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Die doppelte Nummer

Originaltitel: Double Take__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2001__Regie: George Gallo__Darsteller: Orlando Jones, Eddie Griffin, Gary Grubbs, Daniel Roebuck, Sterling Macer Jr., Benny Nieves, Garcelle Beauvais, Andrea Navedo, Edward Herrmann, Shawn Elliott, Brent Briscoe, Vivica A. Fox u.a.
Die doppelte Nummer

Eddie Griffin und Orlando Jones als Partner wider Willen in George Gallos “Die doppelte Nummer”

Nachdem das New Black Cinema in den späten 1980ern und frühen 1990ern schwarze Themen, Filmemacher und Stars groß herausbrachte, übernahm das Mainstreamkino vor allem letztere gerne für Genrefilme – darunter auch Komödien und Actionkomödien auf den Spuren von Richard Pryor und Eddie Murphy, wozu auch „Die doppelte Nummer“ gezählt werden kann.

Regisseur und Co-Autor George Gallo kann mit Buddy-Erfahrung als Drehbuchautor von „Zwei Superpflaumen in der Unterwelt“ und „Midnight Run“ sowie als Storylieferant von „Bad Boys“ aufwarten. An letzteren erinnert zumindest auch die Prämisse eines schwarzen Protagonistenduos, das im Gegensatz zu Marcus Burnett und Mike Lowrey nicht eingespielt ist. Dabei werden die Gegensätze der Helden gleich zu Beginn stark betont: Finanzgenie Daryl Chase (Orlando Jones) verlässt sein nobles Apartmenthaus mit Türmann, wo ihn der windige Hustler Freddy Tiffany (Eddie Griffin) ihn bei einem Coup betuppt. Der Oberschichtentyp und das schlitzohrige Großmaul können sich auf den ersten Blick nicht ausstehen und wirken wie eine Wiedergängerpaarung der Protagonisten von „Die Glücksritter“ – nicht der einzige Film, bei dem sich „Die doppelte Nummer“ geistig bedient.

Als der mexikanische Geschäftsmann Minty Gutierrez (Shawn Elliott) eine große Summe bei Daryls Firma einzahlt, ist dem Zuschauer – in Verbindung mit einer Eingangssequenz, in der ein mexikanischer Gouverneur erschossen wird – schon klar, dass es sich dabei um Kartellgeld handeln muss. Wenig verwunderlich findet Daryl kurz nach einer Buchprüfung von Mintys Konten seine Sekretärin Shari (Vivica A. Fox) tot auf, während man ihn als Mörder hinstellt. Es mischen sich der CIA-Agent Timothy Jarret McReady (Gary Grubbs) und seine Leute ein, die Gary anweisen, dass er nach Mexiko kommen soll, wo diese ihn beschützen können. Gleichzeitig sind noch Polizei, FBI und bisher unbekannte Dunkelmänner involviert, damit auch wirklich die halbe Welt Jagd auf Daryl macht.

Der läuft auf seiner Flucht mal wieder Freddy über den Weg und bittet diesen um Hilfe, um in dessen Straßenklamotten unerkannt bleiben zu können. Doch damit hat er die Quasselstrippe am Hals, mit der im Schlepptau er sich nach Mexiko aufmacht…

httpv://www.youtube.com/watch?v=Hqs_YA2UZH4

„Die doppelte Nummer“ basiert auf der (bereits 1957 verfilmten) Kurzgeschichte „Across the Bridge“, die aber als lose Inspiration gelten kann. Viel prägnanter ist die Übernahme von Motiven aus anderen filmischen Vorbildern: Die Figurenkonstellation erinnert die oben erwähnten Filme, die Szene, in der Daryl und Freddy die Klamotten tauschen und Freddy dem steifen Upper-Class-Typen den Street Style beibringt an „Silver Streak“, diverse Verkleidungsaktion an „Der Diamanten-Cop“ oder verschiedene Eddie-Murphy-Komödien. So fühlt sich „Die doppelte Nummer“ dann auch an: Wie schon zigmal gesehen. Vor allem die Komik ermüdet mit den Standard-Wortgefechten zwischen Schnösel und Hustler, wobei letzterer die Klischees vom großmäuligen Schwarzen verkörpert wie dereinst Richard Pryor und Eddie Murphy, nur eben deutlich weniger frisch. Hinzu kommen witzig gemeinte Nebenfiguren, die auch nichts als wandelnde Klischees sind, vom Drogenbaron mit dem Glasauge über Daryls nichtsahnende Supermodel-Freundin bis hin zum White-Trash-Motelbesitzer-Paar – und alle davon verhalten sich genauso wie man es von ihnen erwartet. Es wird dabei viel gekreischt, gehampelt und gekaspert, doch die Witze aus der Mottenkiste der Buddy-Klamotte zünden so gut wie nie, da sie viel zu abgestanden sind. Einzig und allein die Szene nach dem Rollentausch der beiden Protagonisten, die das jeweilige Zerrbild des anderen in einem Zugrestaurant vorspielen, ist ziemlich lustig.

Wenn bei einer Actionkomödie der Humor nicht sitzt, dann kann die Action es ja zumindest teilweise richten, doch bei „Die doppelte Nummer“ ist in dieser Hinsicht Schmalhans Küchenmeister. Meist gibt es kurze, komplett unspektakuläre Schusswechsel, obwohl sich Gallo Unterstützung von einem Arnold-Schwarzenegger-Weggefährten geholt hatte: Stunt Coordinator Joel Kramer („Cliffhanger“, „Running Scared“) war in dieser Funktion auch bei mehreren Arnie-Vehikeln tätig (mit Sven-Ole Thorsen („Star Force Soldier“) ist ein weiterer Arnie-Spezi als einfacher Stuntman dabei). Doch auch der kann nur mit dem arbeiten, was Budget und Drehbuch zulassen, und das war hier offensichtlich nicht viel. Deshalb sticht die einzige größere Actionszene, eine Mehrparteienballerei um ein Motel, die in einer dicken Explosion endet, dann auch besonders heraus, aber sonst guckt der Actionfan weitestgehend in die Röhre. Vor allem der Showdown ist für eine Actionkomödie unschön kurz und schnell vorbei, auch wenn das Mini-Shoot-Out am Ende immerhin eine coole Einlage mit dem über den Boden schlitternden und dabei feuernden Freddy parat hat.

Eddie Griffin („Last Boy Scout“) ist in der Rolle sowieso nur begrenzt zu beneiden: Der Komiker ist nicht untalentiert, darf Dance Moves und ein paar überzeugende Karatekicks zeigen, wird aber meist auf das Klischee der Nervensäge mit der Kodderschnauze reduziert. Orlando Jones („Enemies Closer“) muss sich weniger blamieren, hat aber auch den wesentlich langweiligeren Part als graue Maus, die nach und nach (bescheidene) Kämpferqualitäten in sich entdeckt. Durch die Nebenrollen kaspern ein paar Nasen, deren Gesichter man vielleicht mal irgendwo gesehen hat, etwa Gary Grubbs („USS Indianapolis: Men of Courage“), Sterling Macer Jr. („Veronica Mars“) oder Edward Herrmann („The Town That Dreaded Sundown“), aber jeder von ihnen spielt so egal, dass sie das auch nach diesem Film bleiben – Gesichter, die man mal irgendwo gesehen hat, denen man aber keine konkrete Rolle zuordnen kann. Die deutlich bekanntere Vivica A. Fox („Mercenaries“) dagegen legt nur einen besseren Gastauftritt hin.

Eingebettet ist das viele Geblödel und wenige Geballer dann letztendlich in einen 08/15-Jagd- und Verwechslungsplot, der alle Standards des Verschwörungsthrillergenres aufbietet: Vermeintliche Freunde sind tatsächlich Feinde und umgekehrt, vermeintlich Tote sind noch am Leben, und der Normalo-Held, der in bester Hitchcock-Manier in die große Verschwörung hineingerät, wird eh von allen belogen – auch von jenen, die ihm Gutes wollen. Der Titel „Double Take“ bzw. „Die doppelte Nummer“ ist fast schon falsch gewählt, denn manche Figuren spielen kein doppeltes, sondern ein dreifaches Spiel und fast jeder betrügt jeden. Doch erzählt wird das alles ohne Finesse, jeder Twist wird mit der Brechstange untergebracht, und in ihrer Häufung sorgen die ganzen Volten nicht für Überraschungseffekte, sondern für ungläubiges Kopfschütteln. So folgt man dem konfusen Plot spätestens ab der Halbzeitmarke nicht mehr, da die ständigen Twists und Turns einfach nur noch doof sind.

So bleibt dann nur ein schwaches Imitat besserer Vorbilder, das verschiedene Genres bedienen möchte, aber fast in jeder Hinsicht versagt: Als Thriller zu konfus, aber auch keine gewollte Parodie auf absurde Drehbuchwendungen, als Actionfilm mit zu wenig Schauwerten gesegnet und als Komödie schlicht und einfach zu unlustig – es sei denn, man steht auf komplett abgestandene Gags und Simpelklamauk ohne gutes Timing.

Hierzulande ist „Die doppelte Nummer“ bei Buena Vista/Touchstone auf DVD erschienen und ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Das Bonusmaterial umfasst entfallene Szenen, das Videotagebuch des Regisseurs, einen Audiokommentar der Filmemacher, Trailer und Featurettes.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Buena Vista/Touchstone__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Nein/Ja

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