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Electric Dreams

Originaltitel: Electric Dreams__Herstellungsland: Großbritannien / USA__Erscheinungsjahr: 1984__Regie: Steve Barron__Darsteller: Lenny von Dohlen, Virginia Madsen, Maxwell Caulfield, Don Fellows, Alan Polonsky, Wendy Miller, Harry Rabinowitz, Miriam Margolyes, Holly De Jong, Stella Maris, Mary Doran, Diana Choy u.a.

Electric Dreams Banner

Electric Dreams

Mediabook Cover B von “Electric Dreams”

Der Architekt Miles Harding (Lenny von Dohlen) arbeitet an einem visionären Konzept für einen Ziegelstein, der nach dem Vorbild eines Puzzleteils geformt ist, um Erdbeben widerstehen zu können. Um seine Arbeit besser organisieren zu können, kauft er sich eines Tages einen Computer. Völlig überfordert von der Bedienung, löst er prompt einen Kurzschluss aus und löscht ihn aus dem Affekt mit einer Champagnerflasche. In diesem Moment erlangt der Computer ein eigenes Bewusstsein. Edgar (Bud Cort) ist geboren.

Kurze Zeit später zieht die Cellistin Madeline (Virginia Madsen) in die Wohnung neben ihm ein. Die Nachbarn kommen sich auch durch Edgars Hilfe schnell näher. Doch Miles muss bald feststellen, dass nicht etwa Madelines Musiker-Kollege Bill (Maxwell Caulfield) sein größter Konkurrent ist… nein, es ist Edgar, sein Computer!

Schon in den 60ern fragte Philip K. Dick, ob Androiden wohl von elektrischen Schafen träumen mögen. Und schlug mit seiner Fragestellung Fässer auf. Daraus sprudelten Nullen und Einsen, in deren Zwischenräumen der Autor dem menschlichen Faktor auf den Grund zu gehen versuchte. Würde die behauptete Analogie zwischen Mensch und Computer sich bestätigen oder verfügte der Mensch am Ende doch über nicht reproduzierbare Alleinstellungsmerkmale?

Dann ging Philip K. Dick von dieser Welt. Es kamen die 80er. Der Personal Computer erlebte seine Blütezeit und wurde zum integralen Bestandteil vieler Haushalte. Die Zukunft, sie war nicht mehr abstrakt, sondern ganz real als grauer Kasten im Arbeitszimmer an den Strom gestöpselt, bereit dazu, das nächste Eingabekommando zu empfangen. Brauchte es die Computerphilosophie noch, wenn der Computer bereits Teil des normalen Alltags war?

Wenn man sich die Filme dieser Zeit so anschaut, waltete die Philosophie, wenn überhaupt, eher in autonomen Schaltkreisen im Hintergrund. Eher schon galt die Aufmerksamkeit nun der bunten Benutzeroberfläche. Für das zeitgenössische Publikum sollten nicht länger Tiefen aufgewühlt werden, es ging nun hauptsächlich darum, technischen Fortschritt mit dem Alltag zu verknüpfen. Als Konsequenz wurden Filme wie „D.A.R.Y.L.“ oder „Nummer 5 lebt“ gedreht, die einen empathischen Blick auf künstliche Lebewesen warfen, ja mit „L.I.S.A – der helle Wahnsinn“ stellte sogar die Teen Comedy einen Vertreter ab und programmierte den feuchten Traum eines jeden Teenagers.

Die Fragestellungen blieben im Hintergrund oft sogar dieselben wie bei Philip K. Dick, sie wurden aber zunehmend ihrer Substanz beraubt und für banale Melodramen, Komödien und Romanzen instrumentalisiert, die letztlich universelle Gefühle bei einem möglichst breit gefächerten Publikum entfachen sollten, um im Idealfall einen Kassenschlager zu generieren. Produzenten zielten dabei tendenziell eher auf den Torso als auf den Kopf: Zwerchfell, Herz und Bauch sollten stimuliert werden, weniger das Gehirn.

Damit wäre dann auch schon die Brücke zu „Electric Dreams“ gelegt. Inszeniert von Steve Barron, ist der Tiefgang dieser Romantikkomödie nur wenig schmeichelhaft mit den Videoclips vergleichbar, die der Regisseur bis dahin für die ganz Großen des Pop, von Toto über Madonna bis Michael Jackson, gedreht hatte. Culture Club und Heaven 17 müssen bloß ihren bekömmlichen Synth-Pop in die Stratosphäre pusten, und dann betritt auch schon Miles Harding ein Elektrofachgeschäft, um sich einen PC zu kaufen, nicht ahnend, dass der bald sein komplettes Liebesleben auf den Kopf stellen würde.

Wenn man sich all die Röhrenfernseher und klobigen Rechner anschaut, dann macht das den zugehörigen Film fast vierzig Jahre später natürlich umgehend zur naiven Retro-Veranstaltung. In gewisser Weise hat man es mit einem Großcousin der Virtual-Reality-Prototypen zu tun, die sich in den Frühneunzigern ausbreiteten („Der Rasenmäher-Mann“, „Der Killer im System“), auch wenn der SciFi-Aspekt natürlich hier kaum ausgeprägt ist, folgt der sprechende Computer doch eher den Regeln von Fantasy und Märchenfilmen.

Dem schlaksigen Nerd mit der Fliege, den Lenny Von Dohlen mit einer satten Portion Verunsicherung spielt, möchte man aus heutiger Sicht kaum abkaufen, dass er sich angeblich nicht mit Computern auskennt, obwohl die kurzen Einblicke in seinen Job in einem biederen Grau-in-Grau-Bürogebäude eindeutig die prädigitale Epoche der Stempelkarten und Schreibmaschinen widerspiegeln. Als Miles mit der risikofreudigen Investition in sein karges Single-Apartment zurückkehrt und das Gerät zentral auf dem Wohnzimmerschreibtisch aufbaut, fühlt man sich als Kind jener Zeit fast ein wenig an den bedeutsamen Tag erinnert, an dem der erste Commodore oder Amiga Einzug ins eigene Heim erhielt und plötzlich das gesamte Erscheinungsbild der eigenen vier Wände völlig veränderte. Intuitiv wusste man, dass nun eine neue Zeitrechnung anbrechen würde.

Barron zielt aber nicht unbedingt darauf ab, die ersten unbeholfenen Schritte ins Digitalzeitalter zu dokumentieren. Letztlich ist er bloß Erfüllungsgehilfe für einen Liebesfilm, den es, soweit das Alleinstellungsmerkmal, in der Sprache von Bits und Bytes zu erzählen gilt. 01001100011011110111011001100101 bedeutet „Liebe“ ist eine repräsentative Gleichung dafür, wie sich der vorhersehbare Ablauf der Geschichte vollzieht.

Schaut den Trailer zum Film

So schwenkt die Kamera also wie beflügelt vom Apartment des Junggesellen in das seiner Nachbarin, um gleich die nächste Gleichung aus dem Hut zu zaubern. Der Zuschauer nimmt die Schwingungen aus luftiger Perspektive heraus unweigerlich wahr, vielleicht immer ein Stück früher als die Verliebten, die aber gemessen am Genre-Standard ungewöhnlich schnell zueinander finden. Missverständnisse (wie in der Szene im Autokino) führen nicht etwa unmittelbar zur kurzfristigen Distanzierung des Paars, nur um dann wieder den üblichen Prozess der Versöhnung in Gang zu setzen. Im Gegenteil, Störsignale scheinen die Bindung noch stärker zu machen, denn die Unterschiede im Denken der Figuren werden wie Haken dargestellt, die sich ineinander verkeilen. Leider führt das Fast-Forward-Erzähltempo dazu, dass viele Gags halbgar serviert werden, weil die Zeit fehlt, sie vernünftig auszuarbeiten. Wo Romcoms normalerweise ihre stärksten Phasen haben, im Anfangs- und Mittelteil nämlich, wenn die Situationskomik noch spontan aus der Hüfte kommt, da wirkt bei „Electric Dreams“ immer alles ein wenig gehetzt.

Der Grund für die übereilte Entwicklung der Romanze ist natürlich schnell gefunden: Das Drehbuch möchte baldmöglichst auf den Konflikt zwischen dem Computer und seinem Besitzer zu sprechen kommen. Nicht umsonst findet zwar mit Maxwell Caulfields Bill der klassisch-aalglatte Nebenbuhler einen Platz im Skript, er wird aber sehr schnell bedeutungslos für den Fortgang der Handlung, die sich im weiteren ganz auf das Dreieck Lenny von Dohlen / Virginia Madsen / Bud Cort konzentriert. Letzterer spricht den Computer namens Edgar nicht etwa roboterhaft, sondern betont die menschlichen Nuancen: Er staunt über neu gelernte Dinge, er reißt schmutzige Witze, er verliert regelmäßig seine Contenance wie ein Baby ohne Schnuller, letztlich fügt er sich einer Melancholie des Nichtmenschseins, wie sie wohl nur künstliche Intelligenzen empfinden können. Kurzum, Corts Stimme ist mindestens ebenso wichtig wie das Rundumpaket, das die beiden Hauptdarsteller zu bieten haben, vermutlich noch wichtiger, weil er die exotische Zutat des Films ist, auf die alle Augen gerichtet sind.

Von Seiten der visuellen Effekte bekommt er dabei vergleichsweise wenig Unterstützung. Ein paar fluoreszierende Eingabemasken, simple Vektor-Grafiken und vorsintflutliche Emoji-Gesichter sind alles, was der Film in dieser Hinsicht zu bieten hat, wodurch Corts Performance nur noch deutlicher in den Mittelpunkt gehievt wird. Indes entwickelt sich das Skript zu einer Jekyll-Hyde-Variation, in der das extrovertierte zweite Ich des introvertierten Helden, repräsentiert durch den lernbegierigen Computer, zu dessen schärfstem Rivalen wird.

Die Chemie zwischen Lenny von Dohlen und Virginia Madsen stimmt durchaus, die beiden Darsteller ergeben ein hochgradig sympathisches Pärchen, das schüchtern-tapsig durch einen optisch etwas farblosen Film führt, der hauptsächlich von der Spielfreude der Beiden, vom luftigen Soundtrack und der dynamischen Kameraarbeit getragen wird. Gegen Ende zeigt sich dann auch verstärkt das philosophische Fundament, als das Konzept der Liebe über die Figuren hinaus in eine metaphysische Dimension transzendiert wird. Das erinnert, wenn auch nicht die gleiche Intensität erreicht wird, an den apokalyptischen Liebesfilm „Miracle Mile“, der mit Anthony Edwards und Mare Winningham eine ähnlich unkonventionelle Paarung zu bieten hatte.

Am Ende des Tages sieht sich der Computer aber eben doch bloß in der klischeehaften Rolle des geflügelten Liebesboten, der mit Elektro-Pfeilen auf zwei junge Menschen mit rosafarbener Brille schießt, so wie es sich für eine harmlose 80er-Komödie mit einem sprechenden PC eben gehört. „Electric Dreams“ hätte es durchaus gut gestanden, wenn er noch öfter den Noten in der Luft nachgejagt wäre anstatt den Herzen, um zu verstehen, was die Kunst zur Kunst macht, das Gefühl zum Gefühl und den Menschen zum Menschen. So repräsentiert er nun immerhin das Zeitalter oberflächlicher Musikvideos und archaischer Computertechnologie mit einem Ausdruck der Unschuld, wie er nur in den 80ern getragen werden konnte.

05 von 10

Informationen zur Veröffentlichung von “Electric Dreams”

Limited Collector’s Edition #60

Als „Kultfilm der 80er“ wird die 60. „Limited Collector’s Edition“ von Wicked Vision beworben. Dabei wurde der Kult zuletzt in gefühlt sehr kleinen Kreisen gefeiert, handelt es sich doch ein Stück weit um einen vergessenen Film. Ausgerechnet für „Electric Dreams“, hierzulande auch als „Computer-Träume“ oder „Liebe auf den ersten Bit“ bekannt, hat das Zeitalter digitaler Medien in Deutschland praktisch nicht stattgefunden. Selbst in den USA war der Film in der DVD-Ära kein Thema. Da musste man schon auf europäische Importe zurückgreifen, etwa die 2009 erschienene britische DVD von Second Sight. Dieses Label veröffentlichte 2017 dann auch die erste Blu-ray mit neu produzierten Extras. Diese Edition sollte das Fundament werden für die deutsche Blu-ray-Ausgabe, die uns nun als stolze Sammleredition im Mediabook vorliegt.

Dem Vernehmen nach keine Selbstverständlichkeit. Offenbar gab es massive Komplikationen bei der Rechtevergabe des Films, seiner Komponenten und seiner begleitenden Auflagen, so dass es harter Verhandlungsrunden bedurfte, die Edition in dieser Form überhaupt auf den Markt bringen zu können. Angeblich sei sogar fraglich, ob nach aktuellem Stand in Deutschland oder auch im Ausland nach Abverkauf der Erstauflagen so bald wieder Neuauflagen erscheinen dürfen. Dem finalen Produkt ist von Kompromissen aber nichts anzumerken, erneut hält der Käufer eine Edition in den Händen, der man die Liebe zum Film deutlich ansieht.

Die Verpackung

Man muss sich dazu im Grunde nur die schicken Artworks anschauen, mit denen die drei Mediabook-Varianten veredelt sind. Cover A ist als Originalposter ohnehin alternativlos, um einen der drei Slots zu belegen. Durch den ebenmäßig schwarzen Hintergrund und die eher symbolhafte Zeichnung des diabolischen Computers wirkt es zwar sehr schlicht, ist gerade dadurch aber auch reich an Ausdruck. Die krakelige Strichzeichnung (beinahe erinnernd an die gezeichneten Red-Bull-Werbespots) und die knalligen Regenbogenfarben liefern einen satten Kontrast zur schwarzen Grundfläche, auch der geschwungene Neonröhren-Titelschriftzug kommt dadurch extrem effektiv zur Geltung, sowohl auf der Front als auch auf dem Spine. Die Motive B und C stammen beide von Filmplakat-Großmeister Enzo Sciotti, der dasselbe Konzept (Computer Edgar zieht die Dame seines Herzens an sich und stößt seinen Besitzer weg) auf zweierlei unterschiedliche Art interpretiert. Auffällig ist, dass jeweils einer der beiden Darsteller auf jedem Motiv gut und der andere nicht ganz so gut getroffen ist. Virginia-Madsen-Fans werden wohl eher zu Cover C greifen, während die Anhänger von Lenny von Dohlen mit Cover B besser bedient sind. Als Entscheidungshilfe eignet sich außerdem das Farbspektrum, nutzt Cover C doch wie A einen eher dunklen Hintergrund, während Cover B auf helle Flächen setzt und zudem das leuchtende Matrix-Grün für Farbakzente einsetzt, nicht zuletzt bei der auffälligen Titelgestaltung, die ein echter Hingucker ist. Besonders schick auf dem Spine wirkt das pfirsichfarbene Zackenmuster hinter dem Wicked-Vision-Logo, das auf Anhieb im Filmregal verrät, dass wir es hier mit einem Film der seligen 80er zu tun haben.

Mediabooks

“Electric Dreams” erscheint in drei Mediabook-Varianten.

Das Booklet

Die deutsche Videokassette nutzte damals ein weiteres Motiv mit dem Titel „Liebe auf den ersten Bit“, das hier nun auf dem Booklet-Cover genutzt wird. Von Dohlens Erscheinung erinnert darauf eher an Jerry Lewis in „Der verrückte Professor“, so wie überhaupt der gesamte Zeichenstil eher in den 60ern zu verorten ist. Extrem stimmungsvoll ist mal wieder das gesamte Layout geraten. Die Fläche hinter den transparenten Disc-Halterungen wurde mit Tron’schen Neon-Rastern gefüllt und Edgar schwebt mit dem Gesichtsausdruck eines frechen Blags als leuchtende Entität in der Luft (Vorsicht beim Entnehmen der Discs, nicht, dass er euch einen Stromschlag verpasst). Die bunten Ecken, Zacken und Kreise im Booklet könnten auch von Parker Lewis’ Hemden stammen, auf dem sattblauen Hintergrund sieht der in weißen Buchstaben hinterlegte Text von Christoph N. Kellerbach zudem einfach stylish aus. Vor allem aber soll Kellerbach Inhalte liefern, und das tut er abermals mit einem ebenso leidenschaftlichen wie analytisch scharfsinnigen Interpretationsanteil, der diesmal ungewöhnlich lang ausfällt – bis Seite 16 erstreckt sich die Filmanalyse, die eine unglaubliche Menge Substanz aus diesem unscheinbaren Machwerk presst und alles gut zu belegen weiß. Der restliche Text befasst sich dann mit den obligatorischen Produktionsdetails, die zu großen Teilen dem Bonusmaterial entnommen scheinen, auf das wir später noch eingehen. Aufgelockert wird der Text ferner von schick aufgemachten italienischen Aushangfotos sowie der Vorderseite des deutschen Presseheftes, das sich als weiteres Alternativ-Artwork ebenfalls gut gemacht hätte.

Doch nicht nur durch das Innenleben des Mediabooks wird man ideal auf den Film eingestimmt, die Gestaltung der Menüs und Einspieler der Blu-ray tun ihr Übriges. Mit der vollen Breitseite Retro-Video-Optik werden die Rechtehinweise einmal mehr liebevoll und aufwändig präsentiert. Auch an eine Würdigung des erst im Juli verstorbenen Hauptdarstellers wurde bei aller Kurzfristigkeit noch gedacht, nachdem der Booklet-Autor zu dem Zeitpunkt, als der Text entstand, noch nichts von der traurigen Nachricht ahnen konnte und entsprechend nicht darauf eingeht.

Bild und Ton

Bei den Bildeigenschaften ist zu bedenken, dass es sich nicht etwa um einen knalligen Pop-Art-Blockbuster handelt, wie er durch die Covergestaltung versprochen wird, sondern eher eine Mauerblümchen-Optik verwendet wird, bei der sich die Farben an der gräulichen Computergehäuse-Norm orientieren. Die Außendrehs scheinen sogar für diese Art des Color-Gradings wie geschaffen zu sein; man nehme nur die hohen Betonfassaden in den Alcatraz-Sequenzen, die genau genommen perfekt zu der biederen Einrichtung des Apartments der Hauptfigur passen. Ansonsten liefert das Bild klar definierte Kontraste in den Tagszenen, während bei Nacht auch mal Konturen verschluckt werden. Verschmutzungen sind kaum auszumachen, die Schärfe ist solide bis gut.

Bei der Auswahl der Tonspuren wird dem deutschen Konsumenten ein besonderer Komfort geboten, denn er darf zwischen der deutschen Kinofassung und der TV-Synchronisation wählen. Obwohl die beiden Tonspuren auch technisch klare Unterschiede aufweisen, dürfte das wesentliche Entscheidungskriterium für die Auswahl hier wohl die Stimme des Computers darstellen. In der Kinofassung wird Edgar von Stephan Remmler gesprochen, der in den 80ern durch seine Band Trio („Da Da Da“) Bekanntheit erlangte. Remmlers Performance ist nicht gerade die eines professionellen Synchronsprechers, die eigenwillige Tonalität in seiner Stimme passt aber irgendwie durchaus zu dem kindlichen Charakter, den er spricht. In der TV-Synchro hören wir Björn Schalla, bei dem man vermutlich in erster Linie Seann William Scott vor dem inneren Auge hat. Seine Stimme wurde im Vergleich mit Remmler allerdings deutlicher elektronisch verfremdet, so dass man zweimal hinhören muss, um ihn zu erkennen. Anders als die Kino-Synchro ist die TV-Synchro eine echte Stereospur, was sich darin bemerkbar macht, dass die Hintergrundeffekte dynamischer klingen (wenn zB. Ein Auto von der rechten zur linken Box fährt) und auch die Songs etwas mehr Wumms haben, eine gewisse Sterilität macht sich aber doch bemerkbar. Die Kino-Spur klingt charismatischer, dafür aber auch ein wenig stumpf. Der Originalton mit Bud Cort als Computer ist selbstverständlich ebenfalls mit dabei und liefert insgesamt sicherlich die harmonischste Abmischung, auch wenn die Dialoge naturgemäß etwas leiser sind als der Rest. Untertitel liegen in Deutsch und Englisch vor. Während die englischen Subs vollständig angepasst sind an die zugehörige Tonspur, sind die deutschen Texte recht frei angelegt und weder mit der einen noch der anderen deutschen Tonspur ganz deckungsgleich.

Der Audiokommentar

Tonspur Nr. 3 wäre dann wieder das fast obligatorische Audiokommentar, diesmal eingesprochen von Filmwissenschaftler Dr. Kai Naumann im Gespräch mit Hennes Bender, einem Komiker, Synchronsprecher und Schauspieler, der ebenfalls ein Studium der Filmwissenschaften abgeschlossen hat. Und obwohl Naumann beileibe nicht auf den Mund gefallen ist, fällt es ihm manchmal schwer, gegen die überbordende Energie seines Gesprächspartners anzureden. Dementsprechend vergnüglich, laut und schnoddrig fällt die Unterhaltung aus, Pausen von mehr als zwei Sekunden Dauer sind eine absolute Seltenheit. Und wehe, Virginia Madsen betritt das Bild; dann werden ganze Oden an ihre Schönheit verfasst, die das Duo auch nach mehreren Szenen noch nicht so ganz verarbeitet hat. Zwischendurch kommen die Beiden dann aber doch auch mal auf Fachliches zu sprechen, insbesondere die Kultur der 80er (Mode, Technologie, Musik) wird unter die Lupe genommen. Aufgrund des schnellen Sprechtempos und vielleicht auch aufgrund mangelnder Substanz des Besprechungsgegenstands droht ihnen zur Mitte hin aber fast schon der Gesprächsstoff auszugehen… aber keine Sorge, erst mitten im Abspann ist die Luft komplett aus dem Ballon.

Die Extras

Bonusmaterial

Von oben nach unten: Rusty Lemorande, Steve Barron, Lenny von Dohlen, Virginia Madsen, Philip Oakey.

Das Bonusmaterial wird von einem Paket von Interviews dominiert, die 2017 von Severin Films für die Second-Sight-Veröffentlichung produziert wurden. Exklusiv auf der Blu-ray findet man ein Interview mit Rusty Lemorande (41 Min.), der das Drehbuch zum Film schrieb und auch als Koproduzent fungierte. Entsprechend seiner Aufgaben deckt er ein breites Feld der Gesamtproduktion ab und kommt auf viele unterschiedliche Themen zu sprechen, die auf die ein oder andere Weise miteinander verknüpft sind, von der ursprünglichen Idee bis zur Auswahl der Darsteller über die Chronologie des Drehs. Wäre Lemorande nicht der einzige Interviewpartner, könnte man fast schon von einem vollwertigen Making Of zum Film sprechen.

Dieses Interview ist das einzige Alleinstellungsmerkmal der Blu-ray, alle anderen Extras befinden sich ebenfalls auf der beigelegten DVD. So also auch „Is This A Story?“ (17 Min.). Hierbei handelt es sich um ein Interview mit Regisseur Steve Barron, der rekapituliert, wie er als Regisseur von Musikvideos mehr oder weniger ungeplant in die Welt des Films geschlittert war. Sein Langfilmdebüt mit „Electric Dreams“ war eher eine Fügung von Beziehungen und Gelegenheit, und den Job zog er mehr oder weniger durch, ohne sich bewusst gemacht zu haben, welches Vertrauen und welche Verantwortung ihm da in jungen Jahren vom Studio auferlegt wurde. Bis zum heutigen Tage dreht Barron Filme und Serien, in den 90ern hagelte es mit der „Turtles“-Verfilmung sogar einen Kino-Hit, mit der „Merlin“-Verfilmung ein TV-Hit und mit „Die Coneheads“ ein spät zur Ehre gekommener Kultfilm, aber die ersten Erfahrungen mit dem ganz auf schnellen Ertrag ausgelegten Studiosystem führten dazu, dass er gleich nach seinem ersten Film am liebsten wieder zu den Musikvideos zurückgekehrt wäre.

In „Miles and Madeline“ (20 Min.) werden die beiden Hauptdarsteller ans Mikrofon gebeten, allerdings nicht gemeinsam an einem Ort, sondern getrennt voneinander und durch die Regie miteinander verschnitten wie bei einer Parallelmontage. Das funktioniert sehr gut, da die Beiden alle Stationen des Films, vom Casting bis zur Filmpremiere, im selben Rhythmus durchgehen (wohl auch dadurch forciert, dass ihnen vom Interviewer ähnliche Fragen gestellt werden). Während Lenny von Dohlen, nüchtern, aber durchaus mit einem Glanz in den Augen von seiner Zeit erzählt, geht aus den Erzählungen von Virginia Madsen sogar ein magisches Leuchten aus, wie bei einem Märchen – das eines jungen Mädchens, das auszieht, das Schauspielen zu lernen, um sich in ihren Job und ein Stück weit auch in ihren Schauspielkollegen zu verlieben. Begleitet vom süßlichen Soundtrack wird es gerade zum Fazit hin unheimlich kitschig, aber eben auch schön rund.

Abgeschmeckt werden die äußerst gehaltreichen Interviews mit dem Musikvideo „Together in Electric Dreams“ von Philip Oakey & Giorgio Moroder. Ferner hat das „Wicked-Wohnzimmer“ (eine Art Menü mit Röhrenfernseher, auf dem Videoclips abgespielt werden) noch den Originaltrailer, den HBO-Trailer und den australischen Trailer im Programm. Zur Abrundung wartet dann noch eine 9-minütige Bildergalerie mit Postern (erstaunlich, wie viele Motive es gibt), Artworks, Lobby Cards, Stills, Pressematerial, Soundtrack-Cover sowie VHS-, Laserdisc-, DVD- und Blu-ray-Motiven.

Sascha Ganser (Vince)

Bildergalerie

Electric Dreams

“Ähm.. haben sie vielleicht auch OLED Displays?” “-He Sie da, ist das Ihr DeLorean auf dem Parkplatz?”.

Electric Dreams

Soso, der Stecker kommt also in die Dose.

Electric Dreams

Wenn Virginia Madsen so Cello spielt wie ihre Wohnung aussieht, muss es Jazz sein.

Electric Dreams

Lenny von Dohlen schafft es sogar, einen ganz normalen Computer irgendwie peinlich wirken zu lassen.

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Damals wäre Smartphone-Gedudel während der Vorstellung tatsächlich noch ein Grund gewesen, aus dem Saal geworfen zu werden.

Electric Dreams

Autokinos, Jahrmärkte… der Kerl hat wirklich alle Tricks raus.

Electric Dreams

Eine Lektion in Sachen Liebe… um zehn nach acht.

Electric Dreams

Wenn der Computer nicht so will wie man selbst… kennt man auch heute noch.

Sascha Ganser (Vince)

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Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love

Copyright aller Filmbilder/Label: Wicked Vision__Freigabe: FSK 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja

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