Originaltitel: Mori Jiuyuan__Herstellungsland: China__Erscheinungsjahr: 2021__Regie: Hui Yu__Darsteller: Xiao-su Ling, Chao Jiang, Jianyu Liu, Zijia Wang, Rongguang Yu, Entai Yu, Hu Zi Cheng, Wenjing Qin, Wang Rong u.a. |
Eine seiner ersten großen Einstellungen entlehnt „Earth Rescue Day – Die letzte Hoffnung der Menschheit“ beinahe vollständig bei „Independence Day“. Entsprechend filmt hier die Kamera eine Magistrale hinunter. Wir sehen einen gewaltigen Stau. Die Halter der Fahrzeuge stehen zwischen ihren Pkws und starren die Straße hinunter. An deren Ende explodiert jedoch kein Hochhaus, stattdessen taucht dort die schreckliche Fratze einer gewaltigen Kreatur auf.
Sie scheint die Schwerkraft in ihrer Umgebung aufheben zu können. Häuser werden entwurzelt und streben gen Himmel. Explosionen steigen auf. Von der Oberfläche der Kreatur „platzen“ Brocken ab. Auf der Erde gelandet, fahren diese ihre Beine aus und fallen als grässliche, an Zecken und andere Spinnentiere erinnernde Viechers über die Menschen her.
Jahre später schreckt Mo Fei aus einem Albtraum hoch. Er war damals, als die Kuns genannten Außerirdischen das erste Mal auf der Erde erschienen, dabei und überlebte nur knapp. Heute ist die Oberfläche der Erde vom Kampf gegen die Kuns komplett zerstört. Die Menschheit hat sich unter die Erdoberfläche zurückgezogen und dort gewaltige Städte errichtet. Nur Todesmutige wie Mo Fei wagen sich noch nach oben.
Als Schmuggler transferiert Mo Fei Überbleibsel längst vergangener Zeiten unter die Erdoberfläche. Dabei muss er aber immer auf die Kuns acht geben. Damit diese nicht unvermittelt irgendwann verschwinden, kehrt der Superkun in regelmäßigen Abständen auf die Erde zurück, um hier zu laichen. Dieses Mal will die vereinigte Erde ihm dabei aber den Garaus machen. Mittels des Magnetismus-Projektes. Mo Fei wird unfreiwillig Teil dieses halsbrecherischen Vorhabens, bekommt aber im Zuge dessen zahlreiche Möglichkeiten, sich als Held zu beweisen.
Flotte Science-Fiction-Action aus China
Warum hat der Superkun die Erde als Laichplatz ausgesucht? Was bietet sie ihm, was ihm andere Planeten nicht bieten? Was machen die Kuns so, wenn kein Menschlein auf der Erdoberfläche ist? Warum sehen die Kuns so anders aus als der Superkun? Was passiert, wenn die Kuns selbst zu Superkun-Größe angewachsen sind? Wieso braucht man magnetische Energie, um den Superkun zu töten? Wieso kann der die Schwerkraft für Häuser aufheben, nicht aber für Menschlein und deren Pkw? Das sind nur einige der Fragen, die einem im Zuge der chinesischen Science Fiction mit erhöhtem Actionanteil namens „Earth Rescue Day“ durch den Kopf gehen.
Und man hat zu keiner Sekunde den Eindruck, einer der Filmemacher habe sich auch nur halbwegs so viele Gedanken über das Drehbuch gemacht, wie man selbst. Man sollte also sein Denkzentrum vor dem Start des Streifens tunlichst abschalten. DANN wird man von dem gebotenen Mix aus „Independence Day“ und „Starship Troopers“ einigermaßen ordentlich unterhalten. Die Story selbst folgt dabei der üblichen Heldenreise, bei der aus dem windigen Mo Fei ein verantwortungsvoller Held erwachsen muss. Alles nicht neu, aber zumindest mit genügend Vortrieb ausgestattet, um nicht zu langweilen.
Die Figuren um Mo Fei sind dem Film derweil vollkommen Latte. Witzigerweise erfahren sie immer erst dann eine Vertiefung, wenn sie verrecken. Während einem also ihr Ableben selbst vollkommen egal ist, soll man im Nachhinein Empathie für sie empfinden, wenn uns ihre Kinder und Familien oder vertraute Momente mit den Kameraden zu Trauermusik gereicht werden. Das funktioniert wirklich gar nicht und mündet immer wieder in pathetische Szenen, die „Earth Rescue Day“ bis zum Erbrechen und in epischer Breite auskostet.
Damit der Film in all dem Geheule nicht tempomäßig strandet, lanciert Regie-Debütant Hui Yu in regelmäßigen Abständen Actioneinlagen. In denen wird viel im „Starship Troopers“-Modus geballert, bis die Kuns zerplatzen und grüne Flecken zurückbleiben. Die Aliens spießen unsere Helden vornehmlich mit ihren Gliedmaßen auf. In derart gelagerten Actionszenen – wenn also Menschen mit CGI-Kreaturen interagieren – funktionieren die Effekte von „Earth Rescue Day“ ganz ordentlich.
Sobald die Actionszenarios aber zu aufwändig werden und rein auf CGIs gesetzt werden muss, sieht der Film aus wie ein sehr billiges Playstation-Spiel. Die Bilder werden ultrakünstlich, der Detailgrad geht brutal runter und ab und an hat man auch das Gefühl, dass die Animationen ruckeln. Die Aliens hingegen sind schön garstig designt, der Superkun sieht sogar richtig cool aus in seiner Mischung aus Drachen und Wal und gerade rund um den Showdown hätte man sich sogar mehr Screentime für das tolle Viech gewünscht. Auch wenn hier die Effektshots eher semi ausfallen, unterstreichen sie in ihrer Unvollendetheit sogar das Mystische und Märchenhafte der Kreatur. Ebenfalls gelungen sind die Panoramen der unterirdischen Städte.
Womit wir beim allgemeinen Look des Filmes wären. Der weiß tatsächlich zu begeistern. Die unterirdischen Städte sehen wie die tatsächlich gebauten Stages cool aus und lassen den Film erstaunlich wertig wirken. Zumal „Earth Rescue Day“ immer in Bewegung ist und immer neue, absolut glaubwürdig runtergerockt wirkende, teils riesige Sets präsentiert. Hier beschleicht einen mehrmals dieses unbestimmte Gefühl, dass man solche Filme in letzter Zeit viel zu selten zu Gesicht bekommen hat.
Das wird optisch ansprechend in Szene gesetzt. Gerade in den Actionszenen wird die Kamera angenehm dynamisch, pumpt teils noch mehr Action in die insgesamt etwas zu statisch gereichten Ballereien. Leider will der Score mit dem gereichten Weltenretterbombast nie mitgehen und bleibt etwas arg unspektakulär.
In darstellerischer Hinsicht gibt es keinerlei Ausfälle zu vermelden. Die im chinesischen Kino sonst so beliebten urkomischen Sidekicks bleiben diesmal außen vor. Die Reise ist eher ernst angelegt, immerhin geht es um das Schicksal der Welt. Mit Rongguang Yu („Ride On“) gibt es zumindest auch ein in unseren Breiten bekannteres Gesicht zu sehen. Leider wird der als auf Bildschirme starrende Anführerfigur der gesamten Welt reichlich verschenkt.
Apropos gesamte Welt: „Earth Rescue Day“ macht keinen Hehl daraus, dem Independence-Day-Vorbild entsprechend sehr patriotisch eingefärbt zu sein. Neben den zahlreichen Pathos-Szenen gilt es ergo auch einiges an Patriotismus zu ertragen. Letzterer wird im Übrigen auch kein Stück subtiler gereicht als der Pathos.
„Earth Rescue Day“ ist irgendwie ganz okay
Ja, um „Earth Rescue Day“ unbeschadet durchzustehen, muss man schon eine Menge ausblenden können. Der Film wuchert mit Pathos und Patriotismus, nervt mit einigen miesen Effekten, ist inhaltlich totaler, teils grandios unlogischer Kokolores, hat neben dem Hauptcharakter keine einzige wirklich brauchbare Figur aufzuweisen und die Dialoge sind eine einzige Zumutung.
Das insgesamt nette Tempo, die zahlreichen Schauplätze mit ihrer treffenden Ausstattung, nette Actionszenen, fiese Aliens, und fast schon zu schöne Finalbilder im Showdown gleichen so manchen Problemherd einigermaßen aus. Langweilig wird es auch nie. Auch wenn das vor allem daraus resultiert, dass man ob der Unzulänglichkeiten häufiger mit Augenverdrehen beschäftigt ist.
Wem man den Film nun empfehlen kann? Im Grunde all jenen, die mit den vorherigen Happy-Entertainment-Veröffentlichungen, „Mutant Ghost Wargirl“ und „Battlefield: Fall of the World“, etwas anfangen konnten. Die kommen aus einer sehr ähnlichen Richtung: Sehr laut, sehr dumm, mit erstaunlichen Produktionswerten und entsprechenden Bildern wuchernd, gleichzeitig vollgestopft mit schlechten Effekten und nach Filmende schnell wieder vergessen. Kurzum: Solange man wirklich gar nichts von „Earth Rescue Day“ erwartet, könnten die 90 Minuten Film durchaus flott verfliegen. Ansonsten wird es schwierig…
Die deutsche DVD / Blu-ray kommt von Happy Entertainment und ist mit einer Freigabe ab 16 ungeschnitten. Bei der Synchronisation bin ich zwiegespalten. Die Stimmen passen ganz gut, häufig übertönen aber Musik und Effekte die Dialoge. Zudem gibt es da einige stumme Momente, wo ich nicht einordnen kann, ob das wirklich so geplant war. Es wirkt zumindest seltsam, Jubelschreie im großen Finale nicht zu vertonen. Streamen kann man den Film auch.
In diesem Sinne:
freeman
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