Originaltitel: An Eye for an Eye__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1981__Regie: Steve Carver__Darsteller: Chuck Norris, Christopher Lee, Mako, Professor Toru Tanaka, Jeffrey Bannister, Robert Behling, Joe Bellan, Rosalind Chao, Michael B. Christy, Matt Clark u.a. |
Chuck Norris feierte unlängst seinen 80. Geburtstag. Koch Media beschloss, diesen Ehrentag zünftig zu begehen und veröffentlichte einen Klassiker des Martial-Arts-Actionstars. Der ist so alt, dass Chuck Norris bei den Dreharbeiten noch nicht einmal einen Bart hatte. Launiger Einstieg abgehakt, kommen wir zu „Der Gigant“.
Sean und sein Partner Dave wollen einen Heroin-Schmuggelring ausheben. Nach langer Undercover-Arbeit ist es endlich soweit, doch die beiden Cops laufen in eine Falle und Dave wird tödlich verwundet. Sean wird zwar leicht verletzt, kann aber dennoch einen der Mörder richten. Seine Vorgesetzten verurteilen dies scharf, weshalb er hinschmeißt und fortan auf eigene Faust im Tod seines Partners ermitteln will.
Doch es kommt noch schlimmer, denn die Frau von Dave, eine Reporterin, ist den Heroin-Schmugglern bei ihren Recherchen ebenfalls zu nahe gekommen. Gerade als sie Sean ihre Ergebnisse verklickern will, wird auch sie gemeuchelt. Mit dem Vater der Reporterin stürzt sich Sean nun noch verbissener in den Fall.
Martial Artist gegen Dracula oder: Chuck Norris kickt Christopher Lee
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Chuck Norris („Delta Force 2)“ hatte 1981 mit „Octagon“ seinen dritten Achtungserfolg am US-Box-Office hingelegt. Auch die davor gestarteten „Der Bulldozer“ und „Black Tiger“ hatten es geschafft, jeweils 20 Millionen Dollar in den Kinos umzusetzen. Der Kampfsportler hatte einen Lauf und gedachte, diesen mit seiner neuesten Produktion fortzusetzen. Doch dann kündigte ihm plötzlich „American Cinema“ die Zusammenarbeit auf. Das Independent-Studio, das nicht unwesentlich von Norris’ kleiner Hitserie zehrte, strebte nach höheren Weihen – ohne Norris.
Der hatte indes ein interessantes Drehbuch aufgetan, das er „Avco Embassy Pictures“ antrug. Das Studio hatte von Norris’ monetären Qualitäten gehört, setzte nur zu gerne auf flotte B-Ware und machte mal eben fast fünf Millionen Dollar locker. Mit mehr Geld war bis dahin noch keine Norris-Produktion gesegnet. Das erklärt sicher auch die starke Besetzung in den Nebenrollen. Christopher Lee („Rasputin – Der wahnsinnige Mönch“) als Gentleman-Gangster, Richard Roundtree („Young Warriors“) als ambivalenter Polizist, Mako („Balance of Power“) als grantelnder Sidekick von Norris und Professor Toru Tanaka („Eine perfekte Waffe“) als rechte Hand von Christopher Lee lassen „Der Gigant“ von Anfang an sehr wertig wirken.
Und machen es Chuck Norris alles andere als leicht. Der wirkt im Vergleich doch extrem hölzern in seinem Minenspiel und hat sichtliche Probleme, die emotionaleren Facetten seiner Figur zu transportieren. Vor allem seine Reaktionen auf das Ableben von liebgewonnenen Charakteren sind teilweise reichlich mit Fremdscham behaftet. Ansonsten kommt ihm die Anlage des Filmes schon sehr entgegen. Der geriert sich als reichlich beliebige, etwas behäbige und nicht sonderlich spannende Krimikost mit Racheplot. Krimikost, die immer mal wieder mit netten Actionszenen aufgewertet wird, die damals sicherlich einen enormen Impact hatten.
Auch aus heutiger Sicht wird solide Action geboten
Denn schon die erste große Actionszene hat auch aus heutiger Sicht mit ihren druckvollen Ballereinlagen einiges zu bieten. Norris macht in der Szene vornehmlich von seinen Gliedmaßen Gebrauch und kickt und boxt versiert um sich. Das ist alles noch weit entfernt von den präzise choreografierten Martial-Arts-Einlagen späterer Genrestreifen, geht aber weit über das bislang in westlichen Breiten bekannte Gekloppe hinaus.
Auch eine weitere Actionszene auf einem Schiff – „Der Gigant“ nimmt hier ein beliebtes Actionsetting der 80er und 90er Jahre vorweg – präsentiert ein paar hübsche Kickereinlagen. Richtig auf die Kacke gehauen wird aber dann im Finale. Hier wähnt man sich auch wegen Christopher Lee als Gegner immer mal wieder in einem James-Bond-Mini-Showdown, wenn gefühlte 40 Lumpen auf ebensoviele Cops treffen und man sich gegenseitig umnietet, als wäre ein neuerlicher Weltkrieg ausgebrochen. Platzende Bloodpacks, viel Schaden an der Halunkenhochburg und explodierende Karren inklusive. Dazu gesellt sich ein zwar kurzer, aber netter Fight zwischen Norris und Toru Tanaka im David-gegen-Goliath-Modus.
In optischer Hinsicht inszeniert Regisseur Steve Carver („River of Death“), mit dem Chuck Norris später „McQuade – Der Wolf“ umsetzte, solide. Dennoch wirkt „Der Gigant“ immer mal wieder eher wie ein 70er denn wie ein 80er Streifen, kommt etwas trutschig rüber, hat eine wenig dynamische Bildsprache und einen sehr behäbigen Schnitt. Dafür findet man hier schon Szenen, in denen der Held in einer langen Sequenz einen Schauplatz durchschreitet und dabei mehrere Lumpen verwammsen darf. Anhand der zahlreichen Schauplätze in und um San Francisco merkt man auch die deutlich gestiegene Budget-Power. Der Soundtrack wirkt immer mal wieder arg antiklimaktisch und wenig passend für einen Actionfilm.
„Der Gigant“ war einer von Norris’ ersten runderen Filmen
Die Action des Filmes stellte Chuck Norris’ Bruder Aaron („Platoon Leader“) in seiner Funktion als Stunt-Koordinator auf die Beine. Und wie so oft doubelte er auch seinen Bruder in den haarigsten Momenten. Unangenehm in Erinnerung dürfte ihm ein Stunt geblieben sein, bei dem er von seinem eigenen Bruder durch ein Fenster gekickt wurde, brach er sich bei dem anschließenden Sturz doch ein Bein. Ebenfalls als Stuntman an Bord: Richard Norton („Rage and Honor“), dem Chuck Norris kurz vorher in „Octagon“ eine vors Fressbrett dübeln durfte.
Schon die zeitgenössische Kritik hatte erkannt, dass „Der Gigant“ Norris’ bis dahin rundeste Produktion darstellte. Und er ist tatsächlich ein ordentlicher Genre-Vertreter. Ja, die Story ist extrem beliebig und kaum mehr als Vorwand, um ihren Helden in immer neue Actionszenen zu stürzen. Doch ebenjene funktionieren prächtig, boten ihrem damaligen Publikum die eine oder andere Neuigkeit und sind auch heute noch ordentlich anzusehen. Vor allem der Tod von Seans Partner ist auch aus heutiger Sicht noch reichlich rüde.
Und trotzdem musste Chuck Norris mit diesem Film einen kleinen Niederschlag hinnehmen. Denn trotz seiner prominenten Besetzung und der Hitserie ihres Anführers verfing „Der Gigant“ nicht am amerikanischen Box-Office.
„Der Gigant“ wurde am 12. März 2020 von Koch Media in einem Mediabook neu aufgelegt. Dieses enthält den Streifen auf DVD und Blu-ray und hat neben einem Audiokommentar ein Interview mit dem Regisseur und dem Cutter des Filmes zu bieten. Vor allem das Bild des Actioners ist auf der vorliegenden Blu-ray eine Wucht – zumindest wenn man keine Filmkorn-Allergie hat. Soll es ja geben. Mit einer Freigabe ab 16 ist der Film ungeschnitten und hat eine bislang zumeist fehlende Szene mit nackten Brüsten (von Chuck und einer Frau) in untertitelter Form an Bord.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Koch Media__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__ Blu-ray/DVD: Ja/Ja |