„Good Boys“ ist quasi der kleine Bruder von „Superbad“. Drei Sechstklässler sind mit der Einladung zu einer Knutschparty am vermeintlichen Ziel ihrer Wünsche, legen sich aber bei der Recherche für das wichtige Event mit der Nachbarin an, müssen Ersatz für eine verlorene Drohne beschaffen und erleben allerhand andere ulkige Abenteuer in dieser deftigen wie herzigen Comedy.
Originaltitel: Good Boys__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2019__Regie: Gene Stupnitsky__Darsteller: Jacob Tremblay, Brady Noon, Keith L. Williams, Molly Gordon, Midori Francis, Josh Caras, Will Forte, Lil Rel Howery, Retta, Millie Davis, Stephen Merchant, Michaela Watkins, Chance Hurstfield, Izaac Wang, Enid-Raye Adams, Lina Renna u.a. |
In den 2000ern boomte eine männerzentrierte Form der Hollywoodcomedy, verkörpert durch kreative Verbünde wie das Frat Pack um Owen Wilson, Vince Vaughn und Co. oder die Clique von Regisseur, Autor und Produzent Judd Apatow. Trotz vieler Hits und guter Filme lief die Welle aus, nur hin und wieder glimmt der alte Funke auf – etwa in „Good Boys“.
Mit Seth Rogen und Evan Goldberg als Produzenten sind immerhin zwei Garanten der Bro-Comedy-Welle an Bord, Regisseur/Drehbuchautor Gene Stupnitsky und sein Co-Autor Lee Eisenberg sammelten ebenfalls Erfahrungen in jener Ära mit Scripts zu „Year One“ und „Bad Teacher“. Bei „Good Boys“ schien vor allem ein Rogen/Goldberg-Hit Pate zu stehen, nämlich „Superbad“. Schließlich kann man das Freundestrio aus Max (Jacob Tremblay), Lucas (Keith L. Williams) und Thor (Brady Noon) als jüngere Brüder im Geiste der „Superbad“-Protagonisten sehen. Nerdige Jungs auf der Suche nach Erfahrungen mit dem anderen Geschlecht, mit Worten total selbstsicher, aber eigentlich relativ unerfahren, und dabei die besten Kumpels. Altersbedingt wissen die drei Sechstklässler natürlich wesentlich weniger über Sex und Co. als die „Superbad“-Teens, man kann sich aber vorstellen, wie sie in den Folgejahren zu Figuren wie Evan, Seth und McLovin heranwachsen.
Und auch hier ist die Einladung auf eine Party der Auslöser turbulenter Ereignisse. Als Max nämlich von den coolen Kids zu einer Knutschparty eingeladen wird, zu der auch sein Schwarm Brixlee (Millie Davis) kommt, und seine Kumpels mitbringen darf, ist er aus dem Häuschen. Dummerweise hat er noch nie geküsst. Also bespitzeln die Freunde die Nachbarin Hannah (Molly Gordon), von der Thor behauptet, dass sie ein Nymphomanin sei – natürlich weiß keiner der drei, was das genau bedeutet, aber darin liegt er einer der großen Running Gags des Films. Immer wieder tun die drei Jungs erfahren oder versuchen sich an Erwachsenendingen, stellen damit aber nur auf herzige Weise ihre Unschuld und Ahnungslosigkeit zur Schau.
Dummerweise fällt bei den Spitzeleien die Drohne von Max‘ Vater die Hände von Hannah und deren bester Freundin Lily (Midori Francis). Das ist nur der Auftakt von immer neuen Schwierigkeiten für das Trio, das dennoch unbedingt zu der Knutschparty will, koste es, was es wolle…
Schaut euch den Trailer zu „Good Boys“ an
„Good Boys“ ist quasi der Kleine-Jungs-Variante der eingangs genannten Bromances, setzt aber auf die gleichen Stärken, vor allem die Mischung aus derben Gags und trotzdem sehr glaubwürdigen, lebensnahen Figuren. Die Story ist dabei eher Mittel zum Zweck, mit der Knutschparty als vorher definiertes Endziel. Dazu muss man jedoch erstmal die Drohne oder ein gleichwertiges Gerät zurückbekommen, wofür die Jungs wiederum Hannahs Handtasche stehlen, in der wiederum eine Partydroge für den Mädelsausflug ist, weshalb Hannah und Lily nun die Jungs verfolgen usw. usf. Jede neue Verwicklung führt zu neuen lustigen und absurden Situationen, in denen die Jungs etwa eine Sexpuppe, die für einen CPR-Dummy halten, verscherbeln, für Chaos in einem Verbindungshaus sorgen (inklusive Judas-Priest-Untermalung) oder einem Cop auf den Keks gehen, der einfach nur seinen Feierabend genießen will. Das ist zwar etwas episodenhaft, aber stets so gut verbunden und aufeinander aufbauend, dass es nicht auffällt.
Im Comedy-Bereich gibt es Slapstickeinlagen, wenn die Jungs eine befahrene Straße überqueren oder einen Unfall mit dem Fahrrad bauen sowie amüsante Missverständnisse, wenn es um Erwachsenenkram geht, etwa wenn sie auf der Suche nach einer Kussanleitung das Wort „Porno“ googlen oder in Hannahs Handtasche einen Tampon finden („Girls shove it up their butt, so that babies don’t come out“). Dabei ist natürlich der Gegensatz zwischen dem jungen Alter der Protagonisten und der R-Rated-Comedy noch ein zusätzlicher Humorfaktor, doch gleichzeitig fängt „Good Boys“ das Feeling der (Prä-)Pubertät sehr gut ein: Die Sechstklässler haben schon viel über Dinge wie Liebe, Sex oder Alkoholkonsum gehört, letzten Endes aber nur eine grobe Ahnung davon. Die Trefferquote der Witze ist recht hoch, auf Ekelgags wird erfreulicherweise verzichtet und das Timing hat in einzelnen Momenten echtes Knallerpotential (Stichwort Verkehrsunfall). In der zweiten Hälfte wiederholen sich manche Gags bzw. deren Rezept etwas, was „Good Boys“ glücklicherweise nur etwas schmälert.
Vor allem aber überzeugt „Good Boys“ dadurch, dass seine Charaktere nicht nur Witzfiguren sind, sondern lebensecht wirken. Max, der schneller erwachsen werden will als seine Freunde und sich früher ernsthaft für das andere Geschlecht interessiert. Thor, der hin- und hergerissen ist zwischen dem, was andere für cool halten, und dem, was ihn interessiert, nämlich Singen auf der Bühne. Lucas, der lieber kindlich bleiben und sich die Zeit mit seinen Kumpels und Fantasy-Kartenspielen vertreiben will. Auch die Teenie-Mädels Hannah und Lily sind keinen Antagonistinnen, sondern einfach beste Freundinnen, die ehrlich genervt von den Jungs und deren Eskapaden sind. Etwas eindimensional sind höchstens einige Nebenfiguren wie der Schulbully geworden. „Good Boys“ nimmt die Gefühle, Nöte und Freuden seiner Figuren ernst, die großes Identifikationspotential bieten. Er erzählt von Freundschaften, die sich unter Umständen verändern, sehr gut verkörpert durch eine großartige Montage zu den Klängen einer Coverversion von Foreigners „I Wanna Know What Love Is“, die ein großes Highlight des Films im Abgang ist.
Mit Jacob Tremblay („Predator: Upgrade“) konnte die Truppe um Stupnitsky, Rogen und Goldberg dann auch ein ganz großes Nachwuchstalent für eine der Hauptrollen verpflichten, der sich jedoch wunderbar mit Keith L. Williams („Secret Headquarters“) und Brady Noon („Marry Me“) ergänzt. Letzterer überzeugt nicht nur darstellerisch, sondern auch gesangsstimmlich. Molly Gordon („Booksmart“) und Midori Francis („Ocean’s 8“) als Gegenparts sind top, hinzu kommen zahlreiche Gastauftritte von bekannten Gesichtern, darunter Will Forte („MacGruber“) als Vater von Max, Stephen Merchant („Fighting With My Family“) als geekiger Käufer, Lil Rel Howery („Free Guy“) als Vater von Lucas oder Michaela Watkins („Wanderlust“) als Verkäuferin im Elektroladen.
„Good Boys“ ist eine echte Wohltat in einer Zeit, in der die klassische Mainstream-Comedy darbt. Nicht immer originell, nicht jeder Gag sitzt, aber größtenteils sehr witzig, stark gespielt und vor allem mit einem tollen Gespür für Charaktere. Quasi der jüngere Bruder von „Superbad“, nicht zuletzt dank kleinerer personeller Verbindungen.
Universal hat „Good Boys“ auf DVD und Blu-Ray veröffentlicht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben. In Sachen Bonusmaterial gibt es einen Audiokommentar von Gene Stupnitsky und Lee Eisenberg, ein alternatives Ende, entfallene Szenen und diverse Featurettes.
© Nils Bothmann (McClane)
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