Originaltitel: Jojakdoen dosi__Herstellungsland: Südkorea__Erscheinungsjahr: 2017__Regie: Park Kwang-hyeon__Darsteller: Ji Chang-wook, Shim Eun-kyung, Ahn Jae-hong, Kim Sang-ho, Kim Gi-cheon, Oh Jeong-se, Kim Min-gyo, Choi Gwi-hwa, Kahlid Elijah Tapia, Park Gyeong-hye u.a. |
„Fabricated City“ ist Teil unserer Videokritik zu vier Streifen, die für Actionfans interessant sein könnten. Schaut doch mal hinein. Das Video startet bei der Kritik zu „Fabricated City“. Wer lieber lesen mag, scrollt einfach nach unten!
Video: Kritik zu dem südkoreanischen Actionthriller „Fabricated City“
httpv://www.youtube.com/watch?v=ak4WYfsmDtQ&t=1210s
Südkorea weiß, wie Action geht!
Wer nach wie vor nicht glauben mag, dass die Südkoreaner aktuell die geilsten Actionszenen fabrizieren, der möge sich bitte die ersten zehn Minuten von „Fabricated City“ zu Gemüte führen und in Ehrfurcht erstarren. In Dimensionen Bay’schen Größenwahns wird hier geklotzt und nicht gekleckert. Mit zig Fluggeräten fliegen die Helden zum Kriegsgebiet und entfesseln hier selbigen.
Gewaltige Explosionen, ausufernde Feuergefechte, mittels Handmade-Effekten umgesetzte Körpertreffer, Durchschüsse, Blutwolken und Headshots, perfekt choreographiertes Chaos und verblüffend artistische Ballereinlagen lassen mit der Zunge schnalzen. So geht Action! Und das ist nur der Auftakt für einen rundum gelungenen Actionthriller.
Der unschuldig Verfolgte dreht den Spieß um
In diesem dreht sich alles um Kwon Yoo. Der war einst Mitglied der koreanischen Nationalmannschaft im Taekwondo. Als er wegen Körperverletzung aus dem Team geschmissen wird, geht es mit ihm rapide abwärts. Arbeitslos und abgerissen frönt er in den Internetcafés der Stadt dem Online Gaming.
Als er eines Tages wieder am Zocken ist, klingelt ein auf dem Nachbartisch liegendes Handy. Kwon Yoo geht ran und erhält von der ertönenden Stimme ein verlockendes Angebot. Wenn er ihr das soeben aufgehobene Handy bringe, würde sie ihn fürstlich entlohnen. Der ewig klamme junge Mann denkt nicht weiter darüber nach und latscht los.
Vor Ort kann er durch die offenstehende Tür sofort in die Wohnung der jungen Dame eindringen und erwischt sie unter der Dusche. Er solle das Geld auf ihr Bett legen und sich das dort liegende Geld nehmen. Kwon Yoo tut, wie ihm befohlen und verlässt eilig die Wohnung. Nicht ohne die junge Dame zu warnen, dass ihre Türe offen stünde.
Am nächsten Morgen wird Kwon Yoo unsanft geweckt. Die Polizei stürmt seine Wohnung und nimmt ihn fest. Ihm werde die mehrfache Vergewaltigung und Ermordung einer jungen Frau vorgeworfen. Als Kwon Yoo auf dem Revier erfährt, dass ausgerechnet die Frau ermordet wurde, der er ihr Handy gebracht hat, schwant ihm, dass er es verkackt hat. Seine DNA ist definitiv am Tatort und er gilt als letzter, der sie gesehen hat.
Er wandert ein. Lebenslänglich – ohne Aussicht auf Bewährung. Zudem landet er in einem Hochsicherheitsgefängnis. Dementsprechend wenige Illusionen macht er sich um seine Zukunft. Doch da besucht ihn seine Mutter und erklärt, sie habe einen Zeugen gefunden, der ihm ein Alibi versorgen könne. Infolgedessen schöpft Kwon Yoo Hoffnung und lebt wieder auf. Da ereilt ihn die Nachricht, dass seine Mutter Selbstmord begangen habe. Als ihm auch noch ein Besuch der Beerdigung verwehrt wird, fasst er er einen Plan.
Er muss aus dem Knast ausbrechen, egal wie. In Freiheit will er dann selbst seinen Namen und den seiner Mutter reinwaschen. Dass ihm dabei ehemalige Gaming-Gefährten unterstützen und er sprichwörtlich Geschäftemacherei mit dem Tod aufdecken wird, kann er zu dem Zeitpunkt noch gar nicht ahnen.
Schaut in „Fabricated City“ aus Südkorea hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=nWH__bffCOk
Was man „Fabricated City“ nicht vorwerfen kann, ist, dass er ein niedriges Tempo fahren würde. Die obige Inhaltsangabe umfasst kaum mehr als 20 Minuten des gesamten Filmes. Der prescht durchweg mit Schmackes voran, hält seine Geschichte immer auf einem hochinteressanten Level, pumpt ordentlich Spannung und behält sich einige wesentliche Enthüllungen bis zur letzten Szene auf. In der Folge ist man immer im Film drin und rätselt fleißig mit. Vor allem das „Warum“ um Kwon Yoos Verurteilung und den damit zusammenhängenden Mord zu Beginn beschäftigt einen den ganzen Film über.
Zudem führt „Fabricated City“ ein paar wirklich nette Figuren ein. Vor allem die Reallife-Charaktere hinter den Gaming-Kollegen von Kwon Yoo sind ein toller Haufen, der zudem auch einen sehr schönen Humor in den Film stemmt. Nebenbei wird bei einer starken Nebenfigur auch das beliebten Gender-Switching im Internet aufgegriffen. Zwar könnten manche Figuren eindrücklicher gezeichnet sein, aber für das Involvement in den Film reicht das Präsentierte vollends aus.
Schade ist, dass der zu Beginn irre unscheinbar gezeichnete Oberfieswicht zum Ende hin immer mehr zur Karikatur verkommt, was in einigen Overacting-Momenten resultiert und ihn zum reichlichen Clown macht. Allgemein sind die Bösewichter nicht die Stärke des Filmes. Nur deren Motiv und deren Vorgehen bei der Umsetzung desselben (quasi eine Umkehrung des CSI-Prinzips) sind absolut großartig und haben durchaus ein paar faszinierende Momente zur Folge.
Das alles kleidet Regisseur Kwang-Hyun Park in moderne, flotte und dynamische Bilder und lässt sich in Sachen Action nicht lumpen. Wuchtige Autocrashs gehen ihm dabei genauso sauber von der Hand wie die große Eröffnungsszene. Schade ist nur, dass der Showdown nicht ansatzweise so groß daherkommt, wie der Opener. Dafür ist er aber von seiner Idee her stark geraten. Während in der Eröffnungsszene nämlich die onlinebasierten Skills der Wegbegleiter von Kwon Yoo in einer Fantasiewelt wichtig sind, sind im Finale deren Real-Life-Skills in der echten Welt von Bedeutung. So schließt sich dann in der Actiondramaturgie des Filmes direkt ein Kreis.
Interessant sind zudem zwei Sequenzen, in denen Kwang-Hyun Park seine eigene Art der „Daredevil“-Sichtweise zelebriert. Mit stylischen Bildern und coolen Lichtspielereien. Ein weiteres großes Plus ist der fantastische Score zum Film. Das Hauptthema klingt nach 1-A-Trailermucke und bleibt sofort im Ohr hängen und ein steiler Rap-Song (koreanisch!) treibt zumeist die actionlastigen Momente immer wieder genial nach vorne. Auch sonst ist die stark elektronisch angehauchte Musik ein echter Ohrenschmeichler.
Die Schauspieler schlagen sich, von den Fieswichten abgesehen, rundweg stark. Vor allem Hauptdarsteller Ji Chang-Wook ist als Held eine sichere und vor allem sympathische Bank. Megasüß wird Eun-kyung Shim („Train to Busan“) als Hackerin Yeo-wool in Szene gesetzt. An ihr bleibt das Auge mehr als einmal hängen. Die tollsten, weil emotional berührendsten Momente gehören jedoch Ho-jung Kim als Kwon Yoos Mutter. Wie die Mimin ihre Gefühle transportiert, lässt einen definitiv nicht kalt.
„Fabricated City“ rockt
Es nimmt wahrlich Wunder, warum es ganze vier Jahre gedauert hat, bevor mit Splendid endlich ein deutscher Verleih die Qualitäten von „Fabricated City“ erkannt hat und ihn in Deutschland auf den Markt bringt. Was als grandiose Over-the-top-Action-Oper mit fetten Bildern und gewaltigem Leichenberg beginnt, wandelt sich alsbald zu der beliebten Mär vom unschuldig Verfolgten. Ohne in entsprechenden Klischees zu ersaufen.
Denn „Fabricated City“ hält ein wahres Pfund an cleveren Entwicklungen bereit, verfängt sofort beim Zuschauer, zieht ihn in Kwon Yoos Welt hinein und wird in technisch durchweg wertigen Bildern und mit Sinn für Tempo, Spannung und sympathische Figuren gereicht. Bis zum perfekten Finale, in dem dann auch der Spektakelfaktor noch einmal deutlich anziehen darf, trifft der Zuschauer bei dem sich durchweg frisch anfühlenden Szenario kaum auf Misstöne – von den leider eher schwachen Bösewichten einmal abgesehen.
Das Fazit kann daher nur wie folgt lauten: „Fabricated City“ im Speziellen und das südkoreanische Actionkino im Allgemeinen sind unbedingt eine Entdeckung wert.
Splendid Film wird „Fabricated City“ am 26. März 2021 auf DVD und Blu-ray veröffentlichen. Die Datenträger sind mit einer Freigabe ab 16 versehen. Diese fühlt sich sehr passig an. Das Review basiert auf der ungeschnittenen Code 1 DVD von dem Label CJ Entertainment.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
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