Mit „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ kehrt die Truppe um Chris Pratt, Dave Bautista, Bradley Cooper und Vin Diesel zurück. Dieses Mal müssen die Guardians das Leben des schwer verletzten Rocket retten und dabei dessen Ursprüngen auf die Schliche kommen. Doch auch dessen größenwahnsinniger Schöpfer sucht mit seinen Heerscharen nach seiner Kreation. Zum Glück haben die Guardians Unterstützung von unter anderem Zoe Saldana und Sylvester Stallone.
Originaltitel: Guardians of the Galaxy Vol. 3__Herstellungsland: USA__Erscheinungsjahr: 2023__Regie: James Gunn__Darsteller: Chris Pratt, Zoe Saldana, Dave Bautista, Karen Gillan, Pom Klementieff, Elizabeth Debicki, Sean Gunn, Sylvester Stallone, Will Poulter, Chukwudi Iwuji, Daniela Melchior, Nathan Fillion u.a.__Sprecher: Bradley Cooper, Vin Diesel, Maria Bakalova, Linda Cardellini, Judy Greer u.a. |
„Guardians of the Galaxy Vol. 3“ ist gewissermaßen ein Abschiedsfilm, nicht zuletzt weil Regisseur und Drehbuchautor James Gunn nach diesem Sequel seinen Hut bei Marvel nimmt und stattdessen bei der Konkurrenz von DC anheuert, um deren Shared Universe wieder in die Bahn zu bekommen.
Es beginnt auf Knowhere, dem Hauptquartier-Planeten der Guardians, wo sich Peter Quill (Chris Pratt) alias Star-Lord angesichts des Verlusts von Gamorra (Zoe Saldana) regelmäßig bewusstlos trinkt, was seine Guardian-Kumpane Drax the Destroyer (Dave Bautista), Rocket, Groot, Nebula (Karen Gillan), Mantis (Pom Klementieff), Kraglin (Sean Gunn) sowie als Neuzugang die telekinetisch begabte Hündin Kosmo (die auch schon im „Guardians of the Galaxy Holiday Special“ auftrat) nicht gern sehen. Die Sovereigns sind immer noch hinter den Guardians her und hetzen ihnen ihren Superkrieger Adam Warlock (Will Poulter) auf den Hals, den die Guardians nur mit vereinten Kräften zurückschlagen können, wobei Rocket allerdings schwer verletzt wird.
Alle Heilungsversuche schlagen fehl, da ein Gerät am Herzen des humanoiden Waschbären jede lebensrettende Prozedur verhindert. Der Grund liegt in Rockets Ursprüngen, die er immer verschwieg, die „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ nun in Rückblenden nachreicht. Verantwortlich für die Transformation des Waschbären war der High Evolutionary (Chukwudi Iwuji), der mit seinem Team die Sovereigns und diverse andere Wesen schuf, auf der Suche nach der perfekten Spezies. So verbringt Rocket einerseits einen Großteil des Films auf der Krankenstation liegend, wird andrerseits durch die zahlreichen Rückblenden aber zum Herz des Films, wenn seine tragische Entstehungsgeschichte erzählt wird.
Um ihren Freund dennoch retten zu können, begeben sich die Guardians auf ein neues Abenteuer: Sie suchen nach Rockets Ursprüngen im Labor, um dort einen Code zu finden, mit dem sie das Gerät ausschalten können. Dabei helfen soll Gamorra, die sich nicht mehr an ihr früheres Leben mit Peter erinnert. Allerdings ist auch der High Evolutionary hinter Rocket her und will seine Schöpfung um jeden Preis haben…
Schaut euch den Trailer zu „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ an
Man hätte fürchten können, dass „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ vielleicht zur reinen Pflichtübung für Gunn wird, doch man merkt dem Film schnell an, dass dieser seine Figuren und das Material zu sehr liebt, um sich nicht voll reinzuhängen. Gerade dem Part um Rockets Vergangenheit merkt man eindeutig an, dass Gunn wohl kein Freund von Tierversuchen ist, denn er schafft hier sehr berührende und emotionale Momente, die kaum jemanden kalt lassen dürften. Aber auch sonst spürt man den humanistischen Touch des Regisseurs: Wenn der Oberschurke hier Unmengen von Kreaturen auslöscht, um seinen eigenen Größenwahn zu befriedigen, dann ruft dies Mitleid hervor, wo die Toten im direkten Marvel-Vorgänger „Ant-Man and the Wasp: Quantumania“ wesentlich weniger empathische Reaktionen provozierten. Auch die Abschiedsstimmung zieht sich konstant durch den Film, dessen Abspann mit Fotos aus den vorigen Teilen unterlegt ist, ähnlich wie das Fotoalbum am Ende von „Lethal Weapon 4“. Sicher werden einige oder alle Figuren in anderen Marvel-Projekten oder vielleicht auch weiteren Sequels auftauchen, aber „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ schließt zumindest die James-Gunn-Trilogie der Beschützer des Universums rund ab.
Dabei macht jede der Figuren eine Entwicklung durch, oft im Zusammenspiel mit einem anderen der Guardians. Peter muss erkennen, dass die neue Gamorra aus einer anderen Zeitlinie (siehe „Avengers: Endgame“) nicht mehr seine Gamorra ist und er loslassen muss, während diese Gamorra die Menschlichkeit und den Idealismus ihrer Vorgängerversion wieder teilweise erlernt. Mantis und Drax bauen ihre Verbindung aus. Kraglin muss dem Erbe des verstorbenen Yondu, symbolisiert durch dessen Waffe, gerecht werden und zofft sich mit Kosmo, auch Groot, Nebula und sogar Adam Warlock machen Veränderungen durch. Nicht jeder Figur wird „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ gleich gerecht, ein für Adam einschneidendes Erlebnis ist beispielsweise schnell abgehandelt, doch Gunn kann das Publikum an seine Figuren binden, das Freud und Leid an die Menschen vor der Leinwand weiterreichen – wer hätte gedacht, dass das Schicksal eines fluchenden, schießwütigen Waschbären berührender sein kann als manches menschliche Drama.
Mit ähnlich viel Phantasie und Vergnügen geht Gunn auch die Ausgestaltung seiner Science-Fiction-Welt an, vor allem in Sachen Creature Design. Auf der vom High Evolutionary geschaffenen Counter Earth leben humanoide Tierwesen, in denen Kaninchen, Fledermäuse usw. durchscheinen, der Schurke hat eine Garde aus grobschlächtigen Mutanten an seiner Seite und an anderer Stelle tauchen Tentakelwesen mit riesigen Mündern und scharfen Zähnen auf. Stark gestaltet ist auch manche Location, etwa eine organische gewachsene Forschungsstation im Weltall, durch deren Haut die Guardians auf ihrer Rettungsmission dringen müssen, oder deren illustre Sicherheitstruppe. Für Easter Eggs und In-Jokes ist dabei erneut Platz: Howard the Duck ist beim Kartenspiel mit Kraglin und Co. dabei, Gunn-Regular Nathan Fillion („Castle“) hat einen Gastauftritt als leitender Beamter der Sicherheitstruppe im erwähnten Forschungslabor. In einer weiteren Gastrolle ist dort auch Daniela Melchior zu sehen, die in Gunns „The Suicide Squad“ einem größeren Publikum bekannt wurde.
All diese Einzelteile hält Gunn meist geschickt in der Schwebe, lässt die Jagd nach dem rettenden Code nicht zur reinen McGuffin-Suche verkommen, obwohl er nicht ganz das Feeling und das Tempo des ersten „Guardians of the Galaxy“ reproduzieren kann: Der dritte Teil gibt sich staatstragender, ist noch stärker in das MCU eingebunden und daher nicht ganz so frei. Trotzdem vergehen die rund 150 Minuten der bunten Space Opera erfreulich kurzweilig, zumal Gunn die Balance zwischen emotionalen, ironischen und aufregenden Momenten erneut wunderbar halten kann, ohne die Stimmungswechsel unpassend oder zu abrupt gestalten. Dass der Schurke ein größenwahnsinniger Sabbelkopf ist, gehört in „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ zum Konzept: Der High Evolutionary geifert und keift manisch, ist eine gleichermaßen fiese wie lächerliche Figur, gleichzeitig Superbösewicht und Parodie eines solchen, ohne dass dieses Konzept unstimmig wirkt. Auch sonst stimmt das Gag-Timing des Films, wenn sich die Mitglieder der Patchwork-Heldentruppe streiten, Erwartungen unterlaufen werden oder Slapstick-Elemente (etwa beim Erstkontakt zwischen Drax und einem Hasenkind auf der Counter Earth) eingebracht werden – „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ ist genau wie seine Vorgänger eine selbstironische, aber nie zu alberne Space Opera. Für Ohrwürmer ist dank der Star-Lord-Playlist auch gesorgt, unter anderem gibt es „We Care a Lot“ von Faith No More, „Badlands“ von Bruce Springsteen sowie eine Coverversion von „Creep“ von Radiohead als Teil des stark ausgewählten Soundtracks auf die Ohren.
Dabei kommt die Action etwas kürzer als im Erstling, hat auch manchmal nicht so viel Druck, gerade wenn sich mal wieder irgendwelche Superwesen gegenseitig durch die Gegend werfen. Trotzdem gibt es einige Highlights, allen voran eine großartige komponierte One-Shot-Sequenz (mit versteckten Schnitten) zu den Klängen von „No Sleep Till Brooklyn“ von Beastie Boys, in der die Guardians einen ganzen Korridor voller Feinde ausschalten: Jedes Guardians-Mitglied bekommt Einzelmomente zum Glänzen, die individuellen Eigenheiten und Kampfstile werden eingebaut und für visuelle Schmankerl wie Ego-Perspektiven ist auch Platz. Andere Kampfszenen arbeiten mit Splash-Panel-Ästhetik und sichtbar gemachtem Teamwork, wenn die Guardians einander unter die Arme greifen, egal ob bei Raumschlachten oder Keilereien in Raumschiffen und auf Planetenoberflächen.
Chris Pratt („The Tomorrow War“) steht bei dem Ganzen weniger im Vordergrund als in den Vorgänger, sammelt aber erneut als Sympathiepunkte als etwas überheblicher Gaunerheld mit dem Herz am rechten Fleck. Zoe Saldana („Avatar: The Way of Water“) ist als Gamorra gut, aber phasenweise eher eine Nebenfigur, während Karen Gillan („Gunpowder Milkshake“) ihrer Nebula auch unter Make-Up und Spezialeffekten Leben einzuhauchen weiß. Dave Bautista („Dune“) spielt Drax als eigenwilligen, etwas trotteligen, aber nie zu depperten Superkrieger, während Pom Klementieff („Thor: Love & Thunder“) als Mantis mit deutlich mehr Screentime eine der stärksten Performances in einem starken Ensemble hinlegt. Dazu gehören natürlich auch Bradley Cooper („Dungeons and Dragons – Ehre unter Dieben“) als Rocket-Stimme sowie Vin Diesel („Bloodshot“) als Vertonung von Groot, der mit dem einen Satz „I am Groot“ eine ganze Bandbreite an Emotionen transportieren kann. Sean Gunn („Das Belko Experiment“) sowie Maria Bakalova („Bodies Bodies Bodies“) bleiben Guardians aus der zweiten Reihe, supporten aber ebenfalls stark. Sylvester Stallone („Samaritan“) kehrt als Stakar Ogord für zwei Szenen inklusive markiger Ansprache zurück, weitere Gastrollen als Darsteller und Sprecher haben Michael Rooker („White Elephant“), Judy Greer („Planet der Affen: Survival“), Linda Cardellini („Daddy’s Home“) und Gunn-Förderer Lloyd Kaufman. Chukwudi Iwuji („Designated Survivor“) gibt seinen schrillen Schurken mit gewolltem Overacting und qualifiziert sich damit fürs gehobene Mittelfeld der Marvel-Bösewichte.
„Guardians of the Galaxy Vol. 3“ kann nicht an die unbeschwerte Lockerheit und die Frische des Erstlings anschließen, zeugt aber von der Liebe seines Machers für das Material und seine Figuren. Gleichzeitig Blockbusterspektakel und persönlicher Film eines Fans von Comics und Underdog-Helden, mit einem wunderbaren, emotionalen Story Arc um Rockets Vergangenheit. Nicht jede Actionszene erreicht den Druck der One-Shot-Sequenz mit Beastie-Boys-Untermalung, nicht jede Storyentwicklung sitzt gleich gut, aber „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ präsentiert sich mindestens auf Augenhöhe mit dem zweiten Teil und ist klar der beste MCU-Film seit „Avengers: Endgame“.
Starke:
Walt Disney hat „Guardians of the Galaxy Vol. 3“ am 3. Mai 2023 in die deutschen Kinos gebracht, ungekürzt ab 12 Jahren freigegeben.
© Nils Bothmann (McClane)
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Copyright aller Filmbilder/Label: Walt Disney__FSK Freigabe: ab 12__Geschnitten: Nein__Blu Ray/DVD: Ja/Ja, seit 3.5.2023 in den deutschen Kinos |