Originaltitel: El Gringo__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2012__Regie: Eduardo Rodriguez__Produzenten: Joel Silver, Isaac Florentine__Darsteller: Scott Adkins, Yvette Yates, Christian Slater, Israel Islas, Erando González, Sofía Sisniega, Valentin Ganev, Zahary Baharov, Bashar Rahal u.a. |
Ein namenloser Fremder taucht in El Fronteras auf, einer kleinen Stadt in Mexiko, unweit der Grenze zu den USA. Die Einwohner, die von ihrem Sheriff die Weisung erhalten haben, Fremden mit soviel Argwohn zu begegnen, dass es für mehrere Leben reichen könnte, beachten den jungen Mann mit seiner prall gefüllten Reisetasche gar nicht. Mehr noch, sie verkaufen ihm nicht einmal etwas zu trinken. Einzig Anna, Inhaberin einer Kneipe und noch nicht so angepasst in ihren Verhaltensweisen wie der Rest der Stadt, gewährt dem Gringo Unterschlupf.
Dieser wolle nur nach Acapulco, um dort sein Leben zu genießen. Darüber hinaus kann sich Anna auf den Fremden keinerlei Reim machen. Nur dass er seine Reisetasche kaum aus den Augen lässt, fällt ihr und manch anderem Stadtbewohner recht schnell auf. Einen dummen Zufall weniger wissen alle, was sich darin befindet: Schier unerschöpfliche Mengen an Dollarnoten! Fortan ist jeder hinter dem Gringo her, doch der weiß sich mit Händen, Füßen und großen Kalibern gegen die immer neuen Gegnerhorden zu behaupten und lässt sich auch von dem korrupten Sheriff und dessen zwielichtigen Bandengesellen nicht unterkriegen …
httpv://www.youtube.com/watch?v=hjPB-eAtjWM
Was man „El Gringo“ definitiv nicht vorwerfen kann, ist, dass er einen mit einer allzu komplizierten Story langweilen würde. Ganz im Gegenteil, denn eigentlich geht es hier nur um einen Kerl, der einen Bus in ein Urlaubsparadies bekommen will. Dass das Ganze dann letztendlich ein klein wenig komplizierter ist, als geglaubt, enthüllt der Streifen Schrittchen für Schrittchen und bietet dafür ein zunehmend obskurer werdendes Figureninterieur auf, das sich von den in lächerlichem Machismo erstarrten Bandenmitgliedern über den schmierigen Sheriff zu der feurigen Latina vielleicht nicht sonderlich innovativ gestalten mag, vor allem was die Charakterzeichnungen und die zugehörigen Motivationen angeht, dem Film allerdings diverse launige Momente beschert. Dieser erhebt es irgendwann zum Prinzip, einfach immer noch ein Stückchen grotesker zu werden, als er vor wenigen Minuten noch war. Dadurch bleibt das Interesse an dem Streifen immer extrem hoch, obgleich rein faktisch gesehen eigentlich so gut wie gar nichts geschieht. Und das schräge Figureninterieur pumpt wie von selbst einen coolen Humor in den Film, der am Ende mit schlitzohrig wohl am besten umschrieben ist.
Zum Gelingen des Filmes tragen vor allem auch die coolen Actioneinlagen bei. Doch beginnen wir diesen Punkt ausnahmsweise mal mit den negativen Punkten. Zunächst einmal steigt die beste Actionszene leider schon zur Mitte des Filmes, was insbesondere deshalb besonders traurig ist, weil „El Gringo“ dem Zuschauer einen richtig knalligen Showdown vorenthält. Andererseits passt genau dieses Spiel mit den Erwartungen des Zuschauers auch wieder zum schlitzohrigen Rest des Filmes. Wirklich traurig ist allerdings, dass Regisseur Eduardo Rodriguez seinen Star Scott Adkins („Universal Soldier: Day of Reckoning“) niemals so richtig von der Leine lässt, was dessen Kampfsportfähigkeiten angeht. So darf Adkins hier und da zwar ordentlich hinlangen, spektakulärere Momente gibt es allerdings nicht. Dafür – und damit zum Positiven in Sachen Action – darf Adkins in den Actionszenen mit diversen Schießeisen so richtig die Sau rauslassen. Insbesondere in der Highlightactionszene stapeln sich deshalb die Leichen zu einem fulminanten Bodycountberg und setzt es einige erstaunliche Härten in den zahlreichen, schier nicht enden wollenden, cool choreographierten Shootouts. Diese funktionieren vor allem zu Beginn beinahe nach den Regeln eines Egoshooters, denn hier levelt sich die Figur quasi unaufhörlich nach oben. Zunächst bestreitet sie also Hand to Hand Fights, nietet dann mit einer gefundenen Handfeuerwaffe die Gegnerscharen um, findet kurz darauf eine Schrotflinte und lichtet damit die Gegnerreihen, um hernach mitsamt eines vollautomatischen Maschinengewehrs noch mehr mexikanische Bandenmitglieder eine laaaange Siesta abhalten zu lassen. In diesen Momenten sitzt man wirklich mit einem dicken Feixen im Gesicht vor der Glotze …
Auf dem Weg zu dieser lang ausgespielten Actionszene und auch danach verlässt sich „El Gringo“ vor allem auf das inszenatorische Geschick seines Regisseurs, der in seinem Film einen ausgeprägten Stilwillen auffährt: Seine braunstichigen Bilder atmen ordentliches Westernflair. Die Flashbacks in des Gringos Vergangenheit überraschen mit einer interessanten, unfassbar rasanten Montage, die teilweise sogar Einstellungen von nur einem oder zwei Einzelbildern auffährt. Die Charaktere werden mit Freezeframes im Westernstyle vorgestellt und immer wenn der Gringo von Acapulco redet, untermalt eine Art Animationssequenz diesen Lebenstraum äußerst bildhaft. Tonal meint man dann vor allem den ausführenden Produzenten Isaac Florentine herauszuhören, denn in „El Gringo“ werden schnelle Kamerabewegungen, geistige Aha-Erlebnisse usw. nur zu gerne mit passenden, sehr comicartigen Geräuschen untermalt. Was den gesamten Stil des Filmes hervorragend unterstreicht. Zudem gelingt es Regisseur Rodriguez unnachahmlich, seinen bulgarischen Schauplatz als absolut glaubwürdiges mexikanisches “Hinterland” zu inszenieren – in fetten Widescreenbildern. Zudem schafft er es, dass sein Film niemals auch nur ansatzweise billig ausschaut.
Auch seine Darsteller hat der Regisseur gut im Griff. Scott Adkins beweist als Gringo, dass er genug Charme auf die Leinwand wuchten kann, um einen Film alleine und ohne große darstellerische Glanzleistungen tragen zu können. Neben der mehr als beeindruckenden Präsenz in den Actionszenen beweist er ordentliches komödiantisches Timing und spielt relaxt seinen Part runter. In den Nebenrollen unterstützen ihn relativ unbekannte, dafür mit sichtlichem Spielspaß auftrumpfende Darsteller, die eigentlich nur daran kranken, dass keiner so wirklich als ultimativer Antipode des Gringos aufgebaut wird. So meint man ihn in dem von Christian Slater („Assassin’s Bullet“) gespielten Lt. West ausmachen zu können, doch Slaters Präsenz reicht rein zeitlich nicht aus, um auch nur ansatzweise als Finsterling irgendwie punkten zu können.
„El Gringo“ gehört zu der After Dark Actionreihe, an die unter anderem Joel Silver Hand anlegte, weswegen sich viele von der Reihe einiges versprachen. Ein wenig zuviel. Denn leider erwies sich die Reihe bisher als nicht sonderlich durchschlagend. „Stash House“ (vom gleichen Regisseur wie „El Gringo“) und „Transit“ waren eher Actionthriller, die mit angezogener Handbremse unterwegs waren, „Dragon Eyes“ verschreckte mit seinem charismabefreiten Hauptdarsteller und „Philly Kid“ scheint mehr ein Boxstreifen als alles andere zu werden. Damit mutiert „El Gringo“ mir nichts dir nichts zum vorläufigen Highlight der Reihe. Er mag dabei erzählerisch nichts reißen, aber inszenatorisch macht der Streifen verdammt viel richtig und etabliert eine herrlich absurde Atmosphäre, die den Streifen mehr und mehr zu einer Art Actiongroteske mutieren lässt, die neben zünftiger Action auch verdammt viel Platz für schräg humorige Einlagen (alleine der den Gringo begleitende Hund rockt unfassbar cool) lässt. Nebenbei beweist Adkins erneut, dass er aktuell DER Mann im B-Actionsektor ist, da er neben Charisma und Körperbeherrschung auch durchaus über Humor verfügt. Seine Kampfkraft und sein Können macht dann die tolle Actionszene in der Mitte des Filmes zu einem wahren B-Film-Actionfest, das mit Härten nicht spart und richtig Druck macht. Was bleibt, ist ein unterhaltsamer Actionstreifen mit starkem Neo Western Einschlag…
Die deutsche DVD von Sunfilm erscheint am 7. Februar 2013 auf DVD und Blu Ray. Beide Medien sind mit einer FSK 18 Freigabe uncut.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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