Originaltitel: Incident in a Ghost Land__Herstellungsland: Frankreich, Kanada__Erscheinungsjahr: 2018__Regie: Pascal Laugier__Darsteller: Crystal Reed, Rob Archer, Emilia Jones, Taylor Hickson, Anastasia Phillips, Adam Hurtig, Mylène Farmer, Alicia Johnston, Suzanne Pringle u.a. |
Regisseur Pascal Laugier hatte 2008 mit seinem „Martyrs“ einen der derbsten und gleichzeitig anspruchsvollsten Vertreter der in den 2000er Jahren grassierenden Terrorfilmwelle aus französischen Landen geschaffen. Mit „Tall Man“ entfernte sich Laugier 2012 weit vom Terrorkino, nur um jetzt, nach sechs Jahren Auszeit, mit “Ghostland” unvermittelt einen neuen, echten Brecher rauszuhauen
Die Schwestern Vera und Beth ziehen zu Beginn von “Ghostland” mit ihrer Mutter ins Haus der verstorbenen Tante und wollen hier ein neues Leben beginnen. Doch kaum in dem mit allerhand Plunder vollgestellten Haus angekommen, parkt auf einmal ein Süßigkeitenwagen vor dem Haus. Die Insassen verschaffen sich heimlich Zugang zu dem neuen Heim von Beth und Vera und attackieren brutal die Mutter der beiden Mädchen.
Danach wenden sich die Eindringlinge den Mädchen zu. Doch die Mutter der beiden kämpft wie besessen um ihre Familie. Stellt sich den Fieslingen mit Wucht entgegen und kann sie final tatsächlich ausschalten.
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Jahre später lebt Beth fernab ihrer Familie und hat als Schriftstellerin aus den Ereignissen der damaligen Nacht einen Bestseller geschaffen. Sie tourt gerade durch diverse Fernsehsender, um ihr Buch noch weiter zu promoten, als sie ein Anruf ereilt. Es ist Vera, die panisch in den Hörer schreit und sie auffordert, ihr zu Hilfe zu eilen. Da Beth nicht die gemeinsame Mutter erreichen kann, ist sie sofort alarmiert und beschließt, zu ihrer Familie zu reisen.
Vor Ort bemerkt Beth schnell, dass der Rest ihrer kleinen Familie den damaligen Überfall bei weitem nicht so gut verarbeitet hat wie sie. Das Grauen des damaligen Tages scheint beständig über dem Anwesen zu schweben und seltsame Ereignisse brechen sich Bahn…
Schaut in Pascal Laugiers neuen Film “Ghostland” hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=Fxj65lyFxAQ
Laugier unterteilt seinen “Ghostland” aka „Incident in a Ghost Land“ in drei Teile. Im ersten Teil stellt er seine Figuren kurz, aber wahrhaft effektiv vor. Umreißt die Verschiedenheit der beiden Schwestern im schwierigen Teenageralter und deren nicht ganz einfache Chemie untereinander. Zeichnet die Mutter als versöhnenden, die Familie zusammenhaltenden Pol und lässt dann, ganz unvermittelt, die Bösewichter der Story wie eine Abrissbirne ins Leben der drei Frauen knallen.
Teil zwei fokussiert dann sehr stark auf Beth. Die wurde, wie schon in Teil eins angedeutet wird, zur Schriftstellerin und verdient ein Heidengeld mit erfolgreichen Horrorromanen. Hierbei eifert sie vornehmlich ihrem Vorbild Lovecraft nach. Sie lebt mit ihrem Mann und dem gemeinsamen Sohn ein perfektes Leben, bis sie der Anruf ihrer Schwester ereilt. Beth kehrt zu ihrer Familie zurück und Laugier lullt den Zuschauer mit beinahe schon zu klischierten „Haunted House“-Momenten ein. Lärmige Jump Scares brechen etwas zu vorhersehbar über den Zuschauer herein. Türen quietschen. Vera wird von einer Entität misshandelt.
Doch man spürt unter jedem perfekt durchkomponierten Bild aus dem faszinierenden Schauplatz des zugemüllten Familienhauses, dass Laugier hier eigentlich kein 0815-Horror vorschwebt. Zudem schwingt da noch ein Logikbug mit, der einen ebenfalls aufmerksamer und vor allem misstrauischer hinschauen lässt. Tja, und dann twistet Laugier. Stellt “Ghostland” mal eben komplett auf den Kopf. Ganz unvorhersehbar kommt dieser Twist zwar wie angedeutet nicht, aber er hat Schmackes und er sitzt auf den Punkt.
Und vor allem ist der Terror nun wieder zurück. Unausweichlich. Mit aller Härte. Und so verstörend, wie Terror im Film nur verstören kann. Spätestens wenn die Ereignisse rund um das Puppenzimmer im Haus steigen, drückt einen Laugiers “Ghostland” mit aller Wucht in den Sessel. Und Laugier zieht in dem nun wie geschmiert laufenden dritten Teil die Daumenschrauben immer fester an. Lässt seine Figuren durch die Hölle gehen. Verärgert hier und da aber auch mit einigen blöden Horrorklischees, nur um kurz darauf wieder zu brillieren.
“Ghostland” ist in den letzten 30 Minuten Hochspannung pur. Auch dank der starken Darstellerleistungen. Vor allem die jeweiligen Darstellerinnen von Beth und Vera (jung/erwachsen) spielen irre intensiv auf und ziehen den Zuschauer mitten in ihren Überlebenskampf hinein. Die Musikerin Mylène Farmer macht als Mutter der Mädchen ebenfalls einen richtig starken Job. Doch am meisten gehen die Bösewichter unter die Haut. Verstören mit ihren Verhaltensweisen und ihrer Konsequenz.
Laugier führt all das in einer atmosphärisch dichten Inszenierung zusammen. Schafft es, dem beengten, extrem faszinierenden Haus der Familie immer neue Seiten abzugewinnen und es zu einer Art grotesken Zerrbild der darin stattfindenden, erschreckenden Ereignisse zu machen. Sobald Laugier Terror machen will, lässt er vornehmlich seinen Schnittmeister von der Kette, der den Bildern ziemlichen Druck mitgibt. Und während die Leinwand vor vorwärtsdrängender brutaler Energie förmlich zu bersten droht, tönen durchaus auch mal zerbrechliche, klassische Töne von der Tonspur. Die dem Terror ein fast schon zu schönes Antlitz verleihen.
In Sachen grafischer Brutalität hält sich Laugier durchaus zurück. Es gibt zwar ein paar blutige Schuss- und Bisswunden, unbequem wird sein Film aber vor allem dadurch, welche Arten von Gewalt sich hier gegen die Frauen des Filmes entladen. Das legt sich schon gewaltig aufs Gemüt und schnürt einem enorm die Kehle zu. Kein Wunder, dass Capelight erst nach einer Revision eine FSK 16 Freigabe für den Film erreichen konnte. Was aufgrund der Wirkung des Streifens einer glücklicher Fügung gleichkommt.
Denn eines ist bei “Ghostland” mal ganz klar Fakt: Der Film ist ein krasser Gegenentwurf zu dem, was uns sonst so aktuell im zeitgenössischen Kino als Horror angeboten wird. “Ghostland” walzt mit einer solchen Kraft und Vehemenz über die PG-13-Vehikel und deren Harmlosigkeit hinweg, dass man während der Vorstellung die ganze Zeit meint, einen ausgestreckten Mittelfinger direkt ins Gesicht gereckt zu bekommen. “Ghostland” ist in seinen besten Momenten ausweglos, hart, intensiv, verstörend und eben Terrorkino pur. Leider ist der Film nicht durchgehend eine Terrorbombe. Vor allem der Mittelteil gerät ein wenig zu klischeehaft. Zwar wird schnell deutlich, dass Laugier das bewusst genauso in Szene setzte, aber die belanglose Jump-Scare-Aneinanderreihung und die allzu vorhersehbaren Handlungsabläufe in diesem Abschnitt schaden der Gesamtwirkung von “Ghostland” schon ein wenig.
Der Film startet am 5. April 2018 in den deutschen Kinos und kommt von dem Verleih Capelight Pictures. Die Fassung ist mit einer Freigabe ab 16 ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Capelight Pictures__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__ Blu Ray/DVD: Nein/Nein, ab 5.4.2018 in den Kinos |