Mit dem starbesetzten „Die Geldwäscherei“ verarbeitet Steven Soderbergh den Skandal um die Panama Papers. Gary Oldman und Antonio Banderas verbinden als Erzähler und Verwalter von Briefkastenfirmen durch drei verbundene Handlungsstränge, während Meryl Streep eine wichtige Rolle als Rentnerin hat, die auf eigene Faust nach einer persönlichen Tragödie Nachforschungen anstellt. Außerdem sind unter anderem David Schwimmer, Robert Patrick und Sharon Stone dabei.
Originaltitel: The Laundromat__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: Steven Soderbergh__Darsteller: Meryl Streep, Gary Oldman, Antonio Banderas, Rosalind Chao, Melissa Rauch, David Schwimmer, Robert Patrick, Matthias Schoenaerts, James Cromwell, Jeffrey Wright, Sharon Stone, Will Forte, Ross Partridge, Chris Parnell, Nonso Anozie, Cristela Alonzo u.a. |
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Zum Staraufgebot von Steven Soderberghs „Die Geldwäscherei“ gehört neben Meryl Streep, Gary Oldman und Antonio Banderas auch Robert Patrick
Schon kurz nachdem der Skandal um die Panama Papers 2016 bekannt wurde, gab Steven Soderbergh („Haywire“) an, an einem Filmprojekt zu dem Thema zu arbeiten. Drei Jahre später war das Ergebnis dann fertig, hörte auf den Namen „Die Geldwäscherei“ und war ein Prestigeprojekt für Netflix, inklusive Festivalpremiere in Venedig und limitiertem Kinostart vor der Verwertung auf dem Streamingservice.
Soderbergh und Drehbuchautor Scott Z. Burns („Das Bourne Ultimatum“) hangelten sich an dem Sachbuch „Secrecy World“ von Jake Bernstein entlang, veränderten einige Name realer Akteure nur geringfügig, andere gar nicht. So heißen Jürgen Mossack (Gary Oldman) und Ramón Fonseca (Antonio Banderas) wie ihre realen Vorbilder, die gleichzeitig als Erzählerfiguren fungieren. Es beginnt in einer Art Diorama-Setting, in dem die beiden Anzugträger neben Höhlenmenschen stehen und vom Wandel von der Tausch- zur Geldwirtschaft sowie der Erfindung des Kredits erzählen. Durch den Ausgang aus dem Diorama gelangen sie in einen exklusiven Nachtclub, womit Soderbergh von Anfang an die Verspieltheit seines Films hinweist, in dem Mossack und Fonseca als Verwalter tausender Briefkastenfirmen das verbindende Element sind.
Weiter geht es mit dem ersten und größten von insgesamt drei Handlungssträngen. Im Zentrum die Rentnerin Ellen Martin (Meryl Streep), die gemeinsam mit ihrem Ehemann Joe (James Cromwell) eine Bootstour auf dem Lake George macht, als das Boot von einer Welle erfasst wird und kentert, was zu insgesamt 21 Toten führt – darunter Joe. Wenn Soderbergh ruft, dann kommen die Stars, weshalb der Regisseur dermaßen verschwenderisch mit seiner Besetzung umgehen und einen James Cromwell („Jurassic World – Das gefallene Königreich“) nach wenigen Minuten den Filmtod sterben lassen kann.
Eigentlich steht Ellen Schadensersatz für Joes Tod zu, doch die Versicherungspolice, die Captain Richard Paris (Robert Patrick) und dessen Sohn Matthew Quirk (David Schwimmer) abgeschlossen haben, ist – ohne deren Wissen – im Gewusel der Briefkastenfirmen versteckt, weshalb die Versicherung nicht zahlen will. Also stellt Ellen auf eigene Faust Nachforschungen an…
Schaut euch den Trailer zu „Die Geldwäscherei“ an
Der Film zu einem Finanzskandal, auf Sachbuchbasis, ein Staraufgebot, drei Handlungsstränge – das Konzept von „Die Geldwäscherei“ erinnert frappierend an „The Big Short“ von 2015, in dem es um die Lehman-Pleite und die Finanzkrise ging. Der Direktvergleich der beiden Filme geht allerdings unvorteilhaft für Soderbergh aus, da er im Gegensatz zu McKay keinen ernstzunehmenden Versuch unternimmt die Misere zu erklären. Die wenigen Erläuterungen zu Schein- und Briefkastenfirmen gehen kaum über das rudimentäre Vorwissen hinaus, welches das Publikum eh mitbringt, die zwischendurch eingeblendeten Lektionen von Mossack und Fonseca wirken undurchdacht und banal, da sie nur aus Phrasen und gar aus Einzelwörtern wie Korruption bestehen. Da mögen Banderas und Oldman als Fonseca und Mossack sowie Meryl Streep als sie selbst am Filmende noch so warnend in die Kamera sprechen, die Tragweite des Ganzen kann Soderbergh bestenfalls halbwegs vermitteln, zumal die beiden Briefkastenfirmen-Honchos manchmal eher als Lausbuben denn als knallharte Schufte, die mit dem Vermögen und dem Leben anderer Menschen spielen, erscheinen. Da hinterlässt ein kurzer Einspieler aus einer Rede von Barack Obama noch am meisten Eindruck, in dem der damalige US-Präsident sagt, dass das, was damals ablief, zwar legal war, aber dass genau das das Problem ist – dass es legal ist.
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Jürgen Mossack (Gary Oldman) und Ramón Fonseca (Antonio Banderas) sind Erzählerfiguren und verbindendes Element
Immerhin findet Sobergh ein paar memorable Szenen und Bilder – etwa wenn Ellen vor einem Postamt auf der Insel Nevis steht, dessen Front fast nur aus Briefkästen für Briefkastenfirmen besteht. Oder wenn er Einblick in das Geschäft der Firma Mossack Fonseca gibt: Da wird auch schon mal die Putzkraft oder die Sekretärin zur Auf-dem-Papier-Inhaberin tausender Briefkastenfirmen gemacht und muss von da an unzählige Unterschriften auf Blanko-Papiere setzen, auf die dann im Nachhinein wichtige Dinge gedruckt werden. Das ist bisweilen lustig, manchmal auch schwarzhumorig, etwa wenn ein Unfall eine Auf-dem-Papier-Inhaberin tötet und schnell Ersatz gefunden werden muss. Aber es gibt dem Ganzen eben auch den erwähnten Schlitzohren-Gauner-Charakter, mit dem Soderbergh die angepeilte Tragweite immer wieder untergräbt.
Noch dazu wirkt „Die Geldwäscherei“ selten wie ein geschlossener Film, eher wie eine Ansammlung von kleinen, teilweise amüsanten Vignetten. So erscheinen die anderen größeren Handlungsstränge neben Ellens Suche nur so halbwegs ins Bild zu passen. In dem einen gerät Charles (Nonso Anozie), Profiteur der Panama-Umtriebe, in Teufels Küche, als seine Tochter herausfindet, dass er etwas mit ihrer Mitbewohnerin hat. Im anderen will der Geldwäscher Maywood (Matthias Schoenarts) noch etwas mehr Kohle aus der reichen Chinesin Gu Kailai (Rosalind Chao) rauspressen, die seine Dienste in Anspruch nimmt, was Konsequenzen hat. Die Charles-Geschichte ist eher eine Missverständnis- und Geheimniskrämerei-Komödie mit Finanzpointe, die China-Story eine Umsetzung des Wang-Lijun-Zwischenfalls, deutlich ernster, aber von der Screentime her eine bessere Randerscheinung. Zumal der Erkenntnisgewinn dieser und vieler anderer Episoden recht begrenzt ist. Oder glaubt Soderbergh tatsächlich, dass irgendjemand im Publikum überrascht davon ist, dass Geld Trumpf ist und sogar bestehende Absprachen aushebelt oder dass Menschen, die andere mit windigen Finanzgeschäften betuppen, auch die eigene Ehefrau betrügen oder sogar eine Zweitfamilie haben?
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Captain Richard Paris (Robert Patrick) muss feststellen, dass seine Versicherungspolice nichts wert ist
Immerhin ist „Die Geldwäscherei“ ansprechend gefilmt und spitzenmäßig besetzt, auch wenn viele große Namen nur für wenige Szenen dabei sind. Robert Patrick („Feuer am Himmel“) und David Schwimmer („Flug durch die Hölle“) haben in erster Linie ein paar Gespräche in einer Bar, Sharon Stone („Sphere“) schaut für eine Szene als Maklerin vorbei, Comedian Will Forte („MacGruber“)sagt drei Sätze als todgeweihter Gringo, Melissa Rauch („The Big Bang Theory“) als Ellens Tochter ist in ihren wenigen Szenen bessere Hintergrunddeko, Matthias Schoenarts („The Old Guard“) ist trotz nominell wichtiger Rolle vielleicht fünf Minuten im Film zu sehen – obwohl alle ihre Sache toll machen. Nonso Anozie („Jack Ryan: Shadow Recruit“) als durchtrieben-jovialer Patriarch, Jeffrey Wright („The Batman“) als Briefkastenfirma-Manager und Rosalind Chao („Mulan“) als eiskalte Geschäftsfrau haben mehr Screentime und wissen Akzente zu setzen, der Film fokussiert sich allerdings in erster Linie auf Antonio Banderas („Indiana Jones und das Rad des Schicksals“), Gary Oldman („Red Riding Hood“) und Meryl Streep („Don’t Look Up“). Banderas und Oldman haben sichtlich Spaß an der Rolle als windige Ganoven, die beständig die vierte Wand durchbrechen und ihr Handeln mit süffisanter Überheblichkeit darlegen. Streep hingegen hat den ernsten Part, die kleine Amerikanerin, die einfach nur Gerechtigkeit will und eine Art staunende Touristin bei der Odyssee in die Untiefen des Finanzwesens ist, ein Surrogat für das Publikum, das durch Streeps Können aber Profil und Persönlichkeit erhält.
So ist „Die Geldwäscherei“ schon ganz kurzweilig, nicht zuletzt, weil Soderbergh seinen Film nicht künstlich aufbläst, sondern mit rund 90 Minuten ins Ziel bringt. Die regelrecht verschwenderische Starparade hat etwas für sich, einige visuelle und inhaltliche Kniffe sind ganz nett, aber letzten Endes mangelt es an Substanz. Da mag Soderbergh auf der Schlussgeraden noch so sehr einen auf wichtig machen, aber diese Ansammlung von mehr oder weniger amüsanten Einzelszenen, die ihre zahlreichen Figuren und Handlungsstränge beliebig aufnimmt und fallen lässt, hat in Sachen Erzählung und Erkenntnisgewinn leider nicht so viel auf dem Kasten.
„Die Geldwäscherei“ ist eine Netflix-Produktion und nur dort im Stream zu sehen. Da der Film 2019 allerdings auch einen kleinen Kinostart hatte, wurde er in dem Zug von der FSK geprüft und ab 12 Jahren freigegeben.
© Nils Bothmann (McClane)
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