte sich doch das Ende unserer Welt aufhalten lassen, oder etwa nicht?
Deadpool besorgt es dem Multiversum!
Dieses Story-Konstrukt ist so dürr wie egal. Es geht um die Rettung unserer Welt und genau das hält den Film dann auch auf Kurs. Den Kitt bildet derweil das Gespann Deadpool und Wolverine. Bevor sich dieses in seiner Buddy-Konstellation wiederfindet, setzt es weitere großartige Gags und einen fantastischen Gastauftritt eines Darstellers, der eigentlich im DCU beheimatet ist. Wiederholt wird klar, was hier für Fans der Urstoffe am Wirken waren.
Und die hatten auch Spaß daran, die altbekannten Figuren zu variieren. So ist der hier präsentierte Wolverine definitiv nicht der uns bekannte X-Men-Superheld. Wann immer sich die Gelegenheit bietet, ist er am Saufen. Er flucht, er artikuliert sich nur über Schimpfworte und nimmt jede noch so kleine Möglichkeit für eine Rauferei zum Anlass, Leute aufzuschlitzen. Das durfte er noch nie so explizit wie in „Deadpool & Wolverine“. Hier landen seine Adamantium-Klingen in jedem Körperteil. Und dank des genialen Vorspannes, in dem *NSYNC, Justin-Timberlake-Dance-Moves und CGI-Gesplatter auf hinterlistige Sexwitzchen treffen, sehen wir endlich auch mal, wie Wolverine ohne das Hugh-Jackman-Drumherum aussieht. Hier ist nichts heilig – nicht einmal „Logan“.
Auch dank Ryan Reynolds („6 Underground“), der erneut zeigt, wie sehr er die Figur des Deadpool verinnerlicht hat. Die Brüche der vierten Wand geschehen hier beiläufig, die sekündlich abgeschossenen Sprüche erreichen eine neue Qualität in Sachen Anzüglichkeit und sein Timing sowie seine Körpersprache sind einfach perfekt.
Auch das Zusammenspiel mit Hugh Jackman („Wolverine: Weg des Kriegers“) ist einfach großartig. Und Shawn Levy („Free Guy“) hat ganz offensichtlich erkannt, dass er nur gewinnen kann, wenn er die beiden machen lässt. Der Regisseur lässt ihnen entsprechend allen Raum zur Entfaltung. Und vor allem Jackman tut der ganzen Unternehmung richtig gut. Er erdet den Film und sorgt in Momenten, in denen es gefühlt beinahe zu viel von allem zu sehen gibt, mit einem gepflegten „Schnauze“ für Momente zum Durchatmen.
Bei dieser großartigen Show der titelgebenden ikonischen Figuren kann Emma Corrin nicht mithalten. Was vor allem an ihrer etwas zu egalen und motivlosen Bösewichtin Cassandra Nova liegt. Die Darstellerin bemüht sich nämlich sichtlich und hat zumindest mit ihrer „Schädelfickerei“ einen wunderbar weird anzuschauenden Special Move abbekommen.
Das in der Pressekonferenz zum Film beschworene R-Rating hat sich „Deadpool & Wolverine“ sicherlich schon aufgrund seiner sehr offensiven sexuellen Anspielungen wegen abgeholt. Da mussten die Computerkünstler eigentlich gar nicht mehr so mit dem CGI-Blut herumschmaddern. Sie machen es aber freilich dennoch. Die Brutalität bleibt dabei auf dem Level der Vorgängerfilme. Einzig die Krallen von Wolverine tauchen häufiger an Stellen auf, wo man sie nicht vermutet hätte, was durchaus mal ziemlich derb rüberkommt.
Die Action besteht aus vielen Mano-a-Mano-Fights, Ballereien sowie Schlitzereien und bewahrt sich durchgehend eine hübsche Körperlichkeit. Große Weltenzerstörermotive und umkippende Häuser waren ja aber noch nie die Welt von Deadpool. Dem bleibt man auch hier treu. Die Action wird toll choreographiert an Bildern gereicht, die die Schauwerte ins rechte Licht rücken. Mit einem Fight in einem Honda und einer großen Straßenschlacht seien ein klein und ein groß skaliertes Highlight gesondert hervorgehoben. Beide glänzen neben dem Offensichtlichen (das an dieser Stelle nicht verraten sei) auch aufgrund der großartigen Musikauswahl.
„Deadpool & Wolverine“ macht irren Spaß
„Deadpool & Wolverine“ ist vor allem an der Comicfigur Deadpool so nah dran, wie noch kein Film zuvor. Wahnwitz trifft hier auf turbofreche Sprüche, skurrile Situationen, blutige Action und viele Bezugnahmen auf die gesamte Marvel-Welt. Ständig werden Disney und Fox gebasht, sogar die aktuellen Probleme im MCU werden heftig attackiert und nichts und niemand ist hier irgendwie sicher vor einer Schelle. Mittendrin ein wie beseelt zwischen Fanboy und seinem Charakter hin und her lavierender Ryan Reynolds, der im von ihm selbst mit verfassten Film wie ein Kind im Süßigkeitenladen rüberkommt.
Dass es da auch Probleme wie eine reichlich egale Story und eine schwache Bösewichtin gibt, ist spätestens dann egal, wenn Hugh Jackman zu der Unternehmung stößt und als herrlich granteliger Wolverine mehr als einmal das Ruder an sich zu reißen droht. Doch mit seinem Buddy Ryan Reynolds groovt er sich ultraschnell ein und liefert eine großartige Szene nach der anderen ab.
So ist man durchgehend nur am Feiern und Staunen. Etwa wenn hunderte Deadpools über die Leinwand latschen, der Dogpool die Herzen stiehlt, zig Gastauftritte für breite Grinser sorgen, mal wieder ein Goon kreativ das Zeitliche segnet oder der Showdown in einen audiovisuellen Großrausch mündet, nach dem man geschafft, aber glücklich in den Abspann verabschiedet wird.
Letzterer wartet neben einem finalen Großlacher auch noch mit schönen Behind-the-Scenes-Bildern verschiedener Marvel-Filme auf. Das Ergebnis ist ein großartiger Spaß. Haltlos, frech, dreist, fröhlich, sich selbst niemals zu ernst nehmend, extrem witzig und in manchen Szenen erstaunlich berührend. So kann, nein muss es weitergehen.
Der Film läuft seit dem 24. Juli 2024 in den deutschen Kinos. Er kommt von Disney und den Marvel-Studios, ist ab 16 freigegeben und in der Form ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
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