Originaltitel: Divergent__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2014__Regie: Neil Burger__Darsteller: Shailene Woodley, Theo James, Kate Winslet, Miles Teller, Jai Courtney, Ansel Elgort, Ray Stevenson, Maggie Q, Zoë Kravitz, Tony Goldwyn, Ashley Judd, Ben Lloyd-Hughes, Mekhi Phifer u.a. |
Pressevorführungen sind etwas Tolles. Zu größtenteils vollkommen untypischen Kinobesuchszeiten findet man sich im Lichtspielhaus der Stunde ein, trägt sich in eine Art Anwesenheitsliste ein und gibt alle Geräte, die Krach machen könnten oder mit denen man einen Film mitschneiden könnte, am Eingang ab. Hernach genießt man den jeweiligen Film. Ohne vorherige Werbung. Der reine, der pure Filmgenuss. Mal in der Originalversion, mal mit Untertiteln und mal in der deutsch synchronisierten Fassung. Nach dem Film, viele Journalisten erweisen sich im Übrigen auch als typische Abspann-Flüchter, wird man von einem/einer Vertreter(in) des Verleihs zu seinen ersten Eindrücken befragt. Direkt nach dem Film und bei der gebotenen Kürze des Feedbacks, immerhin wollen die anderen Pressevertreter ja auch wieder vor den Computer und ihre Eindrücke festhalten, neigt man zu sehr direkten, meist ohne tiefschürfende Argumente auskommenden Aussagen. Im Falle von „Divergent – Die Bestimmung“ konnte ich beispielsweise folgenden Eindruck vermelden: „Dieser Film hat mich so überhaupt gar nicht erreicht!“ Und ich wurde noch ein wenig harscher und schimpfte über „langweilige Mädchenaction in einem langweiligen Mädchenfilm“. Klarer Fall: Der soeben gesehene Film war ziemlicher Murks…
Was diese eher sinnbefreite Einleitung soll? Nun, der hier zu besprechende Film funktioniert genau wie meine Einleitung: Lange Zeit weiß man überhaupt gar nicht, worauf das Ganze hinauslaufen soll. Erst am Ende kommt man zum Punkt und auf einmal geht alles ganz schnell.
httpv://www.youtube.com/watch?v=shYf6dUKeMo
„Divergent – Die Bestimmung“, so heißt der nunmehr erste Teil einer voraussichtlich dreiteiligen Bestseller-Verfilmung. So sicher kann man da allerdings nicht sein, siehe die filmische Zerlegung der letzten Buchteile von „Twilight“ oder „Hunger Games“. Die dreiteilige „Bestimmungs“-Romanvorlage von Autorin Veronica Roth gehört zum Genre der Young Adult Literatur, die aktuell nicht nur in Amerika einen erstaunlichen Boom erlebt. Und hier und da gelingt es doch tatsächlich, den Erfolg der Romane auf die große Leinwand zu übertragen. So nun auch bei „Divergent – Die Entscheidung“, der gerade in den amerikanischen Kinos ordentlich performt. Was auch immer die Zuschauer über dem großen Teich in dem Film auch sehen mögen…
Selbiger entwirft die Zukunftsvision eines durch einen Krieg zerstörten Chicagos (ob der Rest Amerikas davon auch betroffen ist, bleibt offen), das in fünf sogenannte Fraktionen unterteilt wurde. Diese Fraktionen erinnern an Kasten und existieren gefühlt ziemlich autark voneinander, sorgen aber erst in ihrem Zusammenspiel für ein vor allem friedliches Funktionieren des großen Ganzen. Diese Fraktionen tragen tolle Namen wie Altruan (stellen die Regierung und erinnern an Amish), Candor (stellen die Jurisdiktion), Ken (Wissenschaftler), Amite (Bauern) und Ferox (eine Art Spaßpolizei). Kleiner Einschub: So heißen die Fraktionen zumindest in der deutschen Übersetzung des Romans. Im Original sind die Namen geringfügig anders, siehe McClanes Beitrag unter mir. Einschub Ende!
Zu welcher Fraktion man gehört, erfährt man bei einem Ritual, dem alle sechzehnjährigen Jugendlichen der Stadt unterzogen werden. Hier wird in einem seltsamen Verfahren festgestellt, was die wahre Bestimmung der in den verschiedenen Fraktionen aufgewachsenen Jugendlichen ist. Dass selbige seit 16 Jahren ein durch ihr Schicksal unbeeinflusstes Leben geführt haben und mit einem Schlag 16 Jahre des Aufwachsens unwichtig werden, weil ein Bauer auf einmal doch besser als Polizist wirken sollte, ist nur einer der größeren logischen Bugs der bislang wenige Minuten alten Story. Glücklicherweise können die Jugendlichen dann doch noch selbst entscheiden, ob sie ihr Schicksal annehmen oder nicht. Immerhin!
Und damit kommen wir zu Beatrice. Aufgewachsen als Altruan verweigert das Bestimmungsbarometer bei ihr den Dienst. Sie ist eine „Divergente“. Eine, deren Schicksal sich nicht vorhersagen lässt. Und aus irgendeinem Grund könne genau ein solcher Mensch dem System gefährlich werden. Wieso, weshalb, warum, wer das fragt ist dumm! Also wird Beatrice angehalten, sich durchzumogeln. Und sie entscheidet sich, ganz klar, für die Spaßpolizei. Weil deren Mitglieder immer so schön jubeln und rumspringen, aus fahrenden Zügen hüpfen und auch öfter mal in den Spiegel gucken dürfen. Vielleicht sind es auch andere Gründe, die Beatrice, als graue, eigenschaftslose Maus aufgewachsen, die sich nur durch den sympathischen Zug auszeichnet, anderen Mitmenschen nicht so gerne zu helfen wie der Rest ihrer Familie, dazu veranlassen, der Bullentruppe beizutreten. Allerdings erfährt man selbige nicht. Muss man ja auch nicht. Blöderweise entpuppt sich die Spaßfraktion als übler Schleiferhaufen und die arme Beatrice, die sich nun nur noch Tris (wie coooooool!) nennt, muss ordentlich schwitzen. Zumal jederzeit der Ausschluss aus der Truppe und ein Schicksal als Ausgestoßener der Gesellschaft droht. Warum hat Tris das nur keiner vorher gesagt? Voll unfair!
Natürlich versteht man, warum der Film Tris in die Polizeifraktion steckt. Bietet sich hier doch ordentlich Raum für actionreichere Trainingseinheiten. Dennoch fragt man sich als Zuschauer permanent, wie die anderen Fraktionen wohl ihre neuen Rekruten schleifen und ob sie das überhaupt machen? Produzieren sie auch Ausgestoßene? Und wie erzieht man etwa einen Bauern zu einem Wissenschaftler um, so dessen Wahl so ausfiel? Doch lieber nicht nachdenken, sonst bricht „Divergent – Die Bestimmung“ vollkommen auseinander. Lieber weiter dem Training zuschauen, das einfach kein Ende nehmen will und sich gefühlt alle 15 Minuten wiederholt. Währenddessen unternimmt der Film auch keinerlei Anstalten, anzudeuten, in welche Richtung das Ganze eigentlich mal gehen soll.
Dafür schauen wir Shailene Woodley (wer kommt nur auf solche Namen?) als Tris wieder und wieder beim Scheitern und Nicht-Aufgeben zu. Doch Tris – besondere Merkmale: große Kulleraugen, riesige Knubbelnase und beständiges auf der Unterlippe-Rumgebeiße – beißt sich, zum Leidwesen ihrer Unterlippe, wortwörtlich durch. Und verliebt sich in ihren Ausbilder. Und der irgendwie auch in sie, scheint aber etwas zu verbergen. Und der Zuschauer sitzt da und langweilt sich zu Tode, weil die Figuren keinen Deut mitreißen, nicht in den Film hineinziehen und verdammt kalt lassen. Allen voran die für „The Descendants“ noch hymnisch gefeierte Woodley. Sie passt null in diesen Film und man nimmt auch keine Veränderung an ihrer Figur/ihrem Charakter durch das Training wahr. Sie wirkt am Ende genauso zart und zerbrechlich wie am Anfang. Zumindest guckt sie immer mal taff.
Und dann auf einmal taucht da das Wispern von einem Putsch auf. Eine Revolte gegen die regierende Kaste, ausgeführt durch Tris’ neue Heimatkaste und eine auf Standgas agierende Kate Winslet. „Divergent“ zieht nun etwas im Erzähltempo an und killt nebenbei mal eben so gut wie alle eingeführten Figuren. Schauwertlos, blutleer und bar jeden emotionalen Impacts beim Zuschauer. Tris und ihr Loverboy Four (One, Two und Three waren schon vergeben) stemmen sich gegen die fiesen Lumpen und schaffen auch das wundervoll spektakelfrei. Action von Mädchen für Mädchen. Bzw. Action, wie sie sich eine 20jährige Studentin beim Verfassen ihres ersten Buches halt vorgestellt hat. Und Hollywood traut sich nicht, das Ganze mehr aufzublasen. Oder es hat gelernt aus den zuletzt versenkten Jugendliteraturverfilmungen und wollte das Budget nicht hochtreiben.
Wo jenes geblieben ist, fragt man sich bei „Divergent“ permanent. Die Polizeifraktion sieht aus wie der hinterletzte Ostblock. Abgerissen, grau, langweilig, trist. Die besten Bilder lanciert „Divergent“ gleich zu Beginn, wenn er in die Stadt Chicago hinein schwebt und mit einer Kamerafahrt kurz verortet, wie die Zukunft ausschaut. Danach geht es steil bergab. Regisseur Neil Burger findet keine großen Panoramen, tut sich schwer beim Generieren interessanter Schauplätze und befleißigt sich allgemein einer arg altbackenen Bildsprache. Von der Tonspur ertönt derweil ein Best Of von Ellie Goulding, dass Junkie XL mit einigen anderen netten Charthits der letzten Zeit flankiert. Dieses Mixtape ist definitiv das Beste am ganzen Film. Der flüchtet sich schwermütig salbadernd ins Ende und deutet schon an: Liebe Mädels, bald gibt es noch mehr Pussyaction für euch… und sorry liebe Freunde der Mädels. Uns ist schon klar, dass wir keine Identifikationsfiguren für euch anbieten und euch der bisherige Kokolores echt kalt gelassen hat. Aber hey, steht die nächsten Teile auch durch und ihr dürft sicher mal fummeln.
Gleichermaßen glimmt da auch ein Fünkchen Hoffnung. Denn vielleicht vermag es das Franchise, sich zu steigern! Potential wäre massig da. Denn „Divergent – Die Bestimmung“ hat inmitten eines Wusts aus mit dem Holzhammer dargereichten Motiven rund um das Thema Pubertät und hervorragend zum Fremdschämen geeigneten Coming of Age Momenten durchaus ein paar interessante Ansätze und Ideen. Erstaunlich ist beispielsweise, wie sehr die Fraktionen über alles andere gestellt werden. Selbst die Familie kann den Fraktionen in der Bestimmungsmythologie nicht das Wasser reichen. Und auch das Sendungsbewusstsein des Filmes in Sachen Gleichschaltung der Gesellschaft verhallt nicht vollkommen ungehört. Um sich selbiger zu widersetzen, reicht in diesem Film leider mal wieder die althergebrachte Gewalt – inklusive ordentlich Schusswaffen. Das ist arg simpel gedacht und vor allem in Anbetracht der eigentlichen Zielgruppe vergaloppiert sich „Divergent – Die Bestimmung“ hier doch gehörig.
Was bleibt, ist ein Film, dessen Spannungskurve eine einzige Katastrophe ist. Die Figuren sind blass und kantenlos, die Action ist eine Schande, die Schauwerte tendieren gegen Null und der Film ist schlicht und ergreifend viel zu lang! Eine gute halbe Stunde weniger Training und man könnte behaupten, „Divergent – Die Bestimmung“ sei tempomäßig wenigstens halbwegs stimmig. Was einigermaßen gefällt, ist der Soundtrack zum Film, zumindest rein von der Titelauswahl her. Der Einsatz der Songs selbst ist teilweise – nennen wir es mal so – wenig subtil. Kleine Highlights setzen die Szenen, in denen manch bekannterer Darsteller kurz aufzeigen darf, wie man selbst schlecht geschriebene Figuren kurzzeitig mit Leben füllt. Genannt seien Ray Stevenson („G.I. Joe – Abrechnung“), Tony Goldwyn („…denn zum Küssen sind sie da“), Ashley Judd („Olympus has fallen“) oder Actionlady Maggie Q („Nikita“). Sie werden zwar großräumig vom Drehbuch verschenkt, haben aber eben ausreichend Charisma, um einem sofort ins Auge zu fallen. Den Rest des Filmes braucht kein Mensch jenseits des Teenager-Alters. Und Teenager sind definitiv die Hauptzielgruppe des Filmes, ist dieser doch brutal auf sie zugeschnitten. Und dahingehend hat „Divergent – Die Bestimmung“, siehe US-Einspiel, prächtig funktioniert. Dafür ein Chapeau von meiner Seite. Treffer, versenkt. Nur mich…mich hat der Film eben kein Stück erreicht. Ihn selber wird’s sicher nicht stören…
In diesem Sinne:
freeman
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Die Buchvorlage kommt vom gleichen US-Publisher wie die zu „Ich bin Nummer Vier“, die Produktionsfirma Summit bringt seit ihrer „Twilight“-Reihe immer gerne Adaptionen von Young-Adult-Romanen – man kann „Divergent“ nicht vorwerfen man wisse nicht worauf man sich einlasse.
Ein Grund für die Umsetzung der erst 2011 veröffentlichten Vorlage dürfte auch der Erfolg der „Hunger Games“-Franchise sein, an den sich „Divergent“ kaum verhohlen anlegt. Wobei „Divergent“ sich anfangs eher als Utopie, nicht als Dystopie gibt, doch im Film entpuppen sich eigentlich alle Utopien zwangsläufig als Distopien, damit Konflikt da ist. Hier also gab es erst den obligatorischen Big Bang, dessen Wiederholung dadurch verhindert werden soll, dass alle Menschen nun ihren Fähigkeiten und ihrer Veranlagung nach in fünf Fraktionen eingeteilt werden: Candor (Rechtsgelehrte), Amity (Bauern), Erudite (Lehrer und Wissenschaftler), Dauntless (Sicherheitskräfte) und Abnegation (Sozialhelfer). Die selbstlosen Abnegation-Mitglieder stellen auch die politische Klasse und können daher eine utopische Knuddelherrschaft der Gerechten im Großraum Chicago, der Zufluchtsstätte der Überlebenden, ausrufen.
Zu dieser Klasse gehört auch die 16jährige Beatrice Prior (Shailene Woodley), die nun das Alter erreicht hat, in dem sie sich für eine Fraktion entscheiden muss. Traditionell folgen die meisten jungen Leuten ihren Eltern, Wechsel sind aber möglich – doch es gilt: „Fraction before blood.“ Wer keine Fraktion hat, der muss als Bettler auf der Straße leben, wer beim Test zur Bestimmung der optimalen Fraktion als Divergent, also quasi offen für alles, gebrandmarkt wird, der gilt als potentieller Terrorist, weil nicht zu kontrollieren. Genau dieses Ergebnis bekommt Beatrice, als Tori (Maggie Q) sie prüft, doch ihr Ergebnis zu ihrem Schutz unter den Teppich gilt.
Bei der Wahl entscheidet sich Beatrice gegen Abnegation und für Dauntless, während sich ihr Bruder Caleb (Ansel Egort) für Erudite entscheidet, womit ihre Eltern Andrew (Tony Goldwyn) und Natalie (Ashley Judd) beide Kinder an andere Fraktionen verlieren. Bald muss Beatrice, die sich nur noch Tris nennt, merken, dass Erudite hinter den Kulissen Abnegation die Macht wegnehmen will…
Dystopien stehen derzeit ja gerade hoch im Kurs, siehe beispielsweise „Oblivion“, „Snowpiercer“ oder das „Hunger Games“-Sequel „Catching Fire“, dazu die mal mehr („Twilight“, „Hunger Games“), mal weniger erfolgreiche („Ich bin Nummer Vier“, „Mortal Instruments“) Young-Adult-Schiene – im Falle von „Divergent“ trafen die Macher mit ihrem Zielgruppenkino jedenfalls in Schwarze, nach dickem Einspiel werkelt man bereits an der Adaption des zweiten Buches, was immerhin inhaltlich ein Gewinn sein könnte, denn „Divergent“ fühlt sich stets wie eine Vorgeschichte zu tatsächlichen Ereignissen an, wie eine rund 110minütige Exposition, an die man zwar noch einen eher halbherzigen Showdown getackert hat, auf den allerdings erst die wirkliche Geschichte folgen wird. Das mag ja in Buchform durchaus funktionieren, die detaillierte Beschreibung von Tris‘ Ausbildung kann man mit der Zauberschule aus dem „Harry Potter“-Universum vergleichen, in dem ebenfalls einige Filme daran krankten, dass sie nicht so recht die Balance zwischen dem Gute-Youngster-gegen-böse-Mächte-Plot und der Coming-of-Age-Geschichte fanden.
Subtil ist „Divergent“ in seiner Beschreibung der futuristischen Pubertät nicht: Unsicherheit wohin man gehört, Abnabelung von oder Rebellion gegen die Eltern, das Finden neuer Freunde in einer neuen Schule – überdeutlich zeigt „Divergent“ das Fraktionssystem als überspitzte Parallele zum Lebensgefühl von heutigen Jugendlichen. Den Holz- hammer-Metaphern zum Trotz schlägt sich „Divergent“ im Coming-of-Age-Bereich durchaus respektabel, zeigt wie Freundschaften unter dem militärischen Drill der Dauntless entweder zerbrechen oder gefestigt werden, wie sich Tris vom unsicheren Mädchen zunehmend zur willens- starken jungen Frau entwickelt, die beim Training in der Erudite-Armee mit Konkurrenzdruck und Strapazen zu kämpfen hat, denn Jahrgangsschlechtesten werden als Fraktionslose aussortiert, was überraschend harte Konsequenzen innerhalb der Handlung hat.
Dass „Divergent“ dahingehend so gut funktioniert, liegt vor allem „The Descendants“-Entdeckung Shailene Woodley in der Hauptrolle. Der Nachwuchsstar spielt die Rolle der kämpferischen jungen Powerfrau fast so gut wie „Hunger Games“-Kollegin Jennifer Lawrence. Zoë Kravitz („X-Men: First Class“), Miles Teller („Project X“) und Ben-Lloyd Hughes („Tormented“) als Fraktionskameraden empfehlen sich ebenfalls als Nachwuchstalente, während Tony Goldwyn („…denn zum Küssen sind sie da“), Ashley Judd („Olympus Has Fallen“) und Ray Stevenson („Die etwas anderen Cops“) in ihren Nebenrollen trotz weniger Szenen durch und durch überzeugen. Maggie Q („Stirb langsam 4.0“) kommt kaum zum Zuge und kann keine Akzente setzen, ebenso Mekhi Phifer („8 Mile“), während Kate Winslet („Titanic“) als ultrablauäugige, ultrablonde, sprich: ultraarische Fieslingschefin bloß eine Routineleistung abliefert. Negativ fallen dagegen zwei Leute auf: Zum einen Jai Courtney („Stirb langsam 5“), der seinen offensichtlich als Schurken angelegten Eric mit der Attitüde eines Schulhof-Bullys und dem Aussehen eines geschmacksverirrten Emo-Punks spielt, dabei aber immer bloß hohles Posing abliefert. Zum anderen Theo James („Underworld: Awakening“) als Love Interest der Heldin, der sich auch gerade mal mit ein oder zwei Gesichtsausdrücken begnügt.
Doch in den fürs Young-Adult-Genre fast schon obligatorischen Romantikszenen stößt nicht nur James‘ mangelnde Ausstrahlung sauer auf, sondern auch die plump-klischeehafte Inszenierung derselben. Schon dann, wenn Tris ihren Ausbilder Four (Theo James) das erste Mal sieht, wird das als peinlicher Hin-und-weg-von-dem-Kerl-Moment inszeniert, später werden die gestelzten Annäherung dann auch noch ganz dick mit Teeniepop zugekleistert, meist von Ellie Golding, der sich ebenso klebrig-süß wie die unsubtil in die Gehörgänge drängt, den Zuschauer geradezu niederknüppelt und ganz dick schreit: Diese Szene, die ist übrigens romantisch gemeint.
Wesentlich besser schlägt sich Regisseur Neil Burger mit der Inszenierung der Zukunft von „Divergent“. Zwar sind die Vorbilder für das Styling offensichtlich, etwa die indisch inspirierten Amity-Kostüme, das Parkour- und Punk-Auftreten von Dauntless oder das an die Amish angelehnte, minimalistische Abne- gation-Styling, doch Burger beweist visuellen Einfallsreichtum, gerade bei Expeditionen in die Vorstellung der Jugendlichen, das CGI-gebaute Zukunfts-Chicago macht trotz der nicht immer state-of-the-art-Tricks durchaus was her und auch sonst ist die Grundidee eine durchaus interessante: Wie würde so ein System funktionieren? Können Fraktionen stärker als Verwandtschaft sein? Wie gewappnet ist es gegen menschliche Faktoren wie Jeanines Matthews‘ (Kate Winslet) Machtübernahmeversuche?
Doch es bleibt in „Divergent“ im Grunde beim Bauen dieser Welt. Am Ende hat sich der Feind formiert, der Sieg von Tris und ihren Getreuen ist eher eine Art Achtungs- bzw. Minimalerfolg, auch wenn der Film überraschend konsequent im Showdown ist: Tris verliert einige Nahestehende, muss einen davon sogar selbst töten. Doch es ist eben nicht mehr als eine zu erledigende Pflichtschuldigkeit, die Neil Burger immerhin als ganz brauchbares Spektakel umsetzt. Hier, wie bei den kurzen Actionszenen während der Ausbildung (Nahkampf, Messerwurf, Schießtraining), wird er von dem versierten Fight Choreographer J.J. Perry („Homefront“, „Bullet to the Head“) unterstützt, doch Schauwerte sind nicht das Hauptaugenmerk des Films, weshalb das Ganze eben auch nie dauerhaften Erinnerungswert hat.
Ein gewisse Kurzweil kann man „Divergent“ nicht absprechen, trotz der holprig inszenierten Romantikszenen, des mitunter grauslichen Soundtracks und Holzhammer-Metaphern (bei den Machtvorstellungen der Erudite wird nicht mit überdeutlichen Faschismus- und NS-Parallelen gespart). Shailene Woodley weiß den Film zu tragen, der Coming-of-Age-Part funktioniert, doch am Ende erscheint das Ganze nach einem drangetackert anmutenden Showdown nur wie ein Ausblick auf kommende Ereignisse – die haben hoffentlich mehr Drive.
„Die Bestimmung – Divergent“ startet am 10. April in den deutschen Kinos.
© Nils Bothmann (McClane)
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