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Die Chroniken des Geistertempels

Originaltitel: Jiu Ceng Yao Ta__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2015__Regie: Lu Chuan__Darsteller: Mark Chao, Yao Chen, Rhydian Vaughan, Jerry Li Chen, Tiffany Tang Yan, Li Guangjie, Wang Qingxiang, Wu Jun, Feng Li, Wang Deshun u.a.
Die Chroniken des Geistertempels

Abenteuer satt gibt es in “Die Chroniken des Geistertempels”

1979 werden bei Ausgrabungen in einer Bergkette nahe der mongolischen Grenze von ein paar Chinesen höchst beeindruckende Skelettteile einer offensichtlich riesigen Kreatur geborgen. Doch bevor man noch tiefer in das Bergmassiv vordringen kann, kommt es zu einer gewaltigen Explosion, die den Durchgang zu einem noch größeren Höhlensystem freilegt. Der federführende Wissenschaftler Professor Yang ist sofort Feuer und Flamme für eine Expedition in dieses Höhlensystem.

Ihm schließen sich neben diversen Freiwilligen auch seine Tochter Ping und der einfache Arbeiter Hu Bayi an. Doch die meisten Expeditionsteilnehmer werden ihren Mut mit dem Leben bezahlen. Gigantische Lawinen, Feuerfledermäuse und ein Ungetüm von einem riesigen Drachen dezimieren die Chinesen im Handumdrehen. Nur wenige gelangen trotz aller Widrigkeiten an einen Ort, den der Professor als Geistertempel bezeichnet. Und ab hier geht alles schief…

1982 wird Hu Bayi als neuer Mitarbeiter der Bibliothek in Peking einbestellt. Hier wird er fortan in regelmäßigen Abständen von einem Unbekannten mit Informationen zu dem Geistertempel versorgt. Drei Jahre lang bildet sich der junge Mann dahingehend weiter und liest jede mit dem Thema in Zusammenhang stehende Publikation. Doch wer verschafft ihm die immer neuen Informationen? Könnte es sein, dass der bei der 1979er Expedition verschollene Professor noch lebt? Und was ist mit Ping, die damals von einem gewaltigen Drachen vor Hu Bayis Augen verschleppt wurde?

1985 bricht Hu Bayi mit einer neuerlichen Expedition auf, um den Geistertempel zu zerstören. Seine Begleiter: Der urplötzlich wieder aufgetauchte Professor Yang und eine junge Dame, die seiner Tochter verflucht ähnlich sieht, aber immer behauptet, sie kenne keine Ping…

httpv://www.youtube.com/watch?v=ev2xrMYaXUc

Wüsten, Schneelandschaften, Drachen, Dämonen, Sandstürme, Bermassive, Großstädte, Musicaleinlagen, Feuerfledermäuse, Höllenhunde, Lawinen, Außerirdische, Mutanten,… Der Abenteuerfilm „Die Chroniken des Geistertempels“, der auf der in China ungemein populären Online-Novelle “Ghost Blows Out the Light” basiert, läuft schier über vor interessanten Ingredienzien, wird dieser Flut an Story-Elementen aber niemals wirklich Herr.

Immer wieder werden Themen angerissen, die meist keine fünf Minuten Film überleben. So nutzt man Hu Bayis Mutationskräfte für eine beeindruckende Spektakel-Sequenz, warum er aber mutierte und was er nun wirklich für Kräfte hat, das erklärt der Film nie. Vielmehr spielt die Mutation im weiteren Verlauf der Handlung überhaupt gar keine Rolle mehr. Den Drachen des Filmes ergeht es ähnlich: Sie tauchen auf, die chinesischen Animationscomputer lassen die Muskeln spielen und keine zwei Minuten später ward kein Drache mehr im Film gesehen. Und so funktioniert der ganze Film.

Die Chroniken des Geistertempels

Eine Expedition auf dem Weg zum Geistertempel.

Er reiht viele winzige Episoden aneinander, ohne einen wirklichen Zusammenhang zaubern zu können, da die Episoden auch stimmungstechnisch weit auseinanderklaffen und teilweise vollkommen verschiedene Genres bedienen. Da verwundert ein längerer Ausflug ins Creature Feature Subgenre irgendwann gar nicht mehr…

Das Gute: Langweilig wird es aufgrund der beständig auf den Zuschauer einstürmenden Eindrücke nie. Das Tempo des Streifens ist immens und die teilweise extrem krude Handlung fetzt beinahe atemlos durch eine Zeitspanne von immerhin sieben Jahren. Das Schlechte: Wirklich durchschauen kann man die so sehr überladen wirkende, seltsam ziellose Story nicht. Warum hier was getan wird, bleibt zu weiten Teilen schleierhaft. Von der Motivation bestimmter Charaktere und ihrer Funktion für den Film ganz zu schweigen. Die Folge ist Konfusion statt Spannung und dennoch fühlt man sich von dem Film erstaunlich gut unterhalten.

Das liegt auch daran, dass er tatsächlich ein geiles Abenteuerflair atmet. Von den schneebedeckten Gipfeln einer riesigen Bergkette rast man hier in einer Schlitterpartie immer tiefer ins Innere der Erde, durchquert Wüsten, taucht in riesigen Seen und bekämpft blutrünstige Bestien. „Die Chroniken des Geistertempels“ bemühen sich um immer neue und spektakuläre Schauplätze, setzen auf extrem weitläufige Sets und prunken mit enormem Aufwand und einer feinen Ausstattung. Inmitten dieses Bombardements mit Schauwerten wird nach Hinweisen gesucht, abstruse Theorien werden verbalisiert und andauernd rennen die Charaktere um ihr Leben.

Die Chroniken des Geistertempels

Geheimnisvolle hübsche Frauen hat es natürlich auch in diesem chinesischen Abenteuerfilm.

Leider ist ausgerechnet die Hauptfigur eine ziemlich charismabefreite Zone. Und ein Abenteuer mit einem farblosen, langweiligen und glatten Helden ist alles andere als ein Selbstläufer. Obwohl Hu Bayi Dreh- und Angelpunkt von „Die Chroniken des Geistertempels“ sein soll, wirken andere Figuren für den Film deutlich wichtiger. Was noch dadurch verstärkt wird, dass der Film selbst den überforderten Mark Chao („Detective Dee und der Fluch des Seeungeheuers“) in seiner Rolle als Hu Bayi extrem zurücknimmt. Die anderen Darsteller agieren derweil allesamt solide und ein paar als Comic Relief geplante Figuren und ihre Darsteller zerren (mitsamt dem gewohnt derben Overacting Humor chinesischer Produktionen) jeweils nur für wenige Momente an den Nerven des Zuschauers.

Was erstaunlich gut funktioniert, ist die Effekt-Maschinerie hinter „Die Chroniken des Geistertempels“. Sonst ja eher ein kritisches Moment bei aktuellen chinesischen Großproduktionen, wird man hier nur mit einigen kleineren Compositing-Problemchen und kleineren Effekt-Aussetzern konfrontiert. Davon abgesehen gibt es einige große Bilder zu bestaunen, die sich sehr organisch in die sonstige, wundervoll farbenprächtige, groß skalierte Optik des Filmes einfügen.

Musikalisch bleibt der Film leider kaum in den Gehörgängen verhaftet. Da hätte man sich schon ein paar schöne, epische Musikthemen erhofft. So bleiben eher die zwiespältigen Gesangseinlagen in Erinnerung, wenngleich sie freilich Teil der filmischen Auseinandersetzung mit der Ära Mao Zedong sind. Doch auch dieser Diskurs wird in dem Film eher angerissen als zu Ende gedacht und befremdet darum doch sehr.

Die Chroniken des Geistertempels

Viele Bilder des Filmes könnten einem Reisekatalog entstammen.

In Sachen Action sticht vor allem der Showdown deutlich heraus. Hier prallen unsere Helden auf eine ganze Abordnung nett getrickster Höllenhunde, die für ordentlich Bambule und Geschepper sowie die eine oder andere unvermutete Härte sorgen. Ansonsten bleiben die typisch asiatischen Actionmomente weitgehend aus: Weder wird gekickt noch ausufernd geballert oder geflogen. „Die Chroniken des Geistertempels“ sind in ihrer Action (und definitiv nicht nur da!) höchst massenkompatible Kost, die rund um den Globus funktionieren sollte.

Was am Ende bleibt, ist ein Abenteuerfilm, der mit großartigen Schauwerten, tollen Bildern und Ideen nur so um sich schmeißt und damit irgendwann gewaltig übers Ziel hinausschießt. Einfach weil dieses Zuviel von allem nicht durch eine brauchbare Story kanalisiert wird. Das Ergebnis ist ein Gefühl von Überforderung beim Zuschauer. Der sieht „Die Chroniken des Geistertempels“ wie einen D-Zug an sich vorbeirasen, ohne dass irgendein Aspekt der Story wirklich verfangen würde. Gegen Ende fallen obendrein diverse offene Storystränge auf, bei denen nie wirklich klar ist, ob sie das Drehbuch aus den Augen verloren hat, oder ob dieses Paradebeispiel eines Style-over-Substance-Filmes nur die Eröffnung für eine noch viel größere Story sein soll. Zu wünschen wäre es fast.

6 von 10

Die ab 12 freigegebene deutsche DVD/Blu-ray kommt am 22. September 2016 von Eurovideo. Die Blu-ray hat dabei die 3D-Fassung des Filmes gleich mit an Bord. Extras gibt es leider keine.

In diesem Sinne:
freeman

Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love

Copyright aller Filmbilder/Label: Eurovideo__Freigabe: FSK 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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