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Die Faust des Condors

Originaltitel: El Puño del cóndor__Herstellungsland: Chile__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: Ernesto Díaz Espinoza__Darsteller: Marko Zaror, Gina Aguad, Eyal Meyer, Man Soo Yoon, Jose Manuel, Francisco Castro, Fernanda Urrejola, Francisco Fuentes, Joaquin Puig, Cristian Garin, Andrés Cid u.a.
Marko Zaror haut zu in "Die Faust des Condors"

Marko Zaror haut zu in “Die Faust des Condors”.

Als die Konquistadoren im 16. Jahrhundert im Reich der Inkas einfielen, waren die Eingeborenen den Kampftaktiken der Eindringlinge weit unterlegen. Um für ausgeglichene Verhältnisse zu sorgen, entwickelten sie eine neue, ultragefährliche Kampfkunst: Die Faust des Condors. Doch es war längst zu spät und das Reich der Inkas dem Untergang geweiht.

Doch die Kampfkunst lebte fort und wurde von versierten Meistern nur an die talentiertesten Schüler weitergegeben. Im Hier und Jetzt gibt es nur noch einen Meister, der das Lehrbuch der Faust des Condors besitzt und dessen Inhalte an ausgesuchte Schüler weitergibt. Zwei Brüder wollen Teil der Ausbildung werden, doch der Meister nimmt nur einen der beiden als Schüler an.

Aber die beiden Brüder haben einen Pakt geschmiedet: Egal, wer von dem Meister ausgebildet wird, er gibt sein Wissen weiter an den jeweils anderen Bruder. Jahrelang wird der eine Bruder ausgebildet. Doch der andere beobachtet das Training aus der Ferne und trainiert für sich selbst. Irgendwann kommt es zur Katastrophe. Einer der Brüder tötet den Meister und stiehlt das Lehrbuch.

Der andere Bruder reist seitdem umher, will das Buch zurückgewinnen und Vergeltung üben.

Schaut in „Die Faust des Condors“ hinein

Martial-Arts-Reflexion mit Marko Zaror

Als John Wick im vierten Kapitel seines aufregenden Lebens auf einen hochgeschossenen Gegner traf, der ihm zu Beginn, am Triumphbogen und beim Erklimmen einer schier endlosen Treppe das Leben schwer machte, dürfte sich so mancher Mainstream-Gucker gefragt haben, wer das denn eigentlich ist. Actionfans kannten den Mann da freilich schon, war der Chilene Marko Zaror doch bereits mehrfach Gegner des aktuellen B-Lieblingsactionhelden Scott Adkins gewesen.

Doch selbst so manchem Actionfan dürfte das filmische Wirken Zarors in seiner Heimat Chile unbekannt sein. Hier dreht der Mime vornehmlich mit seinem Buddy Ernesto Díaz Espinoza kleine filmische Wundertüten wie „Kiltro“, „Mandrill“, „Miragema kicks ass“ oder „Redeemer“. Allesamt hoch unterhaltsame Filme, in denen Marko Zaror so richtig zeigen darf, was er drauf hat. Im Übrigen nicht nur kämpferisch, sondern auch darstellerisch.

Marko Zaror in "Die Faust des Condors"

Marko Zaror erlernt die Kampfkunst “Die Faust des Condors”.

„Die Faust des Condors“ bildet nun die fünfte gemeinsame Arbeit in der Kombination Regie Ernesto Díaz Espinoza und Hauptrolle Marko Zaror. Das Ergebnis ist mehr eine Reflexion über das Wesen von Kampfsport als ein in sich schlüssiger und einer gängigen Dramaturgie folgender Actionfilm. Das Werk wurde in Kapitel eingeteilt, die allesamt einen wichtigen Fortschritt in der Genese eines Meisters der Faust des Condors darstellen.

Den Rahmen bildet eine Story um zwei Brüder, die aufgrund von Mord und Totschlag in eine erbitterte Feindschaft gezwungen werden. Diese Story entwickelt sich ganz allmählich vor dem Auge des Zuschauers und lädt den Film tatsächlich erst in seinem letzten Drittel wirklich mit Drama und Emotionen auf.

Und der Rahmen transportiert einen interessanten Clou: Er macht es dem Zuschauer wirklich schwer, zu durchschauen, welchem Bruder er gerade zu schaut. Ist es der vermeintliche Mörder oder der vermeintliche Held? Immer wieder setzt es Dialoge, die genau mit dieser Vagheit spielen und sogar noch viel weiter gehen. Was das bedeutet, sei aus Spoiler-Gründen verschwiegen.

Meisterin im chilenischen Martial-Arts-Film mit Marko Zaror

Gleichberechtigung: Der Meister unseres Helden ist eine Dame!

Dieser Clou bringt allerdings auch ein paar Probleme mit sich. Zum einen findet man nicht so recht in den Film hinein, zum anderen endet „Die Faust des Condors“ so ein wenig unbefriedigend. Und das wird dem Film bei so manchem Zuschauer nicht zwingend zum Vorteil gereichen. Was schade ist, denn die zerklüftete Erzählweise hat durchaus ihren Reiz und mehrfach erwischt man sich, wie man dem Verwirrspiel auf den Leim geht. Nur Spannung will nie so recht aufkommen. Diesem Umstand setzt Regisseur Ernesto Díaz Espinoza eine knackig kurze Laufzeit und reichlich Martial Arts entgegen.

Wird nicht ausgiebig trainiert – teils sogar äußerst absurd: die beinlose Jahreszeit sei genannt, wobei nicht nur diese Sequenz bei Fans alter Kung-Fu-Streifen mit Schüler-Meister-Konstellation nostalgische Gefühle auslösen sollte – darf Zaror durch die Lüfte segeln und diverse Kauleisten verbiegen. Parallel zum Knochenverbiegen wird im Übrigen gerne über Kampfsport sinniert. Der Mime hat alle Fights zudem selbst choreographiert und Regisseur Ernesto Díaz Espinoza weiß nicht nur, wie er das einfangen, sondern auch, wie er es als sein eigener Schnitt-Maestro montieren muss. Wer Zaror und seine bisherigen chilenischen Filme kennt, weiß, dass dies eine gehörige Menge spektakulärer Moves und Bewegungsabläufe mit sich bringt, die in schönen Totalen ordentlich atmen dürfen.

Marko Zaror in "Die Faust des Condors"

Kommt ein Vogel geflogen…

Dabei setzt es zahlreiche Mano-a-Mano-Duelle. Doch auch eine Kneipenprügelei gegen mehrere Gegner steht auf dem Programm. Die FSK 16 Freigabe deutet an, dass es dabei nicht allzu brutal zugeht, wenngleich der Finishing Move um die Faust des Condors schon Mortal-Kombat-Fatality-Qualitäten hat. Dieser wird im großen Finalkampf abgefeuert, der richtig klasse ist. Hier treffen zwei echte Könner aufeinander. Etwas nervig ist nur, dass schon früh im Film eine enorme Schwäche beider Brüder eingeführt und ausgiebig getriggert wird. Was fortan leider in so gut wie jedem Fight passiert und schon ein wenig für Augenrollen beim Zuschauer sorgt.

„Die Faust des Condors“ punktet mit einer tollen Optik. Die chilenische Natur steht dabei gerne mal im Fokus und liefert kontemplative, zum Geist des Filmes passende Panoramen ab. Auch sonst ist hier keinerlei Hektik angesagt. Der Film entfaltet sich langsam und ruhig und die Bebilderung marschiert im gemütlichen Gleichschritt. Die Filmmusik tut es der Optik gleich und gibt sich eher ruhig.

„Die Faust des Condors“ haut leicht daneben

Ich bin ein großer Fan der Paarung Espinoza und Zaror. Der Regisseur weiß längst, wie er seinen Star in Szene setzen muss, damit der Zuschauer zufrieden vor sich hin grinst. „Die Faust des Condors“ passt zudem insofern gut in das gemeinsame Oeuvre, dass er sich wie alle bisherigen Filme von den jeweils vorherigen Streifen total unterscheidet. „Die Faust des Condors“ entzieht sich entsprechend der gängigen Dramaturgie eines Actionfilmes und ist mehr eine Wesensbeschreibung der Kampfkünste.

Die durchaus dramatisch aufgeladene und nicht wirklich chronologisch erzählte Geschichte entwickelt sich nur ganz allmählich vor dem Auge des Zuschauers und behält sich obendrein zahlreiche Mysterien bei. Etwa, weil nie so wirklich klar ist, was es mit den beiden Brüdern nun auf sich hat. Wer hier der Böse und wer der Gute ist. Wenn es diese Kategorisierung denn überhaupt gibt. Das ist vor allem im Nachgang reizvoll, während des Filmes jedoch verhindert es, dass man in den Film hinein findet. Infolgedessen fühlen sich zahlreiche Fights leider einfach egal an, weil man eben nicht drin ist und mitfightet.

Da Zaror weiß, wie geile Fights aussehen müssen, und Espinoza sein Handwerk ebenfalls beherrscht, gibt es dennoch genug Augenfutter, um sich zumindest auf den nächsten Fight zu freuen. Und von denen gibt es einige. Nur der ganz große Höhepunkt, der fehlt. Sowohl in erzählerischer als auch in kämpferischer Hinsicht. Der „Mal was anderes“-Stempel für diese Hommage ans alte Kung-Fu-Kino reicht diesmal also nicht für ein besonderes Filmerlebnis.

6 von 10

Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erschien am 04. Januar 2024 von Tiberius Film. Mit einer Freigabe ab 16 sind die Datenträger ungeschnitten und haben keinerlei Extras zum Film zu bieten. Man kann den Film auch streamen.

In diesem Sinne:
freeman

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Copyright aller Filmbilder/Label: Sunfilm / Tiberius Film__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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