Originaltitel: The Long Ride Home__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2003__Regie: Robert Marcarelli__Darsteller: Randy Travis, Eric Roberts, Ernest Borgnine, Paul Tinder, Sam Dolan, Jerry Doylef, Garry Marshall, Alec Medlock, Stella Stevens, Vaughn Taylor u.a. |
Die emanzipierte und starke Laura Fowler lebt mit ihrem Sohn auf einer kleinen Farm und sorgt seit dem Tod ihres Mannes alleine für das Funktionieren der kleinen Familie. Da taucht eines Tages ein angeschossener Fremder auf. Dieser entpuppt sich als Revolverheld Jack Cole, demgegenüber Laura sich sofort feindselig verhält. Ihr Junge beginnt derweil zarte Bande der Freundschaft zu Jack zu schließen. Als er ein Gespräch seiner Mutter mit Jack belauscht, erfährt er, dass Jack in Wahrheit Lauras Mann sei, der eines Tages einfach verschwand und sie alleine ließ. Mit dem Geständnis scheinen die beiden Elternteile wieder enger zusammenzurücken und alles könnte so schön sein, wären da nicht der Sheriff der Stadt, der ein Auge auf Laura geworfen hat, ein alter Mann mit seinen Söhnen, die den Tod ihres von Jack getöteten Bruders rächen wollen, und ein leicht psychopatischer Typ namens Hart, der meint, er sei eigentlich Jack Cole!
Man merkt an den Problemen für Jack und Laura bereits, dass der Film einige Storystränge anschneidet: Eine Dreiecksgeschichte, eine Familienzusammenführung, eine Rachestory und eine Psychothrillerkomponente um einen Identitätsdiebstahl. Das alles wird eingebettet in ein Western-Setting, in dessen Umfeld vor allem die Identitätsdiebstahlsgeschichte und deren recht moderne Umsetzung ziemlich atypisch wirken. Dabei werden die einzelnen Problemherde leider meist nur oberflächlich gestreift. Man erfährt grob die Motivation der handelnden Personen, das war es dann aber auch schon. Zumindest aber werden alle Storystränge gegen Ende ordentlich verwoben und zu einem befriedigenden Ende gebracht. Wobei freilich immer die Gewissheit bleibt, dass hier – mit einer besseren Figurenzeichnung und einer Vertiefung der einzelnen Storyelemente – viel mehr möglich gewesen wäre.
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Das zeigt schon die Figur der Laura Fowler, die für einen Western wirklich erstaunlich selbstbewusst und stark gezeichnet wurde und für das gesamte Setting ebenfalls fast einen Tacken zu modern wirkt. Gegen Ende muss sie sich zwar einige Male zu oft aus brenzligen Situationen retten lassen, verkommt aber dennoch niemals zum Heimchen am Herd. Auch ihre Beziehung zu Jack ist mal erstaunlich anders gezeichnet und wird nicht zu langweiligem Romantikgeschwurbel. Kurzum: Erzähltechnisch hat der Film neben diversen Schwächen auch einige echte Stärken zu verzeichnen.
Optisch dagegen wirkt er ziemlich altbacken. Was auch an den sichtlichen finanziellen Restriktionen lag. Ja, es gibt ein Westernstädtchen. Das ist aber seltsam unbelebt und karg in seiner Ausstattung. Auch die Interieurs der gezeigten Häuser wirken erstaunlich karg und unwohnlich. Dafür wirkt die Kleidung der Charaktere stimmig und authentisch. Die Optik erinnert an einen TV-Film, die wie aus einer Schiffsschaukel heraus gedreht wirkenden, schwarzweißen Rückblenden sind stillos und fast schon peinlich und weder in den Action- noch in den Dialogsequenzen will dem Regisseur irgendein optisches Schmankerl einfallen. Prätentiös und unfassbar schmalzig ist der unter diesen langweiligen Bildern tönende Score, der omnipräsent jede Szene zukleistert.
Darstellerisch ist „Der lange Ritt nach Westen“, in dem erstaunlicherweise schon alle angekommen sind und gar nicht lange geritten wird, ganz in Ordnung. Randy Travis (Michael Dudikoffs „The Shooter“) macht als Jack Cole einen soliden Job und überzeugt vor allem in den Szenen mit der gut aufspielenden Vaughn Taylor. Der 2012 leider verstorbene Ernest Borgnine („R.E.D.“) spielt ordentlich, hat aber das Problem, mit zwei eher depperten Söhnen in Richtung Comic Relief gedrängt zu werden. „Babylon 5“ Fans erfreuen sich an einem kurzen, stocksteifen Cameo von Jerry Doyle, „Pretty Woman“ Fans bekommen Regisseur Garry Marshall in einer Nebenrolle zu sehen und Eric Roberts („The Expendables“) Anhänger haben ordentlich was zu kichern, wenn selbiger als liebestoller Sheriff die wohl schmalzigsten Liebesschwüre der Filmgeschichte ablässt.
Am Ende ist „Der lange Ritt nach Westen“ ein Film, dem es gut getan hätte, auf den einen oder anderen Storystrang zu verzichten und mehr auf Laura, Jack und deren Sohn zu fokussieren. Das Zusammenwachsen der Familie, garniert mit hinlänglich bekannten Westernklischees hätte sicher einen durchaus herzigen Film ergeben. So ist „Der lange Ritt nach Westen“ zwar mitnichten langweilig, wirkt aber trotz zufriedenstellendem Ende etwas zu unrund und unfokussiert. Langweilig wird er aber nie. Die wenige Action beschränkt sich auf schnell zu Ende gebrachte Duelle, die wenig blutig vonstatten gehen. Absolute Atmosphärekiller sind sowohl der Score zum Film als auch die leider wirklich schlechte Synchronisation des Streifens, die nicht nur unpassend daherkommt, sondern ab und an auch glauben lässt, man schaue einer Parodie eines Westerns zu. Hier sei die Wahl der authentisch klingenden Originaltonspur dringendst ans Herz gelegt. Von einem echten Westernepos ist der sehr nach Fernsehfilm aussehende Streifen also weit entfernt, als kleiner Filmhappen für zwischendurch – auch dank des herrlich herzigen Eric Roberts – aber durchaus zu gebrauchen!
Die deutsche DVD kommt von dem Label WGF und wird über SchröderMedia vertrieben. Die FSK 12 freigegebene Disc ist uncut und seit 13. Juni 2013 im deutschen Handel.
In diesem Sinne:
freeman
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