Originaltitel: Decommissioned__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2016__Regie: Timothy Woodward Jr.__Darsteller: Johnny Messner, Vinnie Jones, Estella Warren, James Remar, Michael Paré, Richard Burgi, Matt Cinquanta, Rachel Laurenne, Ardeshir Radpour u.a. |
Ich muss mich outen: Ich bin ein Opfer! Wieso? Nun, ich habe schon diverse Timothy Woodward Jr. Streifen angetestet, bin dabei nie über Qualitätsware gestolpert und kann es trotzdem nicht lassen, mir seine neuesten Ergüsse reinzuziehen. Wieso? Weil der gute Mann nach wie vor einen erstaunlichen Stein bei diversen B-Fratzen im Brett zu haben scheint, die ich gerne sehe. Doch diesmal hat es sich gelohnt! Denn „Decommissioned“, der inzwischen auch unter dem Titel „Assassination“ vertrieben wird, ist tatsächlich mal ansatzweise brauchbare B-Action geworden!
Dabei dreht sich alles um John Niles. Der führt mit seiner ihn liebenden Frau und dem gemeinsamen Sohn ein beschauliches Leben. Da wird er eines schönen Tages von ein paar Kerlen entführt und ordentlich gefoltert. Er solle seinen Entführern alles über eine Operation „Jackknife“ verraten. Doch John beteuert den Lumpen, nichts über eine derartige Operation zu wissen. Er sei ein ganz normaler Versicherungsvertreter.
Doch die Kerle geben längst nicht klein bei. Sie offenbaren John, dass sie auch seine Familie gekidnappt hätten. Nun dreht der angebliche Versicherungsvertreter vollkommen durch. Er zerreißt seine Fesseln und bringt seine Entführer einen nach dem anderen genüsslich um die Ecke. Wieder auf freiem Fuß setzt er alles daran, seine Familie zu befreien. Doch das gestaltet sich alles andere als einfach.
Da klingelt sein Telefon. Die Kidnapper seiner Lieben sind dran und verlangen, dass er für sie den Präsidenten der Vereinigten Staaten killen solle. Gelingt ihm das, bekomme er seine Familie unversehrt zurück…
httpv://www.youtube.com/watch?v=DKeEac1y-NQ
Halleluja! Timothy Woodward Jr. erzählt seit langem mal wieder eine plausible Geschichte! Zuletzt war ihm das bei „4Got10“ aus unerfindlichen Gründen gelungen. Im Gegensatz zu diesem Film hält er es diesmal sogar schlicht und einfach und tut wirklich gut daran. Endlich hat man mal nicht das Gefühl, nur einem wilden Wust an „Storyeinfällen“ zu folgen, die größtenteils nicht ein einziges Mal zusammenfinden. Stattdessen schleppt sich der Held schlüssig von Schauplatz zu Schauplatz und die Story entwickelt sich ansatzweise nachvollziehbar und geradlinig, hat rund um die Hintermänner der Ermordung des Präsidenten sogar ein oder zwei angenehm lichte Momente.
Wirklich gut ist das aus „Shooter“ und „Taken“ zusammengeklaute und mit Verschwörungstheorien angereicherte Handlungskonglomerat zwar dennoch nicht, aber es hält den Film ordentlich am Laufen. Wenngleich Timothy Woodward Jr. nicht ganz aus seiner Dilettanten-Haut heraus kann. Da wird beispielsweise direkt zu Beginn mittels Texttafeln über ein geheimes CIA-Programm namens BT85 orakelt, im Film selber wird der Begriff dann genau einmal erwähnt! Derartige Unzulänglichkeiten hat es einige, sie nerven aber nicht gar so sehr wie Woodwards übliche Problemchen:
Denn wieder setzt es in „Decommissioned“ zu viele, obendrein viel zu lange und nichtssagende Dialoge. Erneut schaut man teilweise ewig zu, wie Autos eingeparkt werden oder der Held eine Straße entlangläuft. Woodward Jr. schafft es so, dass sogar dieser Film mit gerade einmal 70 Minuten Nettolaufzeit diverse Längen entwickelt.
Wo Woodward Jr. aber deutlich zulegen konnte, ist die Action! Obwohl alle seine Filme bisher als Actionthriller oder Actionfilm gelabelt waren, hatten sie allesamt keine brauchbaren Actionsequenzen. Woodward Jr. vergeigte sie alle. Nicht so in seinem neuesten Streich! „Decommissioned“ hat Szenen, die man eindeutig als Actionsequenzen bezeichnen kann. Teilweise darf hier minutenlang geklöppelt, geschossen und verreckt werden! Das ist zumeist zwar alles ziemlich blöd verschnitten und verwackelt, funktioniert aber durchaus gut.
Auch und vor allem weil Johnny Messner („Weaponized“) als John Niles endlich mal richtig draufhauen darf. Gleich in seiner ersten langen Actionszene haut er diverse Lumpen aus ihren Anzügen und darf dabei gar eine Axt zum blutigen Einsatz bringen. Klar, die Wunden sind alle CGI, aber derartige Szenen hat sich Woodward Jr. bisher immer verkniffen oder nicht zugetraut. Und Woodward Jr. zaubert noch mehr actionreiche Einlagen aus dem Hut. Da dürfen beispielsweise Autos explodieren und der Bodycount rotiert ordentlich hoch.
Zwischendurch werden die hässlichen CGI-Treffereffekte ab und an durch Bloodpacks ersetzt und schauen dann durchaus gut aus. Insgesamt sind die heutigen Actionfilm-Unarten wie CGI-Mündungsfeuer und Treffereffekte aber leider zu gegenwärtig. Absolutes Lowlight: Ein Auto wird mit einem Riesen-MG zu Klump geschossen. Bis auf die Fenster darf an dem Auto aber nichts kaputt gehen. Also ploppen trotz Dauerbeschusses nur drei Löcher in der Karosserie auf. CGI… Ein weiterer schlimmer Qualitätsausrutscher ist der Finisher für den großen Fieswicht. Man erkennt gar nicht, was ihm da warum zustößt.
In Sachen Schauspielführung hat Woodward Jr. bei „Decommissioned“ auch einen guten Tag erwischt. Johnny Messner entwirft einen sympathischen Helden, dem man gerne durch wirrere Momente folgt. Als in dem ganzen Fall ermittelnder Cop hat Michael Pare („SWAT – Tödliches Spiel“) ein paar nette Momente und wirkt sogar ziemlich engagiert. Lecker Estella Warren („Drug Lord“) gibt Messners Ehefrau und harmoniert gut mit ihm. James Remar („Defender – Der Schutzengel“) gibt mit sichtlichem Spaß einen ernstzunehmenden Fieswicht und trägt damit viel zum Gelingen des Filmes bei. Und als enger Vertrauter von Messner schaut auch Vinnie Jones („Left to Die“) vorbei, der sogar als positiv besetzte Figur diverse F-Bombs werfen darf. Richard Burgi („The Green Inferno“) darf sich dank Präsidentenrolle ab sofort auch zum Kreis der erlesenen Woodward Jr. Schauspieler zählen – würde mich nämlich sehr wundern, wenn der Mime nicht auch zum Woodward-Regular werden würde.
Was am Ende bleibt, ist eines der filmähnlichsten Werke des bisher eher auf Gurken spezialisierten Timothy Woodward Jr.! „Decommissioned“ hat Anfang, Mitte und Ende, dreht auf dem Weg von A nach B nicht noch zig Loopings oder präsentiert Gott und den Teufel beim Schachspielen („Schachmatt“). In gefälliger, farbkorrigierter Optik, die auf viele Blau- und Brauntöne setzt und damit einen leicht pastellfarbenen Look kreiert, darf Johnny Messner endlich mal wirklich ein Actionheld sein und diverse Lumpen umnieten. Und das Beste: Woodward Jr. traut sich tatsächlich, mal Action zu machen! Zeichen und Wunder! Vielleicht geht es mit dem guten Mann ja endlich aufwärts? Insgesamt ist das Ergebnis aber trotz der vielen Lobhudelei kaum mehr als unterdurchschnittliche Genreware… Soviel Ehrlichkeit muss trotz meines Opfertums schon sein.
„Decommissioned“ erschien in UK unter dem Titel „Assassination“ auf DVD und ist mit einer Freigabe ab 15 ungeschnitten. Das Highlight der Scheibe von dem Label High Fliers ist das absolut beknackte Cover, das mit dem Film nicht wirklich viel zu tun hat.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
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