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Duell – Enemy at the Gates

Originaltitel: Enemy at the Gates__Herstellungsland: Deutschland, Großbritannien: Irland, USA, Frankreich, Großbritannien__Erscheinungsjahr: 2001__Regie: Jean-Jacques Annaud__Darsteller: Jude Law, Ed Harris, Rachel Weisz, Joseph Fiennes, Bob Hoskins, Ron Perlman, Eva Mattes, Gabriel Thomson, Matthias Habich, Sophie Rois u.a.
Duell - Enemy at the Gates DVD Cover

Jude Law vs Ed Harris in “Duell – Enemy at the Gates”.

Wir müssen zunächst den großen Elefanten im Raum ansprechen. Denn es fällt angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage schwer, einen Film zu genießen, der ein Hohelied auf einen russischen Soldaten singt, der sich als Scharfschütze in der russischen Armee verdingte und hier aufgrund hunderter Abschüsse zu einer wichtigen Propagandafigur mutierte. Doch „Enemy at the Gates“ transportiert auch Punkte, die genau dieses Unwohlsein zumindest abzumildern wissen.

So werden die wesentlichen russischen Charaktere im Film von hervorragenden, überwiegend britischen Darstellern gespielt. Die russische Armee, beziehungsweise deren Führungsriege, wird in dem Film wahrlich nicht glorifiziert, eher im Gegenteil. In dem Zusammenhang wird auch das Monstrum Krieg als genau das gezeichnet: Als ein menschenverzehrendes Monster.

Im Zweiten Weltkrieg standen die Russen zudem auf der richtigen Seite der Geschichte, wollten einen Krieg beenden. Da muss man keine Geschichtsklitterung betreiben. Und last but not least bedient „Enemy at the Gates“ einfach mal eines der Actiontopos schlechthin: Das Duell (so auch der deutsche Alternativtitel) zweier absolut ebenbürtiger Männer, die sich gegenseitig beharken. Dabei mag das rahmende Drama um den Kampf um Stalingrad etwas unfein in den Hintergrund geraten, wofür „Duell – Enemy at the Gates“ auch harsch kritisiert wurde, aber das Duell an sich zieht schon sehr gelungen in den Film hinein.

Schaut in den Scharfschützen-Actionfilm mit Jude Law hinein

httpv://www.youtube.com/watch?v=8cnIEq1cs4s

Dieser beginnt im September 1942. Nazideutschland befindet sich auf dem Gipfel seiner Triumphe und ist weit ins Herz von Russland vorgestoßen. Die Deutschen stehen kurz davor, die Gebiete zu erobern, die die wichtigsten Ölvorkommen Russlands beherbergen. Auf dem Weg dahin liegt die Stadt Stalingrad. Und die will Hitler unbedingt nehmen. Sie ist für ihn ein Symbol. Die Stadt mit dem Namen des Führers des Landes, das er soeben zu überrennen gedenkt.

Doch Stalin sieht die Situation sehr ähnlich und er weiß: Fällt Stalingrad, fällt Russland. Entsprechend wirft er alles in die Kämpfe rund um die Stadt, was ihm zur Verfügung steht. Darunter auch Wassili Saizew. An seiner Seite stürzen wir in die Auseinandersetzungen um Stalingrad. Angeliefert wie Schlachtvieh in einem Gütercontainer der russischen Bahn, taumelt er mit seinen Kameraden mitten ins Chaos. Höherrangige Soldaten peitschen sie mit Flüstertüten und vorgehaltenen Waffen in Richtung Wolga. Hier warten Schiffe, um die Neuankömmlinge nach Stalingrad zu verfrachten. Auf dem Weg dahin werden sie von Stukas beschossen. Transportschiffe explodieren, Soldaten werden von Kugeln zerfetzt.

Es dröhnt, es kracht, Wasser spritzt, mittendrin der ungläubige Wassili Saizew. An den Ufern von Stalingrad angelandet, werden die Soldaten zu einem Waffentransporter gedrängt. Hier bekommt jeder zweite Soldat eine Waffe. Der andere bekommt Munition in die Hand gedrückt und soll gefälligst die Waffe von seinem Kameraden übernehmen, sobald dieser fällt. Direkt danach wird den Soldaten befohlen, eine deutsche Stellung einzunehmen.

Diese ist top ausgerüstet und zerfetzt die heranstürmenden Soldaten mit präzisen Maschinengewehrsalven. Schnell wird den Soldaten klar: Sie wurden in eine Menschenmühle geschickt. Die jungen Männer sterben wie die Fliegen. Wer dem sinnlosen Töten entkommen will und vom Schlachtfeld zu fliehen versucht, wird von den eigenen Kameraden als Deserteur erschossen.

Die ersten 15 Minuten von „Enemy at the Gates“ bilden ein einziges Sperrfeuer aus unglaublichen Vorgängen, an deren Ende ganz lapidar steht: Das Leben eines Soldaten ist in den Zeiten eines Krieges keinen Pfifferling wert. Das malt Regisseur Jean-Jacques Annaud mit fettem Pinselstrich auf die Leinwand und scheut dabei keinen Aufwand. Statisten wuseln umher, zig Schiffe verkehren auf der Wolga, die Stukas kreisen und werfen ihre tödliche Last ab, Stalingrad sieht längst nicht mehr wie eine lebendige Stadt aus, sondern liegt komplett in Trümmern – und dann werden die Soldaten blutig aus dem Leben gerissen.

„Duell – Enemy at the Gates“ ist bis hierhin fürwahr kein Kriegsfilm, denn hier wird nichts beschönigt. Das nimmt auch ordentlich mit und spätestens wenn Russen Russen killen und irgendwas von Desertation gefaselt wird, ist man nur noch fassungslos. Danach schaltet der Film einige Gänge runter. Wassili Saizew hat den Irrsinn überlebt. Er liegt inmitten zahlloser gefallener Kameraden im Niemandsland und harrt aus. Da taucht Politkommissar Danilow am Schauplatz des Geschehens auf. Der unbedarft wirkende Propagandasoldat droht mit seinem Verhalten alsbald von deutschen Soldaten ertappt und getötet zu werden.

Wassili nimmt sich darum der Situation an und tötet eiskalt und präzise alle deutschen Soldaten, die ihm vor das Gewehr laufen. Danilow ist beeindruckt von dem jungen Soldaten und er beschließt gemeinsam mit Nikita Chruschtschow, Wassili zum Helden der russischen Propagandamaschinerie aufzubauen. Wassili wird infolgedessen einem Scharfschützenregiment zugeteilt und tötet einen deutschen Soldaten nach dem anderen. Das macht den Russen im Allgemein und jenen in Stalingrad im Besonderen Mut und Hoffnung.

Die Heldentaten von Wassili dringen freilich auch bis in die deutsche Heeresleitung durch und so entsendet jene Major König. Einen brillanten Scharfschützen mit eigenwilligen Taktiken, der Wassili mit Vehemenz aufs Korn nimmt.

Mit der Ankunft von Ed Harris als Major König verliert „Enemy at the Gates“ an Komplexität. Der Kampf um die Stadt wird auf den Kampf der beiden Superscharfschützen reduziert. Das gerät aufgrund der intensiven Inszenierung des Duells sehr spannend, dass diese krasse Verengung des Fokus aber vielen Zuschauern auch negativ aufstieß, kann man absolut nachvollziehen. Mehr noch stört mich allerdings die Anbiederung des überwiegend europäisch produzierten Kriegsfilmes an das Erzählkino Hollywoods.

Es ist nachvollziehbar, dass man bei einer solchen Großproduktion (der Film soll um die 75 Millionen Dollar gekostet haben) auf Nummer sicher gehen und auch einen emotionaleren Kern etablieren wollte. Das daraus folgende, ziellos wirkende Hin und Her in einer sich niemals durchdacht anfühlenden Dreiecksgeschichte zwischen Wassili, Danilow und der aparten Tanja Tschernowa hätte es so aber nie gebraucht. Es ist toll, dass Annaud die Rolle russischer Kämpferinnen in seinem Film feiern wollte, sie aber ausgerechnet im Falle der Hauptdarstellerin zum Zankapfel zweier Männer zu machen, wirkt dann doch kontraproduktiv.

Interessant bleiben die Zwischentöne zur Propaganda im Krieg. Wenn der in seinem Selbstbewusstsein heftig angeknackste Wassili irgendwann Danilow bittet, ihn nicht weiter als Helden zu zelebrieren, der aber kaum darauf einzugehen vermag, weil er längst weiß, was für eine Eigendynamik das ganze angenommen hat, ist das definitiv spannend. Auch aufgrund der von Bob Hoskins extrem zynisch angelegten Figur des Nikita Chruschtschow, der als Vorgesetzter Danilows keinerlei Formen von Widerspruch duldet.

Im Fokus steht dennoch das gefühlt immer intimer werdende Duell zwischen König und Wassili Saizew. Selbiges pumpt nicht nur ordentlich Spannung, sondern wird von Regisseur Annaud auch stark in Szene gesetzt. Immer wieder kriecht seine Kamera an Zielfernrohren entlang, inszeniert ihre Ziele fokussierende Augenpaare und lässt selbige teils mehr sagen als die Charaktere. Ansonsten gibt es die für Scharfschützenfilme typischen Bilder von mit der Umgebung eins werdenden Männern, die teils ewig verharren, bis der Abschuss getätigt wird.

Diese sind, wie alle actionreicheren Momente im Film, teils ultrablutig geraten. Vor allem die breit und durchaus auch in Zeitlupe zelebrierten Kopfschüsse sind auch noch heute, über 20 Jahre nach der Entstehung des Filmes, megaheftig anzusehen. Auch und vor allem, weil sie eben handmade umgesetzt wurden. Rund um das Duell steigen immer wieder auch eindrückliche Actionszenen, was dann beispielsweise dafür sorgt, dass die beiden Duellanten von Bombenabwürfen überrascht werden. Wie in der Auftaktszene scheut „Enemy at the Gates“ hier keinerlei Aufwand und lässt die Wände der Ruinen gewaltig wackeln und einstürzen.

Wassili Saizew wird von Jude Law („Sherlock Holmes“) äußerst einnehmend verkörpert. Der Mime bekommt die dramatischen Momente rund um seine Figur ebenso präzise transportiert wie jene, in dem er zum Helden der Nation hochgejazzt wird und dies sichtlich genießt. Joseph Fiennes („Hercules“) wird nach starkem Auftakt leider sehr in die Rolle des Liebeskonkurrenten gedrängt, was seiner Figur enorm schadet. Trotzdem spielt Fiennes sehr gut auf. Rachel Weisz („Black Widow“) ist als Tanja einfach hinreißend. Und das trotz der undankbaren Rolle zwischen zwei Männern. Man hätte gerne ein paar toughere Momente von ihr gesehen, zumal sich Tanja verbal als Frau der Tat geriert, dahingehend aber nichts zeigen darf.

Einen starken Kurzauftritt legt Ron Perlman („The Big Ugly“) als lauter und krachledern rüberkommender Scharfschützenausbilder hin, der irgendwann mit Wassili auf die Jagd nach König geht. Letzterer wird von Ed Harris („Westworld“) mit eisiger Präzision gespielt. Seine irrlichternd gefährlichsten Momente hat er mit einem Jungen, in denen man als Zuschauer nie weiß, welches Ende diese Beziehung wohl nehmen wird.

„Enemy at the Gates“ bietet ein spannendes Duell

„Enemy at the Gates“ hat zahlreiche Problemherde. Die Liebesgeschichte, die zur Dreiecksgeschichte wird, ist einfach nur überflüssig und voller Klischees. Viele interessante Ansätze gehen in der starken Fokussierung auf das Duell zwischen Wassili und König unter. Allgemein fühlt sich die Reduzierung des Kampfes um Stalingrad auf ein intimes Duell zweier Männer nie ganz richtig an.

Zumal das den Film antreibende Duell reine Fiktion ist. Zwar ist Saizew eine geschichtlich verbürgte Person, einen Major König hat es aber nie gegeben hat. Und aus heutiger Sicht kommt noch etwas Unwohlsein mehr hinzu, einfach weil man aktuell die Rolle Russlands bei der Verschlechterung der Gesamtsituation rund um den gesamten Erdball einfach nicht vollends ausgeblendet bekommt.

Lässt man sich aber auf das Duell der beiden Scharfschützen ein, bekommt man einen spannenden, aufwändigen, stark in Szene gesetzten, atmosphärisch dichten, sehr harten Actionfilm, der dank starker Darsteller gelungen in seine Story hineinzieht und über zwei Stunden keinerlei Langeweile aufkommen lässt. Und die ersten 15 Minuten sind in meinen Augen ein Anti-Kriegsfilm-Meisterwerk. Freilich verwässert das zelebrierte Katz-und-Mausspiel inmitten der Kriegswirren diesen Anspruch im weiteren Verlauf enorm. Trotzdem mag ich den im Übrigen vollkommen in Deutschland gedrehten Film nach wie vor sehr gerne.

7 von 10

Der aufwändige „Duell – Enemy at the Gates“ lief im März 2001 in deutschen Kinos an. Danach nahm sich BMG Video / UFA des Filmes an und veröffentlichte ihn auf DVD. Ganz aktuell liegen die Rechte bei Paramount Pictures, die dem Kriegsfilm endlich einen HD-Auftritt spendierten. Die am 18. August 2022 veröffentlichte Blu-ray überzeugt mit tollem Bild. Technisch etwas veraltet wirken die Extras. Darunter ein Making Of, eine Featurette mit aneinandergeschnittenen Interviewschnipseln und geschnittene Szenen. Der Film ist in Deutschland mit einer FSK 16 ungeschnitten.

In diesem Sinne:
freeman

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