Originaltitel: Daman akeseo goohasoseo__Herstellungsland: Südkorea__Erscheinungsjahr: 2020__Regie: Hong Won-chan__Darsteller: Hwang Jung-min, Lee Jung-jae, Park Jung-min, Park So-yi, Choi Hee-seo, Park Myung-hoon, Oh Dae-hwan, Song Young-chang, Lee Seo-hwan, Shim Young-eun, Kim Sung-gon u.a. |
Soviel direkt vorweg: Der Autor dieses Zeilen liebt die Mär vom Profikiller, der einen letzten Job annimmt. Ein wenig Melancholie und packende Action beigemengt und ich bin mittendrin im Geschehen. Der südkoreanische Actionthriller „Deliver us from Evil“ ist eine Art Idealbeispiel für ein solches Werk.
Alles dreht sich um den Profikiller In-nam. Der soll in Japan einen gefährlichen Yakuza-Boss ausschalten. In-nam, seines schmutzigen Handwerkes müde, vollführt den Auftrag mit eiskalter Präzision und will sich mit dem dabei verdienten Geld nach Panama absetzen, um hier seinen Lebensabend zu verleben. Sein Auftraggeber legt ihm allerdings nahe, noch einen Auftrag zu erfüllen. Doch In-nam lehnt ab. Er ist einfach durch mit dem Leben als Killer.
Natürlich entpuppt es sich als ein gewaltiger Fehler, dass In-nam den finalen Auftrag nicht erfüllen will. Denn sein Ziel wäre Ray gewesen, der Blutsbruder des soeben erledigten Yakuza-Bosses. Und der macht seinem unfeinen Beinamen „Der Schlächter“ alle Ehre und begibt sich seinerseits auf einen Rachefeldzug. Sein Mittel zum Zweck wird In-nams schwierige Familiensituation. Denn vor wenigen Tagen wurde In-nams einstige große Liebe in Bangkok ermordet. Sie hinterließ die gemeinsame Tochter, die einigen fiesen Organhändlern in die Hände gefallen ist.
Eilig reist In-nam nach Thailand und versucht alles, um seine ihm bislang unbekannte Blutsverwandte aufzuspüren und zu befreien. Beständig am Dazwischenfunken: Ray.
Schaut in den Actioner aus Südkorea hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=vB3k_Fe2c8s
Der Titel „Deliver us from Evil“ könnte für den düsteren Actioner programmatischer kaum sein. Profikiller, Entführungen, Menschenhandel, Organhandel… „Deliver us from Evil“ fährt alles auf, um zu zeigen, wie unmenschlich die Spezies Mensch sein kann. Das mag als Aufzählung so klingen, als sei der Film thematisch überfrachtet, dieser funktioniert aber absolut tadellos und die Story-Bestandteile gehen höchst geschmeidig ineinander über. Infolgedessen ist in „Deliver us from Evil“ beständig etwas los. Die zahlreichen Schauplatzwechsel zwischen Japan, Südkorea und Thailand verstärken den Eindruck nur.
Aufgrund der tadellosen Leistung von vor allem Hwang Jung-min („Battleship Island“) als In-nam ist man immer im Film drin. Sein reduziertes, enorm cooles Spiel verortet ihn absolut glaubwürdig als seelischen und emotionalen Krüppel, was ein stückweit sein enorm sympathisches Auftreten konterkariert. Mehrmals im Film fällt folgerichtig der Satz, dass man sich gar nicht vorstellen könne, was In-nam für einen Job ausübe. In den Interaktionen mit der hinreißenden Park So-yi als In-nams Tochter wird der Killer glaubwürdig aufgebrochen, um menschliche Facetten erweitert und man sieht richtig, wie sich etwas in ihm verändert.
Der dritte starke Pol in „Deliver us from Evil“ ist Lee Jung-jae als Ray. Hwang Jung-min und Lee Jung-jae haben schon in dem großartigen „New World“ bewiesen, was für eine starke Chemie sie miteinander haben. Das funktioniert auch hier prächtig. Interessant ist, dass Lee Jung-jae aufgrund seines Äußeren wirkt, als sei er prädestiniert für ein exaltiertes Auftreten. Doch der Mime legt seinen Fieswicht absolut cool, bedacht und irre souverän an.
Die Action von “Deliver us from Evil”
Dem Duell dieser Darsteller schaut man durchweg fasziniert zu. Auch weil Regisseur und Drehbuchautor Hong Won-chan die Situation gekonnt zuspitzt, immer ein hohes Spannungsniveau hält und auch Adrenalin-Einspritzungen in Form packender Actionszenen nicht vergisst. Dabei steigern sich die Actioneinlagen im Verlauf des Filmes immer mehr, was ihren Aufwand angeht. Die Qualität hingegen ist immer enorm hoch.
Zu Beginn dominieren kleinere Actioneinlagen. Diese speisen sich meist aus hervorragend choreografierten Martial-Arts-Szenen, in denen bevorzugt Messer zum Einsatz kommen, was, südkoreatypisch, echt nicht angenehm anzuschauen ist, da die Protagonisten die Messer wirklich krass in jedes Körperteil rammen. Dementsprechend ist der Gewaltpegel auch ordentlich hoch, ohne dass „Deliver us from Evil“ in eine Gewaltorgie ausarten würde.
Mit zunehmender Laufzeit packt der Film immer noch eine Schippe drauf und explodiert dann in einer furiosen Actionszene in einem thailändischen Städtchen, dessen Hauptstraße mittels automatischer Waffen und wie Kamelle geworfener Handgranaten mal eben in ein Kriegsgebiet verwandelt wird. Explodierende und durch die Gegend fliegende Karren inklusive. Und auch der Showdown macht richtig Laune. Präsentiert dynamische, ab und an in komplexen Szenen ohne Schnitte gereichte Schusswechsel mit leichtem Gun-Fu-Einschlag und ein herrlich intimes Schlussduell der beiden Hauptfiguren Ray und In-nam. Mit einer Explosionssequenz, die man so auch noch nie gesehen hat.
In technischer Hinsicht gibt es keinerlei Grund zum Meckern. Die Südkoreaner wissen, wie Blockbuster-Optik geht. Am auffälligsten ist, wie gelungen sie die verschiedenen Schauplätze des Filmes verorten. Im Making Of wird erklärt, dass sie in Südkorea vor allem nach noch nicht so oft genutzten Schauplätzen gesucht haben – Mission erfüllt. Eine starke Farbigkeit hebt die südkoreanischen Schauplätze von den eher kalt und grau gehaltenen Szenen in Japan ab. Und in Bangkok wird ein starker gelber Farbfilter vorgeschaltet. Sehr gelungen ist auch der düstere elektronische Score zum Film.
„Deliver us from Evil“ trifft mitten ins Actionherz
Ein großer Kritikpunkt am asiatischen Kino kommt immer wieder aus der Richtung, dass hier Overacting und seltsamer Humor an der Tagesordnung seien. Für dergleichen ist in „Deliver us from Evil“ kein Platz. Selbst Hauptdarsteller Hwang Jung-min, der wirklich hinreißend komisch sein kann, huscht im ganzen Film gerade einmal ein einziges Lächeln über die Lippen. Das sollte schon andeuten, was die Uhr in diesem Actionthriller geschlagen hat. Und wer südkoreanische Actioner schätzt und liebt, der wird sich bei einer solchen Gemengelage auch nicht über das Ende wundern, das sich kein amerikanischer Actioner trauen würde.
Und so beweisen die Südkoreaner mal wieder, dass sie es in Sachen Action einfach raushaben. „Deliver us from Evil“ ist ihr „Taken“ mit „John Wick“-Note, welcher dennoch genug Eigenständigkeit besitzt, um nicht als Plagiat durchzugehen. Stattdessen bedient der Film sich bei den positiven Elementen beider Hit-Reihen und vermengt sie mit ordentlich Melancholie zu einem mitreißenden Filmerlebnis.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erschien von Splendid Film, mit einer Freigabe ab 18 ungeschnitten. Dabei entspricht die deutsche Fassung der originalen südkoreanischen Kinofassung. Da diese in Südkorea hervorragend performte, brachte man den Film in einem Final Cut noch einmal ins Kino. Dieser läuft länger als das Original und ist auch in der Gewalt minimal zeigefreudiger, wird aber laut aktuellen Aussagen ausschließlich in Südkorea auf DVD/Blu-ray erhältlich sein. Kleine Featurettes zur Action und den Schauplätzen auf den deutschen Datenträgern mit der Ursprungskinofassung zeigen mal wieder auf, wie demütig koreanische Superstars sind. Wie so oft absolut irritierend ist die Splendid-Unart, ALLE Dialoge einzudeutschen, was in diversen Momenten zu den berühmt berüchtigten „Dolmetscherszenen“ führt, die immer wieder am Verstand der Charaktere zweifeln lassen.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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