Originaltitel: Foxtrot Six__Herstellungsland: Indonesien, USA__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: Randy Korompis__Darsteller: Oka Antara, Verdi Solaiman, Chicco Jerikho, Rio Dewanto, Arifin Putra, Mike Lewis, Miller Khan, Edward Akbar, Julie Estelle u.a. |
Wir haben den indonesischen Actionfilm „Foxtrot Six“ in einer Videokritik ausführlich auseinandergenommen und verraten, was euch bei dem von Produzenten-Legende Mario Kassar auf die Beine gestellten Actioner erwartet. Freunde des geschriebenen Wortes werden unter dem Video fündig.
Video: Kritik zu „Foxtrot Six“
httpv://www.youtube.com/watch?v=KUZo6QKGK9s
Ich putsche mir die Welt, wie sie mir gefällt
„Merantau“, „The Raid 1 + 2“, „Headshot“ oder „The Night comes for us“ haben das indonesische Actionkino international berühmt gemacht. Wenn dann bekannt wird, dass Produzenten-Legende Mario Kassar („Rambo“, „Total Recall“) einen indonesischen Actioner produzierte und sogar noch Schnitt-Maestro Mark Goldblatt („Phantom Kommando“) als Berater ans Set holte, beginnt man als Actionfan ungeduldig mit den Hufen zu scharren. Das Ergebnis heißt „Foxtrot Six“.
In diesem macht Regisseur und Drehbuchautor Randy Korompis direkt das ganz große Fass auf. Denn die Welt unserer Tage liegt am Boden und die Menschheit hungert sich zu Tode. Der neue Präsident von Indonesien verspricht, die leidende Weltbevölkerung zu retten. Immerhin geht es Indonesien unter seiner Führung mehr als gut. Doch Präsident Indra hat die Rechnung ohne den patriotischen Flügel seines Landes gemacht. Die setzen auf „Indonesia First“ und putschen den Präsidenten aus dem Amt.
Just zu diesem Zeitpunkt lernen wir Angga kennen. Der junge Mann macht seiner Angebeteten Sari gerade einen Antrag und hat so im Gefühl, dass er seine Liebste an diesem Tag nicht gehen lassen sollte. Die Investigativreporterin plant nämlich ein Interview mit Präsident Indra. Es kommt, wie es kommen muss: Sari geht in den Umsturzwirren spurlos verschwunden.
Knapp zehn Jahre später hat sich Angga innerhalb der Umsturzpartei Pirana (sic!) nach oben gearbeitet und unterbreitet den Führern einen tollkühnen Plan: Er will der erstarkenden Widerstandsbewegung „Reform“ in einer Black-Ops-Operation den Kopf abschlagen. Die Pirana-Führer nehmen das Angebot nur zu gerne an, stellen Angga aber den Söldner Wisnu an die Seite.
Gemeinsam arbeiten sich beide bis zur Führung der Widerstandsbewegung vor, als Angga mit Staunen feststellen muss, wer die „Reform“ anführt. Wisnu nutzt die überraschende Gelegenheit, bootet Angga aus, dreht dessen Plan gegen die „Reform“ um 180 Grad und plant einen Genozid an einem Großteil der indonesischen Bevölkerung.
Schaut in den Actionfilm aus Indonesien hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=WQxcce0KZlg
Wann immer es schwerfällt, die ersten Minuten eines Filmes halbwegs plausibel zusammenzufassen, weiß man, dass man es entweder mit einem ganz besonderen Film zu tun hat oder aber mit einem Streifen, dessen Storytelling echte Probleme hat. „Foxtrot Six“ ist eher ein Werk der Kategorie zwei.
Eine Weltkrise, eine Revolution, ein Putsch, satirische Kommentare auf einen Amerikaner mit orangener Haut, ein Zeitsprung, Gegenbewegungen zur Putschistenpartei, Putsche, Gegenputsche und hier und da noch ein Twist. Actionfans, die ihre Story simpel und geradlinig mögen, bekommen bei „Foxtrot Six“ ein aufgeblasenes Storyvehikel angeboten, das sich durchweg als zu ambitioniert entpuppt.
Dabei ist die Story von „Foxtrot Six“ eigentlich ganz simpel: Fiese Lumpen bedrohen die Welt, der Held sammelt andere schlagkräftige Helden, eben die Foxtrot Six“, um sich und zieht dem Lumpen die Hammelbeine lang. Doch bis es zu diesem Punkt kommt, sind schon knapp 45 Minuten Film vergangen. Und „Foxtrot Six“ startet dann noch lange nicht zu seinem eigentlichen Kern durch. Immer wieder wird gefühlt noch ein weiterer Showstopper in den Ring geworfen.
Negatives Highlight dahingehend ist eine Sequenz, in der sich der Held entscheiden muss, ob er eine geliebte Person oder mehrere andere Personen (darunter sogar Familienmitglieder) rettet. Nicht nur trifft er eine absolut hirnrissige Entscheidung, er agiert dabei auch noch so bescheuert, dass er selbst seine Entscheidung komplett egalisiert. Selten hat eine für einen Film unnötige Sequenz einen Helden so demontiert wie diese.
Apropos: Ganz allgemein ist Held Angga ein großes Problem für den Film. Denn als Held will man ihn nie begreifen. Er agiert den ganzen Film hindurch total unglücklich und er bekommt vom Drehbuch keine wirklich eindrücklichen Momente (nicht einmal im Showdown!) gereicht. Obendrein zieht er den Zuschauer nicht in die Story hinein. Kann ihn nicht für seine eigene dramatische Geschichte einnehmen. Ein weiteres Problem der nicht eben eleganten, überladenen Erzählweise des Filmes. Das liefert nämlich lieber Nebenfiguren, die in zehn Minuten Screentime mehr Heldenhaftigkeit beweisen als Angga in ohnehin zu langen 115 Minuten.
Problematisch ist auch, dass Regisseur Korompis kaum Action zünden mag, die von den erzählerischen Defiziten ablenken könnte. Eine kurze Sequenz zur Etablierung eines unsichtbar machenden Kampfanzuges zeigt auf, dass „Foxtrot Six“ kein Kind von Traurigkeit sein wird, eine Attacke auf einen Autokonvoi unterstreicht diesen Eindruck mit amtlich Bleivergiftungen bei den Opfern und wabernden Blutwolken nur. So richtig reinhauen will aber keine der frühen Actionszenen.
Erst der lang ausgedehnte Showdown, der für etwa 20 bis 25 Minuten über den Screen toben darf, haut dann endlich wie gewünscht rein und zündet eine Art Best of dessen, was Actionfans aktuell so lieben. Ein Sniper räumt trocken die Lumpen ab. Handgranaten und Minen explodieren. Schussduelle folgen auf Messerkämpfe. Es gibt Gun Fu zu bestaunen. Soldaten in gewaltigen Kampfanzügen gestalten mit Miniguns die Umgebung um.
Tja, und dann wird freilich gefightet. So richtig. Mit brechenden Knochen, durch Hinterköpfe getriebenen Zahnbürsten, durchbissenen Halsschlagadern und Aufspießungen. Unsere FSK hatte bei der Freigabe der stark choreografierten Martial-Arts-Momente ab 16 einen mehr als guten Tag. Vor allem, wenn man diverse blutige Headshots, Messer in Gesichtern und ähnliche Nicklichkeiten aus den anderen Actioneinlagen hinzuaddiert.
Als Setting für den stark inszenierten, cool montierten und mit einem treibenden Score versehenen Showdown dient der Rohbau eines Wolkenkratzers. Der wird ausgiebig bespielt und zerstört. Problematisch sind ein paar kleinere CGI-Ausrutscher, etwa wenn die Kodiacs genannten Soldaten in ihrer Supermontur umfallen. Zudem endet der Showdown unbefriedigend, nur um es dann in einer viel zu langen Abfolge von Enden doch noch zu richten. Ein weiteres Problem ist, dass die aufeinandergestapelten Actionszenen des Showdowns alle nach dem gleichen Muster ablaufen und meist mit einem leider total egalen Ausscheiden eines der Foxtrot Six enden.
Für mehr Involvement hätte das Drehbuch die Figuren schon deutlich besser verorten müssen. Dass es das gekonnt hätte, zeigt es mit den Miniauftritten von Chicco Jerikho. Der stiehlt als ebenso maulfauler wie langmähniger Spec beinahe allen die Show. Zumindest kann man den Schauspielern attestieren, dass sie sich bemühen. Hauptdarsteller Oka Antara, seinen Mitstreiter Arifin Putra und Julie Estelle kennt man aus „The Raid 2“.
Mike Lewis spielte in dem interessanten B-Actioner „Message Man“ und Rio Dewanto, der den extrem schlagkräftigen Bara spielt, mischte schon in „Java Heat“ mit. Echte Ausfälle sind nicht zu verzeichnen, nur für Edward Akbars Rolle des Wisnu hätte man sich mehr Überzeichnung gewünscht. Sein Bösewicht hätte nämlich gerne deutlich bedrohlicher und präsenter ausfallen dürfen.
In optischer Hinsicht bedient sich der Actioner eines rohen, rauen, gritty Looks. Dem Aspekt, dass es sich um einen Actionfilm handelt, der in der Zukunft spielt, wird nur selten Rechnung getragen. Ein paar Interieurs von Wohnungen, diverse futuristisch anmutende Anzeigen und einige technische Spielereien deuten es an, ansonsten agiert man mit Zukunftselementen eher vorsichtig. Vermutlich auch, um das Budget zu schonen. Gedreht wurde weitgehend an abgerissenen Schauplätzen, was aber auch zur Handlung des Filmes passt. Immerhin agiert die handlungstreibende Reform eher im Untergrund. Richtig Spaß macht der durchweg nach vorne gehende Score zum Film von Rob Powers (hier sagt der Name mal alles).
„Foxtrot Six“ verhebt sich an seiner Story
„Foxtrot Six“ braucht schlicht und ergreifend viel zu lange, um seine Story um sechs Helden, die einem Lump einen Scheitel ziehen wollen, richtig greifen zu lassen. Der Actionfilm fühlt sich rundweg zu ambitioniert und überladen an. Das geht zulasten der Aufmerksamkeit und nimmt einiges an Spannung und Drive aus dem Science-Fiction-Actioner. Ein eher egaler Held, seine schwach gezeichneten Mitstreiter und ein lahmer Bösewicht machen es noch schwerer, in die Welt der „Foxtrot Six“ einzutauchen.
Biegt der Actioner dann endlich in Richtung Showdown ein, erfährt der Actionfan eine echte Vollstbedienung, bei der er schnell das Gefühl bekommt, dass wenn man in dem Schauplatz eines Hochhauses auch noch eine Autoverfolgungsjagd hätte drehen können, man genau das auch getan hätte. Kurzum: In den im Finale gezündeten, stark inszenierten Actionszenen besinnt sich „Foxtrot Six“ dann endlich auf das, was er am besten kann: Amtlich einen raushauen! Aus verschiedenen Gründen geht man aber sogar aus der finalen Actionkaskade nicht vollends satt raus.
Die deutsche DVD / Blu-ray zum Film erscheint am 26. November 2021 von SquareOne Entertainment. Ungeschnitten, mit einer FSK 16 und leider bar jedweder Extras zum Film.
In diesem Sinne:
freeman
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