Originaltitel: Di Ren Jie Zhi Tong Tian Di Guo__Herstellungsland: China/Hongkong__Erscheinungsjahr: 2010__Regie: Tsui Hark__Darsteller: Andy Lau, Li Bingbing, Tony Leung Ka-Fai, Deng Chao, Carina Lau, Richard Ng, Teddy Robin Kwan, Liu Jinshan, Yao Lu, Huang Yonggang, Qin Yan u.a. |
Wie auf einen unsichtbaren Startschuss hin waren klassische Meisterdetektive, neu interpretiert, wieder in: 2009 modernisierte Guy Ritchie „Sherlock Holmes“, das britische Fernsehen begann 2010 mit „Sherlock“ und Tsui Hark („Die sieben Schwerter“) lieferte eine Leinwandadaption des Holmes-artigen Detective Dee ab.
Im Jahr 689 ist Wu Zeitan (Carina Lau), Witwe des Kaisers, kurz davor nach mehreren Jahren der Regentschaft offiziell zur Kaiserin gewählt zu werden. Die Macht muss zementiert werden, denn Skeptiker und Neider gibt es viele; als Symbol soll eine meterhohe Statue der Regentin dienen. Doch bei einer Inspektion des Bauwerks gehen gleich zwei kaiserliche Beamte aus unerfindlichen Gründen in Flammen auf, was nicht nur die abergläubischen Arbeiter verstört, sondern auch an der Machtposition der Kaiserin in spe sägt. Dabei sollte man den historisch-politischen Anteil des Gezeigten aber besser nicht überbewerten, denn das Ganze dient doch eher der Komplizierung der Kriminalgeschichte und als Folie für ein spektakelreiches Abenteuer mit idealistischer wie eher einfacher Moral, nicht als politisches Lehrstück.
Zur Lösung des Falles lässt Wu Zeitan Di Renjie (Andy Lau) alias Detective Dee aus dem Gefängnis holen, den sie vor Jahren dort als Rebellen einsperren ließ. Der hat ausgesprochene eigenwillige Ermittlungsmethoden, welche klar an das Vorbild Sherlock Holmes erinnern, ebenso die ausgestellte Überheblichkeit, das Im-Unklaren-Lassen seiner Helfer und die messerscharfe Fähigkeit zur Deduktion, die ihn fast stets richtig liegen lässt.
Auch die Hintermänner des Komplotts scheinen Detective Dees Fähigkeiten zu fürchten, denn von Anfang versuchen sie ihn loszuwerden. Dee lässt sich allerdings nicht beirren und erzielt bald die ersten Fahndungserfolge, die ihn zum unterirdischen Phantombasar führen…
httpv://www.youtube.com/watch?v=BqIeEYtjK-I
Ein wilder Genremix, den Tsui Hark da auftischt: Martial-Arts-Action und Detektivgeschichte, Abenteuerkino und Fantasy-Kracher in einem. Noch dazu angenehm aufwändig was Setbauten und Kostüme angeht, während dann bei einem Budget von 20 Millionen US-Dollar nicht mehr das Geld für die ganz großen CGI-Effektkünste drin war. Sicherlich bewegt sich das Ganze noch über dem Niveau diverser B-Klitschen, doch mancher Panoramablick über die Stadt oder auch der animierte Hirsch können ihre Herkunft aus dem Rechenknecht kaum verleugnen. Da trifft es sich gut, dass Hark so ein abgehobenes Fantasysetting gewählt hat, dem die offensichtliche Künstlichkeit nicht schadet.
Abgehoben sind auch die Wire-Fu-Kampfszenen, in denen sich die Kontrahenten mit Baustämmen bewerfen und vollkommen realitätsferne Sprungmanöver vollbringen. Doch dank einer gelungenen Choreographie, genug furiosem Hand-to-Hand-Combat und eines nicht zu überstrapazierenden Einsatzes von Drahtseiltricks überzeugen die stark inszenierten Kampfszenen, in denen sich diverse Kämpfer miteinander, mit wahren Gegnerhorden oder ungewöhnlichem Kontrahenten wie einem marionettenhaft gesteuerten Vogel aus Eisen herumschlagen müssen. Verrückte Ideen haben Hark, seine Drehbuchautoren und sein Effektteam genug, auch wenn sie diese gerne mal etwas stringenter durchziehen könnten: Der klingenbewehrte Eisenvogel tritt nur einmal auf und das auch nur kurz, obwohl es sich hierbei um eine tolle Idee der abgedrehten Art handelt.
Was man dem Film allerdings unterstellen muss, das ist ein leichtes Desinteresse an seiner zentralen Geschichte: In den knapp zwei Stunden von „Detective Dee und das Geheimnis der Phantomflammen“ treten diverse Parteien mit unterschiedlichen Interessen auf, falsche Fährten werden gelegt, doch die Lösung des Rätsels ist im Gegenzug dagegen vergleichsweise simpel, zumal manche Hinweise etwas unsauber aus dem Ärmel geschüttelt werden – etwa wenn einem Freund Di Renjies einfällt, dass Feuerkäfer ein solches Verbrennen verursachen können und der Detektiv dafür kaum zu ermitteln hat.
Ironischerweise sind es gerade die kleinen Dinge, die Detective Dee nebenbei aufdeckt, die noch interessanter als der eigentliche Mainplot sind, da die meist kleine Seitenhiebe auf das politische Geschehen enthalten: Fraktionen, die Die Renjie und seine Nachforschungen für ihre Zwecke beeinflussen wollen, Einblicke in die Machtstrukturen bei Hofe und Tricks zur Machterhaltung einzelner Gruppierungen – keine Politparabeln, aber kleine Kriminalgeschichten innerhalb einer großen Kriminalgeschichte, die manchmal schon fast eleganter erzählt werden als der Hauptfall.
Mit Andy Lau („Cold War“) kann sich Tsui Hark auch auf einen charismatischen, starken Dee-Darsteller verlassen, dem zwei ebenso starke Partner als Co-Ermittler beiseite stehen: Li Bingbing („Resident Evil: Retribution“) als rechte Hand der Kaiserin sowie Deng Chao („Heroes of War – Assembly“) als schlagkräftiger Gerichtsbeamter. In weiteren wichtigen Rollen dabei, aber nicht so eindrucksvoll sind Carina Lau („Let the Bullets Fly“) und Tony Leung Ka-Fai („Once Upon a Time in China“). In einem kleinen, aber nicht unwichtigen Part darf man auch Hongkong-Action-Urgestein Richard Ng („Shanghai Police“) bei der gewohnt guten Arbeit zusehen.
„Detective Dee und das Geheimnis der Phantomflammen“ ist eine bunte Wundertüte für Fans des asiatischen Kinos mit einer Mischung aus Fantasy, Martial Arts, Abenteuerfilm und Detektivgeschichte, voller Ideen wie klingenbewehrten Vogelmarionetten und Gesichtstransformationen durch Akupunktur. Wie in einer Wundertüte ist das Ganze allerdings reichlich durcheinander gerüttelt, weshalb der Mainplot da stellenweise ins Hintertreffen gerät und die Lösung des Hauptfalls fast schon banal erscheint – phantasievolle Unterhaltung mit reichlich Oberflächenreizen ist bis dahin allerdings garantiert.
Die mit FSK 12 ungekürzten DVDs und Blu-Rays sind bei Koch Media erschienen und bieten neben dem Film in guter Qualität noch ein wenig Bonusmaterial (B-Roll, Interviews, Trailer).
© Nils Bothmann (McClane)
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