Anno 2004 versuchte sich das deutsche Mainstreamkino mit „Die Nacht der lebenden Loser“ am Genre der Zombiekomödie. Tino Mewes, Manuel Cortez und Thomas Schmieder geben die titelgebenden Außenseiter, die nach einem Voodoo-Ritual und einem Autounfall als Untote zurückkehren. Mit der neuen Situation müssen die pubertierenden Schüler erstmal zurechtkommen, entdecken dabei aber auch die Vorteile des Zombie-Daseins.
Originaltitel: Die Nacht der lebenden Loser__Herstellungsland: Deutschland__Erscheinungsjahr: 2004__Regie: Matthias Dinter__Darsteller: Tino Mewes, Manuel Cortez, Thomas Schmieder, Collien Ulmen-Fernandes, Hendrik Borgmann, Nadine Germann, Simon Gosejohann, Oliver Grober, Tom Lass, Patricia Thielemann, Walter Gontermann, Tim Wilde, Axel Neumann, Peter Rappenglück, Sissi Perlinger, Henry Gründler, Daniel Krauss u.a. |
2004 hatten die Amerikaner das „Dawn of the Dead“-Remake, die Briten den Kultfilm „Shaun of the Dead“, der Edgar Wright, Simon Pegg und Nick Frost nach oben katapultierte, und selbst Deutschland versuchte sich mit „Die Nacht der lebenden Loser“ am Zombiefilm.
Die haitianischen Voodoo-Ursprünge des Mythos werden hier in der Auftaktsequenz aufgegriffen, in der ein untoter Radaubruder Randale macht und via Flammenwerfer eingeäschert wird. Seine sterblichen Überreste werden geklaut und nach Deutschland geschmuggelt, wo sie ein freundlicher Gothic via „e-buy“ ersteigert. Zur Drei-Personen-Gothic-Crew gehört auch Rebecca (Collien Ulmen-Fernandes), das nette Mädel von nebenan, das sich gerade mal in einer Subkultur ausprobiert. Natürlich ist die Besetzung des unscheinbaren, von der Schule verlachten und von den Jungs übersehenen Mauerblümchens mit Frau Fernandes mal wieder einer dieser begrenzt glaubwürdigen Casting-Coups, doch andrerseits auch nichts, was nicht auch zig Teeniekomödien aus Ami-Land ähnlich durchexerziert hätten. Immerhin weiß „Die Nacht der lebenden Loser“ um seine Klischeehaftigkeit, spekulieren die männlichen Protagonisten doch, ob die Religionslehrerin vielleicht ein heißer Feger ist, falls sie ohne Brille und mit offenen Haaren auftritt.
Die männlichen Protagonisten, das sind: Konrad (Thomas Schmieder), der bebrillte Nerd und Schlaukopf, der über die täglichen Demütigungen, die er erleidet, Buch führt. Wurst (Manuel Cortez), der kiffende Bruder Leichtfuß mit Van in Jeff-Spicoli-Tradition. Und Philip (Tino Mewes), der Jugendfreund und schmächtige Nachbar Rebeccas, der sich in das angesagteste Mädchen der Schule, Uschi (Nadine Germann), verknallt hat. Die stammt natürlich aus der Clique der Rich Kids, ist im Gegensatz zu den drei männlichen Jungfrauen sexuell erfahren, und hat sich mit Wolf (Hendrik Borgmann) das absolute Alphatier angelacht. Klar, dass Philip da keine Schnitte sieht, aber hellhörig wird, als Rebecca plus Crew bei einem Referat über Voodoo etwas von Liebeszaubern erzählen.
Aus dem Grund nimmt das Außenseitertrio am nächsten Ritual der Gothics Teil, bei dem ausgerechnet die Asche aus der Eingangssequenz verstreut wird und die drei Freunde einnebelt. Auf der Heimfahrt bauen sie einen Verkehrsunfall und wachen als Zombies in der Leichenhalle auf. Doch bald merken sie, dass der Untod auch seine Vorteile haben kann…
Schaut euch den Trailer zu „Die Nacht der lebenden Loser“ an
Teen-Comedy trifft Zombiefilm, aus deutschen Landen, aber mit klarem Blick auf US-Vorbilder. So stand bei der offenherzigen Religionslehrerin, für die sich Wurst interessiert, unverkennbar Stifflers Mom aus der „American Pie“-Reihe Pate, die herumalbernden Zombie-Dudes lassen an „Die Killerhand“ denken, während viele Handlungselemente und Charaktere aus zig Teeniekomödien bekannt sind. Der gutherzige Loser, der sich für die arrogante Rich Bitch interessiert und darüber das quasi perfekte Mädel von nebenan übersieht. Besagte Schulschwarm-Zicke, die nur auf (vermeintliche) Alphatiere abfährt und Jungs nur ausnutzt. Der schnöselig-brutale Rivale aus der Oberschicht, der stets mit seiner Speichellecker-Crew unterwegs ist. Und selbstverständlich steigt irgendwann die gewaltige Party mit lauter ungeladenen Gästen in Philips Eigenheim, als die Eltern im Urlaub sind. Dass diese natürlich zurückkehren, als das Haus einem Schlachtfeld gleicht und nur noch ein kurzes Zeitfenster zum Aufräumen bleibt, ist seit den Zeiten von „Lockere Geschäfte“ und Co. in den 1980ern natürlich Ehrensache.
Aber immerhin hat Regisseur und Drehbuchautor Matthias Dinter („Feuer, Eis und Dosenbier“) die Vorbilder gut studiert und verstanden. So untermalt ein fröhlicher Pop-Punk-Soundtrack die Sause dynamisch, im vorliegenden Falle von SPN-X, was für gute Laune sorgt. Auch die Gags sind wenig feingeistig und nicht immer originell, haben aber Timing. So animieren die klischeehaften Gothic-Satanisten ebenso zum Lachen wie die Rache der Nerds mit Zombie-Superkräften beim Rugby-Spiel oder die Tatsache, dass sich die Schnösel-Crew von Schul-Bully Wolf offensichtlich nur Jura oder Medizin als Studienfächer vorstellen kann. Sogar für ein paar halbwegs originelle Gags ist Platz, etwa wenn Konrad gleich einen ganzen Vorrat von Ersatzbrillen mitschleppt, wenn die Rowdys mal wieder eine zerdeppern, oder der kurzhaarige Schlägertyp, der auf der Schultoilette die Kenntnis von Latein fürs eigene Weiterkommen anpreist. Einige missratene Ekelgags gibt es auch, etwa wenn zwei Kiffer-Dudes versehentlich einen mikrogewellten Fuß verspeisen oder sich Zombie-Konrad im Biologie-Unterricht den Sezierfrosch zwischen die Kiemen schiebt. Anderes ist trotz seiner Plumpheit lustig – man kann sich schon denken, welches Körperteil einem pubertierenden Zombie hier wohl irgendwann abfällt, aber der Witz sitzt trotzdem.
Dass der Humor funktioniert, liegt auch an der Besetzung. Tino Mewes („Die Welle“) macht sich gut als Nerd auf der Suche nach Anerkennung. Noch besser ist Thomas Schmieder („Weltverbesserungsmaßnahmen“) als Fußabtreter Konrad, der irgendwann zu viel Gefallen am Zombie-Dasein findet und zunehmend zu einer Art Antagonist wird. Dagegen fällt Manuel Cortez („Mann tut was Mann kann“), der Dritte im Bunde, etwas ab: Zwar bekommt er die flottesten Sprüche und die lockerste Attitüde ab, doch wirkt das alles bisweilen etwas zu einstudiert. Collien Ulmen-Fernandes („Autobahnraser“) ist zwar begrenzt glaubwürdig besetzt, aber schwer sympathisch als Gothic Girl Next Door. Für bekannte Gesichter und markige Akzente sorgen Simon Gosejohann („Operation Dance Sensation“) als einer von Wolfs Schickeria-Atzen und Sissi Perlinger („Das erste Semester“) als überverständnisvolle Mutter Philips, deren Rolle an Jims Dad aus „American Pie“ angelehnt ist. Der Rest vom Fest leistet solide-stereotypes Schauspiel, was auch Nadine Germann („Freche Mädchen 2“) und Hendrik Borgmann („Marienhof“) trotz nominell wichtiger Rollen keinen allzu bleibenden Eindruck hinterlassen.
Der Titel „Die Nacht der lebenden Loser“ lehnt sich natürlich an George Romeros genreprägenden Klassiker „Die Nacht der lebenden Toten“, die wahren Vorbilder erkennt man aber an Matthias Dinters Danksagung an Fred Dekker („Night of the Creeps“) und Dan O’Bannon („Return of the Living Dead“) im Abspann. Dort wird bei der Copyright-Angabe von „Day of the Dead“, den sich die lebenden Loser anschauen, erwähnt, dass es sich um die gekürzte Fassung handelte – wenn man Förderung der FFA und dem bayerischen FilmFernsehFonds bekommt, will man natürlich ungern der Werbung für beschlagnahmte Filme beschuldigt werden. Allerdings ist „Die Nacht der lebenden Loser“ eh bewusst zahmer als die US-Konkurrenz ausgefallen: Ein offscreen Gefressener, ein paar Make-Up-Effekte (Scheibenwischer im Bauch etc.) und ein paar Bisse in Schultern oder Hintern, das war es auch. Doch das Horror-Element ist hier eher spielerisch in die Darstellung des Schreckens des pubertierenden Außenseitertums eingebaut. Denn alle drei Loser finden einen anderen Umgang mit dem Zombie-Dasein, was im Falle von Konrad überraschend düster wird, aber dadurch auch die Handlung vorantreibt und einen kleinen Spannungsbogen aufbaut, ob der Kumpel im wahrsten Sinne des Wortes noch zu retten ist. Denn zumindest Philip sucht nach einem Gegenmittel, ehe die Zombiefikation permanent wird, was dann für einen groben Mainplot in dem eher auf lustige Situationen bedachten Film sorgt.
Beim deutschen Genrepublikum, das sich oft bei der zigten Zombie-Klamotte aus Amiland scheckig lachen kann, kam „Die Nacht der lebenden Loser“ wenig gut an – vielleicht hatte man sich mehr Gore und mehr Effekte versprochen. Letzten Endes ist Dinters Film eher eine Art „American Pie“-mit-Zombies-Teeniekomödie, teilweise offensichtlich Vorbildern kopiert, manchmal schwarzhumorig, oft flach, aber irgendwo sympathisch. Nicht jeder Gag sitzt, viele Figuren und Situationen sind pures Klischee, aber das Resultat ist schon beschwingt und hat seine Lacher. Und im Vergleich zu manch anderem deutschen Komödien-Flachköpper aus der Zeit, man denke an „Harte Jungs“, „(T)Raumschiff Surprise“ oder „Kein Bund fürs Leben“, ist der hier vielleicht kein Gold, aber doch Silber oder Bronze wert.
Constantin/Highlight hat „Die Nacht der lebenden Loser“ hierzulande auf DVD veröffentlicht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. In Sachen Bonusmaterial gibt es entfallene Szenen, ein alternatives Ende, Interviews mit Cast & Crew, einen Blick hinter die Kulissen, Fun Scenes, Darstellerinfos, Trailer und einen Audiokommentar von Matthias Dinter.
© Nils Bothmann (McClane)
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