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Flucht aus Atlantis

Originaltitel: Alien from L.A.__Herstellungsland: USA/Südafrika__Erscheinungsjahr: 1988__Regie: Albert Pyun__Darsteller: Kathy Ireland, William R. Moses, Richard Haines, Don Michael Paul, Thom Mathews, Janet Du Plessis, Simon Poland, Linda Kerridge, Kristen Trucksess, Lochner De Kock, Deep Roy u.a.
Flucht aus Atlantis

Albert Pyun setzt Model Kathy Ireland in Szene: „Alien from L.A.“ alias “Flucht aus Atlantis”

Albert Pyun und die Trends. Anno 1988 war die von „Indiana Jones“ und „Auf der Jagd nach dem grünen Diamanten“ losgetretene Abenteuerfilmwelle, auf der auch Alberts damaliger Stamm-Arbeitgeber Cannon mit Filmen wie „Quatermain“ und „Feuerwalze“ mitsurfte, schon langsam am Abklingen, aber als zusätzlichen Anreiz besetzte er einfach das angesagteste Bademoden-Model seiner Zeit, Kathy Ireland, in ihrer ersten Hauptrolle für „Alien from L.A.“ aka “Flucht aus Atlantis”.

Die muss allerdings einen Nerd spielen, mit waschechtem Nerd-Namen: Wanda Saknussemm. Und wie sieht ein Nerd im Film, vor allem im Film der 1980er aus? Richtig: Sie hat eine Brille mit flaschenbodendicken Gläsern auf der Nase. Wanda ist keine abenteuerlustige Person und hat vor allem Angst, was man daran erkennt, dass sie, ihre beste Freundin und ihr Freund das alle in den ersten Filmminuten erwähnen müssen. Wobei ihr Freund sie verlässt, weil er sie wegen Flugangst in den Urlaub chauffieren müsste und dann würde Surferdude-Loverboy ja den Rest der Surfsaison verpassen. Ein echter Hauptgewinn, der Typ, aber dann ist er ja futsch.

Wandas entfremdeter Daddy arbeitet als Archäologe, fällt aber dem Berufsrisiko zum Opfer in ein bodenloses Loch zu stürzen. Um den verschwundenen Vater nicht ganz aufzugeben jettet Wanda dann doch aller Flugangst zum Trotze zur Ausgrabungsstätte und löst bei deren Begehung eine absurde Kettenreaktion aus, an deren Ende sie dann auch in das bodenlose Loch stürzt, das aber gar nicht so bodenlos ist. Hui, dann ist Daddy ja vielleicht gar nicht tot und man kann ja nach ihm suchen. Nach einem Ausgang auch noch.

Bald stellt Wanda fest, dass tatsächlich ordentlich was los ist unter der Erdkruste, denn nahe des Mittelpunkts der Erde lebt die Zivilisation von Atlantis. Für die ist Wanda natürlich ein Alien (aus L.A.), doch zum Glück hilft ihr der toughe Guten ‘Gus‘ Edway (William R. Moses) weiter…

httpv://www.youtube.com/watch?v=z-SclSgWSa4

Ähnlich wie bei Pyuns einige Zeit zuvor entstandenem „Vicious Lips“ konnten hier immerhin die Ausstatter die Sau rauslassen soweit das Budget es ihnen erlaubte. Das unterirdische Reich sieht zwar phasenweise immer noch umgebauter Lagerhalle und Pappmaché aus, während die Atlantis-Bewohner aus Kostengründen alle humanoid sind, aber in dem Rahmen hat “Flucht aus Atlantis” teilweise schon seinen Billigcharme, etwa wenn Mambino (Deep Roy), der selbsternannte Boss der Bosse, mit wild wuchernden roten Wimpernalgen auftaucht oder Gus mit seinem Baufahrzeug-ähnlichen Gefährt durch die Gegend kurvt, wenn es die trampelige Wanda nicht gerade zum Umkippen drängt.

Denn wer jetzt denkt, dass Albert hier Pionierarbeit auf dem Gebiet der Action- und Abenteuerheldinnen leistet, der ist schief gewickelt. Wanda fiept sich mit Quietschestimme und stets ungläubigem Gesichtsausdruck durch den Film und ist so passiv, dass Weglaufen noch das Aktivste ist, was sie macht. Zum Glück tauchen dann wahlweise Gus oder ein anderes Helferlein (Thom Mathews) auf, das der Film nur Charmin‘ nennt. Solches Wanda-Raushauen sorgt dann auch für gelegentliche Action irgendwo zwischen Laien-LARP und Schulhofprügelei, die dem Film dann auch nicht über die Runden hilft.

Noch dazu ist Kathy Irelands („Loaded Weapon 1“) schauspielerisches Können ausgesprochen begrenzt, wobei sie da in bester Gesellschaft ist, zwischen dem stoischen William R. Moses („Chain of Command – Helden sterben nie“) und dem chargierenden Deep Roy („Planet der Affen“). Einige Akteure schlüpfen als Sparmaßnahme gleich in mehrere Rollen, etwa Janet du Plessis („Merchants of War“), die sowohl als fieser General Rykov als auch als Shank auftritt, letztere eine Mischung aus Spitzel, Glücksritter und Pennerin. An Pyun-Spezis tauchen Thom Mathews („Blast – Das Atlanta-Massaker“) und Simon Poland („Spitfire“) auf, außerdem Don Michael Paul, der zuvor in Pyuns „Teuflische Klasse“ mitgespielt hatte, doch sowas die Schauspiel vollbringt hier keiner.

Das passt sich damit problemlos der Nullleistung des Drehbuchs an, das keinen Plot erkennen lässt. Obwohl die Obrigkeit den Atlantis-Bewohnern via Dauerdurchsage eintrichtert, dass es keine Aliens gäbe (ein augenzwinkernder Anflug von Medienkritik und einer der wenigen lichten Punkte dieses Murksfilms), sind einzelne Anführer durch die Ankunft von Wandas Daddys über die Existenz der Oberflächenwelt im Bilde. Aus unerfindlichen Gründen fürchten einige eine Invasion und wollen deshalb auch Wanda in ihre Fänge kriegen, während andere sich für friedliche Ko-Existenz aussprechen. Tatsächlich kann das auch mehr oder weniger in einem Gespräch geklärt werden, aber bis dahin ist viel redundante Jagd auf Wanda angesagt, inklusive Wegrennen, Verkleiden und Verstecken, alles garantiert spannungsfrei, staubtrocken und bleischwer.

So ist “Flucht aus Atlantis” allem Billigcharme zum Trotze dann in erster Linie kreuzöde, zumal der Film noch nicht einmal so richtig drüber und bescheuert ist wie etwa „Vicious Lips“. Ein ebenso konfuses wie spannungsbefreites Drehbuch, schwache Darsteller und das vollkommene Fehlen größerer Schauwerte sind eklatante Mängel in einem Film, dessen Heldin ist erster Linie passives Objekt ist – und so jemandes Abenteuern folgt man doch echt nicht gerne.

In Deutschland hat es “Alien from L.A.” anscheinend nur auf eine TV-Ausstrahlung gebracht, unter dem Titel “Flucht aus Atlantis”. Auf DVD gibt es ihn in den USA, mit lediglich dem Trailer als Bonusmaterial.

© Nils Bothmann (McClane)

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