Originaltitel: Death Race: Beyond Anarchy__Herstellungsland: USA/Bulgarien__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Don Michael Paul__Produktion: Paul W.S. Anderson, Roger Corman u.a.__Darsteller: Zach McGowan, Frederick Koehler, Christine Marzano, Yennis Cheung, Cassie Clare, Lucy Aarden, Danny Trejo, Danny Glover, Nicholas Aaron, Julian Seager u.a. |
Die aus „Death Race“, Paul W.S. Andersons Remake der Roger-Corman-Produktion „Death Race 2000“, erwachsene Reihe bewies auf dem Heimkinomarkt erstaunliches Stehvermögen: Erst folgten die Prequels „Death Race 2“ und „Death Race: Inferno“, dann die eher am 1975er Original ausgerichtete Auskopplung „Death Race 2050“ und nun das Sequel „Death Race: Anarchy“.
Nachdem die Prequels von Roel Reiné inszeniert wurden, zogen die Produzenten Roger Corman und Paul W.S. Anderson den ebenfalls auf Direct-to-video-Sequels spezialisierten Don Michael Paul („Sniper: Ghost Shooter“) heran, der nun nach dem 2008er „Death Race“ ansetzt: Die Todesrennen sind inzwischen eigentlich illegal, werden aber immer noch von Knackis abgehalten, die ein abgetrenntes Gefängnisareal bewohnen, das an Vorbilder wie „Die Klapperschlange“ erinnert. Herrscher auf dem Gebiet einer privaten Gefängnisfirma und Death-Race-Champ ist immer noch Maskenträger Frankenstein, während eine Crew um Baltimore Bob (Danny Glover) die Rennen ins Internet überträgt. Für die technische Umsetzung sorgt ein alter Bekannter, nämlich Lists (Frederick Koehler), die einzige Figur, die in allen vier zusammengehörigen „Death Race“-Filmen zu sehen war.
In immerhin dreien tat sein Kumpel Goldberg (Danny Trejo) mit, der inzwischen außerhalb des Gefängnisses zum Glückspielkönig mit Pimp-Attitüde geworden ist, der natürlich auch auf die Death Races wettet. Viel Bewandtnis für den Film hat das nicht, aber so bringt man Danny Trejo („Concrete War“) eben unter, der nur für ein paar Drehtage ans (separate) Set musste. Derweil sind die Übertragungen ein Dorn im Auge der Behörden, deren Erstürmungsversuche des Höllenknasts aber noch nicht von Erfolg gekrönt waren. Also kommen wie gewohnt die nächsten Neuankömmlinge, darunter auch Connor Gibson (Zach McGowan). Jeder Häftling erhält eine Münzrolle, die als Zahlungsmittel gilt, welche ihnen Frankensteins Leute bald schon wieder abnehmen wollen. Das ist keine uninteressante Idee, wird vom Drehbuch aber sträflich unterentwickelt: Warum will Frankenstein die Knete, wenn er doch sowieso schon Herrscher der Bude ist und das Geld außerhalb des Areals keinen Wert für ihn besitzt? Warum werden manche Sträflinge direkt niedergeballert, andere nicht? Und wieso tötet er potentielle Handlanger überhaupt direkt nach der Landung?
Connor und die resolute Mitinsassin Gipsy Rose (Yennis Cheung) behalten jedenfalls Leben und Knete bei der Konfrontation, schlagen sich danach aber getrennt zur Stadt der Gefangenen durch. Dort will Connor unbedingt am Death Race teilnehmen, muss sich seinen Platz aber erst erkämpfen…
httpv://www.youtube.com/watch?v=Fz5kxN6q1dM
Wer den einen oder anderen Genrefilm gesehen hat und nicht ganz auf den Kopf gefallen ist, der ahnt natürlich schon früh warum Connor unbedingt am Todesrennen teilnehmen will. Lediglich gegen Ende gibt es eine Überraschung zu verzeichnen, ansonsten läuft „Death Race: Anarchy“ jedoch in den erwarteten Bahnen ab und hält sich an das Rezept der Vorgänger. Don Michael Paul besitzt freilich nicht den Stilwillen von Roel Reiné, doch mit seinen farbarmen, gräulichen Bilder sorgt er für eine visuelle Umsetzung, welche die Trostlosigkeit des Riesenknasts vermittelt. Der Stil harmoniert auch damit, dass kostengünstig im Ostblock gedreht wurde, was man schon an diversen Nachnamen im Bereich Cast und Crew ablesen kann. Im Gegensatz zu Andersons Kinofilm und Reinés Prequels schraubt „Death Race: Anarchy“ allerdings den Exploitationpegel deutlich hoch: Das merkt man zum einen an den teilweise viehisch rohen Gewaltspitzen, etwa wenn ein niedergeschossenes SWAT-Team noch mit Kettensägen bearbeitet wird, zum anderen an der deutlich erhöhten Menge von halbnackten, komplett nackten oder in anzüglichen Posen gefilmten Frauen im Film. Vielleicht erhöhte man den Exploitationfaktor auch deshalb, da das Pay-TV mit „Blood Drive“ ein ähnlich gelagertes, deutlich grindhousigeres (aber schließlich nach einer Staffel eingestelltes) Konkurrenzprodukt bot.
Das mag vielleicht eher dem Geist früherer Corman-Filme entsprechen, wirkt allerdings reichlich pubertär und sorgt eher für Längen als für Kurzweil: Will man Frankenstein beim Poppen sehen oder Todesrennen? Zumal „Death Race: Anarchy“ mit rund 110 Minuten für einen Direct-to-video-Actioner etwas lang geraten ist und die Zeit nicht immer sinnvoll füllt. Connors Beziehung zu Mitinsassin Jane (Christina Marzano) bringt den Film noch voran, was jedoch von anderen Handlungssträngen nicht sagen kann: Alles um Goldberg ist bloß Füllmaterial, das Danny Trejos Anwesenheit rechtfertigen soll, Connors Navigatorin, die noch eine Rechnung mit Frankenstein offen hat, kommt kaum im Film an. Sowieso: Was Frankensteins Revolution nun genau soll, warum seine Teilnahme an und Weiterführung von Death Race so aufwieglerisch ist, das kann der Film auch nur schwerlich vermitteln.
Aber die eh schon meist eher oberflächliche Medien- und Spektakelkritik der Vorgänger wird hier eh hinter sich gelassen. In der Hauptsache geht es eben um das Todesrennen, das hier eine illustre Gegnerschar für den Helden auffährt, mit so klingenden, meist selbsterklärenden Namen wie Nazi Bastard, Johnny Law und Mathilda the Hun. Schade nur, dass diese erst so spät eingeführt werden, nämlich für das Death Race im letzten Filmviertel. Der Spaß daran wird auch dadurch ein wenig getrübt, dass an einer Stelle fast alle Beteiligten von spontaner Amnesie (oder Blödheit) geplagt zu sein scheinen und eine Teilnehmerin vergessen, damit diese *hüstel* überraschend wiederauftauchen kann.
Doch das Hauptaugenmerk liegt auf der Action und da kann „Death Race: Anarchy“ mit ähnlichen Kompetenzen wie die Vorgänger punkten. Angenehm CGI-arm kommt das Spektakel daher, das gerade in der Schlussphase jede Menge echte, kreativ designte Autos verschrottet. Zuvor finden sich das Auftaktrennen mit abschließendem SWAT-Einsatz sowie gleich zwei Aufnahmeprüfungen: Die eine ein Quasi-Death-Race auf Motorrädern, die andere eine Art Battle Royale unter Möchtegernrasern. Dabei ist „Death Race: Anarchy“ wenig zimperlich, wenn die Kontrahenten erschlagen, zerhackt oder sonstwie dahingemetzelt werden, was phasenweise schon ins Splattrige abdriftet. Die Inszenierung behält die Übersicht, die Choreographie der Fights und Straßenrennen ist gelungen und beim letzten Todesrennen, das quasi das komplette Schlussviertel des Films ausfüllt, ist dank unterschiedlicher Karren und Knarren für ein abwechslungsreiches Hauen, Stechen und Ballern auf der Strecke angesagt. Schade nur, dass Don Michael Paul das Ausscheiden verschiedener Teilnehmer nicht so eindrucksvoll inszeniert wie seine Vorgänger; manche Kontrahenten kommen fast schon beiläufig um, einige auch fast schon zu schnell – die Vorläufer hatten das Verkleinern des Verfolgerfelds da noch besser zelebriert.
Zach McGowan („Dracula Untold“) scheint derzeit ja an einer Actionstarpersona, neben Nebenrollen in Mainstreamfilmen und TV-Serien, zu arbeiten, die sich an seinen Vorgängern in der Reihe orientiert. Sollten sein Ziel nicht die Sympathiewerte von Charmebolzen Jason Statham, sondern bloß die B-Verlässlichkeit eines Luke Goss sein, es könnte klappen. McGowan zeigt durchaus Charisma, war oft genug in der Muckibude und langt in den Kampfszenen recht überzeugend selbst zu, auch wenn noch das gewisse Etwas zu mehr fehlt. Darstellerisch punktet Christina Marzano („Paranoia – Riskantes Spiel“) als Frau mit Vergangenheit am meisten, während in weiteren Nebenrollen Frederick Koehler („Domino“), Danny Glover („Proud Mary“) und Yennis Cheung („Shanghai“) am ehesten noch Akzente setzen können, wenn auch in komplett standardisierten Rollen. Das gelingt dem unscheinbaren Rest der Nebendarsteller nicht, was gerade bei den Antagonisten ein Problem ist, denn es fehlt an guten Schurken, vor allem Frankenstein bleibt blass. Dabei ist dieser, gerade im Kontext der „Death Race“-Franchise, eine interessante Figur, verkörpert er doch nach den Vorgängern jene in „The Dark Knight“ aufgestellte These, dass jemand, der lang genug Held ist, irgendwann zum Schurken wird. Wobei „Death Race: Anarchy“ mit dieser Deutung spielt, gerade bei einem (im Gesamtkontext der Reihe etwas erwartbaren) Kniff im Finale.
Besagter Kniff bietet die Grundlage für die nächste mögliche Fortsetzung, aber das ist keine Drohung. Die „Death Race“-Prequels und -Sequels bieten alle verlässlich gute B-Action, die vor allem mit ihren handgemachten Spektakelszenen punktet. Der neueste Teil denkt nicht jeden Ansatz zu Ende, ist etwas zu lang für seinen Inhalt und nicht ganz so souverän inszeniert wie die Filme Roel Reinés. Brauchbares B-Entertainment mit ein paar Abstrichen ist aber auch im Falle von „Death Race: Anarchy“ herumgekommen.
Starke:
Wie die Vorgänger erscheint auch „Death Race: Anarchy“ bei Universal auf Blu-Ray und DVD. Während die Blu-Ray einen Audiokommentar von Don Michael Paul und Zach McGowan sowie ein paar Featurettes bietet, kommt die DVD ohne Bonusmaterial aus. Ungekürzt sind beide Versionen, beide mit SPIO/JK-Freigabe, was angesichts der Härten des Films sogar halbwegs verständlich ist, obwohl ja auch Werke wie „The Raid 2“ oder „Sabotage“ trotz vieler Derbheiten die FSK-18-Freigabe erhielten.in
© Nils Bothmann (McClane)
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