Originaltitel: Shen Hai She Nan__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2022__Regie: Wu Yang__Darsteller: Yixin Zhao, Jiayi Li, Amro, Yanxi Jiang, Shijian Qiu, Waise Lee, Lopsang, Kaidi Yang, Justin Chao u.a. |
Auf irgendeinem Eiland irgendwo in irgendeinem Ozean forschen sinistere Wissenschaftler mit Schlangen. Dabei kreieren sie zwei extrem große Varianten. Warum und weshalb? Weil Wissenschaftler halt tun, was sie so tun. Eines Tages geht es in der Forschungseinrichtung drunter und drüber. Im Zuge dessen wird aus Gründen beschlossen, alle Schlangen und Versuchsobjekte zu zerstören. Unseren beiden Riesenschlangen gefällt das gar nicht und sie proben den Aufstand.
Ein Jahr später sind die Schlangen immer noch auf freiem Schlangenfuß. Sie attackieren mit ihren schlängelnden Kumpanen ein Kreuzfahrtschiff und bringen bis auf unsere zukünftige Heldenparty alle Menschlein um. Weshalb und warum? Weil Schlangen nun einmal tun, was Schlangen so tun! Als die eine Riesenschlange das Schiff wie eine Sardinendose zerdrückt, können unsere Helden gerade so in einem Rettungsboot fliehen.
Die Strömungen des Ozeans treiben sie an ein einsam gelegenes Eiland. Hier scheinen diverse Naturgesetze außer Kraft gesetzt. Und irgendwie erinnern die Gebäude frappierend an die Forschungseinrichtung vom Einstieg. Und wie es der Zufall will, ist es auch genauso. Entsprechend schaut auch unser Schlangenduo alsbald auf der Insel vorbei.
Creature Feature aus China
In seinen ersten Minuten ist „Deep Sea Mutant Snake“ Chaos pur. Wer hier warum durchs Bild rennt, man kann es nicht einmal erahnen. Auch hat man keinerlei Ahnung, was hier gerade passiert und vor allem warum. Es wird, soviel sei verraten, auch nicht mehr erklärt. Dafür hat der flott getaktete, knapp 75 Nettominuten lange Film keine Zeit. Da man rein storytechnisch null durchsteigt, schaut man intensiver auf das Rahmenprogramm und das kombiniert wertig wirkende Bilder mit unfassbar schrecklichen Special Effects.
Sobald sich etwa die Schlangen, von denen die größere wie ein Drache designt ist, bewegen, geht nicht mehr viel zusammen. Vor allem nicht Umwelt und Schlangenkörper. Sämtliche animierten Schlangen, von denen es Hunderte gibt, scheinen über den Bildern zu schweben. Auch die Interaktionen mit den Menschen sind mit gruselig noch nett umschrieben. Dafür hauen die Chinesen mit den Viechern auf die Kacke. Lassen sie zahllose Menschen killen und Hubschrauber aus der Luft pflücken.
Nach wenigen Momenten der Ruhe, in denen die für die eigentliche Handlung wichtigen Figuren auf dem Kreuzfahrtschiff kurz verortet werden, wird es wieder hektisch. Der Film könnte nun auch „Snakes on a Boat“ heißen und die Schlängler schießen aus allen Ecken und Lücken. Geht dann die größte Schlange dazu über, das Schiff zu zerquetschen, sorgt das für ein paar fette Bilder, allerdings auch für ein paar Komplettausfälle. Während etwa die Außenansichten richtig gut aussehen, sind die Bilder vom Inneren des Schiffes eine Katastrophe in ihrer Umsetzung.
Außerdem gibt es in dem Abschnitt den miesesten Effekt der jüngeren Filmgeschichte zu bestaunen. Unsere Helden werfen ein Metallfass ins Wasser. Beim Aufprall auf die Meeresoberfläche verschwindet das Fass komplett, CGI-Wasser spritzt gegen die Kamera und plötzlich schwebt ein CGI-Gummiboot über dem Wasser. Im Einzelbildmodus ein Garant für Lachflashs.
Im finalen Drittel von „Deep Sea Mutant Snake“ turnen unsere Helden auf einer Insel herum. Hier latschen sie durch einen Dschungel und lassen sich von Seepocken und riesigen Spinnen aufspießen oder vernaschen. Je nach Gusto. Das Tempo bleibt hoch. Über das ganze Warum fragt nach wie vor niemand und die Figuren, die noch leben, sind einem so egal, dass man es kaum in Worte fassen kann. Aber das Gebräu ist kurzweilig genug, um nicht wegzudösen. Außerdem sind die Insel und ihre Flora und Fauna hübsch anzusehen.
Alles drängt nun in Richtung Showdown. Und der könnte liebloser kaum sein. Fünf Minuten vor dem Abspann entwerfen unsere Helden einen Plan, die Schlangen zu töten. Zwei Minuten später wird der Plan umgesetzt und er funktioniert sofort und ohne Probleme. Es wirkt, als müsste der Film dringend fertig werden und als habe er gar keine Lust mehr auf sich selbst. Weder gibt es gewaltiges Spektakel noch spannende Momente. Deckel drauf, Abspann, fertig.
Eine wichtige Erkenntnis: Die Chinesen mögen ihre Creature Features seltsam clean und jugendfrei. Die Schlangen beißen so gut wie immer in den Kopf. Anstatt nun mal die Rübe runterzureißen, ziehen die Schlangen ihre Opfer einfach aus dem Bild. Es gehen keinerlei Körperteile verlustig. Kein Menschlein wird onscreen zermatscht. Es gibt auch nie eklig anzuschauende Bisswunden. Nix. Einzig in einer Szene, in der Soldaten zahllose Wissenschaftler umnieten, dürfen plötzlich Bloodpacks wie zu besten Heroic-Bloodshed-Zeiten saften und ihre Füllung verspritzen.
Actiontechnisch wird in „Deep Sea Mutant Snake“ ansonsten viel auf Schlangen geballert und es gibt zwei kleinere Martial-Arts-Szenen, die ordentlich umgesetzt sind. Inszenatorisch fährt der Film eine nette Optik auf, die alles andere als billig rüberkommt. Auch die zahlreichen Schauplatzwechsel gefallen und zeugen davon, dass hier etwas mehr Geld zur Verfügung stand. Der Duktus ist eher funktional denn irgendwie aufsehenerregend. Die zu hörende Musik ist dagegen leider total egal.
„Deep Sea Mutant Snake“ ist keine Sternstunde des Creature-Feature-Subgenres
Ein chinesisches Cover-Artwork von „Deep Sea Mutant Snake“ (auf der Mitte dieser Review zu sehen) fand ich persönlich extrem ansprechend. Eine sexy junge Dame ballert unter Wasser auf eine gewaltige Seeschlange. Im eigentlichen Film gibt es kein einziges Unterwasserbild. Die sexy Maid habe ich so auch nirgends erspäht. Zumindest die Schlange kommt wirklich im Film vor und sieht teilweise schon klasse aus. Leider darf sie, abgesehen vom Zerdrücken des Kreuzfahrtschiffes, nie richtig aufdrehen. Dafür brüllt sie wie ein Dinosaurier. Ist doch auch was.
Sobald sich die Schlange jedoch über den Screen schlängelt, greifen die mal wirklich misslungenen CGI-Shots des Regie-Debüts von Wu Yang. Der bekommt neben den CGIs auch viele handlungstechnische Aspekte seines Filmes überhaupt nicht unter Kontrolle. Zumindest hat er das Glück, dass es in Creature Features meist darum geht, die Kreatur zu erlegen oder ihr zumindest zu entkommen. Zumindest das bekommt der Regisseur hin.
Die Figuren, deren Motive, das Warum hinter vielen Geschehnissen und die Dialoge waren ihm hingegen total egal. Das hilft den durch die Reihe blass bleibenden Schauspielern kein Stück. Unter den ganzen unbekannten Nasen ist mit Waise Lee („Hard Killers“) ein bekannterer Mime aus Hongkongs Hochzeiten in einer Nebenrolle dabei. Das arg egale Ergebnis wird nur durch seine hohe Ereignisdichte, ein gutes Tempo und seine, von den Effekten abgesehen, wertige Umsetzung vor dem kompletten Durchscheitern bewahrt.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film kommt von Happy Entertainment. Der Film ist ungeschnitten ab 16 freigegeben und kommt ohne Extras. Streamen kann man den Film auch.
In diesem Sinne:
freeman
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