Originaltitel: Evel Knievel__ Herstellungsland: USA__ Erscheinungsjahr: 2004__ Regie: John Badham__ Darsteller: George Eads, Jaime Pressly, Beau Bridges, Lance Henriksen, Fred Dalton Thompson, Peter MacNeill, Matt Gordon, Connor Price, Jessica Greco, … |
httpv://www.youtube.com/watch?v=qI9Qjj5O68k
Robert Craig “Evel” Knievel Jr. wuchs in ärmlichen Verhältnissen auf, entdeckte früh seine Begeisterung für Motorräder und entwickelte sich dank spektakulärer Show-Veranstaltungen auf eben jenen zweirädrigen Gefährten rasch zu einem “Archetypen des amerikanischen Traums”: Ein charismatisch-ansprechender Draufgänger, der es “from rags to riches” schaffte und Menschen aller Generationen prima zu unterhalten vermochte. Dass er dabei einen Anzug in den US-Nationalfarben trug, war in diesem Zusammenhang gewiss auch keinesfalls von Nachteil. 2004 im Auftrag des Fernsehsenders “TNT” produziert, rief Regisseur John Badham (“WarGames“) dem Publikum diesen inzwischen “leicht verblassten”, sich um seine Person rankenden “Mythos” in Gestalt eines seinen Namen als Titel tragenden sowie hier nun zur Besprechung vorliegenden Biopics erneut in Erinnerung: Vor allem jüngeren, außerhalb der Staaten lebenden Zuschauern dürfte seine Geschichte heutzutage kaum noch geläufig sein – und das obgleich nicht bloß einzelne “Popkultur-Vertreter” ab und an durchaus noch immer mal auf ihn verweisen (siehe z.B. das 2006er Kanye West “Touch the Sky”-Musikvideo mit Pamela Anderson)…
Geboren am 17. Oktober 1938, wird dem jungen Robert schnell klar, dass sein künftiges Leben anders als das der meisten Einwohner der Kleinstadt Buttle in Montana verlaufen soll, denn ein Schuften in der örtlichen Miene und das damit verbundene “karge Dasein” kann er sich auf Dauer nicht vorstellen. Radkappen-Diebstähle und Ärger mit dem Gesetz bringen ihm schon bald den Spitznamen “Evil” ein – welchen er später (ganz offiziell) zu “Evel” hin abändert, um negative Assoziationen möglichst zu vermeiden. Im Alter von acht besteht für ihn kein Zweifel mehr daran, dass Motorräder definitiv eine wichtige Rolle in seiner Zukunft spielen werden – und so verdient er (George Eads) sich 1958 bereits mit Kunststücken auf der Straße seine ersten Dollars. “Rebellisch” im Verhalten, gelingt es ihm sogar, das Herz der schönen Linda (Jaime Pressly), einem Mädel “aus gutem Hause”, zu erobern – was deren Dad (Beau Bridges) natürlich wenig gefällt, bis er sich der Ehrlichkeit der Absichten Roberts vergewissert und der Verbindung schließlich seinen Segen gibt. 1965 sind beide dann glücklich verheiratete Eltern zweier Kinder. Leider läuft die Werkstatt, welche Robert und sein “Ziehvater” Knofel (Lance Henriksen) gemeinsam über die Runden zu bringen versuchen, nicht so gut. Dieser Situation entsprießt irgendwann die Idee, eine “Daredevil”-Sprung-Show auf die Beine zu stellen, in der er mit seinem Motorrad direkt vor der Arbeitsstätte werbewirksam über einige Tiere hinweg springt. Zwar misslingt dieser erste Jump “mehr oder weniger” – allerdings ist er auf diesem Sektor fortan nicht mehr zu bremsen…
Die folgenden Monate verbringt er damit, so viele Auftritte wie realisierbar zu absolvieren – doch fehlt ihm noch immer der letzte Schritt hin zu einem anerkannten Status als “Star”. Ein publikumsträchtiger, 151 Fuß weiter sowie von einem erfahrenen Hollywood-Regisseur dokumentierter Sprung über die Fontänen vorm “Ceasar´s Palace” in Las Vegas soll “die Kasse klingeln” lassen und seine Karriere aufs “nächsthöhere Level” heben – bloß stürzt er bei der Landung böse und fällt aufgrund schwerer Verletzungen für 29 Tage in ein tiefes Koma. Obwohl die Ärzte davon ausgehen, dass er wahrscheinlich nie wieder ein Motorrad fahren können wird, beweist er ihnen nicht lange danach das Gegenteil, indem er u.a. im Februar 1971 einen Weltrekord aufstellt, im Zuge dessen er in Ontario 19 Autos “überfliegt”. Ein Kinofilm und gar eine Action-Figur festigen sein nach außen hin getragenes “Nationalhelden-Image” – doch hinter der schillernden Fassade zeigen sich tiefe Risse: Sein Hang zum Alkohol sowie dazu, sich permanent übertreffen zu wollen, das ständige Herumreisen, heftige Stimmungsschwankungen und gar Affären belasten die Ehe mit Linda, die ihm dennoch treu zur Seite steht. Zudem setzt Evel alles daran, seinen großen Traum zu verwirklichen – nämlich in einer Rakete über den Grand Canyon geschossen zu werden. Da man ihm die Genehmigung dafür jedoch verweigert, weicht er schließlich auf den Snake River Canyon in Idaho aus, welchen er im Cockpit eines von der NASA indirekt mitkonstruierten “Skycycles” zu überqueren gedenkt…
Auf Steve Mandich´s Buch “Evel Incarnate: the Life and Legend of Evel Knievel” basierend, präsentiert uns Routinier John Badham – im Grunde wie von ihm gewohnt – ein “unsperriges Unterhaltungsprodukt”, dem es leider an “Nachhaltigkeit” mangelt. An kurze Episoden erinnernd, die stets nur Bruchstücke seines Werdegangs aufzeigen, ohne sich die Zeit zu nehmen, mal länger an einem Punkt zu verweilen sowie diesen dann jeweils intensiver zu beleuchten, mutet der Verlauf ziemlich sprunghaft an – wodurch zwar ein nettes Tempo erzeugt, allerdings nie sonderlich tief in die Materie vorgedrungen wird. Robert´s schwierige Kindheit wird förmlich zu einem Abenteuer trivialisiert, in welchem er sich auf seinem Fahrrad Verfolgungsjagden mit der Polizei liefert und sogar mal “im Kittchen” landet. Im jugendlichen Alter ist er der coole, die Damenwelt in Aufruhr versetzende “Rebell in Lederjacke” – und von dort aus an steht im Prinzip nur noch seine Karriere als Stunt-Fahrer im Mittelpunkt. Seinem ersten Sprung im Heimatstädtchen folgen sogleich die Vorbereitungen auf den “großen Jump” in Vegas – und nach dem schweren Sturz und der anschließenden Bekanntgabe, sich von diesem Rückschlag nicht aufhalten zu lassen, wird kurzerhand flugs zu seinem Comeback geschnitten. Natürlich erhalten wir obendrein eine Menge “zwischenmenschliche Szenen” geboten – nur sind diese weitestgehend “seichter Natur”: Sie langweilen einen nie – füllen die betreffenden Charaktere im Gegenzug aber ebenso wenig vollwertig mit Leben aus…
Ein evidentes Plus dieser Produktion markiert zweifelsohne das gelungene Casting. Genau das Charisma, das ihm solch kapitale Beliebtheit als Nick Stokes in TV´s “CSI: Las Vegas” beschert hat, injizierte George Eads (“Gutshot Straight“) ebenso in diesen Part – was ergiebig-prächtig funktioniert und im Einklang damit steht, dass man ihm klar ansieht, dass er offenkundig Spaß beim Dreh hatte. Ihm zur Seite steht Jaime Pressly (“Torque”) als Robert´s “verlässliche” Gattin Linda: Sie macht ihre Sache gut – ihre Performance, inklusive der vermittelten Emotionen, wirkt “ehrlich”. Nebenbei erwähnt: Die Frisuren, welche die Leads im Laufe der verschiedenen zeitlichen Perioden zur Schau tragen, sind zum Teil wahrlich amüsant anzuschauen. In Nebenrollen unterstützen und überzeugen derweil auf dienliche Weise die zwei “Alt-Stars” Beau Bridges (“Max Payne“) und Lance Henriksen (“Survival Quest“), die beidesamt kompetente Leistungen erbringen: Als Linda´s Dad, welcher Bobby (nachdem er ihn als Partner seiner Tochter akzeptiert hat) bei Bedarf immerzu mit einem “väterlichen Rat” aushilft, ist Bridges perfekt besetzt worden – während Henriksen, dem man seinen Jahrgang (1940) inzwischen deutlich ansieht (was gar nicht mal negativ gemeint ist), über einige echt “kumpelhafte Momente” verfügt, in denen man glatt vergisst, dass er eigentlich ja hauptsächlich dafür bekannt ist, B-Movie-Villains zu verkörpern. Überdies sind u.a. noch Peter MacNeill (“Open Range”) sowie der ehemalige US-Senator Fred Dalton Thompson (TV´s “Law & Order”) mit von der Partie…
Jason Horwitch (TV´s “Rubicon”) legte den Fokus seines Skripts auf die “Highlight-Stationen” des Werdegangs Knievels – meiner Meinung nach ohne dabei genügend auf die “Schattenseiten des Ruhmes” einzugehen, die eher beiläufig abgehandelt werden. Eine Folge dieser Gewichtung ist ein recht unausgewogenes Gefühl – denn es ist unverkennbar, dass man ein potentiell vielschichtiges Portrait jenes Mannes einer oberflächlichen Thematisierung des “in den Geschichtsbüchern festgehaltenen Erbes” dieser “Motorrad-Legende” opferte. Sicher hängt die Laufzeit von nur rund 91 Minuten damit zusammen: Hätte man etwas in der Richtung einer halben Stunde mehr entsprechend nutzen können, wäre die Sache vielleicht einträglicher ausgefallen. Unglücklicherweise war dem jedoch nicht so – weshalb Evel´s Privatleben regelmäßig auf die Probe stellende Schicksalsschläge und Belastungen (á la zahlreiche Affären, Wutausbrüche und Alkoholprobleme, die sowohl auf den vorherrschenden Druck der Presse und Fans als auch auf sein eigenes “stures Ego” zurückgehen) nicht den nötigen “Raum” innerhalb der sich entfaltenden Geschehnisse erhalten: Sie verbleiben im Hintergrund – sind dem Bestreben, im Ganzen einen möglichst “positiven Grundton” zu bewahren, eindeutig untergeordnet…
Der “Mythos Evel Knievel” wird nicht wirklich “angekratzt”, denn die Art, wie man seine Erfolge in den jeweils nächsten Einstellungen stets “ins rechte Licht gerückt” hat, überstrahlt immerzu die “dunklen Flecken”. Seitensprünge und Alkoholkonsum scheinen zum “Star-Dasein” förmlich mit dazuzugehören; auf Kritik an seiner Person oder der Show reagiert er des Öfteren mit Aggressivität – nur zeigt der Film das quasi als “Kehrseite der Medaille” auf und vermittelt geradezu die Empfindung, als wäre er ein passives “Opfer der Umstände”: Man nimmt es ihm kaum quer – schließlich sehen wir ja, dass er sich nicht unterkriegen lässt, alles in allem kein übler Mensch ist sowie seine Eskapaden ohne gravierende Konsequenzen bleiben (seine Frau hält trotzdem zu ihm, der “Griff zur Flasche” ruiniert seine Karriere Schrägstrich Existenz nicht etc.). Das Image des “sich den konservativen Idealen widersetzenden Bad Boys” wird gepflegt: Speziell in der Epoche des Zenits seines Ruhms verknüpfte er rebellische, unkonforme Ansätze mit klassischem Patriotismus – was ein breites Spektrum der Bevölkerung ansprach. Es ist ja auch nicht so, dass sein Lebensstil ihn “ins Grab gebracht” hat: Nein – lange genoss er seinen wohlverdienten Ruhestand in Florida, nachdem er sich in der ’80ern gen Malerei umorientierte sowie sich verstärkt der Familie und Charity-Arbeit (hauptsächlich im Rahmen der “Make a Wish Foundation”) widmete, bevor er schließlich im November 2007 im Alter von 69 Jahren an Lungenversagen starb…
Dass “Evel Knievel” in keiner gemeinsamen “Liga” mit Biopics wie “Ray”, “Kinsey” oder “Capote” spielen würde, war mir von Anfang an klar. Eventuell ist es auch so zu erklären, dass ich bei meiner Bewertung nicht so hart mit dem Werk ins Gericht gehen möchte. Sicher, einzelne Detail-Fehler (etwa Automobil-Typen, Oldies und Cola-Dosen, die es in den betreffenden Jahren noch gar nicht gab) sowie irritierend lose eingebettete inhaltliche Elemente (wie eine geschäftliche Begegnung mit John Derek und Linda Evans) schwanken zwischen verwunderlich und ärgerlich – nur möchte ich diese innerhalb des “lockeren Kontexts” genauso wenig negativ überbewerten wie die Verwendung einiger bestenfalls mäßiger CGI-Shots. Die eingängige Musik-Untermalung steuerte “the Police”-Mitglied Stewart Copeland (“the First Power“) bei, Badham´s Regie-Leistung ist absolut solide, die beschränkten zur Verfügung stehenden Mittel wurden durchdacht eingesetzt. Gewisse Budget-Defizite sind jedoch bei den spektakulären Sprüngen auffällig: Da man sich keine Kosten-intensiven Setpieces leisten konnte, wurden diese Gegebenheit kaschierende, beinahe altmodisch anmutende “Montagen” genutzt, die manchmal “leicht unbeholfen” wirken – allerdings hat man diese an zentralen Stellen mit echten Dokumentar-Aufnahmen kombiniert, was in jenen Augenblicken einen schön “authentischen Eindruck” erzeugt (siehe nur mal seinen “Ceasar´s Palace”-Crash, der einem beim Anschauen regelrecht schmerzt). Und auch der Abspann, der übrigens nach einem in meinen Augen zu abrupten Ende sowie einer leidlich informativen Texttafel-Einblendung einsetzt, besteht aus Archiv-Bildmaterial-Auszügen, was der ganzen Angelegenheit einen netten Abschluss verleiht…
Letztlich kann und möchte ich, unabhängig aller von mir bemerkten und aufgeführten, keineswegs zu vernachlässigenden Kritikpunkte, diesem auf wahren Begebenheiten beruhenden “Made for TV”-Movie zumindest eine eingeschränkte Empfehlung aussprechen, da es dem Streifen (u.a. dank sympathischer Darsteller und einem zeitweise “augenzwinkernden Grundton”) durchaus gelungen ist, mich solide zu unterhalten. Aufgrund der oberflächlichen Herangehensweise gelang es den Machern zwar nicht, dem berühmten Motorrad-Entertainer, der bereitwillig Flammenwände durchbrach, auf der Basis von 35 Knochenbrüchen im “Guinness Buch der Rekorde” vertreten ist sowie wagemutig diverse Busse (13), Autos (50), Trucks (13), ein Haifisch-Becken und fast sogar eine 400 Meter breite Schlucht übersprang, ein herausragendes “cineastisches Denkmal” zu setzen – wohl aber, einen passablen, einigermaßen kurzweiligen Zeitvertreib für einen verregneten Nachmittag oder Abend vorm heimischen Fernseher zu schaffen. Wer mehr als das erwartet bzw. will, sollte besser auf eine der zahlreichen “Evel Knievel”-Dokus zurückgreifen…
Hierzulande ist “Evel Knievel” seit 2006 auf DVD erhältlich. Eine BluRay-Veröffentlichung gibt es dagegen bis heute (06/2019) bislang noch keine, soweit ich weiß...
Stefan Seidl
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zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright des “Evel Knievel” Covermotivs der Pics: TNT / ApolloProScreen Filmproduktion / Icon Productions / Jaffe, Braunstein Films / Koch Media GmbH, Filmconfect Home Entertainment GmbH, Rough Trade (D)__ Infos zur dt. VÖ:__ Freigabe: FSK-16__ DVD/BluRay: ja/nein__ |