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Du sollst nicht töten außer…

Originaltitel: Thou Shalt Not Kill… Except__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1985__Regie: Josh Becker__Darsteller: Brian Schulz, Robert Rickman, John Manfredi, Timothy Patrick Quill, Sam Raimi, Cheryl Hausen, Perry Mallette, Rick Hudson, Pam Lewis, Ted Raimi, Scott Spiegel, Bruce Campbell u.a.
Du sollst nicht töten außer…

In Josh Beckers “Du sollst nicht töten außer…” lässt die Sam-Raimi-Clique Vietnamveteranen auf Kultisten los

Wenn es um markige Titel geht, dann hat Josh Beckers „Du sollst nicht töten außer…“, im Original „Thou Shalt Not Kill… Except“, die Langversion seines Kurzfilms „Stryker’s War“, definitiv einen Spitzenplatz. Wenn es um sonstige Qualitäten geht, dann sieht es bei Beckers Film allerdings etwas düster aus.

„Du sollst nicht töten außer…“ beginnt zur Zeit des Vietnamkriegs, in dem Sergeant Jack Stryker (Brian Schulz) mit seinen Kameraden Sergeant Walker J. Jackson (Robert Rickman) und Lieutenant Corporal Tim Tyler (Timothy Patrick Quill) gegen die bösen Kommies kämpft, wobei die Hubschrauberszenen anscheinend Footage von woanders her sind. Second Lieutenant David Miller (John Manfredi) plant mit ihnen und anderen Kameraden einen dämlich erdachten Überfall auf ein Vietcong-Lager, den – dämlicher Planung sei Dank – nur die vier überleben. Dabei gibt die dilettantische Actionsequenz schon einen Ausblick auf das Kommende: Die Soldaten nähernd sich frei stehend dem Stützpunkt, knallen zwei Wachen ab, woraufhin die Vietcong sie einfach abräumen. Als der verletzte Stryker jedoch auf Jacksons Rücken klettert, die beiden weiter übers freie Feld hinweg zwischen die Vietcong laufen und diese abknallen, stehen diese seelenruhig herum und lassen das quasi ohne Gegenwehr geschehen.

Back in the USA geht derweil ein Kult unter der Führung eines besonders verzauselten Hippies (Sam Raimi) umher, ermordet und entführt harmlose Leute. Sollten die Jahresangaben zu Beginn noch nicht deutlich genug darauf verweisen, dass es hier um die Manson Family in verklausulierter Form geht, dann streut „Du sollst nicht töten außer…“ noch weitere Hinweise: Eine Familie wird in ihrem Heim überfallen und von den Kultisten, welche die Hippie-Bewegung pervertieren, umgebracht, an anderer Stelle wird einmal kurz „Rosemary’s Baby“ erwähnt, von Roman Polanski, dessen Frau Sharon Tate ja durch die Hand der Manson Family starb.

Davon ahnt Stryker noch nichts, als er mit einem Hinkebein aus dem Krieg zurückkehrt und den Kontakt zu seiner Jugendliebe Sally (Cheryl Hausen) wieder aufnimmt. Diese allerdings fällt dem Kult in die Hände. Gut, dass Strykers Kumpels gerade zu Besuch sind und der Veteran reichlich Waffen gebunkert hat…

httpv://www.youtube.com/watch?v=WeW3gSozGeU

Klingt nach der Prämisse für einen temporeichen Actionreißer? Ist aber keiner. Denn bis die Entführung stattfindet bzw. von Stryker bemerkt wird, sind zwei Drittel des Films verstrichen, während das letzte Drittel fast nur aus dem Showdown besteht. Während der Exposition gibt es dröge Vietnam-Szenen, denen man a) ansieht, dass sie im Wald um die Ecke und nicht in Vietnam gedreht wurden, die b) unter der schlechten Actioninszenierung (siehe oben) leiden und c) auch gar nichts zur Charakterentwicklung beitragen. Sicher, Tyler macht sich kurz Vorwürfe ob des schlecht geplanten Überfalls und der daraus resultierenden Behinderung Strykers, aber mit einem „Schwamm drüber“-Kommentar ist das dann auch abgefrühstückt.

Im Mittelteil wird es besonders zäh, denn neben der Turtelei zwischen Stryker und Sally folgt man vor allem seinen drei Kumpels, die saufen, Anhalterinnen aufreißen und sich vor einer Bar mit Rockern prügeln, wobei schmerzlich bewusst wird, dass Choreographie- und Kampfkunstkenntnisse bei Cast und Crew nur begrenzt vorhanden waren: Wenn John Manfredi („Die fantastische Welt von Oz“) einen Drehkick ausführt, legt er sich aufgrund schlechter Balance beinahe auf die Fresse, es ist oft offensichtlich, dass die Kämpfer aneinander vorbeihauen, und die bösen Rocker stehen auch immer ganz artig daneben und greifen erst an, wenn der jeweilige G.I.-Held gerade ihren Kumpel fertig durch die Mangel genommen hat. Noch dazu sind diese dauerbesoffenen Army-Proleten null sympathisch, eigentlich auch Stryker nicht, mit dem sie nach ihrer Ankunft minutenlang Zielübungen auf einen Holzverschlag veranstalten.

Interessant an „Du sollst nicht töten außer…“ ist vor allem die Tatsache, dass die Sam-Raimi-Crew hier massiv mitwerkelte. Raimi („Terminal Force“) gibt den Kult-Anführer mit teilweise schwarz gefärbten Zähnen, Zauselperücke und wirrem Gestammel, sein Bruder Ted („Harte Ziele“) ist als kettenbehangener Kultist ebenso dabei wie Scott Spiegel („Darkman“) und Bruce Campbell („Evil Dead“) in einer Minirolle, der im zugrundeliegenden Kurzfilm die Hauptrolle spielte. Da er zum Drehzeitpunkt schon in der Schauspielergewerkschaft SAG war und keine Nicht-SAG-Produktionen annehmen durfte, konnte er nur diesen Miniauftritt ohne Nennung annehmen und beim Schnitt des Films helfen.

In gewisser Weise ist „Du sollst nicht töten außer…“ eine Art Gegenstück zu Raimis „Tanz der Teufel“: Sowohl Becker als auch Raimi strickten Kurzfilme zu Langfilmen um („Within the Woods“ in Raimis Fall), drehten kostengünstig im Wald mit ihrer Clique und lieferten Low-Budget-Beiträge zu verschiedenen Genres. Doch wo dies bei Raimis Horrorfilm kultverdächtig funktionierte, geht es bei „Du sollst nicht töten außer…“ komplett in die Hose. Denn es fehlt Becker an Raimis inszenatorischem Feinschliff, auch wenn im letzten Drittel öfter mal auf eine ähnlich durch den Wald wirbelnde Kamera wie sein Kumpel setzt, wenn die Army-Boys dann zum Vergeltungsschlag gegen die Kultisten blasen. Dabei splattert es bei Schuss-, Stich- und Schnittwunden zwar ordentlich saftig, gerade wenn es den Oberschurken am Ende auf den Resten eines Motorrades aufspießt, aber die Action ist immer noch grobschlächtig und manchmal amateurhaft gemacht, trotz Second-Unit-Regie durch den späteren Actionregisseur Sheldon Lettich („The Order“). Hin und wieder kommen interessante Kameraperspektiven nach Art der Raimi-Clique zustande (etwa wenn auf einem Säbel befestigt, wenn ein Opfer damit erschlagen wird), der Schnitt ist nicht ganz so katastrophal wie bei den vorigen Actionszenen, aber wirklich eindrucksvoll ist das Geballer, Gehaue und Gesteche auch nicht. Zumal man sich manchmal fragen muss, ob der Film ernst gemeint ist, wenn die Helden nicht nur mit pathetischer Militärmusik glorifiziert werden, während auf dem Van der Kultisten quasi jeder Spruch der Hippie- und der Bürgerrechtsbewegung (u.a. „Power to the People“) steht.

Aber das sind vielleicht schon zu viel Überlegungen für einen billig im Wald um die Ecke zusammengeschusterten, mau gespielten B-Reißer, der zwar viele Bekannte aus der Raimi-Clique vereint, aber zwischenzeitlich ordentlich langweilt und actionseitig erst im Finale etwas besser wird. Immerhin: Es suppt ordentlich bei den Gore-FX, aber das macht aus „Du sollst nicht töten außer…“ auch keinen sonderlich guten Actionfilm.

Während die deutsche VHS ab 18 und in nur einer Szene gekürzt war, sind die DVD von Marketing und die Blu-Ray von Shock Entertainment ungekürzt und ungeprüft erschienen. Das Bonusmaterial umfasst einen Audiokommentar von Josh Becker, einen der Darsteller und eine entfallene Szene auf DVD, auf Blu-Ray gibt es zusätzlich eine Featurette, ein Interview mit Bruce Campbell und den zugrundeliegenden Kurzfilm.

© Nils Bothmann (McClane)

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Copyright aller Filmbilder/Label: Marketing/Shock Entertainment__FSK Freigabe: ungeprüft__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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