Der eine kommt aus der Musik, der andere aus der Postproduktion. Man kann die beiden Regisseure Michael Popescu und Ufuk Genc, die mit dem Martial-Arts-Happen „Plan B – Scheiß auf Plan A“ ihren Einstand als Filmemacher feiern, also getrost als Quereinsteiger ins Regiefach bezeichnen.
In einer wundervoll improvisierten Interviewsituation standen sie uns Rede und Antwort und erlaubten uns einen spannenden Blick hinter die Kulissen des Actionspaßes. Dabei geriet das Interview deutlich ausführlicher, als ursprünglich geplant, wofür wir uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken wollen!
Von „Plan A“ zu „Plan B“: Die Geschichte hinter der Actionsause
Ich frage jetzt einfach mal ganz salopp: Was waren die Anfänge von „Plan B“?
Michael Popescu: „Plan A“, eigentlich… Dadurch, dass „Plan A“ nicht realisiert wurde, war es Zeit für „Plan B“. Damit gebe ich das Wort an Ufuk.
Ufuk Genc: Willst du die ganze Geschichte hören?
Klar!
Ufuk Genc: Ok, du hast es so gewollt. Michael ist Musikproduzent und hat schon immer diese aktuell so angesagten Eighties-Sachen gemacht. Darüber haben wir beide uns irgendwann kennengelernt und darüber kam es dann auch zum Kontakt mit den Jungs. Die schlugen uns nämlich vor, dass wenn wir irgendwann mal einen Videoclip zu der Musik drehen würden wollen, sie dann gerne dabei wären. Auch kostenfrei, weil sie die Art von Musik, die Michael macht, so gefeiert haben. So haben wir also alle über Michaels Musik zusammengefunden.
Dann kam irgendwann Can (Aydin, einer der „Plan B“-Hauptdarsteller) auf mich zu und meinte, er habe da einen Investoren – einen Deutschen, der in China lebt -, der einfach großes Potenzial in den Jungs sehe. Und der würde gerne einen Film mit ihnen drehen wollen. Can fragte mich, ob ich da nicht dabei sein und meine Erfahrungen in der Postproduktion einbringen wolle. Ich stimmte zu und wir trafen uns mit dem Investor in der Mitte zwischen China und Berlin. Was in Dresden war. *lachen* Alles eine Auslegungssache.
Leider stellte sich bei dem Meeting heraus, dass die Ideen des Investoren allesamt Schnapsideen waren. Er hatte die verquere Vorstellung, für 20 000 Euro einen Film zu machen. Da habe ich gesagt: Nix für ungut. Aber ganz ehrlich, ich habe ein Postproduktionsunternehmen, mit dem schaffe ich für 20 000 Euro nicht einmal die Postproduktion eines 0815-TV-Filmes. Zudem hatte ich keine Lust, dass die Jungs bei dem Projekt verheizt werden. Also sagten wir das Ganze ab.
Doch die Idee eines Filmes fanden wir an und für sich nicht schlecht. Wir hatten selbst schon mal in Richtung Film gedacht. Und so war dieses Ereignis für uns der letzte Schubser, der noch gefehlt hatte, um diesen Schritt zu wagen und zu sagen: Wieso machen wir es nicht einfach selbst? Lasst uns doch einmal schauen, ob wir mit der durch mich gestemmten Postproduktion und euren Stunt-Fähigkeiten in der Hinterhand Investoren finden können, die uns unterstützen würden, einen Film ans Rollen zu kriegen.
Das war der Anfang.
Die Ursprungsidee war auch, dass weder Michael noch ich Regie führen. Die Idee war vielmehr, dass ich, weil ich ja viele Leute kannte, einen erfahrenen Produzenten dazu hole. Dann einen Regisseur engagiere, von dem ich denke, dass er auch mit wenig Geld einen guten Film machen kann. Die Jungs dazu hole. All diese Talente zusammenführe. Die Postproduktion übernehme. Und am Ende wird das schon alles irgendwie funktionieren. Das war „Plan A“.
Und „Plan A“ sollte im Übrigen ein Horrorfilm in Afrika mit Martial Arts werden.
Michael Popescu: Klingt ja erstmal geil!
Ufuk Genc: Genau, klingt erstmal geil. Ist mal was anderes. Und bietet einige Unique Selling Points. „Plan A“ sollte zu Beginn eher Abenteuer bieten bzw. thrillerartig angehaucht sein, weil jemand verschwindet, den man dann wiederfinden will. Und zum Ende hin sollte das in Richtung „From Dusk Till Dawn“ umschlagen. Aber mit der Zeit entwickelte sich das Ganze in eine Richtung, die uns nicht mehr gefallen hat.
Michael Popescu: Es wurde schon ziemlich trashy. So im B- bis C-Movie-Style.
Ufuk Genc: Wir begruben also das Projekt. Dann haben wir überlegt, wie wir weitermachen. Als erstes beschlossen wir, in Berlin zu drehen. Berlin ist eine geile Stadt und Berlin ist international cool. Wir leben in Berlin und das finanzielle Risiko ist im Vergleich zu Dreharbeiten in Afrika einfach geringer. Dann haben wir uns im Februar 2014 hingesetzt und über mögliche Storys sinniert. So kam es dann, dass wir angefangen haben, eine eigene Idee zu entwickeln.
Als dann die Frage der Regie aufkam, überlegten wir uns, warum wir es nicht einfach direkt selbst übernehmen sollten. Immerhin gab es ja auch kaum deutsche Regisseure, die Martial-Arts-Filme gemacht hätten und auf die wir hätten zurückgreifen können. Wir dagegen hatten die Idee mit entwickelt und wussten genau, was wir wollen. Für uns war bald klar, dass wir es einfach selber machen mussten. So kam dann das eine zum anderen. Und am Ende kam „Plan B“ zustande.
Der Glaube an das Funktionieren von „Plan B“
Was hat euch über diesen langen Weg hinweg daran festhalten und daran glauben lassen, dass das am Ende alles funktionieren wird?
Michael Popescu: Zu einem gewissen Grad war da sicherlich auch eine Menge Naivität unsererseits im Spiel. Ich denke – zu Ufuk Genc gerichtet – wärst du in diesem Zeitabschnitt ein erfahrenerer Filmproduzent gewesen, hättest du den Film vielleicht niemals gemacht. Ok, vielleicht doch, aber es war meines Erachtens immer ein großes Risiko, das wir da alle eingehen mussten.
Ufuk Genc: Es wäre vermessen, zu sagen, wir hätten gewusst, dass es funktionieren würde. Ganz ehrlich, wir haben uns da zwischendurch ohne Ende einen abgeschwitzt. Als wir angefangen haben, war mir klar: Wir machen jetzt einen Film, der wird ins Kino kommen. Zu dem Zeitpunkt hatte ich noch keinen Film produziert. Da wusste ich überhaupt noch nicht, wie kompliziert beispielsweise der Vertrieb läuft. Und wie viel Glück man hat, wenn man heutzutage als deutscher Produzent einen Film produziert, der es tatsächlich ins Kino schafft. Von einem Major-Deal ganz zu schweigen. Das war mir so in der Form nicht bewusst.
Was ich wusste, war, was die Jungs drauf haben, was wir in der Postproduktion noch machen können und was für ein Netzwerk wir zur Verfügung stehen haben. Aus diesem Glauben an das Gute, was wir auf der Habenseite verbuchen konnten, und der bereits erwähnten Naivität heraus, habe ich immer fest daran geglaubt, dass wir es schaffen werden, den Film umzusetzen und auf die große Leinwand zu bringen.
Michael Popescu: Das war tatsächlich von Anfang an auch der Ansatz: Dass wir sagen “Ok, wir drehen jetzt mit den geringen Mitteln, die wir haben, einen Film, der kinofähig sein muss.”
War es unter diesen Bedingungen schwer, Geldgeber von eurer Idee zu überzeugen?
Michael Popescu: Banküberfall. Thema erledigt. *lachen*
Ufuk Genc: Da haben wir einfach Glück gehabt! Ich hatte überlegt, wen ich so kenne, der als Investor in Frage käme. Daraus entstand eine Liste mit sieben potentiellen Investoren. Der erste Investor meinte sofort: Das klingt echt gut. Ich bin dabei. Unter einer Bedingung: Ich bin der alleinige Investor. Es gibt Schlimmeres *lacht*. Da hatten wir also Glück gehabt.
Im Nachhinein würde ich das bei weiteren Projekten etwas anders machen. Eher raus aus dem privaten Dunstkreis gehen. Investoren mit mehr persönlichem Abstand hinzuziehen. Klassische Investoren bemühen. Denn wenn man die Investoren persönlich kennt und dann bedenkt, was alles schiefgehen kann, wird einem schon etwas anders. Zumal man den Leuten nach dem Projekt ja immer noch in die Augen gucken können will – auch wenn etwas haarsträubend schief gelaufen ist.
Die Dreharbeiten zum Film
Wie lange hat die Produktion von „Plan B“ von der Idee bis zum fertigen Film gedauert?
Michael Popescu: Die Idee kam im Februar 2014 auf. September 2014 bis November 2014 haben wir gedreht. Im November 2015 haben wir den Schnitt gelocked. Also da waren die Arbeiten rund ums Bild weitgehend abgeschlossen. August 2016 haben wir sämtliche andere Arbeiten, also Ton, Mischung, Color-Grading, Musik usw. abgeschlossen. Seitdem gab es zwar noch kleinere Veränderungen, aber man kann schon sagen, dass es seit August 2016 eine Version gab, die man als fertig bezeichnen konnte.
Ufuk Genc: Seltsamerweise ging die eigentliche Entstehung der Produktion sensationell schnell. Wenn man überlegt, dass man bei einem Bier im Februar sagt: Ok, wir machen es jetzt selbst, und im September wird bereits gedreht, dann ist das schon sehr sehr schnell. Dass im Verhältnis gesehen dann die Postproduktion, also mein eigentliches Fachgebiet, so lange gedauert hat, ist eigentlich sehr untypisch. Lag aber auch wiederum daran, dass ich da unsicher war.
Zum einen, weil es halt zwei Regisseure gab. Da hat jeder seine eigenen Vorstellungen und Gedanken. Wobei wir dann beschlossen hatten, dass Michael bei Entscheidungen in der Postproduktion federführend sein sollte. Zum anderen waren da eben die privaten Gelder. Wegen denen wollte ich aus der Verpflichtung dem Investor gegenüber heraus, zu hundert Prozent sichergehen, dass wir das Optimum erreichen.
Obwohl der Film fertig geschnitten war, habe ich noch vier Testscreenings machen lassen und immer darauf bestanden, Sachen noch einmal ruhen zu lassen, noch einmal drüber zu schlafen, etwas zu verändern usw.. Dadurch habe ich den Prozess auch massiv verzögert. Ich glaube, hätte ich diese Unsicherheiten nicht gehabt, dann hätten wir den Film sicherlich gute neun Monate früher beenden können. Im Nachhinein betrachtet waren diese neun Monate für mich wirklich ein Luxus. Denn es ist in unserem Business ganz sicher kein Standard, sagen zu können: Nein, wir probieren so lange herum, bis wir das Optimum erreicht haben.
Michael Popescu: Man darf aber auch nicht vergessen, dass die Postproduktion verzögert wurde, weil unser Cutter in Frankreich lebt und der Sounddesigner in Spanien… die also nicht mal eben um die Ecke waren, um schnell etwas zu besprechen.
Die Arbeit des Action-Regisseurs Can Aydin
Interessante ist ja, dass ihr im Endeffekt sogar drei Regisseure wart. Immerhin hat ja Can die Action-Regie übernommen. Hier interessiert mich, was ihr als Regisseure für Weisungen an den Action-Regisseur weitergebt bzw. weitergeben müsst, damit am Ende ein homogenes Ganzes entsteht.
Michael Popescu: Generell war es so, dass Can in den Actionszenen natürlich die Kontrolle über die Winkel hatte, komplett die Auflösung bestimmte und alle Anweisungen gab, die actionrelevant waren. Die Szenen wurden allerdings vorher schon von ihm exakt vorbereitet. Er hatte sie vor den Dreharbeiten bereits mit den Jungs hier in dieser Halle und nebenan choreografiert, gefilmt, entsprechend geschnitten und somit für uns previsualisiert. Jede Einstellung war schon fest in seinem Kopf, als er ans Set gegangen ist.
Dementsprechend konnten wir uns auch schon vorher ein wenig abstimmen. Wir haben aber natürlich auch visuell eine Synergie geschaffen. Vor allem im Endkampf, wo wir diesen Riesenshowdownfight zwischen den beiden Parteien Phong vs. Lorenz und Can vs. Aristo haben. Da sieht man ja schon, dass die visuellen Elemente videospielartiger und dank der Fahrten und des Gegenlichtes aufwändiger werden. Alles sollte eben ein bisschen anders als zuvor wirken. Und das sind dann natürlich Sachen, wo wir dann auch Einfluss genommen haben. Aber generell ist die Action das Ergebnis der eisernen Hand von Can.
Ufuk Genc: Und das war auch das Konzept. Wir sind eine Familie. Wir arbeiten zusammen. Und es hat alles deswegen so gut funktioniert, weil wir von Anfang an unsere Kompetenzbereiche abgesteckt haben. Es war ganz klar für uns alle, wenn es um Action geht, übernimmt Can das Ruder. Wir gehen derweil nach hinten und versuchen, ihn zu unterstützen, wo wir ihn unterstützen können.
Beispielsweise wussten wir genau, worauf er Wert legt und haben darum auch geschaut, ob seine Takes so geworden sind, wie er es sich vorgestellt hatte. Hatten sie Energie oder hatten sie keine Energie? Landete der Schlag im Gesicht oder ein bisschen drüber? Das haben die Jungs zwar häufig unter sich ausgemacht, aber diverse Male haben auch wir da mitgeholfen. Das konnten wir eben auch deshalb, weil Can alle Actionszenen, wie Michael bereits erwähnte, schon akribisch vorbereitet hatte und uns im Vorfeld zeigte, was er vorhatte und dann viel Rücksprache mit uns hielt.
So fragte er bereits ganz zu Beginn, noch bevor überhaupt am Drehbuch gearbeitet wurde: Was für eine Art von Action wollt ihr? Wollt ihr sie „dirty“ a la „The Raid“ oder wollt ihr familientauglich a la Jackie Chan? Was sind da eure Gedanken? Es war also immer klar: Er hat das Ruder bei der Action in der Hand, hält aber immer auch Rücksprache mit uns, damit wir alles wie aus einem Guss wirken lassen können.
Michael Popescu: Das Gute war auch, dass wir und die Jungs in der Phase, in der wir an der Story für „Plan B“ arbeiteten, auch schon begannen, uns vorzubereiten. Wir drehten nämlich nebenher ein paar kleine Kurzfilme. Unter anderem auch mit Heidi Moneymaker, die ja in „Plan B“ mitspielt. Mit ihr haben wir einen Kurzfilm im Tiergarten gedreht. Das war ziemlich interessant. Oder „Bad Choice“ mit Sam Hargrave. Der wurde im Übrigen auch hier in der Halle, in der wir gerade sitzen, gedreht.
Bei den Kurzfilmen haben wir schon einen guten Einblick bekommen, wie das Ganze funktioniert. Ich bin ja jetzt auch nicht mit Actionfilmen groß geworden. Also nicht als Macher. Als Zuschauer schon. Von daher war es natürlich sehr interessant, schon mal ein bisschen zu trainieren. Das waren also zwei Vorbereitungsprojekte, die wirklich sehr viel gebracht haben. Und wo ich auch viel gelernt habe. Etwa was Can kameratechnisch wichtig ist und so konnte ich ihm da bei „Plan B“ teilweise auch sehr gut helfen. So hat sich das dann alles ergänzt.
Die Musik von „Plan B“
Michael, du warst ja nicht nur einer der beiden Regisseure von „Plan B“, sondern hast auch den Soundtrack zum Film beigesteuert. Wie muss man sich das vorstellen? Hast du die Szenen da schon mit einem bestimmten Musikstück im Hinterkopf arrangiert? Oder ist die Musik im Nachhinein entstanden und wurde dann auf die geschnittenen Szenen abgestimmt?
Michael Popescu: Es ist interessant, dass du das erwähnst, weil Can die Musik extrem wichtig ist. Wenn er seine Actionszenen schneidet, schneidet er sie immer auf eine gewisse Musik, eine gewisse Energie. Das ist natürlich sehr wichtig für mich, weil ich sehe, ok, was stellt er sich in den Actionszenen vor. Da bin ich nicht unbedingt federführend, supervise eher. Denn ich will da natürlich seine Einflüsse, seine Wünsche, seine Erfahrungen berücksichtigen.
Bei den anderen Szenen ist es eher so, dass die Geschichte an sich funktionieren muss. Man schneidet natürlich auch auf Temp-Tracks, hat also immer so kleine Musikstücke, die man sich drunter legt. Aber der Luxus für mich bestand darin, dass ich quasi selber bestimmen konnte, ob ich mich an die Tracks halte, die da unter dem Schnitt liegen, oder nicht.
Normalerweise ist es nämlich so: Du kriegst als Komponist den fertig geschnittenen Film mit einem temporären Score. Und an den musst du dich halten. Du musst die Beats bedienen. Du musst im Prinzip eigentlich schon fast das Thema kopieren. Und am Ende des Tages hast du eigentlich nichts von dir eingebracht. Das ist dann nur noch so nachgemachtes Zeug. Das hört man in letzter Zeit ja immer öfter.
Aber hier konnte ich komplett selber entscheiden. So gab es durchaus Situationen, wo ich dachte: Irgendwie finde ich hier den Rhythmus falsch. Der Schnitt funktioniert, aber die Musik, die müsste man noch einmal anders machen. Dementsprechend war ich hier also eher im Nachhinein tätig, was den Score angeht. Ich habe also nicht die Musik im Kopf gehabt und dann die Szenen dementsprechend irgendwie gedreht, sondern es geht immer erst um die Geschichte, die Figuren, den Rhythmus und dann muss man das mit Musik unterlegen und so bestimmte Momente betonen, ausbalancieren, verändern oder damit spielen.
Mike Möller und „Plan B – Scheiß auf Plan A“
Ich fand die Episode „Thriller Night“ sehr witzig. Auch wegen dem Auftritt des Übersatanisten Mike Möller. Wie ist er zu dem Projekt dazu gestoßen?
Michael Popescu: Mike gehört natürlich zu „Reel Deal Action“!
Ufuk Genc: Auf jeden Fall. Mike Möller und „Reel Deal Action“ verbindet eine lange Zusammenarbeit. Die Jungs haben ja auch in den Filmen von Mike mitgemacht. Nun hat Mike in unserem Film mitgemacht. Wäre Mike in der Produktionsphase nicht so sehr in eigene Projekte eingebunden gewesen, dann hätten wir sicherlich auch versucht, ihn noch mehr zu integrieren. Mike ist halt gut gebucht und viel unterwegs.
Aber seinen Auftritt haben wir uns nicht nehmen lassen, weil er ein sehr guter Fighter ist. Es ist ja schon ein Highlightkampf zwischen ihm und Cha. Das krasse bei den beiden ist, dass sie so dermaßen schnell und gut in ihren Beintechniken sind. Darum wurde der ganze Kampf auch total auf die beiden optimiert. Er ist sehr beinlastig, sehr akrobatisch, mit vielen Sprüngen… das können die beiden einfach supergut performen. Und es war einfach nur eine Wonne, den beiden dabei zuzugucken.
Eine Hommage an die 80er und 90er Jahre
Wie kam eigentlich dieser richtig schön krasse 80er/90er-Einschlag zustande?
Michael Popescu: Das fängt da an, wo Ufuk vorhin angesetzt hat. Can war verrückt nach einem von mir produzierten Act, der komplett auf die 80s abgestimmt war. Wenn Can solche Musik hört, rastet er aus. Und wenn er dann in so einem Moment auf einen anderen „Idioten“ stößt, der auch irgendwie in der Zeit kleben geblieben ist, dann fließen da viele Energien ineinander. Und natürlich nutzen wir dann auch, was uns begeistert.
So war der 80s Einschlag fast schon zwingende Voraussetzung für den Film und findet sich ja nun auch zuhauf. Das Licht, die Kameraführung, die Charaktere natürlich – ich sage nur Robert Cobb alias Robocop – die Neonfarben. Das wurde zum Konzept und zog sich dann konsequenterweise durch den Film.
Ufuk Genc: Absolut. Und eines kann man nicht von der Hand weisen: Die Filme dieser Zeit haben uns alle geprägt. Seien es „Rambo“ oder Jackie-Chan-Filme, die haben uns so dermaßen beeinflusst, dass für uns der Zeitpunkt gekommen war, auch mal was zurückzugeben. Die Musik, die Outfits, die Filme… das war alles geil. Ok, die Storys der Filme waren teilweise etwas platt, aber ich mag das. Die waren straight.
Michael Popescu: Die haben sich selber auch nicht so ernst genommen. Wenn du einen „Lethal Weapon“ guckst, ist das einfach locker, flockig…
Das fand ich an „Plan B“ eben auch gut, dass man merkt, dass sich sowohl die Darsteller als auch der Film selbst nicht zu ernst nehmen. Das hätte richtig vor die Wand gehen können, wenn es bemüht gewirkt hätte. Aber es wirkt locker und funktioniert richtig gut.
Wird es mehr Genrefilme aus Deutschland geben?
An meine Ausführungen anschließend direkt die nächste Frage: „Plan C“, gibt es Pläne?
Michael Popescu: Natürlich!
Ufuk Genc: Geplant immer. Definitiv. In erster Linie soll es aber weitergehen. Ob das direkt ein „Plan C“ wird, wird sich zeigen. Das würden wir natürlich auch davon abhängig machen, wie gut „Plan B“ angenommen wird. Wir wollen ja den Leuten nichts aufzwingen. Wenn wir merken, dass „Plan B“ nicht ganz das Ding ist, dann wird es vermutlich keinen „Plan C“ geben. Aber ganz ganz sicher geht es weiter.
Mehr Genrekino aus Deutschland wäre schon toll!
Ufuk Genc: Da stimme ich dir vollkommen zu. Die Deutschen waren immer gute Filmemacher. Und mittlerweile kennt uns gefühlt keiner mehr und wir sind eine Art Lachnummer geworden. Warum? Wir können es doch! Lasst uns doch bitte einfach mal mehr Genrefilme machen. Und Filme machen, für die wir wieder Respekt und Aufmerksamkeit weltweit bekommen. „Plan B“ ist weltweit extrem gut verkauft worden! Trotz der deutschen Sprache! Nach Frankreich, Spanien, in die Türkei, Japan, Vietnam, Kambodscha, China ist im Gespräch, Russland auch, HBO Eastern Europe…
Das sage ich jetzt nicht, um zu zeigen, wie toll wir sind. Vielmehr geht es mir darum, zu zeigen, dass auch Filme, die keinerlei Förderung erhalten, von den zuständigen Stellen sogar ausgelacht werden, ihr Publikum finden! Die Leute wollen solche Filme. Die Leute stehen drauf. Lasst uns doch die Leute bitte bedienen! Genau deshalb wird es bei uns auch ohne Wenn und Aber mit Genrefilmen weitergehen!
Die Themen Filmförderung und gegen Windmühlen kämpfen beobachteten wir bei den Actionfreunden intensiv am Beispiel von Uwe Boll. Da war ich zuletzt dabei, wo er bei einer Kinotour seinen Rückzug vom Regieführen ankündigte, weil er es einfach nicht mehr bezahlen könne und nie irgendwie gefördert werde. Und so schlecht die Filme für viele zumeist gewesen waren, es bricht dennoch wieder ein Stück deutsche Genrearbeit weg.
Ufuk Genc: Definitiv. Das war schon Lobbyarbeit für das Genre.
Michael Popescu: Uwe Boll hat schon auch ein bisschen dafür gesorgt, dass es mit dem Ruf der deutschen Filmemacher etwas bergab ging. Vor allem seine frühen Filme waren doch teilweise sehr schlecht. Das Ding bei ihm ist aber, dass er mit der Zeit immer besser geworden ist. Und da ist es freilich schade, dass genau in diese Phase sein Abschied fällt bzw. ihm genau da das Geld „ausgeht“. Aber er hatte einfach den Ruf weg: „Uwe Boll = Scheiße“. Dagegen kommst du irgendwann nicht mehr an.
Ufuk Genc: Genre-Arbeit kann eben Fluch und Segen sein. Fluch deswegen, weil du keine Finanzierung/Förderung bekommst. Die Förderungsanstalten haben uns tatsächlich ausgelacht! Und Segen, weil man dadurch dazu gezwungen wird, Leute zu finden, die sagen: „Einen Martial Arts Film? Willst du mich verarschen? Ok, ich bin dabei!“ Genau die stehen dann meist bedingungslos und voller Enthusiasmus hinter einem.
An der Stelle darum auch noch einmal ein großes Dankeschön an die Fox, dass jene so mutig ist, diesen Film ohne große Stars ins Kino zu drücken. Weil sie daran glauben. Ohne solche Partner hätten wir keine Chance, irgendwas in der deutschen Filmlandschaft zu verändern. Wir hoffen, dass „Plan B“ den Markt ein bisschen öffnet. Andere talentierte Leute auch ihre Projekte umsetzen können und finanziert bekommen. Wir sehen das wirklich im Sinne des Genres, dass unser Film, ohne vermessen klingen zu wollen, etwas Kleines aufbricht und so der Samen gesät wird, um dem Genre in unserem Land wieder eine Chance einzuräumen. Das hoffen wir wirklich.
Dafür drücke ich alle erdenklichen Daumen, wünsche euch viel Erfolg mit „Plan B – Scheiß auf Plan A“ und bedanke mich für das Gespräch!