Originaltitel: Glass__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: M. Night Shyamalan__Darsteller: James McAvoy, Bruce Willis, Samuel L. Jackson, Anya Taylor-Joy, Sarah Paulson, Spencer Treat Clark, Luke Kirby, Rob Yang, Adam David Thompson, Jane Park Smith u.a. |
Wir erinnern uns: Der finale Clou von „Split“, dem letzten Streifen von M. Night Shyamalan, war, dass dieser im selben Universum angesiedelt war, wie Shyamalans „Unbreakable“. Ein Fakt, von dem die produzierenden Universal-Studios zunächst nicht sonderlich erfreut gewesen sein sollen. Zumal Shyamalan früh verkündete, zu „Unbreakable“ und „Split“ ein finales Kapitel erzählen zu wollen. Dieses sollte die sogenannte „Eastrail 177 Trilogie“, benannt nach dem Unglückszug aus „Unbreakable“, der auch für „Glass“ eine nicht unwesentliche Rolle spielen wird, beenden. Das Problem: Alle Rechte an „Unbreakable“ lagen bei Walt Disney beziehungsweise deren Filmproduktionsschmiede „Buena Vista“. Doch die hatte Shyamalan längst an Bord geholt…
Dementsprechend folgen wir in „Glass“ dem unzerbrechlichen und bärenstarken David Dunn. Der macht inzwischen in einer Großstadt als „der Aufpasser“ Furore und zieht den Lumpen ordentlich die Hammelbeine lang. Mittels Knopf im Ohr immer an seiner Seite: Sein Sohn Joseph, mit dem er einen Laden für Sicherheitsbedarf führt. Der dient zugleich als „Bat-Höhle“ für Dunns Ausflüge zur Verbrechensbekämpfung.
Seit einiger Zeit ist er auf der Jagd nach Kevin Wendell Crumb, dem „Anführer“ der „Horde“. Verschiedene Persönlichkeiten von Crumb, die mit immer neuen Entführungen und Ermordungen von Teenagern für Aufsehen sorgen. Als Dunn Crumb eines Tages stellen kann und es zum Showdown kommen soll, werden sie von einer ganzen Armee von Polizeibeamten unter der Führung der Seelenklempnerin Dr. Ellie Staple gestoppt, festgenommen und in eine psychiatrische Einrichtung verlegt.
Hier will Dr. Staple beweisen, dass weder Dunn noch Crumb Superheld oder Superschurke sind. Vielmehr seien beide in einer Art Größenwahn gefangen, den man ihnen nur austreiben müsse. In der Einrichtung erwartet Dunn eine weitere Überraschung: Seine Nemesis Elijah Price, alias Mister Glass, sitzt ebenfalls hier ein. Er alleine mit zwei Superschurken unter einem Dach? Wie soll das gut gehen? Bald ist glasklar: Die werte Frau Doktorin wird ihre Arroganz teuer bezahlen…
Schaut in “Glass” mit Bruce Willis hinein
httpv://www.youtube.com/watch?v=zcnXCSEwqtU
„Glass“ betrachtet „Unbreakable“, in dem das Thema „Comic-Helden und -Superschurken“ ja bereits omnipräsent war, ebenso als Origin-Story wie „Split“. Während in „Unbreakable“ ein Held erschaffen wurde, war es in „Split“ der Superschurke. Mittendrin Mister Glass, der zum einen ebenfalls als Superschurke, zum anderen aber auch als Bindeglied zum Zuschauer gesehen werden kann, der Shyamalans Erwachsenencomic erklären darf.
Der beginnt mit der sich ankündigenden Konfrontation zwischen Crumb und Dunn durchaus vielversprechend. In der Kulmination dürfen die beiden ordentlich aufeinander einschlagen und ihren Kräften freien Lauf lassen. Leider entpuppt sich die Frau Doktorin nicht nur in diesem Moment als Showstopper, sondern direkt für die nächsten gut 60 Minuten. Ihre und jene Versuche des Drehbuchs, die Ereignisse in „Unbreakable“ und „Split“ in gewisser Weis zu negieren und es so zu schaffen, die drei „Helden“ des Filmes in einer langweiligen Anstalt in Selbstzweifeln ersaufen zu lassen, befremden ziemlich. Nur im Fall von Crumb hat das durchaus interessante Untertöne zur Folge, etwa wenn manche Persönlichkeiten Crumbs sich von den Theorien überzeugen lassen, andere wiederum nicht. Ein schönes Bild für die innere Zerrissenheit des Charakters.
Insgesamt raubt dieser Abschnitt „Glass“ aber einiges von seiner Faszination. Denn ein geerdeter Comic auf „Unbreakable“-Art oder ein horrordurchmengter Comic auf „Split“-Art wäre zumindest auf dem Papier ein zu schöner Gegenpol zum aktuellen Comic-Hype auf den großen Leinwänden gewesen. Viel lieber hätte man in der Folge gesehen, wie sich Crumb und Dunn weiterhin belauern. Und Mister Glass hätte man sicherlich auch weitaus überzeugender ins Geschehen integrieren können, als ihn schlicht und ergreifend als bereits einsitzenden Patienten des eigentlichen Schauplatzes zu zeichnen.
Wäre nicht der wie entfesselt zwischen – laut Abspann – 20 verschiedenen Persönlichkeiten hin und her switchende McAvoy, der Film hätte in der ersten Hälfte ein echt großes Problem. Zumal Sarah Paulson in ihrer Rolle als Ärztin nicht wirklich funktionieren will und Shyamalan ihr viel zu lange ein echtes Motiv vorenthält. Glücklicherweise fängt sich „Glass“, wenn der Namensgeber endlich beginnt, die Fäden in die Hand zu nehmen. Ab sofort läuft alles deutlich stringenter auf einen großen Showdown zu.
Hier beginnt dann allmählich alles ineinander zu greifen. Auch die behäbige erste Hälfte in der Klapsmühle beginnt mehr und mehr Sinn zu machen und wird somit im Nachhinein sogar noch aufgewertet. Zwar reitet Shyamalans Drehbuch in der Folge zu oft auf den Funktionsweisen eines Comics herum und erklärt der Inder auch unverhältnismäßig viel und lang, aber spätestens im Showdown ist man mit „Glass“ durchaus versöhnt. Der dann mal wieder angehängte Shyamalan-Twist gehört aber eher in die Kategorie „meh“.
Was erstaunt, ist, dass „Glass“ trotz stattlicher 130 Minuten Laufzeit und einigen echten Problemherden in seiner Story förmlich am Zuschauer vorbeifliegt. Etwas, was man über Shyamalan-Werke nicht immer sagen kann. Hier ist das in erster Linie ein Verdienst der großartigen Hauptdarsteller. Dabei gehört die erste Hälfte Bruce Willis und James McAvoy. Während Bruce Willis deutlich beseelter aufspielt als in DTV-Gurken wie „Reprisal“ oder in seinem letzten Leinwandausritt „Death Wish“ und damit als Held mal wieder richtig Spaß macht, stiehlt ihm McAvoy („Atomic Blonde“) mit seiner in „Split“ erprobten Schauspiel-Tour-de-Force immer wieder die Show.
Dagegen darf Samuel L. Jackson („Kong: Skull Island“) zu Beginn gar nicht anspielen. Er verharrt hier in einer Starre, ohne zu reden oder sich zu bewegen. Erst in der zweiten Hälfte darf er die brillanten Seiten seines Charakters voll ausspielen. Das geht ihm souverän von der Hand, gegen die Spiellaune von McAvoy kommt aber auch er nicht an. Die Gesamtleistung aller drei Darsteller ist allerdings in jedem Fall über jeden Zweifel erhaben. Schön ist, dass Spencer Treat Clark („Warte, bis es dunkel wird…“) seine Sohnemann-Rolle aus „Unbreakable“ wieder aufnehmen durfte. Und aus „Split“ hat man die bezaubernde Anya Taylor-Joy („The Witch“) „herübergerettet“, die wieder eine starke Chemie und ebensolche Szenen mit McAvoy hat. Nur eben die aktuell etwas omnipräsente Sarah Paulson („Der Kandidat“) weiß nicht wirklich zu gefallen.
Dafür gefällt Shyamalans gewohnt souveräne Bebilderung, auch wenn schon alleine aufgrund des beschränkten Wirkkreises seines Filmes wieder auffällt, dass er in „Glass“ nur einen Bruchteil der Gewinne seines letzten Hits „Split“ verbraten durfte. Dass „Glass“ sich im Grunde nach 20 Minuten Film nicht mehr von der Anstalt wegbewegen mag, ist mithin die größte Enttäuschung am ganzen Film. Eine Enttäuschung ist auch der Soundtrack von West Dylan Thordson, der immer nur dann funktioniert, wenn er die Themen aus „Unbreakable“ recycelt. Abseits dieser Momente entwickelt der Score keinerlei Eigenständigkeit.
“Glass” entpuppt sich als nicht ganz runde Superheldenmär
Die erste Hälfte von „Glass“ ist seine größte Schwäche. Anstatt voll und ganz darauf zu fokussieren, einen Comic für Erwachsene zu inszenieren, der sich eben nicht nur darüber als „erwachsen“ definiert, dass er mit Blut, Titten und vielen Fucks protzt, verrennt sich Shyamalan in dem insgesamt entgeisternden Versuch, seine eigene Mythologie aus „Unbreakable“ und „Split“ ordentlich zu entzaubern.
Mit der gleichen Begeisterung wie er seine Comic-Mythologie in der ersten Hälfte zerlegt, lässt er sie dann in Hälfte zwei wieder auferstehen. Damit fängt er auch den Zuschauer wieder ein. Lanciert starke Szenen und versöhnt mit dem schwachen Start. Dabei kann er sich voll und ganz auf seine starken drei Hauptdarsteller Bruce Willis, James McAvoy und Samuel L. Jackson verlassen, wobei McAvoy mit seinem irren Spiel immer wieder zum Showstealer mutiert.
Am Ende kommt „Glass“ nicht gegen seine deutlich stärkeren und in sich konsistenter wirkenden Vorgänger „Unbreakable“ und „Split“ an, macht als alles zusammenführender und alles zu einem sehr konsequenten Ende bringender finaler Part aber einen passablen Eindruck.
Der Film läuft seit dem 17.01.2019 in den deutschen Kinos, kommt von Walt Disney Studios Motion Pictures Germany und Universal Pictures und ist mit einer FSK 16 Freigabe ungeschnitten.
In diesem Sinne:
freeman
Was meint ihr zu dem Film?
Zur Filmdiskussion bei Liquid-Love
Copyright aller Filmbilder/Label: Walt Disney Studios Motion Pictures Germany/Universal Pictures__Freigabe: FSK 16__Geschnitten: Nein__ Blu-ray/DVD: Nein/Nein, seit 17. Januar 2019 in den Kinos |