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Die Outsider – Rebellen ohne Grund

Originaltitel: The Outsiders__Herstellungsland: USA/Frankreich__Erscheinungsjahr: 1983__Regie: Francis Ford Coppola__Darsteller: C. Thomas Howell, Matt Dillon, Ralph Macchio, Patrick Swayze, Rob Lowe, Emilio Estevez, Tom Cruise, Glenn Withrow, Diane Lane, Leif Garrett, Darren Dalton, Michelle Meyrink, Tom Waits, Sofia Coppola, S.E. Hinton u.a.
Die Outsider

Stars galore: In Francis Ford Coppolas “Die Outsider” spielen C. Thomas Howell, Patrick Swayze, Rob Lowe, Ralph Macchio, Matt Dillon, Emilio Estevez und Tom Cruise mit

Nach eigener Aussage drehte Francis Ford Coppola die S.E.-Hinton-Verfilmung „Die Outsider“ deshalb, weil eine Gruppe Schüler plus Lehrerin ihn um die Adaption des Romans bat. Es wurde neben „Peggy Sue hat geheiratet“ sein einziger Kassenerfolg der 1980er, in denen er vor allem mit Wunschprojekten diverse Flops einfuhr.

„Die Outsider“ ist quasi eine Rückschau von Ponyboy Curtis (C. Thomas Howell), der seine Erinnerungen an eine bewegende Phase seines Lebens in den 1960ern als Schulaufsatz niederschreibt. Ponyboy wächst bei seinen älteren Brüdern Darrel (Patrick Swayze) und Sodapop (Rob Lowe) auf, nachdem die Eltern bei einem Unfall gestorben sind. Sie sind Teil der Greasers, einer Jugendgang aus der Armengegend, die sich mit der reichen Gang des Socs zofft. Zu den Greasers gehören unter anderem auch der junge Johnny Cade (Ralph Macchio), der knasterfahrene Draufgänger Dallas Winston (Matt Dillon), der leicht durchgeknallte Two-Bit Matthews (Emilio Estevez) und Sodapops Arbeitskollege Steve Randle (Tom Cruise). Teilweise malochen sie in miesen Servicejobs (Sodapop brach die Schule ab, um an der Tanke zu arbeiten), teilweise hängen sie einfach nur rum, die Eltern sind desinteressiert und/oder Alkoholiker, sodass die Greasers in erster Linie einander haben.

Die Rivalität mit den Socs ist von kleinen Prügeleien geprägt, doch als Ponyboy im Autokino Cherry Valance (Diane Lane) näherkommt, der Freundin eines Socs, intensiviert sich die Feindschaft der Gangs nur noch – mit verheerenden Folgen…

Schaut euch den Trailer zu „Die Outsider“ an

Filme über Jugendgangs waren Ende der 1970er, Anfang der 1980er schwer angesagt, egal ob als Musical wie „Grease“, als komprimierte Action wie „The Warriors“ oder als Milieustudie wie „The Wanderers“. Mit letzterem hat „Die Outsider“ die meisten Gemeinsamkeiten, ist jedoch noch ruhiger, noch weniger auf Schauwerte fixiert erzählt. Was vielleicht auch nicht die schlechteste Idee ist, denn die große Prügelei zwischen Greasers und Socs gegen Ende gehört jetzt nicht unbedingt zu den elegantesten oder bestchoreographierten Wemmsereien, die jemals auf Zelluloid gebannt wurden. Doch trotz einiger dramatischer Zwischenfälle ist Coppola die Sensationslust fremd, der Todesfälle nicht ausschlachtet und meist noch nicht einmal zeigt – wenn Johnny Ponyboy davor rettet von den Socs in einem Brunnen ertränkt zu werden, erlebt man aus der Sicht der Hauptfigur, wie sich das Wasser rot färbt, erst später sieht man die Leiche des abgestochenen Socs.

Coppola zeigt stattdessen eine Welt der Klassenfeindschaft, die vor allem deshalb besteht, weil es schon immer so war. Wenn Socs-Anführer Randy Anderson (Darren Dalton) Ponyboy gesteht, dass er den großen Showdown gar nicht will und dass er Ponyboy gewissermaßen schätzt, dann kann er dies nur unter vier Augen tun, ohne dass andere Greasers oder Socs es mithören. Es ist eine Welt, in der niemand nachgeben darf: Dass die Socs eigentlich Ponyboy und Johnny ans Leder wollten, wegen einer Flirt-Lappalie, als Johnny einen Soc in Notwehr tötete, spielt keine Rolle bei der Gang-Rivalität, bei der man sich stets im Recht fühlt. Und das Kastensystem an der Schule ist stärker als Gefühle: Cherry bittet Johnny es ihr nachzusehen, wenn sie ihn in der Schule nicht grüßen kann. Doch der Film zeigt, dass es auch anderweitige Entwicklungen ähnlich festgefahren und hohl sein können: Eine heldenhafte Tat dreht das Bild von Ponyboy, Johnny und Dallas in der Öffentlichkeit, obwohl sie davor wie danach im Guten wie im Schlechten die gleichen Jungs sind.

Ponyboy ist der Dreh- und Angelpunkt des Films, durch dessen Augen und Gedanken man die Handlung erlebt. Er ist der Feinfühlige, der Kluge aus der Truppe, derjenige, der es am ehesten zu etwas bringen kann, der vielleicht auch etwas zu zart besaitet für das Gangleben ist. Doch leider geht das zu Lasten der anderen Figuren, gerade wenn er und Johnny sich in der Mitte des Films auf die Flucht begeben und der Rest in diesem Abschnitt mehr oder minder Sendepause hat. Vieles bleibt angerissen: Two-Bits und Steve haben kaum Eigenschaften, die Gründe für Dallas‘ Rebellentum bleiben grobe Umrisse, selbst bei Johnny scheint der schwierige Familienhintergrund bloß angeteasert zu bleiben – und all das selbst in der merklich längeren „Complete Novel“-Fassung. Da will man sich gar nicht vorstellen wie rudimentär die Kinofassung rüberkommt. Auch die Verhältnisse im Hause Curtis werden aufgenommen und fallen gelassen. Darrel muss die Rollen als Bruder, Familienoberhaupt und Gangleader jonglieren, was ihm nicht immer gelingt. Gleichzeitig stellt sich die Frage, ob er wirklich so hart und abweisend zu Ponyboy ist wie dieser immer behauptet oder der Protagonist sich das bloß einbildet. Sodapop hat die ungeliebte Vermittlerrolle und trägt eine besondere Last – der Film deutet an, dass er eventuell die Schule abbrach, um die Familie monetär zu unterstützen und somit Ponyboy ein besseres Leben zu ermöglichen. So hat „Die Outsider“ ein starkes Figureninventar, vermittelt deren Probleme und Lebenskrisen durchaus, doch stets hat man das Gefühl, dass Coppolas Film noch mehr in die Tiefe gehen könnte, dass all das zwar ansatzweise thematisiert, aber nie ganz befriedigend ausgeschöpft wird.

Dabei kann Coppola ein Bild dieser Form dieser Männlichkeit und Brüderlichkeit in einer Sixties-Gang zeichnen. Auf der Straße und im Kampf mit Socs geht es um Toughness und Härte, im Zwiegespräch sieht man die Versehrtheit der Greasers, die teilweise viel zu schnell erwachsen werden mussten, gerade im Falle des bubenhaften Johnny. Sie weinen, sie schmiegen sich aneinander, was gelegentlich in etwas dick aufgetragenen Melo-Kitsch übergeht, aber glücklicherweise nur gelegentlich. Dazu bebildern Coppola und Kameramann Stephen H. Burum („Ein Vater zuviel“) das Ganze oft stark, etwa wenn Ponyboy und Johnny vor einem Sonnenuntergang über ein leitmotivisches Robert-Frost-Gedicht reden („Stay golden“ ist der Leitsatz, der auch am Ende des Films steht), während im Hintergrund die Silhouette einer verlassenen Kapelle hervorragt. Die Sixties-Atmosphäre kann Coppola ebenfalls sehr gut einfangen, trägt allerdings auch hier bisweilen etwas zu dick auf, wenn er sein Publikum mit einem zeitgenössischen Song nach dem anderen beschallt, als ob das morgen verboten werde.

Hinzu kommt ein Jungstar-Cast, der seinesgleichen sucht und fast alle männlichen Brat-Pack-Mitglieder aufstellt. Interessant ist allerdings auch, wie sich die Karrieren entwickelten. Tom Cruise („Mission: Impossible – Dead Reckoning 1“) spielt (mit noch ungerichteten) Zähnen die bestenfalls siebte Geige und bekommt wenig Raum zum Glänzen, stieg danach aber zu einem der größten Filmstars überhaupt auf, während für Hauptdarsteller C. Thomas Howell nach einigen Erfolgen wie „Hitcher“ irgendwann die B-Liga angesagt war. Dabei kann er den anspruchsvollen Part des Ponyboy, der zwischen so vielen Einflüssen hin und her gezogen wird, sehr überzeugend ausfüllen und den Film tragen. Ralph Macchio („Karate Kid“), im Film zwei Jahre älter als Howell und in der Realität sogar fünf, wirkt immer wie das Nesthäkchen, was allerdings zu seiner Figur passt: Er verkörpert Johnny als jemandem, dem jeder Halt fehlt, den die Familie ignoriert, dem aber auch die Stärke und das Selbstbewusstsein viele anderer Greaser abgehen. In der Hinsicht kann vor allem Matt Dillon („Bad Country“) glänzen, der Dallas als Lebemann und tickende Zeitbombe zugleich verkörpert, dessen rabiates Vorgehen immer einen tiefsitzenden Schmerz zu verbergen scheint. Patrick Swayze („Steel Dawn“) bringt Charisma und Muckis als Anführer, Rob Lowe („Salem’s Lot“) ist stark als Bruder zwischen den Fronten und Emilio Estevez („Das Highway-Trio“) kann Two-Bits trotz wenig Screentime Präsenz verleihen. Ansonsten setzen Diane Lane („Zack Snyder’s Justice League“) und Darren Dalton („Die rote Flut“) noch Akzente, aber der Film gehört eindeutig den sieben männlichen Greaser-Darstellern. In Gastrollen sind Musiker Tom Waits als Buck Merrill sowie Vorlagenautorin S.E. Hinton als Krankenschwester zu sehen.

„Die Outsider“ ist ein atmosphärisch dichtes, famos besetztes und schick inszeniertes Jugenddrama, das einen feinfühligen, aber nicht verklärenden Blick auf das Aufwachsen in den 1960ern wirft, sondern sein Gespür für Klassenunterschiede und soziale Benachteiligung beweist. Doch selbst in der „Complete Novel“-Fassung hat man das Gefühl, dass Coppola bei manchen Figuren und Konflikten nur an der Oberfläche kratzt, dass mancher Charakter noch mehr Raum und Screentime vertragen könnte. Neben einigen doch etwas kitschigen Moment der Grund, warum „Die Outsider“ zwar ein wirklich guter, aber kein großartiger Vertreter des Coming-of-Age-Films ist.

Auf VHS erschien „Die Outsider“ in Deutschland in der Kinofassung mit einer kleinen zusätzlichen Kürzung, im Fernsehen lief später die ungekürzte Kinofassung. Auf DVD und Blu-Ray erschien stets die um rund 20 Minuten längere „Complete Novel“-Fassung, auch als Director’s Cut bezeichnet, bei Arthaus/StudioCanal, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. Alle Fassungen haben zwei Audiokommentare an Bord, die Collector’s Edition auf DVD sowie alle Blu-Ray-Fassungen zusätzlich noch mehrere Featurettes, entfallene und erweiterte Szenen und den Trailer zum Film. Streamen kann man den Film natürlich auch.

© Nils Bothmann (McClane)

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