Originaltitel: Force of Nature__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2020__Regie: Michael Polish__Darsteller: Mel Gibson, Emile Hirsch, Kate Bosworth, Stephanie Cayo, David Zayas, William Catlett, Tyler Jon Olson, Swen Temmel, Jesy McKinney, Jasper Polish, Ray Hernandez u.a. |
Ein Raubüberfall in einem schweren Unwetter, damit hatte „Hard Rain“ in den 1990ern Erfolg, knapp zwei Jahrzehnte später griff „The Hurricane Heist“ das Thema auf und anno 2020 verwurstet die B-Filmschmiede EFO mit „Force of Nature“ einen derartigen Stoff.
Inspiration dürfte der schwere Hurrikan gewesen sein, der Puerto Rico anno 2017 verwüstete, denn auch „Force of Nature“ spielt auf dem US-Commonwealth-Eiland, wo gerade ein Hurrikan der Kategorie 5 aufzieht. Die Polizei soll die Leute evakuieren und für Ordnung sorgen, was dem ausgebrannten Ex-New-Yorker Cop Cardillo (Emile Hirsch) so gar nicht schmeckt, wollte er doch lieber mit dem Arsch am Schreibtisch bleiben, was ihn natürlich unheimlich sympathisch macht. Zusammen mit seiner neuen Partnerin Jess Pena (Stephanie Cayo) begibt er sich nach draußen in den Sturm und hat schon bald einen Einsatz wegen eines Fleischhamsterkaufs in einem Supermarkt.
Ebenfalls im Unwetter unterwegs ist der Gangster John the Baptist (David Zayas), der mit seiner Crew auf der Suche nach einem ganz bestimmten wertvollen Besitz ist. Was genau, das erfährt man erst später, aber es ist a) unwichtig, weil eh nur eine Art MacGuffin ist, und b) kann man sich schnell denken, worum es geht, wenn man in der Anfangsszene halbwegs aufpasst. In der räumt John das Bankschließfach einer alten Frau aus, nachdem er sie als Geisel genommen hat, und pustet sowohl ihr als auch einem seiner Komplizen noch in der Bank das Lebenslicht aus. Das macht zwar wenig Sinn, aber soll halt zeigen wie doll böse er doch ist.
Derweil führt der Supermarkt-Fleisch-Zwischenfall das Cop-Duo zum Apartmenthaus, in dem der Verursacher, Griffin (Will Catlett), wohnt. In ihren Wohnungen haben sich auch der Deutsche Paul Bergkamp (Jorge Luis Ramos) sowie der an der Dialyse hängende Ex-Cop Ray Barrett (Mel Gibson) nebst seiner als Ärztin arbeitenden Tochter Troy (Kate Bosworth) verschanzt. Als Cardillo und Pena sie evakuieren wollen, rücken schon die Gangster an – ihre Beute befindet sich im Haus, worauf ein Überlebenskampf beginnt…
httpv://www.youtube.com/watch?v=EJPa9_lS1Tg
Die Produktionen von EFO sind meist kostengünstige Actionfilme und Thriller, in denen verblasste Stars in Nebenrollen vorbeischauen, damit ihr Name trotz weniger Drehtage groß aufs Cover kann – vor allem Bruce Willis ist inzwischen darauf abonniert. Hier ging der Part jedoch an Mel Gibson, der ähnlich wie in „Dragged Across Concrete“ einen verbitterten, alten, von Vorurteilen gezeichneten Cop gibt – quasi einen weitergedachten, zum Negativen gewandelten Riggs aus seinen „Lethal Weapon“-Filmen. Wo das unter S. Craig Zahlers Regie wie ein reizvolles Gedankenspiel wirkte, da ist dies hier halt einfach so, aber immerhin spielt Gibson den Part immer noch einigem Inbrunst und den Rest der Belegschaft an die Wand, obwohl auch er hier vermutlich nicht den üppigsten Drehplan hatte. Ein moppelig gewordener Emile Hirsch („Once Upon a Time in Hollywood“) mit Stinkstiefelmiene taugt dagegen kaum als überzeugender Actionheld und sieht zudem die meiste Zeit so aus als wäre er lieber woanders. Kate Bosworth („The Domestics“) ist okay, David Zayas („The Expendables“) als Fiesling so lala, aber vielleicht ist der Part auch zu unterentwickelt. Über John the Baptist erfährt man eigentlich nur, dass er beim kriminellen Tagewerk gerne Leute umlegt, zur Not auch die eigenen, dann ist der Anteil an der Beute größer.
Trotz diverser bekannter Namen war das Budget sichtlich klein. Die begrenzte Location des Apartmentkomplexes, in dem der der größte Teil des Films spielt, mag noch als Kammerspielgrundvoraussetzung durchgehen, dass man davon aber immer nur die gleichen, wenigen Räume und Flure sieht weniger. Der Hurrikan beschränkt sich auf Dauerregen und stärkeren Wind, spektakuläre Katastrophen(film)bilder erwartet man lieber nicht. Und die Großkatze, die Griffin zum Perfektmachen des Chaos in seiner Wohnung hält, sieht man nur einmal schemenhaft als mäßigen CGI-Effekt – warum so ein Element einbringen, wenn man es nicht vernünftig finanzieren kann? Also spielt man mit kleiner Belegschaft Katz und Maus im verlassenen Wohnkomplex, wo schon der nächste Hund begraben liegt: John hat nur eine Handvoll Leute, während es auf Heldenseite ganze vier Leute gibt, die nicht nur mit Knarren umgehen können, sondern fast immer Waffen und Munition zur Hand haben, womit man das Spannungspotential des Überlebenskampfes gen null treibt – als hätte Regisseur Michael Polish („The Astronaut Farmer“) und Drehbuchautor Cory M. Miller offensichtliche Vorbilder wie „Stirb langsam“ und „Assault on Precinct 13“ nicht nur nicht verstanden, sondern gar nicht erst studiert.
Dazu garniert „Force of Nature“ das Ganze auch noch mit diversen Blödheiten. Da hangeln Cardillo und Troy an der Feuertreppe, sind einfache Ziele, doch ein Schurke schießt mit einem Gewehr trotz ausgiebigen Zielens mehrfach daneben – während Cardillo nach Ende der Kletterpartie mit seiner Pistole nur einen Schuss braucht, um den Baddie zu beseitigen. Das Trauma des Helden ist in Grundzügen schnell erraten, seine volle Enthüllung zur Filmmitte bringt weder einen Aha-Effekt noch macht es den Helden groß sympathischer – allerdings hat es „Force of Nature“ generell nicht mit brauchbarer Figurenzeichnung. Der Deutsche hat eine Nazivergangenheit, obwohl er einen Latino-Namen hat, entsprechend aussieht und mit entsprechendem Akzent spricht. Und eine Vorblende zu Filmbeginn auf eine brenzlige Situation gen Filmmitte soll wohl Spannung erzeugen, wirkt aber nur unnötig und unbeholfen.
Das ist schon alles nicht schön, doch leider sieht es auch bei der Action desolat aus. Die Schurken streichen schnell die Segel, sonderlich blutig oder spektakulär sind die Shoot-Outs nicht und wenn es mal in den Nahkampf geht, dann regiert der Hakelschnitt. Noch dazu ist „Force of Nature“ nicht besonders actionreich (siehe geringe Gegnermenge und schnelles Segelstreichen), auch wenn hin und wieder der eine oder andere nette Ballermoment dabei ist, den die Regie nicht kaputt bekommt. Die leistet sich immer noch genug Schnitzer, etwa eine Abblende im Showdown, ohne vernünftig zu erklären wie die Helden jetzt genau aus der brenzligen Lage mit der Großkatze gekommen sind. Dass diese natürlich für Cardillos letzte List zum Einsatz kommen muss, ist dem halbwegs genreerfahrenen Zuschauer natürlich klar, sobald dieses Plotelement das erste Mal eingeführt wird.
Ein recht gut aufgelegter Mel Gibson, ein, zwei okaye Actionmomente und ein Look, der etwas edler als viele andere B-Movies aussieht – das hat „Force of Nature“ immerhin zu bieten. Angesichts eines drögen Baukastenplots, langweiliger 08/15-Charaktere und einer unbeholfenen Regie, die Spannungsmomente meist im Ansatz killt, ist das jedoch nicht viel. „Force of Nature“ ist öder Quark, der eine nicht mehr ganz frische, aber eigentlich zackige Prämisse total verschenkt.
In Deutschland bringt Splendid/WVG „Force of Nature“ auf DVD und Blu-Ray heraus, ungekürzt ab 16 Jahren freigegeben.
© Nils Bothmann (McClane)
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