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Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster

Originaltitel: Gojira tai Hedora / Godzilla vs. Hedorah__Herstellungsland: Japan__Erscheinungsjahr: 1971__Regie:Yoshimitsu Banno__Darsteller: Akira Yamauchi, Toshie Kimura, Hiroyuki Kawase, Keiko Mari, Toshio Shiba, Yukihiko Gondo, Eisaburo Komatsu, Haruo Nakajima, Susumu Okabe, Tadashi Okabe, Wataru Omae, Kenpachirô Satsuma

Frankensteins Kampf gegen die TeufelsmonsterFrankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster

Die Umweltverschmutzung ist bekanntermaßen nicht nur die Muse aller Umweltschützer, sondern inspiriert auch eine spezielle thematische Abzweigung des Horrorfilms, diejenige nämlich mit dem Präfix „Öko“. Wenn sich Mutanten aus den Sümpfen erheben, Raubtiere ihr Revier aufs Blutigste verteidigen und sich Vögel, Ratten oder Insekten zusammenschließen, um den vermeintlichen Herrscher der Erde mit schierer Überzahl Demut zu lehren, dann ist darin unter Garantie die Botschaft kodiert, wir mögen doch bitte ein wenig sorgsamer mit den Ressourcen der Erde umgehen.

Hin und wieder ist die Botschaft sogar so straight in your face, dass man sie nicht einmal mehr dekodieren muss. Dann nämlich lassen die kreativen Köpfe tatswahrhaftig Müllmonster von der Leine, die all das unverhohlen zum Schneeball formen und auf Retoure schicken, was der Ressourcenverschwender gedankenlos in die Umgebung pustet. Der „Oily Maniac“ (Hongkong, 1976) wäre zum Beispiel so eine undefinierbare Masse, die aussieht wie der in Menschenform gegossene Inhalt eines Fasses Altöl aus einem Jahr Tankstellenbetrieb. Ein deformiertes Recycling-Monster aus Billig-Ressourcen hat auch „TerrorVision“ (USA, 1986) zu bieten. Auch wenn es sich hier nur um Alien-Abfall handelt, so sind Aliens in Filmen doch immer auch ein Spiegelbild menschlicher Eigenschaften. Nicht zu vergessen der „Toxic Avenger“ (USA 1985), der als Produkt radioaktiven Mülls für Trash-Schmiede Troma längst zum Maskottchen mutiert ist. Die Zeichentrickserie „Ghostbusters“ verwendet ebenso wie einige der „Turtles“-Comics mit düsterem Grundton ein Artdesign, das stark an hiesige Müllentsorgungsunternehmen angelehnt ist; man denkt hier an graubraune Einteiler und Abfallkompression (aka Geisterfalle), an die Kanalisation, an Schleim und verbeulte Mülltonnen aus Blech. Auch in anderen Medien ist der Kampf gegen den Schmutz nur allzu präsent. Die Comicfigur „The Heap“ (Erstausgabe 1942) verkörpert das beliebig Form- und Dehnbare und wurde unter Verweis auf ihre flexible Anlage mehrmals neu interpretiert, unter anderem in der regulären „Spawn“-Ausgabe 73 (1998), als der Körper eines Obdachlosen einen Parasiten bewirtet und ein riesiger Müllberg um ihn herum entsteht, der unaufhörlich weiteren Müll aus den Boweries absorbiert und somit praktisch unzerstörbar wird.
Oscar aus der „Sesamstraße“ lassen wir in der Aufzählung mal außen vor…

Wie unschwer zu erkennen, richtet sich das klassische Müllmonster also wahlweise an ein kindliches oder trash-affines Publikum. Dass Godzilla es mal irgendwann mit einem Kaiju aus Industrieabfällen zu tun bekommen würde, war somit nur eine Frage der Zeit. 1971, als sich ein globales Bewusstsein für Umweltverschmutzung langsam herauskristallisierte, war es dann endlich soweit. Yoshimitsu Banno gebar Hedorah (von jap. Hedoro – Schleim, Schlamm), dem Design nach eines der abstraktesten und interessantesten Monster der Franchise, der moralischen Evaluation nach eines der simpelsten.

Dass es um böse Fabriken geht, deren Schornsteine die Luft und Meere verpesten, daraus wird zu keiner Zeit ein Hehl gemacht. Im Gegenteil: Der von Mari Keiko geschmetterte Titelsong „Save The Earth“ wird allenthalben wie ein Mantra wiederholt. Während die Strophen diverse chemische Stoffe aufzählen, wird im Refrain nach dem Verbleib von Fischen, Libellen und Schmetterlingen gefragt, um anschließend aggressiv ihre Rückkehr einzufordern („Return! Return! Return!“). Dem im gleichen Jahr veröffentlichten Kampf der Riesenschildkröte Gamera gegen das Tiefseemonster Zigra („Frankensteins Weltraumbestie schlägt zu“) von Konkurrent Daiei wird so in der denkbar offensivsten Weise begegnet.

Werft einen Blick durch den Smog auf “Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster”

httpv://www.youtube.com/watch?v=f2o_Tibx47w

Zeitgleich bedeutet das eine Wachablösung für den Posten des Schreckgespenstes, den die Atombombe an die Umweltverschmutzung verliert. Dabei verliert das Atomare nicht einfach nur seinen Schrecken, sondern mutiert sogar zur Geheimwaffe gegen die neue Bedrohung. Wenn Godzillas brennender Atom-Atem dem Gegner die Hölle heiß macht, kommt man nicht umhin, die gellende Ironie in diesem Kräftemessen zu bemerken. Godzillas Wandlung von der Nemesis zum Beschützer der Menschheit wird damit natürlich ebenfalls weiter vorangetrieben. Es ist bezeichnend, dass die erzählerische Perspektive durch die Augen eines Kindes (Hiroyuki Kawase) stattfindet. Gleich in seiner ersten Szene spielt es mit einer Godzilla-Actionfigur und stellt den neuen japanischen Volkshelden auf Nachfrage eines Erwachsenen mit dem amerikanischen „Superman“ auf eine Stufe. Längst hat sich Godzilla seine Engelsflügel verdient; das Motto „Feuer mit Feuer bekämpfen“ erlaubt sich, weitere Kohlen in den glühenden Ofen zu werfen.

Rein dramaturgisch ist Yoshimitsu Bannos einzige Regiearbeit in der Reihe eher im unteren Mittelfeld anzusiedeln. Das Hippietum klang in den USA bereits wieder ab, doch hier schmückt es immer noch kleinere Randhandlungen mit Club-Tänzen und Lagerfeuer-Ringelpiez, was den im Kern nach wie vor hochaktuellen Film schlecht hat altern lassen. Die wissenschaftliche Analyse, die ein Experte (Akira Yamauchi) zwischen den Attacken betreibt, mag das Chaos der ringenden Statisten im Gummikostüm mit reger Fantasie einordnen, es trägt aber auch zu einer recht simplen Struktur bei, die keinerlei raffinierte Nebenhandlungen einzubauen weiß und deswegen wie der Text des Titelsongs einfältig immer wieder auf die gleichen Muster zurückgreift. Attacke – Erklärung. Attacke – Erklärung. Strophe – Refrain.

Seine Stärken hat „Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster“ vielmehr im Monsterdesign. Während Godzilla selbst und auch viele seiner Gegner wie ein Vergrößerungsglas über der Tierwelt funktionieren, ist Hedorah in seiner Gesamtheit eine wesentlich komplexere Kreatur, die inspiriert durch viele Tiefseebewohner einer festen Form entbehrt und wie ein dezentralisierter Organismus der Marke „Blob“ oder „The Thing“ vorgeht. Erklärt wird dies mit verschiedenen Entwicklungsstadien, die wie Suspense-Builder eingesetzt werden: Verliert Hedorah seinen ersten Kampf gegen Godzilla noch haushoch, scheint er aber doch keinerlei langfristige Schäden daraus mitzunehmen und kehrt umso stärker wieder zurück. Es handelt sich um keinen Gegner mit klar definierten Schwachpunkten; diese sind zwar vorhanden, werden aber durch immer neue Erscheinungsformen verschleiert. So albern diese mutierte Mischung aus Kaulquappe, Wer-Oktopus und Mantarochen-Ufo auch aussehen mag, so hat sie doch ihre verstörenden Eigenschaften – vertikal angeordnete Augen beispielsweise, die Banno zufolge der Vagina nachempfunden sind (interessant in diesem Zusammenhang, dass Hedorah seine Laserstrahlen nicht mittig aus der Pupille schießt, sondern aus dem oberen Augenwinkel, der in etwa der Position des weiblichen Harnröhrenausgangs entspricht). Ebenso irritiert die Mischung aus geduckter und aufrechter Fortbewegungsweise mit Tentakeln, die den Mann unter dem Kostüm (Kenpachiro Satsuma, spielte in anderen Teilen auch schon den König der Monster höchstselbst) verbergen und das Monster somit alienesker erscheinen lassen. Wenn das Geschöpf über den Schornsteinen der Fabriken hockt und den Smog absorbiert oder wenn es im Flugmodus eine Schneise der Verwüstung (mit menschlichen Skeletten) hinterlässt, wird der niedlich-komischen Suitmation-Technik etwas Bizarres beigemischt, das sich ohne jede Frage einprägt. Weil Hedorah so etwas wie eine Negation des Lebens ist und selbst lebensfeindliche Stoffe als Elixier aufnimmt, mutiert er zu einer Art Sub-Monster, dem schwerer beizukommen ist als einem dreiköpfigen Drachen oder einem Metall-Ungetüm, deren Schwachpunkte relativ offensichtlich sind.

Doch Godzilla wäre nicht Godzilla, würde er nicht auch gegen eine schwer greifbare Bedrohung eine echte Gaudi aus seinen Auftritten machen. Man sieht ihn in „Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster“ gestikulieren, auf der Stelle hüpfen, ins Wasser springen und sogar kugelförmig per Atomantrieb durch die Luft fliegen. Und wenn es auch noch so bekloppt aussieht, voller Tatendrang folgt der „strahlende Held“ seinem Antagonisten ins jeweilige Element, möge es nun in der Luft liegen oder zu Wasser. Auch wenn es diesmal nur ein Gegner ist und lediglich ein paar Fabrikgebäude am Stadtrand plattgemacht werden, die elefantösen Schreie stehen in Dauerschleife in der Luft und untermalen eine endlose Prügelei im Smog, die vielleicht repetitiver erscheint als sie in Wirklichkeit ist. Kein Wunder, dass der Junge seinem Idol zum Abschied hinterherwinkt. Der Himmel, dem der ungeschlagene Kämpfer entgegen wankt, ist zinnoberrot und strahlt wie eine Warnleuchte vor weiteren Umweltsünden. Aber Japan hat wenigstens wieder seinen König siegen sehen in einem streckenweise extrem skurrilen Abenteuer, das Freunde des Skurrilen womöglich noch mehr zu schätzen wissen als die Kämpfe gegen die ganz großen Gegner.

6 von 10

Informationen zur Veröffentlichung von “Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster”

“Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster” erscheint parallel mit dem Inseltraum “Frankenstein und die Ungeheuer aus dem Meer” und dem direkten Nachfolger “Frankensteins Höllenbrut” erstmals in Deutschland auf Blu-ray. Auf DVD allerdings wurde er schon mehrfach ausgewertet. Den Anfang machte zu Beginn des DVD-Zeitalters ASTRO/Best Entertainment mit einer Veröffentlichung im falschen Bildformat (1,78:1, Letterbox) und ohne japanischen Originalton. Später reichte Marketing eine Neuauflage mit korrektem Bildformat und zwei deutschen Tonspuren nach, aber wiederum ohne Originalton. Dann kam Anolis mit der “Kaiju Classics”-Reihe im Metalpak, die nicht nur den Originalton an Bord hatte, sondern auch ein paar Extras, darunter mehrere Audiokommentare, Interviews und diverse Trailer; außerdem jeweils die japanische und deutsche Originalfassung des Films. Für spätere Auflagen wurde das Bonuspaket deutlich abgespeckt, nun bekam man nur noch den Trailer und eine Bildergalerie.

Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster

“Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster” erscheint auf Blu-ray im Keep Case mit Wendecover.

Diesbezüglich darf man sich auch von der Blu-ray-Premiere nichts erwarten, denn die Extras bleiben vollständig den Käufern der Erstauflage vorbehalten. Nur der Trailer befindet sich auf der Scheibe, selbst die Bildergalerie ist nicht mehr vertreten. Ebenso spartanisch kommt auch die Verpackung daher: Es handelt sich um eine handelsübliche Amaray mit Wendecover. Das Artwork entspricht einem alten Filmplakat, das bereits auf einer der beiden Hardboxen Anwendung fand, allerdings wurde für die Blu-ray der untere Teil mit dem Dampfschiff gekürzt, um dem verkleinerten Blu-ray-Format entsprechen zu können.

“Frankenstein und die Ungeheuer aus dem Meer” konnte im Test mit seiner überragenden Technik überzeugen, wobei vor allem das ultrascharfe, kräftige Bild auf ganzer Linie überzeugte. Bei “Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster” sieht es in vielen Einstellungen ähnlich aus. Wenn die Kamera die sich bewegende Oberfläche des ölverschmierten Meeres zeigt, sieht man im Ölfilm alle Regenbogenfarben schillern und jede Reflektion aufblitzen. Vereinzelt aufblitzende Verschmutzungen und Laufstreifen fallen nicht störend ins Gewicht, dazu sind sie zu selten und unauffällig. Allerdings scheint die Qualität insgesamt schwankender zu sein als bei Godzillas Kampf gegen Ebirah. Immer wieder schleichen sich auch Einstellungen ein, bei denen eine insgesamt grobkörnigere Auflösung geboten wird und die Details nicht ganz so präzise ausgearbeitet werden können. Unter dem Strich kann die Bildqualität aber auch hier wieder überzeugen und streckenweise sogar verblüffen. Auch der 2.0-Mono-Ton ist sauber und schneidend klar, so dass Godzillas patentierter Urschrei ungehindert in Mark und Bein fahren kann.

Optionale Untertitel für die japanische Spur sind natürlich auch dabei, ebenso wie ein nettes Menü. Wer also keinen Schnickschnack braucht oder einfach nur die DVD updaten möchte, ist hier sehr gut aufgehoben. Käufer der Metalpaks von „Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster“ sollten ihre Editionen wegen der erwähnten Unterschiede bei den Extras allerdings behalten.

Sascha Ganser (Vince)

Bildergalerie von “Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster”

Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster

In den amerikanischen Gewässern lauern menschenfressende Krokodile und Große Weiße Haie… rund um Japan sollte man sich hingegen vor Killer-Kaulquappen in Acht nehmen.

Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster

“Gojiromantik” in “Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster”.

Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster

“…und deswegen, mein Junge, bleiben wir Wissenschaftler normalerweise im Labor.”

Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster

Hedorah in seiner dritten Evolutionsstufe, aka: Fliegender Putzlappen-Mantarochen from Outer Space.

Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster

Die metallisch schimmernde Oberfläche und das röhrenförmige Beingewusel erinnern leicht an Shin’ya Tsukamotos Metallfleisch-Cyberpunk-Vision “Tetsuo”.

Frankensteins Kampf gegen die Teufelsmonster

Durch die Luft fliegende unbekannte Flugobjekte sind wie gemacht für Godzillas Patschhändchen.

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Copyright aller Filmbilder/Label: Anolis__FSK Freigabe: FSK12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja (Release 2018) / Ja (Release 2015/2017)

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