Originaltitel: Get the Gringo__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2011__Regie: Adrian Grunberg__Darsteller: Mel Gibson, Peter Stormare, Scott Cohen, Dean Norris, Johnny Yong Bosch, Bob Gunton, Patrick Bauchau, Stephanie Lemelin, Zak Knutson, Daniel Giménez Cacho u.a. |
Alles beginnt mit einer High Speed Verfolgungsjagd an der Grenze zwischen den USA und Mexiko. US Grenzwächter verfolgen einen Wagen, in dem zwei Clowns hocken. Während der eine wild schimpfend den Wagen durch die karge Landschaft lenkt, blutet der andere das im Wagen verteilt liegende und bei einem Raubzug erbeutete Geld voll. Irgendwann sieht der fahrende Clown nur noch eine Möglichkeit zur Flucht. In einem spektakulären Crash durchbricht er die Grenze. Auf der mexikanischen Seite werden er und sein Partner verhaftet und in ein ganz besonderes Gefängnis verbracht. Auf dem Weg dahin verstirbt der Partner des Fahrers (einen genauen Namen erfährt man nie) und so muss er sich alleine in dem eigenwilligen mexikanischen Gefängnis zurechtfinden. Und viel wichtiger noch: Er will aus diesem Knast raus und sich sein Geld wieder beschaffen!
Das Gefängnis des Filmes, das wie eine Parallelwelt zu der unseren gezeichnet wird, ist lange Zeit das faszinierendste Element an „Get the Gringo“. Wie sich der Fahrer in das System einarbeitet und stellvertretend für den Zuschauer ganz genau hinschaut, um die Strukturen und Funktionsweisen der Hierarchien in dem Knast zu durchschauen, ist spannend und an einigen Stellen höchst kurios. Denn in dem Gefängnis leben die Insassen wie in einer Art Dorf, in dem Handel betrieben wird, in dem es Schulen gibt und man sogar mit eigenen Feuerwaffen herumrennt! Warum die Insassen dann freilich nicht den Aufstand proben gegen die Staatsgewalt, leuchtet zwar nie so recht ein, aber wenn man genau hinschaut, haben die Verbrecher in dem Knast ja eigentlich all das, was sie außerhalb auch hätten. Nur dass da noch waffenstarrende Konkurrenz da wäre. Die man im Knast freilich nicht hat. Und außerdem können die Gefangenen, genug Kohle vorausgesetzt, sogar ihre Familien in den Knast holen! So kann denn auch der wichtigste Begleiter des Fahrers ein 10jähriger Junge sein, dessen Vater einst wegen Drogenhandels eingefahren ist. Kurzum, die zugrundeliegende Storyprämisse um das Gefängnis braucht schon ein wenig Entgegenkommen des Zuschauers, wird aber durchaus faszinierend gezeichnet und umschifft alleine dadurch diverse altbackene Gefängnisfilmklischees, weshalb man sich schnell ziemlich wohl bei „Get the Gringo“ fühlt.
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Dabei kommt der Film daher wie sein Held, der zwischen todernst und dampfplaudernd hin und her wechselt. Der daraus resultierende Mischmasch aus harter Gefängnisaction und lockeren Momenten funktioniert grandios, da sich beide Elemente niemals im Weg stehen und richtig gut ineinander greifen. Das liegt vor allem am lakonischen Off-Kommentar des Fahrers, der alles zusammenhält und zu einem homogenen Ganzen zusammenschweißt. Das Tempo des Filmes gestaltet sich eher gediegen. Zwar steigt man dank der Autoverfolgungsjagd sehr hochtourig ein, schaltet dann aber einige Gänge herunter, um den Knastalltag genauer zu zeichnen. Ziemlich genau zur Hälfte des Filmes steigt dann die beste Actionszene, die wie bei einem Duell in einem Western standesgemäß mit einem Standoff beginnt und dann in ein wüstes Kugelballett mündet, in dessen Verlauf diverse Körper von Kugeln durchlagen werden und der Bodycount ganz schön in die Höhe schnellt. Mittendrin Mel Gibson, der die ganze Angelegenheit mit einem hübsch zynischen Knalleffekt zum Ende bringt. Gegen Ende steigt dann ein etwas weniger spektakulärer Showdown, dieser bietet aber dank weiterer blutiger Teffereffekte und einem harten Mel Gibson ebenfalls ausreichend Schauwerte. Dazwischen gibt es immer wieder mal kleine Hand to Hand Scharmützel oder kurze, aber prägnant ausgespielte Folterszenen, die nur unterstreichen, wie rüde es in dem Knast wirklich zugeht.
Getragen wird „Get the Gringo“ von einem stark aufspielenden Mel Gibson, dem man die Rolle des Fahrers sichtlich auf den Leib geschneidert hat, erinnert dieser doch frappierend an die Charaktere seiner größten Erfolge. Und so pendelt der Fahrer wie schon Martin Riggs gekonnt und vor allem unberechenbar zwischen konsequent brutalem Auftreten und schlitzohrigen, ja flapsigen Momenten hin und her. Vor allem im Zusammenspiel mit dem zehnjährigen Jungen, der ihm in dem Knast zur Seite steht, entstehen ein paar herrlich komische Momente, die den Film und seine Brutalitäten gekonnt abfedern. Daneben kommt kaum ein anderer Darsteller wirklich zur Geltung. Dean Norris wiederholt nur 1:1 seine Rolle aus „Breaking Bad“ und Peter Stormare („Lockout“) geht in seiner arg seltsam gezeichneten Rolle komplett unter, ist aber zumindest der Katalysator für eine schlitzohrige Einlage, die außerhalb des Knastes spielt und ein zwei offene Plotholes kittet.
Von technischer Seite her ist „Get the Gringo“ absolut sauber durchinszeniert! Regisseur Adrian Grunberg inszeniert vor allem in den Actionszenen ungeheuer dynamisch und mit stylischem Zeitlupeneinsatz, fernab von den bei Actionfans verhassten Wackelkameraorgien. Schnelle Schwenks und coole Kamerafahrten zeugen von einem sicheren Gespür in Sachen Actionregie. Fernab der Action verlässt sich der Regisseur auf die vor Details überlaufenden Schauplätze in dem Knast und setzt diese mit extrem gesättigten, eher ins Erdige tendierenden Farben um. Auch hier sorgen geschickt gesetzte Kamerafahrten und –perspektiven für Abwechslung und unverhoffte Tempowechsel. Der interessante, immer wieder mit mexikanischer Folklore durchsetzte Score untermalt den Streifen in jeder Sekunde treffend.
Was bleibt, ist ein Film, der versucht, Mel Gibson wieder als durchaus sympathischen, schlitzohrigen, einsamen Antihelden a la „Mad Max“ oder Martin Riggs zu etablieren. Und wenn man in der Lage ist, Gibsons Ausfälle der letzten Jahre auszublenden und einfach nur sein schauspielerisches Können zu bewerten, dann klappt das verdammt gut! Denn Gibson trägt den Film mühelos und drückt ihm mit seinen süffisanten Off-Kommentaren seinen Stempel auf. Der Film selber entwirft einen faszinierenden Gefängnisschauplatz und spielt alleine dadurch schon mit den gängigen Knastfilmklischees. Die drei Actionszenen des Filmes sind sauber, technisch gekonnt und durchaus hart umgesetzt wurden und auch sonst kann man bei dem dynamisch inszenierten Streifen keinerlei Tempomängel usw. ausmachen. So bietet „Get the Gringo“ aka „How I Spent My Summer Vacation“ eine durchaus unterhaltsame Gibson Soloshow, hätte aber vor allem in Richtung Showdown durchaus etwas zugkräftiger ausfallen dürfen, da der Film hier ein wenig zerfasert. Viel mehr gibt es an diesem unterhaltsamen Vehikel aber nicht zu meckern …
Der Film kommt am 11. Juli 2013 in Deutschland in die Heimkinos. Concorde Home Entertainment bringt den Film ab 18 freigegeben und ungeschnitten auf DVD und Blu-ray heraus.
In diesem Sinne:
freeman
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