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Gangster Squad

Originaltitel: Gangster Squad__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2013__Regie: Ruben Fleischer__Darsteller: Josh Brolin, Ryan Gosling, Sean Penn, Emma Stone, Giovanni Ribisi, Anthony Mackie, Mireille Enos, Nick Nolte, Robert Patrick, Frank Grillo, Michael Peña, Wade Williams, Jack Conley u.a.
Gangster Squad

Irgendwo zwischen Actionreißer und Polizeifilm: Ruben Fleischers starbesetzter „Gangster Squad“, in dem auch Robert Patrick mitspielt

Der Trailer sah nach einer modernen Actionvariante von „The Untouchables“ aus, die Vorfreude unter den Genrefans stieg, ehe der Amoklauf in Aurora zu Re-Shoots von „Gangster Squad“ führte, bei denen eine Kinoschießerei durch eine Ballerei in Chinatown ersetzt wurde.

Tatsächlich merkt man ohne Vorwissen nicht, dass der Film ursprünglich anders aussehen sollte, nicht zuletzt, da der Film nur lose auf der Geschichte des realen Mafiabosses Mickey Cohen (Sean Penn) basiert und daher statt eines „Based on“ nur ein „Inspired by True Events“ voranstellt. Cohen ist hier ein erbitterter Gangster, der Antagonist des Films, ein Ex-Boxer (wie in der Realität auch), der zum führenden Mobster von Los Angeles wurde. „Gangster Squad“ steigt 1949 ein, als Cohen Mafiosi aus Chicago, deren Untergebener er früher war, umbringt oder aus der Stadt jagt, während das Gesetz ihm nichts anhaben kann.

Das liegt weniger an der Unfähigkeit der Polizei oder Cohens Gerissenheit, sondern eher an Korruption innerhalb der Judikative und Exekutive. Einer von denen, die nicht käuflich sind, ist Sergeant John O’Mara (Josh Brolin), der schon kurz nach seiner Einführung in die Geschichte im Alleingang ein Stundenhotel Cohens hochnimmt, in dem Zwangsprostituierte wie Sklavinnen gehalten werden. Wenn die Gauner, also die, die O’Maras Frontalangriff überleben, kurz nach der Festnahme bereits auf freien Fuß kommen, dann fühlt man sich an den klassischen Polizeifilm der 1980er erinnert: Tapfere Helden der Working Class im Kampf gegen Gangster auf der einen und eine unfähige bis korrupte Bürokratie auf der anderen Seite.

Polizeichef Parker (Nick Nolte) imponiert O’Maras Tapferkeit, schließlich will auch er Cohen aus der Stadt haben. Also bietet er O’Mara die Leitung der Gangster Squad an: Ein kleines Team von Spezialisten, die keine Verhaftungen vornehmen, sondern Cohens Geschäft mit Sabotageakten zerschlagen und ihn aus der Stadt treiben sollen…

Zum Trailer

Diese Prämisse bietet Nährboden für ein schillerndes Figureninventar, welches „Gangster Squad“ auch prompt auffährt. Da ist Coleman Harris (Anthony Mackie), ein messerwerfender schwarzer Cop im Kampf gegen Drogenkriminalität. Conway Keller (Giovanni Ribisi), ein Technikexperte, prädestinierter Abhörspezialist und Familienvater. Max Kennard (Robert Patrick), ein Scharfschütze mit Wild-West-Attitüde und -Aussehen, der von dem Greenhorn Navidad Ramirez (Michael Peña) begleitet wird. Und schließlich O’Maras Freund und Kollege Jerry Wooters (Ryan Gosling), ein Kriegsveteran wie sein Kumpel, der sich erst aus der Sache raushalten will, schließlich aber doch der Gangster Squad beitritt.

Gangster Squad

O’Mara, Wooters und der Rest der Gangster Squad: Conway Keller (Giovanni Ribisi), Coleman Harris (Anthony Mackie), Navidad Ramirez (Michael Peña), Max Kennard (Robert Patrick)

Leider versteht Ruben Fleischers Film es nicht aus dieser Prämisse Kapital zu schlagen. Die meisten Squad-Mitglieder bleiben illustre Stichwortgeber, von denen der eine oder andere im Kampf für die gute Sache auf der Strecke bleiben muss, aber ihr Schicksal vermag kaum zu berühren. Ähnlich sieht es bei O’Mara und Wooters, den Hauptfiguren aus: Im Hause O’Mara sitzt nur die schwangere Ehefrau, die ihren Gatten natürlich in einem Stück wiederhaben will, bald hängt in bester Copactiontradition der Haussegen schief, doch all das ist Routine, die kaum interessiert. Wenig besser sieht es bei Wooters aus, der mit Grace Faraday (Emma Stone), Cohens mehr oder weniger freiwilliger Freundin, anbandelt: Das Spiel mit dem Feuer wird angedeutet, es hat ein wenig Plotrelevanz, doch im Endeffekt fehlt es der Beziehung an spürbarem Pep und Feuer, die für Spannung sorgt, die diese Leinwandbeziehung glaubhaft macht. So sind es hier nur schöne Menschen, die sich mal mehr, mal weniger geschliffene Dialoge um die Ohren hauen.

Da hilft dann auch das massive Staraufgebot nicht: Josh Brolin ist solide, aber das war es auch, während Ryan Gosling seltsam unscheinbar daherkommt, gerade in Angesicht seiner letzten Glanzperformances, ähnliches lässt sich über Emma Stone sagen. Sean Penn ist dagegen immer in der Nähe des Overactings, nicht uncharismatisch, aber kaum nuanciert, während Nick Nolte wirkt als habe er vor dem Dreh seiner paar Szenen kräftig gesoffen. So sind es dann die Nebendarsteller, die hier Punkte sammeln: Anthony Mackie, Giovanni Ribisi, Michael Peña und vor allem der gut aufgelegte Robert Patrick, der schon lange so keine dankbare Rolle mehr hatte, machen aus ihren Figuren mehr als das Drehbuch ihnen zutraut. Ganz schlimm dagegen hat es Mireille Enos erwischt, die als Ehefrau O’Maras nur eine bessere Stichwortgeberin markieren darf.

Eines der Hauptprobleme von „Gangster Squad“ ist allerdings die Tatsache, dass der Film sich nicht entscheiden kann, ob er nun ein Polizeifilm der Marke „L.A. Confidential“, „Mulholland Falls“ oder „The Untouchables“ sein will oder ein reiner Ballerschinken in deren Gewand. Denn für einen Actionreißer ist die Schauwertdichte zu gering, für einen spannenden Copfilm ist die Geschichte zu simpel und klischeehaft: Ein simpler Privatkrieg zwischen Gangstern und Gangster Squad, der sich genregemäß immer weiter hochschaukelt, aber keine Überraschungen bietet, kaum etwas über die Institution Polizei oder das Innenleben seiner Hauptfiguren zu erzählen hat. Ganz zu schweigen vom fehlenden Interesse an Zeitgeschichte, die sehr frei ausgelegt wurde, um sie der Hollywooddramaturgie unterzuordnen: Eine Verhaftung Cohens wegen Steuerhinterziehung war den Machern beispielsweise zu unspektakulär, auch sonst ist vieles an den Film frei erfunden.

Gangster Squad

Der Schurke und die Schöne: Mickey Cohen (Sean Penn) beim Tanz mit Grace Faraday (Emma Stone)

Dabei zeigt „Gangster Squad“ in den Actionszenen durchaus, was man aus dem Stoff hätte machen können: Eine bleihaltige Cops-vs.-Gangster-Ballade, noch spektakulärer als De Palmas eh schon actionreicher „The Untouchables“, inszeniert mit modernen Mitteln. So werden hier in Videoclipästhetik Tommy Guns abgefeuert und Dynamitstangen geworfen, die Kamera kreist bei einer Autojagd um die zeitgenössischen Vehikel und selbst der unvermittelte Einsatz von Superzeitlupe im Finale wirkt nicht unpassend. Doch bei fast zwei Stunden Laufzeit sind vier etwas größere Actionszenen (Auftakt, Verfolgungsjagd, Chinatown-Shoot-Out und Finale) nebst ein paar Mini-Scharmützeln etwas wenig, wenn die Geschichte und Figurenzeichnung eher für einen simplen Reißer taugen, der brav jedes Klischee erfüllt: Natürlich kommt es im Showdown zum Handgemenge des Ex-Boxers Cohen und des trainierten Fighters O’Mara, natürlich bekommen Wooters und Cohens rechte Hand kurz vor dieser Begegnung ihren eigenen Kampf als jeweilige Nr. 2 der Organisationen.

Optisch ist „Gangster Squad“ dagegen ein Genuss in pompöser Ausstattung, mit malerischen Stadtpanoramen, atmosphärischen Straßenszenen und herrlich schummerigen Nachtclubs. Fleischers Inszenierung macht den Film visuell zu einem Augenschmaus der Videoclip-Ästhetik, erweckt das Los Angeles der späten 1940er ebenso farbenfroh wie aufregend wieder zum Leben, doch hinter all der schönen Fassade, da steckt leider wenig Substanz.

Alles in allem ist „Gangster Squad“ kein ärgerlich schlechter, aber angesichts des vorhandenen Potentials definitiv ein enttäuschender Film: Optisch ist der Film ein Genuss, die vorhandene Action fetzt auf jeden Fall, doch zwischen den sparsam eingesetzten Shoot-Outs und Verfolgungsjagden nudelt Fleischers Film bloß Klischees, oft aus Worthülsen bestehende Dialoge und Polizeifilmstandards herunter. Die unentschlossene Gratwanderung zwischen Actionreißer und klassischem Polizeifilm bekommt „Gangster Squad“ leider nicht, denn keine Fraktion wird mit diesem schönen, aber irgendwie leeren Film so wirklich glücklich.

Knappe:

„Gangster Squad“ lief am 24. Januar 2013 in den deutschen Kinos an. Am 24. Mai erscheint er nun auf DVD und Blu-Ray im Hause Warner.

© Nils Bothmann (McClane)

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