Originaltitel: Geronimo: An American Legend__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 1993__Regie: Walter Hill__Darsteller: Jason Patric, Gene Hackman, Robert Duvall, Wes Studi, Matt Damon, Rodney A. Grant, Kevin Tighe, Steve Reevis, Carlos Palomino, Victor Aaron, Stuart Proud Eagle Grant, Stephen McHattie, Mark Boone Junior, Scott Wilson, Jim Beaver u.a. |
Nach dem Erfolg von „Der mit dem Wolf tanzt“ waren der Western allgemein und der Indianerwestern speziell für eine kurze Zeit wieder populär bei Publikum und Studios, was Genrefan Walter Hill („Hard Times“) die Möglichkeit gab mal wieder in dem Genre zu arbeiten.
Vermittlungsinstanz für den Zuschauer ist allerdings ein Außenseiter, der junge Lieutenant Britton Davis (Matt Damon), der Vieles lernen muss, wobei der Zuschauer mit ihm eingeführt wird. Britton wird ausgeschickt um bei den Verhandlungen dabei zu sein, wenn der stolze Apachen-Häuptling Geronimo (Wes Studi) der Überführung seines Stammes in ein Reservat zustimmt. Verantwortlich ist Lieutenant Charles Gatewood (Jason Patric), der den Indianerführer tatsächlich überzeugen kann den Regierungsplänen zuzustimmen, während der Zuschauer über die Interaktion der Charaktere, aber auch Brittons Voice-Over in die Problematik der Situation eingeführt wird.
Tatsächlich scheint eine Lösung gefunden, doch die Apachen sind unzufrieden mit dem gebietgebundenen Farmer-Dasein, während die Armee die schamanischen Lehren zunehmend kritisch beäugt. Bei einem Streit wegen angeblich aufwieglerischer Reden eines Schamanen kommt es zu einem Gefecht, woraufhin Geronimo und die Seinen fliehen und verfolgt werden…
httpv://www.youtube.com/watch?v=3exHtIOscGo
„Geronimo“ ist ein ambitioniertes Projekt der Männerfilmgrößen Walter Hill und John Milius („Die rote Flut“), die hier als Regisseur und Drehbuchautor kooperieren. Kein knackiger, aufs Wesentliche reduzierter Western, sondern eine Aufarbeitung amerikanischer Geschichte und amerikanischer Mythen, die Hill – eventuell auch auf Aufgrund von Studiointervention – nicht in epischer Breite erzählen kann. Dabei wäre genug Stoff für drei Stunden in den Geschehnissen, die Hill hier in rund 110 Minuten erzählt, was zu einigen Sprüngen in der Narration führt, manches nur angerissen wird und dem Film das Auslandende, Epische fehlt, das hier für den entsprechenden emotionalen Unterbau, die Überwältigung oder die Vermittlung der Größe der Geschichte fehlt.
So sind seine Figuren dann auch weniger als emotionale Charaktere angelegt, sondern vor allem als das Durchspielen verschiedener Positionen. Britton betrachtet das Geschehen als Greenhorn, Gatewood sowie sein Kommandeur, Brigadier General George Crook (Gene Hackman), sind beide ausgesprochen verständnisvoll den Indianern gegenüber, das Verhältnis zu ihnen zu den Apachen ist von beiderseitigem Respekt geprägt und nur ungern kämpfen sie gegen Geronimo – Crook muss durch seine Position härter intervenieren als Davis. Fährtensucher und Scout Al Sieber (Robert Duvall) liebt und hasst die Indianer gleichzeitig, kann sich aber fast kein Leben außerhalb der Indianerkriege mehr vorstellen, während die indianischen Scouts zwischen Loyalität zu ihrem Volk und der US-Armee zerrissen sind. Wenige Charaktere werden als reine Antagonisten dargestellt, auch wenn der Film die Schuld an der Misere eindeutig bei der US-Armee (vor allem bei den nicht gezeigten Entscheidern) verortet, was historisch durchaus korrekt ist.
Walter Hill bemüht sich um Ausgewogenheit bei seinen Figuren, klagt aber auch gleichzeitig an. Er und sein Drehbuchautor Milius führen vor, wie in den Augen der Indianer willkürlich gezogene Reservatsgrenzen deren Lebensraum beengen und beschneiden, wie die Bürokratie des weißen Mannes die stolzen Apachen immer mehr zu Schatten ihrer selbst macht. Dabei trägt „Geronimo“ nie allzu dick auf, den finalen Kommentar vielleicht ausgenommen, sondern zeigt vor allem eine eskalierende Katastrophe, in der fast alle Beteiligten, darunter auch der legendäre titelgebende Häuptling und die weißen Hauptfiguren, machtlos sind, Teil einer Abwärtsspirale, entstanden aus dem Gegensatz unvereinbarer Lebensweisen.
Das kleidet Hill auch in starke Bilder, teilweise durch Farbfilter verfremdet, legt den Film aber auch als Geschichtsstunde ohne große Attraktionen an. Feuergefechte und Kampfhandlungen werden oft nur teilweise gezeigt, manchmal schneidet der Film mitten in eine solche Szene hinein, und auf klassische Action- und Spannungsdramaturgie wird bewusst verzichtet. Nicht, dass Hill dies verlernt hätte: Eine eigentlich nebensächliche, aber schweißtreibende Konfrontation in einem Saloon wird zur aufregendsten Szene des Films, in der Hill erst Spannung aufbaut und diese danach entlädt. Dabei fehlen die gewohnt blutigen Einschüsse des Filmemachers nicht, doch sie sind anders gerahmt als in Hills Actionfilmen: Die Kampfszenen sind nur begrenzt als unterhaltsames Spektakel inszeniert, meist sollen sie als Mahnmal der blutigen Geschichte Amerikas dienen, in dem sich beide Seiten mit herben Mitteln bekriegten, in dem auch diverse Zivilisten auf der Strecke blieben.
Wes Studi („Road to Paloma“) mag zwar die Titel-, aber nicht die Hauptfigur sein, doch seine charismatische Performance ist eindrucksvoll: Sein Geronimo lebt nach einem strengen Ehrenkodex (man beachte die Szene, in der er manche Dorfbewohner erschießt und einen am Leben lässt), ein Ehrenmann, dem seine Prinzipien über alles gehen. Robert Duvall („Jack Reacher“) als alteingesessener Trapper avanciert in seiner Nebenrolle zum Showstealer, während Gene Hackman („Der Staatsfeind Nr. 1“) ebenfalls stark aufspielt. Der junge Matt Damon („Elysium“) bleibt noch etwas unscheinbar, auch wenn das zu seiner Rookie-Rolle passt, während Jason Patric („The Prince“) als gegen die Indianer kämpfender Indianer-Versteher eine starke Leistung aufs Parkett legt: Jemand, der auf Befehl gegen seine innere Überzeugung handeln muss, bei dem das Prinzip der Loyalität gegenüber der Armee stärker als andere Prinzipien ist.
„Geronimo“ ist kompetent inszeniert, bietet starke Bilder und einen eingängigen Soundtrack (wie bei Hill gewohnt von Ry Cooder), doch er versteht sich als Geschichtsstunde. Kein klassischer Western, sondern eher eine Art Historiendrama, dessen Figuren vor allem verschiedene Positionen zu den Geschehnissen durchspielen, weniger lebendige Charaktere sind. So wirkt der ambitionierte Film bisweilen etwa trocken, zumal er für die volle Entfaltung seines Potentials sicher als Drei-Stunden-Epos besser gewesen wäre. Gelungen ist „Geronimo“ trotzdem.
Die spärlich ausgestattete DVD (Trailer, Texttafeln zu Regisseur und Stars) von Sony, ehemals Columbia Tristar, ist mit FSK 12 ungekürzt.
© Nils Bothmann (McClane)
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