Rutger Hauer auf Rambos Spuren. In „Die Brut des Adlers“ gibt er einen Veteranen, der die Tierwelt einer Insel notfalls mit Waffengewalt beschützt und sich dabei mit Jägern anlegt. Kletterprofi Powers Boothe soll im Auftrag von Donald Pleasance die Eier eines seltenen Adlerpaares stehlen und freundet sich mit dem militanten Naturschützer an, während Kathleen Turner als Ladenbesitzerin zwischen den Männern steht.
Originaltitel: A Breed Apart__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1984__Regie: Philippe Mora__Darsteller: Rutger Hauer, Powers Boothe, Kathleen Turner, Donald Pleasence, Brion James, John Dennis Johnston, Jayne Bentzen, Andy Fenwick, Dustin Lecate, C.K. Bibby, Frank Wallace u.a. |
Als Rutger Hauer und Regisseur Philippe Mora für die „Die Brut des Adlers“ erstmals zusammenarbeiteten, waren beide durchaus angesagt: Hauer hatte gerade als Roy Batty in „Blade Runner“ beim US-Publikum mächtig Eindruck hinterlassen, Mora sich mit Werken wie seinem Spielfilmdebüt „Mad Dog Morgan“ oder dem Horrorfilm „Das Engelsgesicht“ Punkte gesammelt.
Anfangs- und Schlusseinstellung des Films bilden einen Kreis, ein Blick auf die Vitrine des Eier-Sammlers J.P. Whittier (Donald Pleasance). Eier legt auch eine ausgestorben geglaubte Unterart des Weißkopfseeadlers, auf einer Insel, die im Privatbesitz des Eremiten Jim Malden (Rutger Hauer) ist. Der bewacht das Eiland und vor allem dessen Fauna. Er reinigt das Gefieder von Vögeln, die in einen Ölteppich geraten sind, und vertreibt besoffene Jäger, die dort gedankenlos herumballern und töten, notfalls mit Waffengewalt. Aber wie akustische Signale dem Publikum bereits vermitteln, schleppt der militante Naturschützer und Inselbesitzer ein Kriegstrauma mit sich herum – das Gefecht hat für ihn nie aufgehört.
Mike Walker (Powers Boothe) hingegen ist ein Star der Kletterszene. Dummerweise ist die Kletterszene so wenig mainstream, dass auch ihre Stars Kneteprobleme haben, wenn es um die nächste große Herausforderung geht. Mike braucht dringend einen Finanzier für eine Expedition zu bisher unbestiegenen Bergen in China, da kann er im Fernsehen noch so patriotisch betonen, dass er die Gipfel für Amerika stürmen will. Da mischt sich Whittier ein: Mike soll ihm die Adlereier von Jims Insel beschaffen, bevor die Jungen ausschlüpfen. Dass dies das Ende der Spezies bedeuten würde, ist dem Sammler wumpe, wirft den Klettermax jedoch in eine moralische Bredouille.
Da Geld jedoch die Welt regiert, nimmt Mike den Auftrag vorerst an. Kurz nach seiner Ankunft macht der Frauenschwarm auch der Ladenbesitzerin Stella Clayton (Kathleen Turner) schöne Augen, zwischen der und Jim gegenseitige, wenn auch unausgesprochene Anziehung besteht…
Schaut euch den Trailer zu „Die Brut des Adlers“ an
„Die Brut des Adlers“ ist eine Art Öko-Actiondrama, das aus vier sich mal mehr, mal weniger überlappenden Handlungssträngen besteht, die verschiedene Genreaspekte bedienen, sich aber teilweise auch das Wasser abgraben. Als erstes wäre da der Konflikt zwischen Jim und den Jägern, der immer wieder für Actioneinlagen sorgt. Wie in „Rambo“ will der traumatisierte Veteran eigentlich nur in Ruhe gelassen werden, aber wie in dem Sylvester-Stallone-Vehikel wissen die arroganten, vermeintlich zivilisierteren Fatzkes nicht, wo sie in der Nahrungskette stehen. Neben der anfänglichen Konfrontation Jim vs. Jäger stehen noch eine eher durchschnittliche Prügelei in Stellas Laden und eine Art kleiner Showdown im letzten Drittel auf dem Plan, wodurch immer wieder für ein paar handfestere Schauwerte gesorgt ist. Für wirklich eindrucksvolles Rambazambas ist „Die Brut des Adlers“ dann zu bodenständig und Moras Regie zu handwerkermäßig, aber brauchbar ist die Action schon.
Handlungsstrang Nummer zwei wiederum dreht sich um die geistige Gesundheit von Jim Malden. Immer wieder verweist „Die Brut des Adlers“ darauf, dass dieser Mann ein Trauma mit sich herumschleppt, dass sein Eremitendasein gleichermaßen Naturschutz wie auch Weltflucht ist. In seinen stärksten Momenten lässt dieser Part das Publikum sogar am Heldenstatus Maldens zweifeln: Ist er vielleicht doch ein Psychopath, der seine Triebe nur für vermeintlichen Naturschutz kanalisiert? Allerdings sind diese Momente von kurzer Dauer, beeinflussen aber immerhin Handlungsstrang Nummer drei, das potentielle Liebesdreieck zwischen Jim, Mike und Stella. Mike macht wenig Hehl aus seinem Interesse an Stella, die aber eigentlich etwas für Jim empfindet, der wiederum seine Gefühle kaum ausdrücken kann. Für Stellas Sohn Adam (Andy Fenwick) rangiert Jim eh irgendwo zwischen bestem Kumpel und Ersatzvater, gehört also beinahe schon zur Familie. Dementsprechend schwach wirkt Mike dann auch als potentieller Nebenbuhler, zumal „Die Brut des Adlers“ in diesen Parts dann auch immer wieder mal ins Schwülstige abzurutschen droht.
Interessanter ist Mikes Rolle dann in Handlungsstrang Nummer vier – der Männerfreundschaft zwischen ihm und Jim. Der Profikletterer quartiert sich als vermeintlicher Vogelbeobachter auf der Insel ein, knüpft Kontakt zu dem Veteranen-Wildschützer. Die Liebe zur Natur und ihre gemeinsame Verachtung für die Jäger schweißt sie zusammen, sodass der Film viel Spannungspotential aus der Frage zieht, ob Mike seinen Kumpan doch verraten wird. Denn trotz seiner Fehler wird Mike als Sympathieträger dargestellt, als jemand, der Whittiers Auftrag eh nur wegen des Geldes und mit größten Skrupeln annahm – doch wird er für seinen Traum Jims Anliegen über die Klinge springen lassen? „Die Brut des Adlers“ macht wenig Aufhebens um diese moralische Frage, verkompliziert sie allerdings dramaturgisch auch nicht, aber lässt sie bis zum Ende offen.
Dass Moras Film gerade in dieser Hinsicht überzeugt, liegt auch an dem Hauptdarstellerduo. Rutger Hauer („Iron Mask“) trägt bisweilen etwas dick auf, wenn es um Jims psychische Probleme geht, überzeugt aber trotzdem, während Powers Boothe („MacGruber“) für seinen Kletterprofi die richtige Mischung aus karriereorientiertem Arsch und aufrichtigem Sportsmann findet. Kathleen Turner als herzig-zupackende Frau dazwischen ist solide, hatte aber zu der Zeit in „Body Heat“ und „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“ bessere und karrieredefinierendere Auftritte. Donald Pleasance („Der Kampfgigant“) ist markant, hat aber nur sehr wenige Szenen, Andy Fenwick („Teuflische Weihnachten“) ist weder ein herausragender Kinderdarsteller noch allzu nervig. In einer Nebenrolle als Jäger ist Brion James („Und wieder 48 Stunden“) zu sehen, nicht nur ein beliebtes Schurkengesicht der 1980er und 1990er, sondern zwei Jahre zuvor an der Seite von Hauer bereits in „Blade Runner“ aktiv.
Letzten Endes ist „Die Brut des Adlers“ ein nicht uninteressanter, aber auch etwas unfokussierter und unspektakulärer Film. Als Actionfilm hat er nicht die dicksten Schauwerte, als Drama schürft er nicht allzu tief, als Thriller sorgt er nicht für den schweißtreibendsten Nervenkitzel, aber all dieses Genres bedient er auch nicht schlecht. Ein ganz eigenes Stück Genrekino der 1980er und trotz seiner Schwächen wesentlich sehenswerter als die zweite Hauer-Mora-Kooperation, der vergessenswert-missratene Science-Fiction-Billigheimer „Space Defender“.
Auf VHS war „Die Brut des Adlers“ ab 16 Jahren freigegeben und um ein paar Szenen gekürzt, im DVD-Zeitalter erschien der Film dann bei Koch Media mit gleicher Freigabe ungekürzt. Nun wurde er neu von Explosive Media auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht, als Bonus gibt es den Trailer und eine Bildgalerie.
© Nils Bothmann (McClane)
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